Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 09.01.2007, RV/0117-G/04

1.) Dürre als Naturkatastrophe (außergewöhnliche Belastung) 2.) Brunnenneubau als Sonderausgabe

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0117-G/04-RS1
Aufwendungen für das Tiefergraben eines Brunnens können ebenso wie der Anschluss an das öffentliche Kanalnetz () Sanierungsmaßnahmen iSd § 18 Abs.1 Z 3 lit.c EStG darstellen.
Folgerechtssätze
RV/0117-G/04-RS2
wie RV/0344-G/04-RS1
Beim Austrocknen eines Brunnens infolge allmählichen Absinkens des Grundwasserspiegels (Klimawandel) handelt es sich nicht um einen Katastrophenschaden im Sinn des § 34 Abs. 6 EStG 1988.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2002 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Im Juli 2001 ist laut Bestätigung der Stadtgemeinde F bzw. der Freiwilligen Feuerwehr F die Wasserversorgung der Bw durch ihre eigene Quelle wegen anhaltender Trockenheit versiegt. Die Bw wurde daher von Juli 2001 bis Juli 2002 von der Feuerwehr mit Wasser versorgt.

In ihrer Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung machte die Bw die Kosten für die Anschaffung von Wasserbehältern iHv € 1.708,80 (zur Versorgung mit Wasser durch die Feuerwehr) und das Tiefergraben bzw. Erneuern der Quellfassung iHv € 1.440,- geltend. Im Einkommensteuerbescheid vom versagte das Finanzamt den Abzug der betr. Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung. In der dagegen erhobenen Berufung vom legte die Bw den Sachverhalt dar und vertrat die Rechtsmeinung, eine Dürre sei eine Naturgewalt wie in § 34 EStG gefordert. Die entstanden Kosten seien abzugsfähig, da sich die Nutzungsdauer des Brunnens durch die Dürre vermindert habe. In der Berufungsvorentscheidung vom verneinte das Finanzamt die Qualifikation einer Dürreperiode als Naturkatastrophe und versagte den Abzug. Mit Schreiben vom beantragte die Bw die Entscheidung durch die 2. Instanz und führte ergänzend aus, dass Dürre eine Katastrophe darstelle, u.a. weil beispielsweise das BM für Land-und Forstwirtschaft dafür Zuschüsse gewährt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Abzug von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung in Form von Katastrophenschäden iSd § 34 Abs 6 EStG setzt unter anderem folgendes voraus:

- es handelt sich um eine Naturkatastrophe

- der Aufwand dient der Beseitigung des durch die Naturkatastrophe eingetretenen Schadens und führt zu einer endgültigen Belastung des Abgabepflichtigen und nicht zu einer Vermögensumschichtung ("Gegenwerttheorie" und , 92/14/0172)

- der Aufwand ist seiner Art nach nicht als Werbungskosten oder Sonderausgabe abzugsfähig (§ 34 Abs 1 letzter Satz EStG)

Das Einkommensteuergesetz definiert den Begriff der Katastrophe nicht, sondern nennt im § 34 Abs. 6 EStG 1988 nur einige Beispiele, wie Hochwasser, Erdrutsch, Vermurungen und Lawinen. Nach Judikatur und Literatur versteht man unter Katastrophenschäden außergewöhnliche Schadensereignisse, die nach objektiver Sicht aus dem regelmäßigen Ablauf der Dinge herausfallen. Im allgemeinen Sprachgebrauch (vgl. zB "Der große Brockhaus" oder "Meyers Großes Universallexikon") versteht man unter einer (Natur)Katastrophe ein schweres Unglück mit verheerenden Folgen. Eine Katastrophe verursacht üblicherweise Schäden, die überregionale oder sogar internationale Hilfe erfordern. Eine Katastrophe wird meist als ein plötzlicher Einbruch oder als ein sprunghaft auftretendes Phänomen, das eine nachhaltige Zerstörung hervorruft, beschrieben.

Nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates (-G/04) wird auch unter einer Katastrophe im Sinn des Einkommensteuergesetzes ein plötzlich auftretendes Ereignis verstanden, das enorme Schäden verursacht. Eine über Jahre hinweg entstehende Trockenheit in einem bestimmten Gebiet als Folge des allgemeinen Klimawandels, die zu einem allmählichen Absinken des Grundwasserspiegels führt, fällt nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates nicht unter diesen Begriff, auch wenn der damit in Zusammenhang stehende wirtschaftliche bzw. finanzielle Schaden aus der Sicht des einzelnen Betroffenen nicht unerheblich ist. Weder der Klimawandel als solcher, noch jedes Ereignis, das in Folge des Klimawandels auftritt, kann als Naturkatastrophe in dem Sinn angesehen werden, dass ein dadurch entstehender Schaden auch steuerlich zu berücksichtigen ist.

Unter Belastungen iSd § 34 EStG sind nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH vermögensmindernde Ausgaben, also solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigem Wertverzehr verknüpft sind. Ihnen stehen die Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und die deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden ( - "Gegenwerttheorie"). Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes sind damit in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen (). Das gilt nach Ansicht des VwGH (, 88/14/0059) explizit für die Herstellung eines neuen Brunnens (weil der alte durch Hangrutschung zerstört wurde). Der höhere Wert des neuen Brunnens ist bloße Vermögensumschichtung. Auch die Aufwendungen für den Erwerb der Wassertanks führen nur zu einer Vermögensumschichtung und können daher nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden.

Sonderausgaben iSd § 18 Abs 1 Z 3 lit c EStG sind Aufwendungen zur Wohnraumsanierung in Form von Instandsetzungsaufwendungen, die den Nutzwert des Wohnraumes wesentlich erhöhen. Maßnahmen, die dem Ersatz anderer Abwasserbeseitigungsanlagen (meist sogenannter Senkgruben oder Sickergruben) durch den Anschluß an das öffentliche Kanalnetz dienen, erhöhen nicht nur den gemeinen Wert des gesamten Objektes, sondern jedenfalls mittelbar auch den Nutzwert des Wohnraumes selbst entscheidend. Daher kann die Vornahme eines nachträglichen Anschlusses des Objektes an das öffentliche Kanalnetz als Sanierungsmaßnahme iSd § 18 Abs 1 Z 3 lit c EStG Berücksichtigung finden (VwGH 92/15/0020). Nach Ansicht des UFS führt auch die Erneuerung eines Brunnens, die durch das Tiefergraben den Nutzwert erhöht, zu Sonderausgaben aus dem Titel der Wohnraumsanierung. Damit scheidet ein Abzug als außergewöhnliche Belastung kraft gesetzlicher Vorschrift ebenfalls aus.

Zusammenfassend stellt sich die Beurteilung durch den UFS folgendermaßen dar: Die anhaltende Dürre ist keine Naturkatastrophe iSd § 34 Abs 6 EStG. Selbst wenn sie es wäre, könnte der geltend gemachte Aufwand nicht abgezogen werden, da er nicht der Beseitigung des Dürreschadens an sich dient, sondern einen Gegenwert erzeugt.

Die Aufwendungen für das Tiefergraben des Brunnens iHv € 1.486,68 sind jedoch als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Für diese Sonderausgaben ist in § 18 Abs 3 Z 2 EStG ein Höchstbetrag von € 2.920,- vorgesehen. Von diesem Höchstbetrag ist ein Viertel abzusetzen. In der Veranlagung wurde bereits ein Geamstbetrag von € 2.906,91 als Sonderaugabe berücksichtigt, sodass sich der Brunnenneubau nur mit einem Viertel der Differenz auf den Höchstbetrag von € 2.920,- (das sind € 3,27) auszuwirken vermag.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Dürre
Naturkatastrophe
Brunnengrabung
Zitiert/besprochen in

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at