TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 10.12.2007, RV/0560-W/07

Solidarschuld- und Schenkungssteuerbescheid an den Geschenkgeber

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/0560-W/07-RS1
Ein Spielraum für eine Ermessensübung hinsichtlich der Auswahl aus einer Mehrheit von Gesamtschuldnern liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr vor, wenn kein anderer zahlungsfähiger Gesamtschuldner mehr vorhanden ist.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der M., gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom , St.Nr., betreffend Schenkungssteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Beweis wurde von der Referentin des unabhängigen Finanzsenates bisher erhoben durch Einsichtnahme in den Bemessungsakt -, den Einheitswertakt der Liegenschaft y, den Einkommensteuerakt der Übergeberin, --, sowie Abhaltung des Erörterungsgespräches am vor der h.o. Behörde.

Laut Punkt Erstens des Übergabsvertrages vom hat Herr WM die nicht protokollierte Einzelfirma Tischlereibetrieb mit dem Standort z, mit allen mit diesem Einzelunternehmen verbundenen Rechten und Pflichten samt allen Aktiven und Passiven laut Übergabsbilanz zum an seinen Sohn, Herrn TM, zum Stichtag übergeben.

Das Unternehmen wurde bisher auf den im Alleineigentum der Ehegattin des Übergebers, IM., stehenden Liegenschaften zz, mittels Pachtvertrages an diesen Liegenschaften geführt.

Laut Punkt Zweitens des Übergabsvertrages schenkt und übergibt Frau IM. an ihren Sohn, Herrn TM , die in deren Alleineigentum stehenden Liegenschaften zz. mit einem Einheitswert zum von Euro 39.824,71. Der Bausparvertrag in c bezüglich eines Pfandrechtes vom im ursprünglichen Betrag von S 175.000,- wird, soweit er in der Zwischenzeit nicht bezahlt wurde, übernommen. Bei den restlichen Pfandrechten in cc handelt es sich um Kontokorrentkredite für die Tischlerei und sind diese in der unter Punkt Erstens angeführten Bilanz enthalten. Sie werden im Grundbuch mit übernommen.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurde vom Finanzamt A eine Kopie der im Schenkungsvertrag angeführten Übergabsbilanz des Tischlereibetriebes zum , der Teilwert des beweglichen Anlagevermögens und der aushaftende Betrag des zu übernehmenden Bauspardarlehens angefordert. Übermittelt wurden die Bilanz sowie die Berechnung des Einheitswertes des Betriebsvermögens.

Mit Bescheid vom , setzte das Finanzamt A für obigen Vorgang hinsichtlich der Geschenkgeberin als Steuerschuldnerin Schenkungssteuer in Höhe von Euro 10.598,66 fest. Als Bemessungsgrundlage wurde der 3-fache Einheitswert der Grundstücke (d.i. 39.824,71 Euro x 3 = 119.474,13 Euro) herangezogen.

Fristgerecht wurde Berufung eingebracht.

Folgende Berufungspunkte wurden vorgebracht:

1. Herr TM habe von Seiten seines Vaters den operativen Geschäftsbetrieb und von der Mutter die dazugehörende Liegenschaft, die an den Vater vermietet gewesen sei, geschenkt bekommen. Aus Sicht des Erwerbers handle es sich bei den Vermögensübertragungen um einen Betrieb, sowohl die Liegenschaft als auch die Tischlerei seien bei TM zur Gänze Betriebsvermögen. §15a ErbStG spreche immer vom Erwerb des begünstigten Vermögens. Es sei daher die Begünstigung aus Erwerbersicht anzuwenden.

2. Auf Grund der Übertragung des Betriebes sei ein Einheitswert in Höhe von insgesamt Euro 92.439,77 übertragen worden. Bei diesem Einheitswert handle es sich um Gebäude und Gebäudeumbauten, die in der Bilanz des Herrn WM zu aktivieren gewesen seien. Es komme daher zu einer klassischen Doppelbesteuerung der beiden Schenkungsvorgänge. Einerseits werde bei Herrn WM der EW-BV herangezogen, in welchem die Einheitswerte der übertragenen Gebäudeteile beinhaltet seien, andererseits seien im Einheitswert der Liegenschaft ebenso diese im wirtschaftlichen Eigentum von Herrn WM stehenden "Einheitswerte" enthalten. Auf Grund der hypothekarischen Sicherheiten der Betriebsverbindlichkeiten von WM auf der Liegenschaft der Frau IM. wäre folgende Vorgangsweise richtig:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a) Einheitswert des Betriebsvermögens
2.796,15
abzüglich Einheitswert der Gebäude
-92.439,77
zuzüglich der Verbindlichkeiten, welche hypothekarisch sichergestellt sind
+107.518,25
ergibt negativen Einheitswert des operativen Tischlereibetriebes von
17.874,63
b) Liegenschaftsübertragung
Gegenleistung für die Übertragung der Liegenschaft durch Übernahme der Bankschulden, welche hypothekarisch gesichert sind
107.518,25

Im Zuge des Verfahrens wurde ein Erörterungsgespräch mit Herrn TM zur Abklärung der Sach- und Rechtslage geführt, welches folgendes Ergebnis gebracht hat:

Herr TM gab zu Protokoll, dass mit dem gegenständlichen Schenkungsvertrag ein einheitlicher Erwerbsvorgang gewollt gewesen sei. Die Liegenschaften seien ausschließlich betrieblich genutzt worden.

Aufgrund des Anratens eines Vermögensberaters sei der übergebene Betrieb geschlossen und die Gewerbeberechtigung ruhend gemeldet, sowie in der Folge der Konkursantrag durch Herrn TM gestellt worden. Der Betrieb sei etwa im Mai 2006 aufgegeben worden. Das Konkursverfahren sei noch nicht abgeschlossen worden. Hinsichtlich der Liegenschaften gebe es derzeit ein verbindliches Kaufangebot über € 115.000,--. Der Schätzwert der Liegenschaften betrage etwa € 112.000,--

Herr TM hat laut eigener Angaben Kredite der c. im Ausmaß von etwa € 120.000,--übernommen. Es habe keine Kreditrückzahlungsverpflichtung für Frau IM. gegeben, jedoch habe es - laut Angaben des Herrn TM bei der c. einen Bürgschaftsvertrag oder eine ähnliche Vereinbarung, wodurch die Betriebskredite auf der Liegenschaft sichergestellt worden seien, gegeben. Im Zuge der Betriebsübertragung sei Frau IM. aus der Haftung entlassen worden und es sei die Übernahme durch Herrn TM erfolgt. Der Teilwert des beweglichen Anlagevermögens betrage laut Angaben des steuerlichen Vertreters rund 84.000,- Euro. Einen Gütergemeinschaftsvertrag zwischen den Ehegatten M gebe es nicht.

Der steuerliche Vertreter führte im Erörterungsgespräch ergänzend aus, dass §15a ErbstG in seiner Auslegung das Element der wirtschaftlichen Betrachtungsweise beinhalte. Vom Gesetzgeber sei diese Bestimmung in diesem Sinne eingeführt worden, um Betriebserwerbe im weiteren Sinne einer Begünstigung zu unterziehen. Im Falle M sei wirtschaftlich betrachtet ein einheitlicher Betrieb (Liegenschaft und operativer Betrieb) an Herrn TM zeitgleich mit allen Rechten und Pflichten übertragen worden. Eine Teilung des Erwerbsvorganges nach rein zivilrechtlichen Gesichtspunkten würde der Absicht des Gesetzgebers widersprechen.

Der steuerliche Vertreter brachte weiters vor, Frau IM. sei bis zum Pensionsantritt Dienstnehmerin gewesen und erziele darüber hinaus monatliche Mieteinnahmen von etwa 300 Euro aus der Vermietung dieser Liegenschaft. Aus ihrer Sicht sei die Liegenschaft ohne Wert gewesen, da die Hausbank Hypotheken etwa in Höhe des Verkehrwertes eingetragen habe. Nach der Übergabe beziehe Frau M eine monatliche Pension von etwa 700 Euro netto im Monat. Aufgrund der Insolvenz des übergebenen Betriebes befinde sich Frau M in einer schwierigen gesundheitlichen Situation. Die Inanspruchnahme als Steuerschuldnerin über einen Betrag von 10.600 Euro sei für sie völlig unverständlich und aufgrund ihrer Einkünfte nicht leistbar. Vermögen sei nur in Form des Hausrats und persönlicher Gegenstände vorhanden. Das Wohnbedürfnis werde in einer Mietwohnung mit dem Ehegatten erfüllt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Da die auf dem Grundstück aushaftenden Schulden laut gegenständlichem Vertrag als "Kontokorrentkredite" für die Tischlerei deklariert wurden, welche in der Bilanz enthalten sind, sind sie als solches dem Betrieb zuzurechnen, womit für die Übertragung der Liegenschaften ausschließlich Schenkungssteuer zur Vorschreibung kam.

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob anlässlich der Übertragung des Betriebes des Vaters an den Sohn auch für die gleichzeitige Übertragung der betrieblich genutzten Liegenschaften der Mutter die Befreiungsbestimmung des §15a ErbStG anwendbar ist oder nicht. Die Berufungswerberin (Bw) meint, dass die Befreiungsbestimmung des §15a ErbStG auch für die Liegenschaften anzuwenden sei, da diese betrieblich genutzt worden seien und im Betriebsvermögen des Betriebes des Vaters erfasst gewesen wären, somit wirtschaftlich zur Gänze dem vom Sohn erworbenen Betrieb zuzurechnen seien.

Mit Art. IX Z. 4 Steuerreformgesetz 2000, BGBl. I 1999/106, wurde §15a ErbStG mit Wirkung zum in das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz eingefügt. Damit wurde für den Erwerb von Todes wegen oder unter Lebenden von Betriebsvermögen oder von Anteilen an Kapitalgesellschaften eine umfangreiche Befreiungsbestimmung geschaffen. Gemäß §15a Abs.1 ErbStG, in der zum Zeitpunkt der Übergabe geltenden Fassung, bleiben Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden von Vermögen gemäß Abs. 2, sofern der Erwerber eine natürliche Person ist und der Geschenkgeber das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen in einem Ausmaß erwerbsunfähig ist, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Gesellschafter verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen, nach Maßgabe der Abs. 3 und 4 bis zu einem Wert von 365.000 Euro (Freibetrag) steuerfrei.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle zählen zum Vermögen

1. inländische Betriebe und inländische Teilbetriebe, die der Einkunftserzielung gemäß §2 Abs.3 Z. 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes 1988, in der jeweils geltenden Fassung, dienen,

2. Mitunternehmeranteile, das sind Anteile an inländischen Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, wenn der Erblasser oder Geschenkgeber im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld mindestens zu einem Viertel unmittelbar am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist und

3. Kapitalanteile, das sind Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften, wenn der Erblasser oder Geschenkgeber im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld mindestens zu einem Viertel des gesamten Nennkapitals unmittelbar beteiligt ist.

In den Erläuterungen der Regierungsvorlage des Steuerreformgesetzes 2000 ist zu §15a ErbStG ausgeführt (1766 BlgNR 20. GP):

"Mit dieser Bestimmung soll ein sachlicher Freibetrag von fünf Millionen Schilling für die unentgeltliche Übertragung von im Abs. 2 angeführten Vermögen geschaffen werden. Dieser Freibetrag soll dann zustehen, wenn das Vermögen von Todes wegen (§2 ErbStG) oder durch eine Schenkung unter Lebenden (§3 ErbStG) zugewendet wird und der Erwerber eine natürliche Person ist; bei der Schenkung unter Lebenden kommt als weitere Voraussetzung für die Gewährung des Freibetrages dazu, dass der Geschenkgeber entweder das 55. Lebensjahr vollendet haben muss oder wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen erwerbsunfähig ist. Erwerbsunfähigkeit ist dieser Bestimmung zufolge dann anzunehmen, wenn er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Gesellschafter verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Ob ein Geschenkgeber "erwerbsunfähig" ist, ist jeweils für das konkret übertragene Vermögen zu beurteilen.

Als begünstigungsfähiges Vermögen sollen gemäß Abs. 2 Betriebe und Teilbetriebe angesehen werden, bei denen nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb bezogen werden, sowie Mitunternehmer und Kapitalanteile, sofern der Erblasser oder Geschenkgeber mindestens zu einem Viertel unmittelbar am Vermögen der Gesellschaft oder am gesamten Nennkapital beteiligt war. Der Erwerb von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers ist begünstigt, wenn er unmittelbar mit dem Erwerb des Mitunternehmeranteils erfolgt.

Der Freibetrag (Freibetragsteil) soll grundsätzlich immer dann zustehen, wenn der Erblasser oder Geschenkgeber den Betrieb zur Gänze oder mindestens zu einem Viertel überträgt. Wird ein Teilbetrieb oder Anteil an einem Teilbetrieb übertragen, so ist Anwendungsvoraussetzung für die Befreiung, dass der Wert des übertragenen Vermögens mindestens ein Viertel des Wertes des gesamten Betriebes beträgt. Ist Gegenstand der Übertragung ein Mitunternehmer- oder Kapitalanteil oder ein Teil dieses Vermögens, kommt die Begünstigung nur dann zur Anwendung, wenn der Erblasser oder Geschenkgeber mindestens zu einem Viertel am Vermögen der Gesellschaft oder am Nennkapital der Gesellschaft beteiligt ist und mindestens dieser Anteil übertragen wird."

Tatbestandsvoraussetzung der Befreiungsbestimmung nach §15a ErbStG sind u.a. bestimmte persönliche Elemente. So muss der Empfänger der Zuwendung eine natürliche Person sein und Schenkungen unter Lebenden sind nur dann befreit, wenn weiters der Geschenkgeber das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen in einem Ausmaß erwerbsunfähig ist, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Gesellschafter verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Damit ist aber klargestellt, dass der Gesetzgeber nur solche Erwerbsvorgänge begünstigen wollte, in denen der Geschenkgeber Betriebsführer oder Gesellschafter war.

Begünstigt ist ferner nur die Übertragung von Betrieben oder Teilbetrieben, die der Einkunftserzielung aus Land- und Forstwirtschaft, aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb dient. Auf Seiten des Übergebers müssen daher entweder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb vorliegen. Die ertragsteuerliche Definition des Betriebes ist somit nur für die Beurteilung, ob beim Übergeber ein Betrieb oder Teilbetrieb vorliegt, maßgeblich.

Im Zuge des Erörterungsgespräches wurde bekannt gegeben, dass Frau IM. nur unselbständige Einnahmen bezogen hat. Ihr sind jedoch keine Gewinneinkünfte aus der Führung des Gewerbebetriebes zugeflossen. Wie dem Einkommensteuerakt von Frau IM. , St.Nr. yyy, des Finanzamtes Y zu entnehmen ist, bezog Frau M Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit aus einem Arbeitsverhältnis bei der Firma "WM , Tischlerei, -straße".

Wenn auch die von der Bw übergebenen Liegenschaften betrieblich genutzt wurden und somit der Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb dienten, fehlt es dennoch an dem weiteren Tatbestandsmerkmal, dass nämlich Frau M, selbst (Mit)Unternehmerin hätte sein müssen. Weiters fehlt die Voraussetzung der Übergabe eines Betriebes oder Teilbetriebes, zumal die gegenständlichen Liegenschaften, auch wenn sie betrieblich genützt werden, gesondert und für sich betrachtet weder einen Betrieb noch einen Teilbetrieb darstellen. Der Umstand alleine, dass das von der Bw übergebene Vermögen betrieblich genutzt worden ist und diese Liegenschaften Betriebsvermögen waren, ist nicht ausreichend um hinsichtlich des Erwerbsvorganges des Herrn TM von der Bw die Tatbestandsvoraussetzungen des §15a ErbStG zu erfüllen. Daran ändert auch die Argumentation der Bw, dass ein einheitlicher Betrieb übergeben worden sei, nichts. Hinsichtlich des Vorbringens, es sei ein einheitlicher Betrieb übergeben worden ist vielmehr zu sagen, dass der Wortlaut des §15a ErbStG keinen Raum dafür lässt, mehrere Erwerbsvorgänge von verschiedenen Personen zusammenzufassen. Vielmehr ist die Frage der Steuerfreiheit für jeden einzelnen Erwerbsvorgang gesondert zu prüfen (vgl. ).

Eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts ist ebenfalls nicht anzunehmen, da dies gerade dem Wesen der Erbschaftssteuer als Erbanfallsteuer entspricht. Die Erbschafts- und Schenkungssteuer ist eine Steuer, die für den einzelnen Erwerbsvorgang festgesetzt wird und vom Bereicherungsprinzip beherrscht wird (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, § 1 ErbStG Rz 4f). Es ist sohin für jeden einzelnen Vermögensvorteil festzustellen, ob ein Tatbestand der Steuerbefreiungen gemäß §15a ErbStG vorliegt.

Die Tatbestände des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes knüpfen - wie bereits ausgeführt - in der Hauptsache an die äußere zivilrechtliche bzw. formalrechtliche Gestaltung an und leiten daraus abgabenrechtliche Folgen ab. Da die Erbschafts- und Schenkungssteuer an Rechtsvorgänge anknüpft (), tritt die im Steuerrecht grundsätzlich anzuwendende wirtschaftliche Betrachtungsweise in den Hintergrund (). Für den Bereich der Erbschafts- und Schenkungssteuer ist grundsätzlich die formalrechtliche Beurteilung geboten (). Der zivilrechtliche Tatbestand der Z. 1 des §3 Abs. 1 ErbStG ist einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht zugänglich (). Die Zurechnung eines Wirtschaftsgutes im Einkommensteuerverfahren nach wirtschaftlichen und nicht nach rechtlichen Gesichtspunkten kann für den Bereich des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechtes, in dem in formaler Betrachtungsweise in der Regel ein rechtlich relevantes Geschehen in der Außenwelt die Steuerpflicht auslöst, niemals Bindungswirkung haben. Die einkommensteuerliche Beurteilung ist unabhängig von der erbschaftssteuerlichen Vorgangsweise anzusehen, weil Einkommensteuer und Erbschaftssteuer unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen und in Folge dessen unterschiedlich ausgestaltet sind ().

Aus diesem Grund kann dem Vorbringen der Berufungswerberin, es lägen für die Übertragung der ihr gehörigen Liegenschaften auf Grund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise die Voraussetzungen für die Befreiung nach §15a ErbStG vor, nicht gefolgt werden.

Gemäß §15a Abs.5 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 ist die Steuer nachzuerheben, wenn der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb das zugewendete Vermögen oder wesentliche Grundlagen davon entgeltlich oder unentgeltlich überträgt, betriebsfremden Zwecken zuführt oder wenn der Betrieb oder Teilbetrieb aufgegeben wird. Herr TM hat den Tischlereibetrieb zum Stichtag übernommen und im Mai 2006 aufgegeben. Damit hat er die Steuerbefreiung verwirkt und wäre die Steuer ohnedies nachzuerheben gewesen, wobei im Falle der Nachversteuerung die Werte für den Zeitpunkt, in dem der steuerbare Tatbestand verwirklicht wurde (Zeitpunkt der seinerzeitigen Übertragung), heranzuziehen sind (vgl. Fellner, Kommentar zum Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Bd III, Tz22).

Im gegenständlichen Fall ist ergänzend festzuhalten, dass das Auseinanderklaffen von Betriebsinnehabung und zivilrechtlichem Eigentum bislang kein Hindernis für die Ausübung des Gewerbes war. Damit konnte aber die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums von der Bw an den Sohn ebenfalls keine unabdingbare Voraussetzung für die Fortführung des Betriebes gewesen sein.

Gemäß §19 Abs.2 ErbStG ist für inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, für inländisches Grundvermögen und für inländische Betriebsgrundstücke das Dreifache des Einheitswertes maßgebend, der nach den Vorschriften des Zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes (Besondere Bewertungsvorschriften) auf den dem Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist oder festgestellt wird. Wird von einem Steuerschuldner nachgewiesen, dass der gemeine Wert dieser Vermögenswerte im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als das Dreifache des Einheitswertes, ist der nachgewiesene gemeine Wert maßgebend.

Im Schenkungsvertrag vom wurde der Einheitswert der Liegenschaften zum mit Euro 39.824,71 (dreifach sohin Euro 119.474,13) angegeben. Ein niedrigerer gemeiner Wert wurde nicht nachgewiesen. Nach dem Ergebnis des Erörterungsgespräches, wonach es ein Kaufanbot in Höhe von Euro 115.000,00 gegeben haben soll, erscheint die Bewertung mit dem dreifachen Einheitswert in Höhe von Euro 119.474,13 nicht unrealistisch.

Hinsichtlich der Heranziehung der Bw zur Abgabenleistung ist folgendes zu sagen:

Gemäß §13 Abs.1 ErbStG ist Steuerschuldner der Erwerber, bei einer Schenkung auch der Geschenkgeber.

Gemäß §6 Abs.1 Bundesabgabenordnung (BAO) sind Personen, die nach den Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, §891 ABGB). §891 ABGB entsprechend liegt die Inanspruchnahme von Gesamtschuldnern im Belieben des Gläubigers.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beispielsweise in seinem Erkenntnis vom , 93/17/0084, dargelegt, dass diese, dem Gläubiger durch § 891 ABGB eingeräumte, Dispositionsfreiheit im öffentlichen Recht unter dem Blickwinkel des "Ermessens" zu sehen sei. Wolle die Behörde ihre Schuldnerwahl mit den Grundsätzen rechtsstaatlicher Ermessensübung in Einklang bringen und sich nicht dem Vorwurf der Willkür aussetzen, so müsse sie ihren Entschluss nach sachlichen Gesichtspunkten fassen (Hinweis: Stoll, Das Steuerschuldverhältnis in seiner grundlegenden Bedeutung für die steuerliche Rechtsfindung, Seite 218). Ob und in welchem Ausmaß ein Mitschuldner zur Erfüllung seiner gesamtschuldnerischen Leistung herangezogen werde, liege daher im entsprechend zu begründenden Ermessen der Abgabenbehörde.

Gemäß §20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Ein Spielraum für eine Ermessensübung hinsichtlich der Auswahl aus einer Mehrheit von Gesamtschuldnern liegt aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr vor, wenn kein anderer zahlungsfähiger Gesamtschuldner mehr vorhanden ist (vgl. u.a. ).

In Ausübung dieses Ermessens wurde zuerst Herr TM in seiner Eigenschaft als Geschenknehmer (Empfänger des übertragenen Vermögens) als Abgabenschuldner in Anspruch genommen. Als die Schenkungssteuer weder entrichtet wurde, noch in der Folge bei Herrn TM eingebracht werden konnte, erging ein Solidarschuld- und Schenkungssteuerbescheid an Frau IM..

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Solidarschuldner
Gesamtschuldner
Ermessen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at