Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 17.01.2005, RV/0348-F/02

Begünstigung eines Sanierungsgewinnes nach § 206 lit. b BAO

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/0348-F/02-RS1
hier: Einkommensteuer
RV/0348-F/02-RS2
Die steuerliche Begünstigung eines Sanierungsgewinnes setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass es sich um den in Sanierungsabsicht vorgenommenen Nachlass betrieblicher Schulden im Rahmen allgemeiner Sanierungsmaßnahmen der Gläubi­ger eines sanierungsbedürftigen Betriebes handelt, wobei die Maßnahmen geeignet sein müssen, den Betrieb vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Wird ein Betrieb nach einem abgewickelten Zwangsausgleich nur mehr zwei Jahre in geringfügigem Ausmaß weiterbetrieben und jeweils ein Verlust erzielt, spricht dies in offenkundiger Weise gegen die Sanierungseignung.
Folgerechtssätze
RV/0348-F/02-RS1
wie RV/2244-W/02-RS1
Der unter Berufung auf § 206 lit. b BAO ergangene Erlass vom , GZ. 14 0206/1-IV/14/99 betreffend Abstandnahme von aus Sanierungsgewinnen entstehender Körperschaftsteuer bei Zwangsausgleich stellt mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt keine für den UFS beachtliche Rechtsquelle dar. Dem Berufungsbegehren um Abstandnahme von der Festsetzung der Körperschaftsteuer für einen Gewinn aus einem Schuldnachlass aufgrund eines Zwangsausgleichs gemäß § 206 BAO kann daher nicht stattgegeben werden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des RS, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch betreffend Einkommensteuer 1999 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungsführer hat einen Gewerbebetrieb in der Rechtsform eines Einzelunternehmens geführt. Nachdem über dessen Vermögen mit Wirkung vom der Konkurs eröffnet worden war, wurde ein von ihm beantragter 20%iger Zwangsausgleich vom Konkursgericht mit Beschluss vom rechtskräftig bestätigt.

Im Zuge der Veranlagung des Berufungsführers zur Einkommensteuer für das Jahr 1999 hat das Finanzamt die aus dem Schuldnachlass resultierende Vermögensvermehrung in Höhe von 1,023.026,00 S den Einkünften aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet.

Die dagegen erhobene, nicht näher begründete Berufung wies das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Im Sinne des § 206 BAO könne von der Festsetzung der aus Sanierungsgewinnen resultierenden Einkommensteuer im prozentuellen Ausmaß der Ausgleichsquote nur Abstand genommen werden, wenn die Voraussetzungen des § 36 EStG 1988 vorlägen. Tatbestandsmäßige Voraussetzung für einen Sanierungsgewinn im Sinne des § 36 EStG 1988 sei die Sanierungsfähigkeit des betreffenden Betriebes. Einem Bericht an das Landesgericht Feldkirch vom zufolge sei der Betrieb nicht fortgeführt, sondern per eingestellt worden. Laut Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2000 sei die Geschäftstätigkeit per beendet worden. Folglich sei das Unternehmen als Wirtschaftsfaktor nicht erhalten geblieben und damit das Vorliegen eines Sanierungsgewinnes zu verneinen.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz entgegnete der steuerliche Vertreter, dass die Einstellung der Tätigkeit erst im Oktober 2001 erfolgt sei. Dafür sprächen die in den Jahren 1999 und 2000 erzielten Erlöse. Da der Zwangsausgleich bereits im Jahre 1998 erfolgt sei, könne nicht von einer mangelnden Sanierungseignung gesprochen werden. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Sanierung und der Betriebsaufgabe sei nicht erkennbar. Die Betriebsaufgabe sei aufgrund einer beruflichen Veränderung erfolgt. Das Unternehmen sei in den Jahren nach dem Zwangsausgleich als Wirtschaftsfaktor erhalten geblieben und habe sich am wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Dies könne durch die erfolgten Ausgaben für Materialkäufe, Telefon usw. belegt werden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 36 EStG 1988 in der Fassung vor BGBl. Nr. 201/1996 waren bei der Ermittlung des Einkommens jene Einkommensteile auszuscheiden, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zweck der Sanierung entstanden sind.

Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, ist § 36 EStG 1988 ersatzlos aufgehoben worden. Die Bestimmung ist gemäß § 124b Z 14 EStG 1988 letztmals bei der Veranlagung für das Jahr 1997 anzuwenden. Ab dem Jahr 1998 waren Sanierungsgewinne daher grundsätzlich wie laufende Gewinne zu behandeln und dem Tarif zu unterwerfen.

Nachdem sich in der Praxis gezeigt hatte, dass die volle Durchsetzbarkeit des auf Sanierungsgewinne entfallenden Abgabenanspruches - insbesondere in Fällen eines Zwangsausgleichs - nicht gegeben war, hatte das Bundesministerium für Finanzen mit Erlass vom , GZ. 14 0206/1-IV/14/99 (AÖF 1999/180, nunmehr eingearbeitet in die Einkommensteuerrichtlinien 2000 unter Rz 7250ff) unter Berufung auf § 206 lit. b BAO angeordnet, dass von der Festsetzung von aus Sanierungsgewinnen entstehender Einkommensteuer insoweit Abstand zu nehmen ist, als die Abgabenansprüche durch die (sukzessive) Erfüllung der Ausgleichsquote nach Abschluss eines Zwangsausgleichs entstanden sind und den der Ausgleichsquote entsprechenden Betrag übersteigen. Voraussetzung für eine derartige Maßnahme sei, dass "abstrakt" die Voraussetzungen für einen Sanierungsgewinn im Sinne des § 36 EStG 1988 in der Fassung vor BGBl. Nr. 201/1996 vorlägen.

Mit BGBl. I Nr. 71/2003 ist diese Regelung durch eine Neufassung des § 36 EStG 1988 wiederum gesetzlich verankert worden. Die Bestimmung des § 36 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 71/2003, ist nach dem Tag der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft getreten und somit auf Sanierungsgewinne anzuwenden, die nach dem entstanden sind.

Gegenständlich ist der Schuldnachlass im Jahr 1999, somit in einem Zeitraum in dem § 36 EStG 1988 nicht dem Rechtsbestand angehörte, erfolgt. Da Erlässe der Finanzverwaltung nach ständiger Rechsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und damit auch keinen durchsetzbaren Anspruch auf die Steuerermäßigung für Sanierungsgewinne zu begründen vermögen (vgl. ), mangelt es somit an einer rechtlichen Grundlage für eine Begünstigung des in Rede stehenden "Sanierungsgewinnes" und konnte der Berufung daher bereits aus diesem Grund kein Erfolg beschieden sein.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das Finanzamt die Begünstigung auch im Hinblick auf die Erlassregelung des Bundesministeriums für Finanzen zu Recht versagt hat.

Die Anwendung der steuerlichen Begünstigung setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass es sich um den in Sanierungsabsicht vorgenommenen Nachlass betrieblicher Schulden im Rahmen allgemeiner Sanierungsmaßnahmen der Gläubiger eines sanierungsbedürftigen Betriebes handelt, wobei die Maßnahmen geeignet sein müssen, den Betrieb vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Gegen eine Sanierungseignung spricht daher ua. die Betriebseinstellung nach der versuchten Sanierung (vgl. ) oder das Eintreten weiterer Verluste (vgl. ).

Der steuerliche Vertreter hat eingewendet, dass die gewerbliche Tätigkeit erst im Oktober 2001 eingestellt worden sei und ein zeitlicher Zusammenhang mit der durch den Zwangsausgleich im Jahr 1999 bewirkten Sanierung nicht erkennbar sei. Diese Auffassung vermag der unabhängige Finanzsenat nicht zu teilen. Aus der Aktenlage geht hervor, dass der Berufungsführer das Gewerbe "Mechaniker" per wieder aufgenommen hat und per wieder als ruhend gemeldet hat. Das seit ruhend gemeldete Handelsgewerbe, eingeschränkt auf den Handel mit technischen Produkten, hat er per wieder aufgenommen. Im November 1999 hat er eine nichtselbständige Grenzgängertätigkeit aufgenommen. Per wurden die beiden Gewerbeberechtigungen gelöscht. Im Bericht des Masseverwalters vom an das Landesgericht heißt es, der gemeinschuldnerische Betrieb (des Berufungsführers) sei nicht fortgeführt worden, sondern es sei bereits per jegliche Tätigkeit eingestellt worden. Demgegenüber wurde für das Jahr 1999 ein Verlust aus der gewerblichen Tätigkeit in Höhe von 205.309,00 S und für das Jahr 2000 ein solcher von 94.904,00 S erklärt. In der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2000 wurden unter Anfügung des Klammerausdruckes "Betriebsaufgabe" Umsätze nur mehr bis zum erklärt. Die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2001 enthält nur mehr den Hinweis, dass keine Umsätze erzielt wurden und das Unternehmen stillgelegt worden sei.

Ungeachtet der Frage des Zeitpunktes der tatsächlichen Betriebsaufgabe - hierfür ist entscheidend, wann die wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert oder in das Privatvermögen überführt wurden - ist für das Vorliegen eines begünstigten Sanierungsgewinnes wie oben ausgeführt ua. entscheidend, dass das Unternehmen als Wirtschaftsfaktor erhalten bleibt und wieder ertragsfähig wird. Im Hinblick auf die oben aufgezeigten Umstände, insbesondere die weiterhin erzielten Verluste, die nur mehr geringen Umsätze (1999: 185.422,56 S; 2000: 91.317,04 S) sowie die im November 1999 aufgenommene nichtselbständige Tätigkeit mit Montageeinsätzen im Ausland kann sohin von einem sanierten Unternehmen keine Rede sein. Vielmehr spricht der äußere Anschein für die Liquidierung eines wirtschaftlich zerrütteten Betriebes. Dass, wie vom steuerlichen Vertreter ausgeführt, Umsätze erzielt wurden und Aufwendungen angefallen sind, vermag allenfalls eine (geringfügige) wirtschaftliche Betätigung zu belegen, keinesfalls aber den Nachweis für eine zum Weiterbestand des Unternehmens führende und damit gelungene Sanierung zu liefern.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 206 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 36 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte
Sanierungsgewinn
Abstandnahme
Schuldnachlass
Sanierungseignung
Verluste
Betriebseinstellung
Betriebsaufgabe
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at