Haftungsbescheid, Verjährung, Belegaufbewahrung, unrichtige Bezeichnung der Abgaben;
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des L.S., (Bw.) vertreten durch die Consultatio Revision u. Treuhand Steuerberatung GesmbH und Co KG, 1210 Wien, Karl Waldbrunner- Platz 1, vom gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:
Der Berufung wird stattgegeben und der Haftungsbescheid aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt Wien 1/23 hat am einen Haftungsbescheid erlassen und den Bw. für folgende Abgabenschuldigkeiten der S.GesmbH zur Haftung herangezogen:
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Zeitraum | Abgabenart | Betrag in Euro |
1999 | Umsatzsteuer | 561,47 |
2000 | Umsatzsteuer | 14.709,13 |
2001 | Umsatzsteuer | 63.491,93 |
2002 | Körperschaftsteuer | 439,00 |
2001 | SZ | 1.564,02 |
Dagegen richtet sich die Berufung vom , in der vorgebracht wird, dass der Bw. Geschäftsführer der S.GesmbH gewesen sei. Am seien nach einer Betriebsprüfung Umsatzsteuer-, Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuerbescheide für die Jahre 1999 und 2000 ergangen und am Erstbescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2000 sowie Umsatzsteuervorauszahlungen für 4-8/2001. Es sei bislang strittig, ob gegen die Bescheide rechtzeitig Berufung erhoben worden sei.
Mit Beschluss des HG Wien vom sei die Gesellschaft amtswegig gelöscht worden (Eintragung ). Mit Telefax vom sei im Namen und Auftrag der gelöschten Gesellschaft ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht worden, da nach Ansicht der Behörde die Berufungsfrist ungenützt verstrichen sei. Der Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes sei durch den UFS am aufgehoben worden, womit das Rechtsmittelverfahren weiterhin offen sei.
Die Löschung der Gesellschaft wirke lediglich deklarativ, wenn strittige Abgabenverbindlichkeiten vorhanden seien, setze sich die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft solange fort, als noch Abwicklungsbedarf bestehe.
Die Finanzverwaltung habe es verabsäumt, die strittigen Verbindlichkeiten bei der bereits liquidierten GesmbH einzutreiben. Ein Haftungstatbestand könne schon allein deswegen nicht gegeben sein, da das Abgabenverfahren bei der Gesellschaft noch offen sei. Zudem liege auch kein schuldhaftes Verhalten hinsichtlich der Uneinbringlichkeit der Abgaben vor.
Die Akzessorietät der Haftung verlange, dass die zu Grunde liegenden Verbindlichkeiten noch nicht verjährt seien.
Eine die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlung sei mit der Ankündigung der Betriebsprüfung im Jahr 2003 erfolgt. Die Verjährung für Umsatzsteuer 1999 sei somit am eingetreten, Umsatzsteuer 2000 am , Umsatzsteuer und SZ 2001 am . Damit verbliebe zur Würdigung hinsichtlich einer schuldhaften Pflichtverletzung letztlich lediglich die Körperschaftsteuer 2002 im Ausmaß von € 439,00.
Die Buchführung der Gesellschaft sei in Folge formeller und materieller Mängel der Buchhaltung als nicht ordnungsgemäß angesehen worden, da im Zuge der Prüfung keine Unterlagen vorgelegt worden seien. Der Bw. habe sich länger im Ausland befunden und keine Gelegenheit gehabt sich zu den getroffenen Feststellungen zu äußern.
Es werde daher der Antrag gestellt, den Haftungsbescheid aufzuheben.
Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom abgewiesen und dies wie folgt begründet:
Gemäß § 248 BAO könne der nach den Abgabenvorschriften Haftungspflichtige auch gegen den Abgabenanspruch Berufung erheben, jedoch sei zunächst gesondert über die Frage einer Haftungsinanspruchnahme abzusprechen. In einem Haftungsbescheidverfahren seien Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben irrelevant.
Die Verjährungseinrede berücksichtige offensichtlich nicht die Bestimmung des § 209 a BAO.
Am wurde ein Vorlageantrag eingebracht und am ein ergänzender Schriftsatz vorgelegt.
Wie bereits in der Berufungsschrift wird vorgebracht, dass ein Haftungsbescheid keine abgabenrechtliche Wirkung entfalten könne, wenn die diesbezüglichen Abgabenschuldigkeiten bereits verjährt seien. Im gegenständlichen Fall gehe es insbesondere um Umsatzsteuern der Jahre 1999 bis 2001 einschließlich Säumniszuschläge. Die Umsatzsteuer werde am zweitfolgenden Monat nach dem betreffenden Umsatzsteuervoranmeldungszeitraum fällig. Die Prüfung umfasse lediglich Feststellungen bis zur Umsatzsteuervoranmeldung für August 2001, die Einhebungsverjährung habe diesbezüglich mit begonnen, somit sei die Verjährung am eingetreten.
Aus der Akzessorietät der Haftung erhebe sich die Voraussetzung, dass der Anspruch gegen den Hauptschuldner innerhalb der gegen diesen laufenden Bemessungsverjährungsfrist geltend gemacht wurde, und dass auch das Einhebungsrecht gegen den Hauptschuldner noch nicht verjährt sei.
Zu einem möglichen Ausschluss der Verjährung wegen offener Berufung gemäß § 209 a BAO werde vorgebracht, dass derzeit keine Berufung gegen die Sachbescheide anhängig sei. Dazu bringt der Bw. erneut die Umstände hinsichtlich des Abschlusses des Prüfungsverfahrens, der Zurückweisung der Berufung und der Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag vor.
Sollte nach Ansicht der Rechtsmittelbehörde die Verjährung der Sachbescheide noch nicht eingetreten sein, so behalte sich der Bw. vor die entsprechenden Buchhaltungsunterlagen vorzulegen, aus denen ersichtlich sei, dass die Abgabenbeträge zu Unrecht festgesetzt worden seien.
Ein Verschulden des Bw. hinsichtlich einer Uneinbringlichkeit von Abgabenschuldigkeiten werde in Abrede gestellt. Zu Unrecht erhobene Abgaben schließen von vornherein eine Pflichtverletzung des Vertreters aus. Die Prüfung habe in Abwesenheit des Bw. stattgefunden und ihm sei keine Gelegenheit eingeräumt worden hinsichtlich der nicht anerkannten Vorsteuern einen Belegnachweis zu erbringen.
Es werde daher die Aufhebung des Bescheides beantragt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der Ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden konnten.
Nach § 9 Abs.1 BAO liegt demnach eine Ausfallshaftung dar, somit ist zunächst festzustellen, dass die S.GesmbH am wegen Vermögenslosigkeit amtswegig gelöscht wurde.
Die Außenstände können bei der Primärschuldnerin daher nicht mehr eingebracht werden.
Der Bw. fungierte unbestritten ab als handelsrechtlicher Geschäftsführer.
Zur Prüfung der Verjährungseinrede sind folgende gesetzliche Bestimmungen heranzuziehen:
Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist sieben Jahre. Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.
Gemäß § 208 Abs.1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.
Gemäß § 209 Abs.1 BAO gilt, wenn innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen werden, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.
Gemäß § 209a. Abs.1 BAO steht einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.
(2) Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages (§ 85) ab, so steht der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Berufung oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt, wenn ein Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 vor Ablauf der Jahresfrist des § 302 Abs. 1 oder wenn ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens rechtzeitig im Sinn des § 304 eingebracht wurde.
(3) Sofern nicht Abs. 1 oder 2 anzuwenden ist, darf in einem an die Stelle eines früheren Bescheides tretenden Abgabenbescheid, soweit für einen Teil der festzusetzenden Abgabe bereits Verjährung eingetreten ist, vom früheren Bescheid nicht abgewichen werden.
Gemäß § 238 Abs.1 BAO verjährt das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.
(2) Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
(3) Die Verjährung ist gehemmt, solange a) die Einhebung oder zwangsweise Einbringung einer Abgabe innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist, oder b) die Einhebung einer Abgabe ausgesetzt ist, oder c) einer Beschwerde gemäß § 30 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 oder § 85 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 aufschiebende Wirkung zuerkannt ist.
Am wurde eine Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 1999 eingereicht und eine sich aus der Geltendmachung von Vorsteuern ergebende Gutschrift in der Höhe von S 7.726,00 beantragt. Die Vorsteuer wurde nicht anerkannt und die Umsatzsteuer 1999 mit Bescheid vom mit Null festgesetzt.
Der dagegen eingebrachten Berufung wurde stattgegeben und am mittels Berufungsvorentscheidung ein weiterer Bescheid erlassen und eine Gutschrift in der beantragten Höhe verbucht.
Für das Jahr 2000 wurde am eine Umsatzsteuerjahreserklärung eingereicht und eine Restschuld von S 17.887,00 einbekannt. Die Erklärung führte jedoch nicht zu einer Abgabenfestsetzung.
Für das Jahr 2001 wurden keine Steuererklärungen eingereicht.
Mit Bericht vom wurde eine Betriebsprüfung für die Jahre 1999 und 2000 abgeschlossen. Nach TZ 18 und 19 des Prüfungsberichtes sind im Rahmen der Prüfung keine Buchhaltungsunterlagen zur Verfügung gestanden, weswegen die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungsweg ermittelt werden mussten.
Der Prüfer erkannte die geltend gemachte Vorsteuer und die Verluste nicht an.
Daraus resultieren:
Der Bescheid betreffend Umsatzsteuer 1999 vom mit einer Nachforderung von € 561.47.
Die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlungen für April bis August 2001 mit € 63.491,93 und der Umsatzsteuerbescheid 2000 vom mit einer Nachforderung von € 14.709,13.
Die Umsatzsteuer 1999 war am fällig, die Umsatzsteuer 2000 am und die Umsatzsteuervorauszahlung für 8/2001 am .
Demnach verjährt das Recht auf Einhebung diese Abgaben nach § 238 Abs.1 BAO binnen fünf Jahren nach Ablauf des Jahres in dem die Abgaben fällig geworden sind (, , ).
Die Betriebsprüfung stellt jedoch - was in den Berufungsausführungen übersehen wird - eine Unterbrechungshandlung nach § 238 Abs. 2 BAO dar. Dazu genügt es, dass eine Amtshandlung nach außen erkennbar ist, sie muss dem Abgabepflichtigen nicht zur Kenntnis gelangt sein ().
Die Einhebungsverjährungsfrist hat somit mit Ablauf des Jahres 2003 neu zu laufen begonnen und war daher bei Erlassung des Haftungsbescheides am noch offen.
Zur Körperschaftsteuer 2002 ist auszuführen, dass nach der Kontolage kein Rückstand an Körperschaftsteuer 2002 besteht, sondern die am fällig gewesene Vorauszahlung für 10 -12/2002 in der Höhe von € 438,96 nicht beglichen wurde.
Spruch des Haftungsbescheides ist die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe eines bestimmten Zeitraumes. Damit wird auch die Sache des konkreten Haftungsverfahrens und insoweit auch der Rahmen für die Änderungsbefugnis der Abgabenbehörde zweiter Instanz im Berufungsverfahren iSd § 289 Abs. 2 BAO festgelegt.
Dieser Konkretisierung wird im Haftungsbescheid weder hinsichtlich der Umsatzsteuer 2001 (die Nachforderung betrifft die Monate 4-8/2001 und nicht das Jahr 2001) noch hinsichtlich der Körperschaftssteuervorauszahlung 2002 (Körperschaftsteuer 2002 statt 10-12/2002) entsprochen, daher war der Bescheid - ohne weiteres Eingehen auf das Berufungsvorbringen - in diesen Punkten mangels Bestimmung des Haftungsbetrages aufzuheben.
Zur Berufungsvorentscheidung betreffend Umsatzsteuer 1999 gibt es einen Aktenvermerk vom , in dem festgehalten wird, dass die Gesellschaft keine reine Holding sei, sondern neben dem Erwerb von Anteilen auch eine Unternehmensberatertätigkeit ausübe, weswegen die Vorsteuern aus den Gründungskosten (Rechts- und Beratungskosten) anzuerkennen seien. Der Referent des Veranlagungsreferates hat sich diesbezüglich mit einer teilweisen Belegvorlage zufrieden gegeben und dem Berufungsvorbringen Glauben geschenkt. Die nachfolgende Aberkennung im Rahmen der Prüfung beruht nicht auf neuen Erkenntnissen zum Belegwesen sondern rein auf dem Umstand, dass keine Kontaktaufnahme mit dem Unternehmen möglich gewesen ist. Eine schuldhafte Pflichtverletzung hinsichtlich einer Unterlassung der Entrichtung von Umsatzsteuer 1999 kann somit nicht angenommen werden.
Gemäß § 132 Abs. 1 BAO sind Bücher und Aufzeichnungen sowie die zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörigen Belege sieben Jahre aufzubewahren; darüber hinaus sind sie noch so lange aufzubewahren, als sie für die Abgabenerhebung betreffende anhängige Verfahren von Bedeutung sind, in denen diejenigen Parteistellung haben, für die auf Grund von Abgabenvorschriften die Bücher und Aufzeichnungen zu führen waren oder für die ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher geführt wurden. Soweit Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind, sollen sie sieben Jahre aufbewahrt werden. Diese Fristen laufen für die Bücher und die Aufzeichnungen vom Schluss des Kalenderjahres, für das die Eintragungen in die Bücher oder Aufzeichnungen vorgenommen worden sind, und für die Belege, Geschäftspapiere und sonstigen Unterlagen vom Schluss des Kalenderjahres, auf das sie sich beziehen; bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr laufen die Fristen vom Schluss des Kalenderjahres, in dem das Wirtschaftsjahr endet.
Die Haftungsinanspruchnahme erfolgte mit Haftungsbescheid vom , zu diesem Zeitpunkt bestand nach § 132 BAO für das Jahr 2000 keine Belegaufbewahrungsverpflichtung mehr.
Die im Rahmen der Ermittlungen im Rechtsmittelverfahren für das Jahr 2000 mit Schreiben vom vorgelegten Rechnungen wurden zur Wahrung des Parteiengehörs der Abgabenbehörde erster Instanz zur Einsichtnahme übermittelt und deren Beanstandungen zur Rechnung vom wiederum dem Berufungswerber zur Kenntnis gebracht.
Am wurde dazu näher erläutert, dass die Rechnung die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug aufweise, die verrechneten Leistungen branchenüblich auf Basis der durchgeführten Kontakte verrechnet worden seien und im Zusammenhang mit diesem Geschäftsfall eine Kontaktanbahnung mit über 100.000 in- und ausländischen Unternehmen erfolgt sei. Weitergehende Recherchen seien in Folge des lange zurückliegenden Zeitpunktes der Rechnungsausstellung nicht möglich.
Dem Berufungsvorbringen ist insoweit beizupflichten, dass es bei einer erstmaligen Kenntnis einer in Haftung gezogenen Person von ihrer Inanspruchnahme nach dem Ablauf der Belegaufbewahrungspflicht ihr nicht zum Schaden gereichen kann, wenn Unterlagen nicht mehr beschafft werden können. Es ist daher nach Ansicht der Abgabenbehörde zweiter Instanz eine schuldhafte Pflichtverletzung hinsichtlich Umsatzsteuer 2000 nicht nachweisbar.
Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche.
Am wurden für die Nichtentrichtung der Umsatzsteuer 2000 und 4 bis 8/2001 erste Säumniszuschläge im Ausmaß von € 1.269,84 und € 294,18 festgesetzt, die am fällig waren.
Dem Bw. oblag generell die Obsorge für die Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der verfahrensgegenständlichen Firma im Zeitraum der handelsrechtlichen Geschäftsführung.
Zur Frage einer schuldhaften Pflichtverletzung und der dadurch bewirkten Uneinbringlichkeit von Abgabenschuldigkeiten ist auszuführen:
Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.
Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.
Wenn die Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten fehlen, ist es Sache des Bw. nachzuweisen, dass er die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet hat (, 0038).
Eine Haftung nach § 9 BAO setzt Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit voraus. Dem Vertreter obliegt diesbezüglich der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre ().
Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben auch dann, wenn die Mittel, die für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten ().
Ein Liquiditätsstatus im Sinne einer Gegenüberstellung der jeweils liquiden Mittel zum Fälligkeitstag der Abgabenschulden wurde trotz Vorhalt im Haftungsbescheid nicht eingebracht, jedoch ergibt sich aus der Aktenlage, dass am eine Versteigerung durch das Bezirksgericht Innere Stadt vorgenommen wurde aus der lediglich ein zu verteilender Erlös von € 302,66 resultierte.
Bereits bei einer Erhebung vom konnte an der Firmenadresse niemand mehr angetroffen werden und am (Fälligkeitstag der Säumniszuschläge) stellte das Finanzamt beim Handelsgericht Wien einen Antrag auf amtswegige Löschung im Firmenbuch, da die Erhebungen ergeben hätten, dass die Firma keine wirtschaftliche Tätigkeit mehr ausübe und sämtliche Exekutionsversuche negativ verlaufen seien.
Es ergibt sich somit aus der Aktenlage, dass bei Fälligkeit der Säumniszuschläge die Mittel zu deren Entrichtung nicht mehr vorhanden gewesen sind, daher war der Haftungsbescheid auch in diesem Punkt aufzuheben.
Wien, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
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