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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 22.06.2012, RV/0414-G/08

Bescheidadressierung im Falle einer bereits erloschenen Mitunternehmerschaft (hier: einer atypisch stillen Gesellschaft)

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der VNV-GmbH und der F-GmbH&CoKEG als ehemals Beteiligte an der Mitunternehmerschaft "VNV-GmbH & atypisch stille Gesellschaft", M, X-Straße, vertreten durch Corti & Partner GmbH, Steuerberater & Wirtschaftsprüfer, 8010 Graz, Andreas Hofer Platz 17, vom gegen den "Bescheid" des Finanzamtes Bruck Leoben Mürzzuschlag vom betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2002 beschlossen:

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Vertrag vom gründeten die VNV-GmbH (in der Folge: VNV) und die F-GmbH&CoKEG (FU-KEG) eine atypisch stille Gesellschaft. Für diese Mitunternehmerschaft wurde beim Finanzamt ein Akt mit der Bezeichnung "VNV-GmbH & atypisch stille Gesellschaft" geführt.

In weiterer Folge brachte die FU-KEG ihre atypisch stille Beteiligung an der VNV und die darin liegenden Mitunternehmeranteile mit Einbringungsvertrag vom schuld- und steuerrechtlich rückwirkend zum Stichtag in die VNV ein.

Ab dem Jahr 2004 fand betreffend die oa. Mitunternehmerschaft eine abgabenbehördliche Prüfung statt, in deren Gefolge seitens des Finanzamtes die nunmehr angefochtene Erledigung vom erging. Diese ist an die "VNVpt u Mitges" adressiert bzw. gerichtet. Bei der Einkünfteverteilung werden die beiden (ehemaligen) Mitunternehmer - (ebenfalls) mit verkürzten Firmennamen - angeführt.

Gegen diese Erledigung richtet sich das vorliegende Rechtsmittel. In Streit steht in materiellrechtlicher Hinsicht, ob die eingebrachten Mitunternehmeranteile zum maßgeblichen Stichtag einen positiven Verkehrswert aufwiesen oder nicht.

Laut Firmenbuch ist die S-GmbH nunmehr Rechtsnachfolgerin der VNV, die F-GmbH&CoKG jene der FU-KEG.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Personenumschreibung notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruchs mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch (zu dem auch das Adressfeld zählt) kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird (vgl. zB ).

Ist eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit im Zeitpunkt, in dem der Feststellungsbescheid ergehen soll, bereits beendigt, so hat der Bescheid gemäß § 191 Abs. 2 BAO an diejenigen zu ergehen, denen in den Fällen des Abs. 1 lit. c gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind. Die beteiligten ehemaligen Gesellschafter (Mitunternehmer) müssen im Bescheidspruch namentlich genannt werden.

Nach Auffassung des VwGH bewirkt die bloße namentliche Erwähnung der einzelnen Beteiligten (Mitunternehmer) bei der Aufteilung der Einkünfte im Spruch noch nicht, dass die Erledigung auch an diese Personen gerichtet ist (vgl. etwa und 0175; sowie ). So wäre etwa bei einer bestehenden Personengesellschaft (Personengemeinschaft) der Feststellungsbescheid ausschließlich an die Personengesellschaft (Personengemeinschaft) zu richten, auch wenn beim Abspruch über die Aufteilung der Einkünfte die einzelnen Gesellschafter genannt sind.

Die bekämpfte Erledigung des Finanzamtes ist nun explizit an die VNV-GmbH gerichtet. Diese Mitunternehmerschaft war jedoch zum Zeitpunkt des Ergehens dieser Erledigung unzweifelhaft nicht mehr existent. Denn mit oa. Einbringungsvertrag vom brachte die FU-KEG ihre atypisch stille Beteiligung an der VNV rückwirkend zum Stichtag in die VNV ein. Wird aber die Beteiligung des atypisch stillen Gesellschafters durch Mitunternehmer-Anteilseinbringung in den Betrieb der Geschäftsinhaberin eingebracht, so erlischt dadurch die atypisch stille Gesellschaft (s. zB Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, UmgrStG 3. Auflage, § 12 Rz 79).

Die an eine nicht mehr bestehende Mitunternehmerschaft gerichtete Erledigung des Finanzamtes vom hat daher keine Bescheidqualität erlangt.

Mit Berufung anfechtbar sind nur Bescheide. Die Abgabenbehörde hat eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist (§ 273 Abs. 1 lit. a BAO). Eine Berufung, welche sich gegen eine Erledigung ohne Bescheidcharakter richtet, ist unzulässig (vgl. etwa Ritz, BAO 4. Auflage, Tz 2, 6 und 7 zu § 273).

Aus den dargelegten Gründen war die Berufung vom UFS als unzulässig zurückweisen.

Der Vollständigkeit halber wird ergänzend darauf hingewiesen, dass auch die per erklärungsgemäß ergangene (als Bescheid intendierte) Erledigung des Finanzamtes aus denselben Gründen als Nichtbescheid zu qualifizieren ist. Für das Streitjahr ist sohin ein wirksamer Feststellungsbescheid bislang nicht ergangen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 273 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Feststellung von Einkünften
Bescheidadressierung
atypisch stille Gesellschaft
Personenumschreibung als notwendiger Spruchbestandteil
Nichtbescheid.
Verweise



Ritz, BAO 4.Auflage, § 273 Tz 2, 6 und 7

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at