Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 29.05.2013, RV/4387-W/09

1.1. Herstellungsaufwand - Erhaltungsaufwand 1.2. Nutzungsdauer von Gebäuden bei V & V 2. Bescheidaufhebung


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Miterledigte GZ:
RV/4140-W/09

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Hofrätin Dr. Anna Maria Radschek und die weiteren Mitglieder Mag. Wolfgang Tiwald, Werner Just und Mag. Robert Steier über die Berufung des X und der YZ, vertreten durch Woditschka & Picher Wirtschaftstreuhand GmbH, Steuerberater, 2130 Mistelbach, Bahnstraße 26, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Mistelbach an der Zaya vom betreffend Aufhebung gemäß § 299 BAO des Bescheides über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 vom und betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Strittig ist die Nutzungsdauer jener baulichen Maßnahmen, die im Streitjahr 2007 im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss des Gebäudes der Berufungswerber (Bw) durchgeführt wurden.

Die Bw - Herr X und Frau Y - nahmen im Streitjahr 2007 folgende baulichen Maßnahmen vor: im Erdgeschoss wurde durch Abbrechen der südseitigen Auslage und der vorhandenen Eingangstür ein neuer Vorraum geschaffen, die Innenstiege zum Obergeschoss wurde abgebrochen und die Deckenöffnung mit einer Holzbalkendecke zugemacht. Im ersten Obergeschoss wurde der Vorraum vergrößert und eine zweiflügelige automatische Schiebetür eingebaut. Hofseitig wurde eine Tür versetzt und eine Außenstiege mit Podest aus Stahl errichtet, welche als Fluchtweg dient. Das erste Obergeschoss besteht nun aus folgenden Räumlichkeiten: einem Vorraum, einem Besprechungsraum, zwei Archivräume, einem Abstellraum, einem Gang, neun Büroräume, zwei WC, zwei Waschräume und einem Aufenthaltsraum.

Im Streitjahr 2007 erklärten die Bw im Rahmen ihrer am elektronisch eingebrachten Erklärung über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -55.244,40 €.

Mit Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 vom wurden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärungsgemäß in Höhe von -55.244,40 € festgestellt.

Mit Bescheid gemäß § 299 BAO vom wurde der Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 aufgehoben und mit selbigem Datum ein Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 erlassen, mit dem die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nun in Höhe von -31.680,30 € festgestellt wurden. In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass in der Erklärung Aufwendungen in Höhe von 277.224,74 € für Baumaßnahmen in dem am gekauften Mietobjekt angeführt und mit einem Zehntel des Betrages im gleichen Jahr als Instandsetzungsarbeiten gemäß § 28 Abs 2 EStG als Aufwand geltend gemacht worden seien. Wie aus dem vorgelegten Bauplan, der Baubeschreibung und den bisher übermittelten Rechnungen ersichtlich sei, stellten die im Anschluss an den Erwerb des Gebäudes erfolgten Baumaßnahmen nicht Instandsetzungsaufwand, sondern Herstellungsaufwand dar. Diese Kosten seien zu aktivieren und entsprechend der im Anlageverzeichnis angeführten Restnutzungsdauer des Gebäudes abschreibbar.

Mit Schreiben vom erhoben die Bw Berufung gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO und den Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007, beide vom , und begründeten diese unter anderem damit, dass die nicht anerkannten Zehntelabschreibungen im Betrag von 27.722,47 € nicht als Herstellungskosten zu qualifizieren seien, da sich die Wesensart des Gebäudes nicht verändert habe. Auch aus technischer Sicht könne festgestellt werden, dass Einbauten in Leichtbauweise eine kürzere Bestandsdauer als 67 Jahre aufwiesen, sodass eine Nutzungsdauer von 67 Jahren nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspreche. Durch eine derartige Vorgehensweise würden Scheingewinne versteuert, die nicht vorhanden seien, da die Geldmittel zur Kredittilgung herangezogen werden müssten. In weiterer Folge sei damit ein Liquiditätsengpass verbunden, welcher bis zum wirtschaftlichen Ruin der Eigentümer führen könne. Es werde daher beantragt, die getätigten Aufwendungen im Gesamtbetrag von 277.224,74 € mit jährlich 10 %, das seien 27.722,47 € als Zehntelabsetzung anzuerkennen. Die Bw boten an, eine kürzere Nutzungsdauer an Hand eines Gutachtens nachzuweisen.

Mit Vorhalt vom wurden die Bw ersucht, ein Schätzungsgutachten über den Bauzustand des in Rede stehenden Gebäudes zu erbringen.

Nach sieben Fristerstreckungsansuchen übermittelten die Bw ein vom Baumeister, DI, einem allgemein gerichtlich beeideten und zertifizierten Sachverständigen erstelltes Gutachten über die wirtschaftliche Nutzungsdauer der Liegenschaft A, mit - im Wesentlichen - folgendem Inhalt:

"Lokalaugenschein: keine Begehung

anwesend: --

Stichtag der Bewertung ist der . Zwischen dem Stichtag und dem Zeitpunkt des Lokalaugenscheins wurden keine augenscheinlichen baulichen Veränderungen vorgenommen.

Unterlagen: Einreichplan des Büroumbaus aus 2007 und Einsichtnahme im Grundbauch.

Gutsbestand: laut Grundbuchsauzug vom : Baufl. (Gebäude) 426 m2, Baufl. (befestigt) 212 m2, Gesamtfläche 638 m2.

Allgemeine Baubeschreibung: Das Gebäude dient der Familie als Verkaufslokal, Büro und Wohnung. Das ebenerdige Verkaufslokal ist an ein Modegeschäft vermietet, das gesamte Obergeschoß wird als Büro verwendet und das Dachgeschoß ist als Wohnung an die ehemalige Eigentümerin vermietet. Das Gebäude wurde im Jahr 2006 von der Familie erworben, es wurde bis zu diesem Zeitpunkt nur im Erdgeschoß als Verkaufslokal vermietet, das Obergeschoß wurde nur als Lager genutzt und ist nicht ausgebaut gewesen. Dies wurde nach dem Erwerb geändert, das gesamte Obergeschoß wurde zu einem Büro umgebaut und adaptiert.

Mauerwerk: Das Gebäude wurde in Massivbauweise errichtet. Für das aufragende Mauerwerk ist zu bemerken, dass nur mit Vollziegelmauerwerk gearbeitet wurde, da damals eine Wärmedämmung aus Kostengründen nicht möglich war. Für die heutigen Bauvorschriften würde die Wärmedurchgangszahl nicht mehr entsprechen. So fehlt auch im Dachraum auf der Geschoßdecke die Wärmedämmung. Auf Grund seiner früheren Nutzung ist das Bauwerk zum Zweck eines Verkaufslokal im Erdgeschoß und einem unausgebauten, nicht genutztem Lager errichtet, wobei hier nicht auf die langfristige Nutzung, sondern auf die kostengünstige Errichtung geachtet wurde. Nach dem Umbau im Obergeschoß sind die Zwischenwände in Trockenbauweise errichtet. Der nicht benutzte und ausgebaute Obergeschoßtrakt war im Kaufpreis mit einem Abschlag von 60 % berücksichtigt.

Baubeschreibung: Ortbetonstreifenfundamente - Vollziegel im EG bei Außenwänden und tragenden Innenwänden - 12 cm keramische Zwischenwandsteine, im Obergeschoß Trockenbauwände - massive Decken - Aluminiumrahmenportalschaufenster, Verbundholzfenster - Stahlzargen mit Holztürblättern - Reibputz gefärbelt - grober und feiner Kalkzementmörtel - Fliesenboden, Steinboden und Parkettboden - Stiegen in Massivbauweise - hölzener Satteldachstuhl - Ziegeldachdeckung - gemauerte Kaminfänge - Gasetagenheizung - Kanal in Ortsnetz.

Das Erdgeschoß verfügt über eine Nutzfläche (Verkaufslokal, Personalräume, WC-Anlagen, Technikraum, Gang) von 321,86 m2, das Obergeschoß (Büroräume, WC-Anlagen, Vorraum, Besprechungsräume, Archivräume) von 327,08 m2 und das Dachgeschoß (Wohnräume) von 177 m2.

Bewertung: Die fehlende Wärmedämmung an der Außenhülle des Gebäudes und die bauphysikalischen Gegebenheiten entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik und der Landesbauordnung. Das Haus hat auf Grund seiner Konstruktion sehr hohe Betriebskosten, die wiederum eine nachhaltige Bewirtschaftung herabsetzen. Die errichtete Konstruktion als Zweckbauwerk für Verkaufstätigkeiten hat vor der Instandsetzung durch den Bauherrn nicht mehr den thermischen Ansprüchen am Stand der Technik entsprochen. Die Innenausstattung des Verkaufslokales und des Büros ist einer starken Abnützung unterworfen und sind meist innerhalb einer Zeitspanne von 20 Jahren zu erneuern. Der Ausbau der Innenräume in Trockenbauweise zielt auf eine befristete Nutzung des Bauwerkes ab. Die Innenwände der Räume können eine Nutzungsdauer von 25 Jahren zulassen.

Der Nachweis der Nutzungsdauer wurde über den vorliegenden Bauzustand, der rechnerische Nachweis über die Sachwertmethode und die Ertragswertmethode geführt. Die daraus resultierende Nutzungsdauer beträgt 25 Jahre.

Dem Gutachten ist ein Grundbuchsauzug und ein Einreichplan beigefügt."

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO und den Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde unter anderem ausgeführt, dass das erstellte Gutachten - abgesehen von der Feststellung, dass eine Wärmedämmung aus Kostengründen nicht möglich gewesen sei und die Zwischenwände in Trockenbauweise errichtet worden seien - keine Aussagen über den Bauzustand enthalte, der im Zusammenhang mit der festgestellten Restnutzungsdauer stehe. Im Gutachten seien keine Aussagen über die tragenden Gebäudeteile getroffen worden und weshalb das Mauerwerk (Vollziegel bei Außenwänden und tragenden Innenwänden), das den gesetzlichen Bauvorschriften entsprechend errichtet worden sei, lediglich eine Gesamtnutzungsdauer von 51 Jahren haben solle. Dass das Mauerwerk an sich nicht ordnungsgemäß errichtet worden sei und sich aus diesem Grunde die Lebensdauer derart verkürze bzw dass im Zuge der Bauausführung der Bauauftrag an sich mangelhaft ausgeführt worden sei, sei dem Gutachten nicht zu entnehmen. In Anbetracht der Tatsache, dass die tragenden Mauern in Massivbauweise und lediglich Zwischenwände in Leichtbauweise errichtet worden seien und dass weder eine schlechte Bauausführung noch besondere statische Probleme für eine kürzere als die durchschnittliche Nutzungsdauer ins Treffen geführt worden seien, sei das Gutachten nicht geeignet, eine kürzere als die gesetzliche Nutzungsdauer zu untermauern.

Der Aufhebungsbescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass bei Beurteilung der nach Erwerb der Liegenschaft getätigten Arbeiten davon auszugehen sei, dass durch die Gesamtheit der Adaptierungsmaßnahmen eine Wesensveränderung der Liegenschaft erfolgt sei, welche Herstellungsaufwand darstelle. Da sich somit die vorgenommene Zehntelabsetzung als unrichtig erwiesen habe, sei der Bescheid über die Feststellung von Einkünften für das Jahr 2007 aufgehoben worden.

Mit Vorhalt vom wurden die Bw vom Unabhängigen Finanzsenat ersucht, mitzuteilen, ob der Berufungswerber bzw die Berufungswerberin tatsächlich das erste Obergeschoss der erworbenen Liegenschaft im Streitjahr 2007 gemietet hätte und ob im Betrag von 277.224,74 € auch jene baulichen Maßnahmen enthalten seien, die im Obergeschoss durchgeführt worden seien. Für den Fall dass dies zutreffen sollte, wurden die Bw darauf hingewiesen, dass jene Ausgaben, die die baulichen Maßnahmen im Oberschoss der erworbenen Liegenschaft beträfen, aus der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung des Jahres auszuscheiden seien. Desgleichen werde auch die Höhe der geltend gemachten Afa auf den ausschließlich fremdvermieteten Teil zu reduzieren sein. Es wurde ersucht, eine adaptierte Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und eine Neuberechnung der Abschreibung vorzulegen sowie darzustellen, aus welchen Teilbeträgen sich die beiden Erlöspositionen "Miete 10 %" und "Miete 20 %" zusammensetzten und zwar derart, dass erkennbar werde, welcher Mieter, wieviele Mieten, in welcher Höhe im Streitjahr 2007 entrichtet habe.

Mit Schreiben vom teilten die Bw mit, dass zwischen der Vermietungsgemeinschaft X und Y und dem Mieter, Herrn XY (D-Repräsentanz B) ein marktüblicher Mietzins von 3.500 € monatlich vereinbart worden sei, deshalb eine fremdübliche Vermietung vorliege, sodass eine Teilung des Mietobjektes in einen privat genutzten Teil (Obergeschoss) nicht vorgenommen werde und auch nicht vorgenommen werden könne. Dazu werde auf die Rechtsprechung verwiesen, wonach bei fremdüblicher Ausgestaltung auch eine Vermietung zwischen nahen Angehörigen anerkannt werde. Zur Frage der Nutzung werde festgehalten, dass das erste Obergeschoss von Herrn XY als D Büro von ihm und seinen freiberuflichen Mitarbeitern tatsächlich genutzt worden sei. Warum eine Teilung des Objektes nicht vorgenommen werden könne, ergebe sich aus der Tatsache, dass die baulichen Maßnahmen von insgesamt 277.224,74 € das gesamte Mietobjekt beträfen und eine Einzelaufgliederung, welcher Teil der Kosten auf das Erdgeschoss und den ersten Stock entfielen, nicht möglich sei. Es werde daher auch keine berichtigte Einnahmen-Ausgaben-Rechnung des Jahres 2007 vorgelegt. Die Bw führten weiter aus, dass eine gedankliche Filetierung eines Mietobjektes in jene Teile, welche für die Finanzverwaltung Erträge ablieferten und jene Teile, welche aufgrund von Investitionen Anfangsverluste verursachten, entschieden abgelehnt werden müsse. Im Berufungsverfahren sei auch nicht die Frage strittig, welcher Anteil des Gebäudes vermietet sei, sondern die Frage, über welchen Zeitraum Instandsetzungsarbeiten abzusetzen seien. Die Bw wiesen weiters darauf hin, dass in der vorgegebenen Konstellation die Abschreibung der Anschaffungskosten und der Instandsetzungsaufwendungen über einen Abschreibungszeitraum von 67 Jahren wirtschaftlich nicht möglich sei und unter diesen Bedingungen eine Enteignung des Privateigentums stattfinde. Damit werde dem tragenden Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zuwider gehandelt. Eine solche Abschreibungsdauer von 67 Jahren sei deshalb nicht möglich, weil sämtliche den Bw bekannten Finanzierungen durch Banken eine wesentlich kürzere Finanzierungsdauer hätten.

Hinsichtlich der Mieterlöse teilten die Bw mit, dass die "Mieterlöse 10 %" die Vermietung der Wohnung an Frau S beträfe. Das Mietverhältnis habe ab April 2007 begonnen und dementsprechend seien neun Mieten einschließlich Betriebskostenakonto verbucht und mit 10 % umsatzversteuert worden. Der Vorhaltsbeantwortung wurden zwei Listen beigefügt, die die "Mieterlöse 10 %" von Frau S und die "Mieterlöse 20 %" von der Firma P und von Herrn XY (D) ausweisen.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde vom steuerlichen Vertreter anhand der vorgelegten Berechnungen für die Jahre 2007 und 2008 erklärt, dass zwischen der vom Finanzamt anerkannten Abschreibung und dem Finanzierungsbedarf eine erhebliche Differenz bestehe: zur Bedienung der Kredite seien im Jahr 2007 19.603 € und im Jahr 2008 36.198,40 € erforderlich gewesen, während an Abschreibung im Jahr 2007 lediglich 10.574,41 € und im Jahr 2008 11.014,25 € anerkannt worden seien. Die Abschreibung müsse aber dazu dienen, den Finanzierungsbedarf abzudecken. Die Vertreterin des Finanzamtes entgegnete, dass sich die Afa ausschließlich nach der Nutzungsdauer des Gebäude richten müsse und das vorgelegte Gutachten nicht nachvollziehbar darstelle, warum von der gesetzlich vorgeschriebenen Nutzungsdauer von 67 Jahren abgewichen werden solle und eine Nutzungsdauer von 25 Jahren anzunehmen sei. Der steuerliche Vertreter erklärte weiters, dass er zwar davon ausgehe, dass das Gebäude länger als 25 Jahre stehen werde, aber sich eine wirtschaftliche Nutzungsdauer von 25 Jahren ergebe. Er beantrage die Nutzungsdauer des Gebäudes samt den Einbauten über eine Nutzungsdauer von 25 Jahren abzuschreiben. Der steuerliche Vertreter brachte vor, nachdem der Gesetzgeber es offen lasse, ob die Finanzierung auf Eigen- oder Fremdkapitalbasis erfolge, müsse gewährleistet sein, dass die Afa eine Äquivalenz zu den Fremdfinanzierungskosten darstelle. Die Vertreterin des Finanzamtes wiederholte, dass die Nutzungsdauer eines Gebäudes unabhängig von den Fremdfinanzierungskosten sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Die Berufungswerber - Herr X und Frau Y - erwarben mit Kaufvertrag vom die Liegenschaft M um 500.000 € von Frau S. Herr X und Frau Y waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft. Fünf Jahre nach dem Erwerb () verkauften die Bw die Liegenschaft um 1,1 Mio € an die Firma K, an der Herr XY zu 10 % beteiligt ist.

Im Streitjahr 2007 wurden folgende baulichen Maßnahmen vorgenommen: im Erdgeschoss wurde durch Abbrechen der südseitigen Auslage und der vorhandenen Eingangstür ein neuer Vorraum geschaffen, die Innenstiege zum Obergeschoss wurde abgebrochen und die Deckenöffnung mit einer Holzbalkendecke zugemacht. Im ersten Obergeschoss wurde der Vorraum vergrößert und eine zweiflügelige automatische Schiebetür eingebaut. Hofseitig wurde eine Tür versetzt und eine Außenstiege mit Podest aus Stahl errichtet, welche als Fluchtweg dient. Das erste Obergeschoss besteht nun aus folgenden Räumlichkeiten: einem Vorraum, einem Besprechungsraum, zwei Archivräume, einem Abstellraum, einem Gang, neun Büroräume, zwei WC, zwei Waschräume und einem Aufenthaltsraum.

Das Erdgeschoss des erworbenen Gebäudes verfügte über eine Nutzfläche von 321,86 m2, das erste Obergeschoss über eine Nutzfläche von 327,08 m2 und das Dachgeschoss über eine Nutzfläche von 177 m2. Vor dem Erwerb der Liegenschaft diente das Erdgeschoss als Verkaufsraum einer Textilhandlung und das erste Obergeschoss nur als Lager.

Laut Mietvertrag vom wurde das komplette Dachgeschoss des Gebäudes an die ehemalige Eigentümerin der Liegenschaft, Frau S um 330 € pro Monat vermietet. Laut Mietvertrag vom wurde das ebenerdige Geschäftslokal im Ausmaß von rund 310 m2 um 2.790 € pro Monat an das Textilhandelsunternehmen P vermietet. Das erste Obergeschoss wurde um 3.500 € pro Monat ohne Mietvertrag an Herrn XY vermietet, der bis einen Agenturvertrag mit der Firma W hatte.

Herr Baumeister DI, ein allgemein gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger, erstellte über die wirtschaftliche Nutzungsdauer der Liegenschaft ein Gutachten mit - im Wesentlichen - folgendem Inhalt:

"Lokalaugenschein: keine Begehung

anwesend: --

Stichtag der Bewertung ist der . Zwischen dem Stichtag und dem Zeitpunkt des Lokalaugenscheins wurden keine augenscheinlichen baulichen Veränderungen vorgenommen.

Unterlagen: Einreichplan des Büroumbaus aus 2007 und Einsichtnahme im Grundbauch.

Gutsbestand: laut Grundbuchsauzug vom : Baufl. (Gebäude) 426 m2, Baufl. (befestigt) 212 m2, Gesamtfläche 638 m2.

Allgemeine Baubeschreibung: Das Gebäude dient der Familie als Verkaufslokal, Büro und Wohnung. Das ebenerdige Verkaufslokal ist an ein Modegeschäft vermietet, das gesamte Obergeschoß wird als Büro verwendet und das Dachgeschoß ist als Wohnung an die ehemalige Eigentümerin vermietet. Das Gebäude wurde im Jahr 2006 von der Familie erworben, es wurde bis zu diesem Zeitpunkt nur im Erdgeschoß als Verkaufslokal vermietet, das Obergeschoß wurde nur als Lager genutzt und ist nicht ausgebaut gewesen. Dies wurde nach dem Erwerb geändert, das gesamte Obergeschoß wurde zu einem Büro umgebaut und adaptiert.

Mauerwerk: Das Gebäude wurde in Massivbauweise errichtet. Für das aufragende Mauerwerk ist zu bemerken, dass nur mit Vollziegelmauerwerk gearbeitet wurde, da damals eine Wärmedämmung aus Kostengründen nicht möglich war. Für die heutigen Bauvorschriften würde die Wärmedurchgangszahl nicht mehr entsprechen. So fehlt auch im Dachraum auf der Geschoßdecke die Wärmedämmung. Auf Grund seiner früheren Nutzung ist das Bauwerk zum Zweck eines Verkaufslokal im Erdgeschoß und einem unausgebauten, nicht genutztem Lager errichtet, wobei hier nicht auf die langfristige Nutzung, sondern auf die kostengünstigste Errichtung geachtet wurde. Nach dem Umbau im Obergeschoß sind die Zwischenwände in Trockenbauweise errichtet. Der nicht benutzte und ausgebaute Obergeschoßtrakt war im Kaufpreis mit einem Abschlag von 60 % berücksichtigt.

Baubeschreibung: Ortbetonstreifenfundamente - Vollziegel im EG bei Außenwänden und tragenden Innenwänden - 12 cm keramische Zwischenwandsteine, im Obergeschoß Trockenbauwände - massive Decken - Aluminiumrahmenportalschaufenster, Verbundholzfenster - Stahlzargen mit Holztürblättern - Reibputz gefärbelt - grober und feiner Kalkzementmörtel - Fliesenboden, Steinboden und Parkettboden - Stiegen in Massivbauweise - hölzener Satteldachstuhl - Ziegeldachdeckung - gemauerte Kaminfänge - Gasetagenheizung - Kanal in Ortsnetz.

Das Erdgeschoß verfügt über eine Nutzfläche (Verkaufslokal, Personalräume, WC-Anlagen, Technikraum, Gang) von 321,86 m2, das Obergeschoß (Büroräume, WC-Anlagen, Vorraum, Besprechungsräume, Archivräume) von 327,08 m2 und das Dachgeschoß (Wohnräume) von 177 m2.

Bewertung: Die fehlende Wärmedämmung an der Außenhülle des Gebäudes und die bauphysikalischen Gegebenheiten entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik und der Landesbauordnung. Das Haus hat auf Grund seiner Konstruktion sehr hohe Betriebskosten, die wiederum eine nachhaltige Bewirtschaftung herabsetzen. Die errichtete Konstruktion als Zweckbauwerk für Verkaufstätigkeiten hat vor der Instandsetzung durch den Bauherrn nicht mehr den thermischen Ansprüchen am Stand der Technik entsprochen. Die Innenausstattung des Verkaufslokales und des Büros ist einer starken Abnützung unterworfen und sind meist innerhalb einer Zeitspanne von 20 Jahren zu erneuern. Der Ausbau der Innenräume in Trockenbauweise zielt auf eine befristete Nutzung des Bauwerkes ab. Die Innenwände der Räume können eine Nutzungsdauer von 25 Jahren zulassen.

Der Nachweis der Nutzungsdauer wurde über den vorliegenden Bauzustand, der rechnerische Nachweis über die Sachwertmethode und die Ertragswertmethode geführt. Die daraus resultierende Nutzungsdauer beträgt 25 Jahre.


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Baujahr des Gebäudes:
1981
letzter Umbau vorgenommen
Bewertungsstichjahr:
2007
Bisherige Nutzungsdauer:
26 Jahre
Restliche Nutzungsdauer:
25 Jahre
Gesamtnutzungsdauer:
51 Jahre

Dem Gutachten ist ein Grundbuchsauzug und ein Einreichplan beigefügt."

Aufgrund nachfolgender Beweiswürdigung wird jedoch davon ausgegangen, dass mit gegenständlichem Gutachten kein Nachweis für eine kürzere Nutzungsdauer als die gesetzlich vorgesehene erbracht wurde.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Kaufvertrag vom , dem Gutachten von Baumeister DI vom samt Einreichplan, den Unterlagen des Finanzamtes sowie folgender Beweiswürdigung:

Zu den Ausführungen im Gutachten über das Mauerwerk, wonach "das Gebäude in Massivbauweise errichtet und hinsichtlich des aufragenden Mauerwerkes nur mit Vollziegelmauerwerk gearbeitet worden sei, da damals eine Wärmedämmung aus Kostengründen nicht möglich gewesen sei", ist anzumerken, dass das Gutachten im Zusammenhang mit dem Mauerwerk keine Aussagen über die Qualität der beim Bau des Gebäudes verwendeten Materialien und den Zustand des Mauerwerks zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens trifft. Der Hinweis auf den Umstand, dass "für die heutigen Bauvorschriften die Wärmedurchgangszahl nicht mehr entspreche und so auch im Dachraum auf der Geschoßdecke die Wärmedämmung fehle", mag wohl für die Bewirtschaftung des Gebäudes oder beabsichtigte Baumaßnahmen von Interesse sein, hat aber auf die Nutzungsdauer eines Gebäudes keinen unmittelbaren Einfluss. Im Zusammenhang mit der Feststellung, dass "auf Grund seiner früheren Nutzung das Bauwerk zum Zweck eines Verkaufslokals im Erdgeschoß und eines unausgebauten, nicht genutzten Lagers errichtet worden sei, wobei hier nicht auf die langfristige Nutzung, sondern auf die kostengünstigste Errichtung geachtet worden sei", wird im Gutachten nicht näher ausgeführt, warum davon ausgegangen wird, dass ein Bauwerk, das zum Zweck eines Verkaufslokals bzw eines unausgebauten Lagers errichtet worden sei, nicht auf die langfristige Nutzung, sondern auf die kostengünstigste Errichtung geachtet worden sei. Die Benennung jener konkreten Faktoren, die darauf hinweisen, dass bei der Errichtung des Bauwerks auf die kostengünstigste Errichtung geachtet worden sei, bleibt das Gutachten schuldig. Die Feststellung, dass "die fehlende Wärmedämmung an der Außenhülle des Gebäudes und die bauphysikalischen Gegebenheiten nicht mehr dem Stand der Technik und der Landesbauordnung entsprechen und dass die errichtete Konstruktion als Zweckbauwerk für Verkaufstätigkeiten vor der Instandsetzung durch den Bauherrn nicht mehr den thermischen Ansprüchen am Stand der Technik entsprochen habe" ist unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Gebäude zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens bereits 26 Jahre genutzt wurde, nicht weiter außergewöhnlich. Dass bei der Errichtung des Gebäudes aber - die Nutzungsdauer eines Gebäudes verkürzendes - minderwertiges Material verwendet oder die Bauausführung mangelhaft durchgeführt wurde, ist dem Gutachten nicht zu entnehmen. Dem wiederholten Hinweis, dass "das Haus auf Grund seiner Konstruktion sehr hohe Betriebskosten habe, die wiederum eine nachhaltige Bewirtschaftung herabsetzten", ist entgegenzuhalten, dass hohe Betriebskosten einer ökonomischen Nutzung eines Gebäudes wohl entgegenstehen, die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Gebäudes aber nicht verkürzen. Die Aussage, dass "die Innenausstattung des Verkaufslokales und des Büros einer starken Abnützung unterworfen und meist innerhalb einer Zeitspanne von 20 Jahren zu erneuern sei", betrifft - wenn überhaupt - lediglich die Innenausstattung des Verkaufslokals und des Büros und lässt somit keinen Rückschluss auf die konkrete Bausubstanz und die Nutzungsdauer des gegenständlichen gesamten Gebäudes zu. Dass es sich bei der Feststellung, dass "die Innenausstattung des Verkaufslokales und des Büros einer starken Abnützung unterworfen sei", wohl nur um eine Feststellung theoretischer Natur handelt, zeigt der Umstand, dass diese Feststellung zu einem Zeitpunkt getroffen wurde, als die durchgeführten baulichen Maßnahmen gerade abgeschlossen waren und im Zusammenhang mit der Erstellung des Gutachten kein Lokalaugenschein (keine Begehung) durchgeführt wurde. Der Hinweis, "der Ausbau der Innenräume in Trockenbauweise ziele auf eine befristete Nutzung des Bauwerkes ab" ist wenig aussagekräftig, zumal auch die Finanzbehörde nicht von einer unbefristeten Nutzung des Bauwerks ausgegangen ist. Mit der Aussage, "die Innenwände der Räume könnten eine Nutzungsdauer von 25 Jahren zulassen", bleibt aber die Frage unbeantwortet, warum im Nachhinein errichtete Innenwände die Nutzungsdauer eines Gebäudes im Ganzen verkürzen sollten. In Anbetracht der Tatsache, dass die tragenden Mauern in Massivbauweise und lediglich Zwischenwände in Leichtbauweise errichtet wurden und dass weder eine schlechte Bauausführung noch besondere statische Probleme für eine kürzere als die durchschnittliche Nutzungsdauer ins Treffen geführt wurden, ist das Gutachten nicht geeignet, eine kürzere als die gesetzliche Nutzungsdauer zu untermauern. Da das schematisch und allgemein gehaltene Gutachten ein konkretes Eingehen auf den gegenständlichen Bauzustand des in Rede stehenden Gebäudes nicht erkennen lässt, gelangt der Unabhängige Finanzsenat zu der Auffassung, dass die Bw einen Nachweis darüber, dass die Nutzungsdauer des Gebäudes von dem vom Gesetzgeber im § 16 Abs 1 Z 8 lit e EStG 1988 festgelegten durchschnittlichen Wert von 67 Jahren abgewichen ist, nicht erbracht haben.

Der festgestellte Sachverhalt ist in folgender Weise rechtlich zu würdigen:

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 28 Abs 2 EStG 1988 sind Aufwendungen für nicht regelmäßig jährlich anfallende Instandhaltungsarbeiten über Antrag gleichmäßig auf zehn Jahre zu verteilen. Bei Gebäuden, die Wohnzwecken dienen, gilt hinsichtlich der Instandsetzungsaufwendungen folgendes:


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-
Instandsetzungsaufwendungen, die unter Verwendung von entsprechend gewidmeten steuerfreien Subventionen aus öffentlichen Mitteln getätigt werden, scheiden insoweit aus der Ermittlung der Einkünfte aus.
-
Soweit Instandsetzungsaufwendungen nicht durch steuerfreie Subventionen gedeckt sind, sind sie gleichmäßig auf zehn Jahre verteilt abzusetzen.

Instandsetzungsaufwendungen sind jene Aufwendungen, die nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehören und allein oder zusammen mit Herstellungsaufwand den Nutzungswert des Gebäudes wesentlich erhöhen oder seine Nutzungsdauer wesentlich verlängern.

Herstellungsaufwand liegt vor, wenn Aufwendungen baulichen Maßnahmen dienen, durch die die Wesensart des Gebäude geändert wird (vgl VwGH v , 2004/14/0080, Winkler in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg], MSA EStG 12. GL § 8 Anm 20). Zusätzlich zu den Definitionsmerkmalen finden sich in der Rechtsprechung Nebenkriterien, wie "Verbesserung und Erweiterung des Wirtschaftsgutes" oder das "Hinzufügen von Teilen" bzw die "Änderung des Zustandes des Wirtschaftsgutes", die nur einen Unterfall der Änderung der Wesensart darstellen. Die Wesensart des Wirtschaftsgutes kann sich dadurch ändern, dass sich die Funktion, also die Zweckbestimmung, ändert. Eine Wesensänderung verlangt nicht, dass das Gebäude zur Gänze eine neue Funktion erhält, es reicht aus, wenn einzelne Teile anders genutzt werden können, sofern diese von nicht untergeordneter Bedeutung sind. Als Beispiele für Herstellungsaufwand im Bereich Vermietung und Verpachtung durch Änderung der Wesensart des Gebäudes sind ua der Einbau neuer Bestandteile durch Einbau oder Abmauern von Türen und Fenster oder die Durchführung baulicher Maßnahmen wie der Umbau größeren Ausmaßes, indem Gebäudeteile, die bisher Wohnzwecken dienten, zu Geschäftsräumlichkeiten umgebaut werden. Herstellungsaufwand ist als aktivierungspflichtiger Aufwand vom sofort absetzbaren Erhaltungsaufwand zu trennen. Der Erhaltungsaufwand dient dazu, das Wirtschaftsgut in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten (Instandhaltung) oder in einen solchen zu bringen (Instandsetzung). Dazu gehören insbesondere die regelmäßig notwendigen Ausbesserungen und zwar unabhängig davon, ob der Gebäudewert dadurch gesteigert wird. Erhaltungsaufwand liegt insbesondere dann vor, wenn vorhandene Teile ausgetauscht werden, wobei auch ein besseres oder längerlebiges Material verwendet werden kann (vgl Doralt/Mayr, EStG13, § 6 Tz 123ff, Jakom/Laudacher EStG 2013 § 28 Rz 119f). Der Erhaltungsaufwand enthält sowohl den Instandhaltungsaufwand als auch den Instandsetzungsaufwand. Erhaltungsaufwand ist grundsätzlich im Jahr der Verausgabung voll als Werbungskosten absetzbar (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Band III D, Kommentar, § 28 Tz 18).

Im Streitjahr 2007 wurden von den Bw folgende baulichen Maßnahmen vorgenommen: im Erdgeschoss wurde durch Abbrechen der südseitigen Auslage und der vorhandenen Eingangstür ein neuer Vorraum geschaffen, die Innenstiege zum Obergeschoss wurde abgebrochen und die Deckenöffnung mit einer Holzbalkendecke zugemacht. Im ersten Obergeschoss wurde der Vorraum vergrößert, eine zweiflügelige automatische Schiebetür eingebaut, hofseitig eine Tür versetzt und eine Außenstiege mit Podest aus Stahl errichtet, welche als Fluchtweg dient. Unter Berücksichtigung der oben gemachten Ausführungen wird davon ausgegangen, dass es sich bei den von den Bw im Jahr 2007 durchgeführten baulichen Maßnahmen um einen Umbau größeren Ausmaßes und somit um Herstellungsaufwand handelt. Wenn die Bw in ihrem Schreiben vom ausführen, dass sich die Wesensart des Gebäudes nicht verändert habe, so wird daran erinnert, dass zB das Obergeschoss, das vor dem Erwerb der Liegenschaft einer Textilhandlung nur als Lager gedient hat, nach Vollendung der baulichen Maßnahmen über neun Büroräume, einen Besprechungsraum, zwei Archivräume, einen Vorraum, einen Abstellraum, einen Gang, zwei WC, zwei Waschräume und einen Aufenthaltsraum verfügt. Der Unabhängige Finanzsenat geht davon aus, dass sich durch den Umbau eines Lagers in Büroräume die Wesensart des Obergeschosses geändert hat. Eine Wesensänderung verlangt aber nicht, dass das Gebäude zur Gänze eine neue Funktion erhält, es reicht aus, wenn einzelne Teile anders genutzt werden können, sofern diese von nicht untergeordneter Bedeutung sind (vgl Jakom/Laudacher EStG 2013 § 28 Rz 120). In Hinblick darauf, dass laut Gutachten die Nutzfläche des Obergeschosses größer ist als die des Erdgeschosses, wird nicht davon ausgegangen, dass es sich beim Obergeschoss um einen Gebäudeteil handelt, der von untergeordneter Bedeutung ist. Der Unabhängige Finanzsenat gelangt daher zur der Auffassung, dass es sich bei den im Streitjahr 2007 von den Bw durchgeführten baulichen Maßnahmen um Herstellungsaufwand handelt, der entsprechend der Restnutzungsdauer des Gebäudes im Wege der Afa absetzbar ist.

Gemäß § 16 Abs 1 Z 8 lit e EStG 1988 können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden.

Der Steuerpflichtige kann auf die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten von Betriebsgebäuden einen höheren Afa-Satz anwenden, wenn er einen Nachweis über eine kürzere als die vom Gesetzgeber angenommene Nutzungsdauer erbringt. In der Regel wird der Beweis durch das Gutachten eines Sachverständigen über den technischen Bauzustand zu erbringen sein. Maßgeblich für eine höhere Afa ist in der Regel die technische und nicht die wirtschaftliche Nutzungsdauer (VwGH v , 92/14/0052). Gründe für eine kürzere Gebäudenutzungsdauer können zB ein schlechter Bauzustand, schlechte Bauausführungen oder besondere statische Probleme darstellen (VwGH v , 2000/15/0074).

Finden sich in einem Gutachten keine hinreichenden Aussagen über den Bauzustand, keine Feststellungen zur Qualität der Bauausführung oder zu allfälligen bereits bestehenden Schäden, etwa als Folge aufsteigender Feuchtigkeit oder eines vermuteten Schädlingsbefalls, ist es zur Nachweisführung für einen niedrigeren Afa-Satz nicht geeignet.

Unter Berücksichtigung der oben ausführlich dargestellten Beweiswürdigung gelangt der Unabhängige Finanzsenat zu der Auffassung, dass die Bw einen Nachweis darüber, dass die Nutzungsdauer des Gebäudes von dem vom Gesetzgeber im § 16 Abs 1 Z 8 lit e EStG 1988 angenommenen durchschnittlichen Wert von 67 Jahren abgewichen ist, nicht erbracht haben. Dem Einwand der Bw, dass Einbauten in Leichtbauweise eine kürzere Bestandsdauer als 67 Jahre aufwiesen, sodass eine Nutzungsdauer von 67 Jahren nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspreche, wird entgegengehalten, dass die kürzere Lebensdauer verschiedener Gebäudeteile keine kürzere Nutzungsdauer als die sich aus den konstruktiven und haltbaren Bauteilen ergebende einheitliche technische Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes begründet (vgl Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2013, § 8 Rz 28f).

Gemäß § 299 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Voraussetzung für eine Aufhebung eines Bescheides gemäß § 299 BAO ist somit die objektive Unrichtigkeit des aufzuhebenden Bescheides.

Der Inhalt eines Bescheides ist dann nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. Weshalb diese Rechtswidrigkeit vorliegt (etwa bei einer unrichtigen Auslegung einer Bestimmung, bei mangelnder Kenntnis des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes, bei Übersehen von Grundlagenbescheiden) ist für die Anwendbarkeit des § 299 BAO nicht ausschlaggebend (vgl Ritz, BAO4, § 299, Tz 10).

Die Aufhebung setzt weder ein Verschulden der Abgabenbehörde noch ein Verschulden (bzw ein Nichtverschulden) des Bescheidadressaten voraus. Die Rechtswidrigkeit muss nicht offensichtlich sein. Die Aufhebung setzt jedoch die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus (vgl Ritz, aaO, Tz 11ff).

Im Hinblick auf die von den Bw im Streitjahr 2007 vorgenommenen baulichen Maßnahmen wird auf die vom Unabhängigen Finanzsenat oben vorgenommene Beweiswürdigung und die rechtliche Würdigung verwiesen. Der erklärungsgemäße Ansatz im aufgehobenen Bescheid, dass es sich bei den in Rede stehenden baulichen Maßnahmen um Erhaltungsaufwand handle, ist daher unrichtig. Das Finanzamt konnte daher mit Gewissheit von der Rechtswidrigkeit des in der Folge aufgehobenen Bescheides ausgehen. Die Abgabenbehörde erster Instanz war somit berechtigt, den sich in seinem Spruch als unrichtig erweisenden Feststellungsbescheid gemäß § 299 Abs 1 BAO aufzuheben.

Hinsichtlich der diesbezüglich erforderlichen Ermessensübung wird darauf hingewiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof seit dem verstärkten Senat vom , Slg 5567/F, in ständiger Rechtsprechung (vgl etwa uva) ausführt, im Bereich des § 299 BAO komme dem Prinzip der Rechtmäßigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Richtssicherheit zu. Trotz dieses Vorranges des Prinzips der Rechtsrichtigkeit werden Aufhebungen vor allem dann zu unterbleiben haben, wenn die Rechtswidrigkeit bloß geringfügig ist bzw wenn sie keine wesentlichen Folgen nach sich gezogen hat, etwa weil Fehler sich inner- oder überperiodisch im Wesentlichen ausgleichen (vgl Ritz, aaO Tz 54f). Das bei der Aufhebung eines Bescheides der Behörde eingeräumte Ermessen wird regelmäßig dann im Sinne des Gesetzes gehandhabt, wenn die Behörde bei Wahrnehmung einer nicht bloß geringfügigen Rechtswidrigkeit mit Aufhebung der Bescheide vorgeht (vgl ).

Im aufgehobenen Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 vom wurden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -55.244,40 € festgestellt, während im - den aufgehobenen Bescheid ersetzenden - Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 vom die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -31.680,30 € festgestellt wurden. Im Hinblick darauf, dass die sich daraus ergebende Erfolgsänderung in Höhe von +23.564,10 € das Ausmaß bloßer Geringfügigkeit überschreitet, kommt dem Interesse der Bw an der Nichtaufhebung des aufgehobenen Feststellungsbescheides im Vergleich zum öffentlichen Interesse an der Behebung in Anbetracht der nicht bloß geringfügigen Rechtswidrigkeit des aufgehobenen Bescheides geringeres Gewicht zu. Dementsprechend war das Ermessen zugunsten der Aufhebung des aufgehobenen Feststellungsbescheides zu üben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Herstellungsaufwand
Erhaltungsaufwand
Instandhaltungsaufwand
Instandsetzungsaufwand
Änderung der Wesensart
Nutzungsdauer
Absetzung für Abnutzung
Gutachten
Afa-Satz
Bescheidaufhebung
Verweise

Winkler in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg], MSA EStG 12. GL § 8 Anm 20
Doralt/Mayr, EStG 13, § 6 Tz 123 ff
Jakom/Laudacher EStG 2013 § 28 Rz 119 f
Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Band III D, Kommentar, § 28 Tz 18
Jakom/Laudacher EStG 2013 § 28 Rz 120


Ritz, BAO 4. Auflage, § 299 Tz 10
Ritz, BAO 4. Auflage, § 299 Tz 11 ff

Ritz, BAO 4. Auflage, § 299 Tz 54f

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at