Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 24.05.2013, RV/2926-W/11

Ausbildungs- oder Umschulungskosten eines Sozialarbeiters

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2926-W/11-RS1
Beginnt ein diplomierter Sozialarbeiter, der in der Betreuung und Beratung von Drogenabhängigen tätig ist, eine Zusatzausbildung für Psychotherapie und Psychoanalyse, liegen Ausbildungsmaßnahmen iZm der von ihm ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit vor. Hierfür spricht auch, dass im Rahmen des Studiums die Tätigkeit als Sozialarbeiter als Praktikum angerechnet wird.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Christian Lenneis und die weiteren Mitglieder Dr. Wolfgang Pavlik, Peter Grüner und Christian Schuckert im Beisein der Schriftführerin FOI Ingrid Pavlik über die Berufung des Bw., W., vertreten durch Prof. Dr. Franz Weiler - Mag. Dr. Harald Weiler, Partnerschaft Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, 1010 Wien, Kärntner Straße 8, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg betreffend 1) Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2009 gemäß § 299 BAO sowie 2) Einkommensteuer 2009 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

1) Der Berufung gegen den Bescheid betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2009 gemäß § 299 BAO wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

2) Die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 wird als unzulässig geworden zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) ist als diplomierter Sozialarbeiter beim Verein nichtselbständig beschäftigt.

Er machte in seiner elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung für 2009 unter anderem "Fortbildungs- und abzugsfähige Ausbildungskosten, Umschulung" (Kennzahl 722) iHv € 5.160,00 als Werbungskosten geltend.

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid 2009 und anerkannte die Werbungskosten erklärungsgemäß.

Im Zuge einer Nachbescheidkontrolle ersuchte das Finanzamt den Bw. mit Ergänzungsersuchen vom um Bekanntgabe, um welche Ausbildung es sich bei den Umschulungskosten handle, wie lange die Ausbildung voraussichtlich dauern werde und bis wann mit relevanten Einkünften aus dieser neuen Tätigkeit zu rechnen ist.

Der Bw. führte im Antwortschreiben vom aus, dass er die Sozialakademie besucht habe und als diplomierter Sozialarbeiter in leitender Funktion in der Betreuung und Beratung von Drogenabhängigen arbeite. Zur Fortbildung in seiner beruflichen Tätigkeit habe er eine Zusatzausbildung für Psychotherapie und Psychoanalyse begonnen, deren Voraussetzung das Propädeutikum und eine Lehrtherapie seien. Die Ausbildung werde ca. 6 Jahre dauern und bringe vorerst keine zusätzlichen Einkünfte. Mit September 2011 sei er zur Ausbildung beim Wiener Arbeitskreis für Psychoanalyse zugelassen. Nach etwa 2 - 4 Jahren werde er unter Supervision eigenständig Patienten betreuen. Ab dann seien auch zusätzliche Einkünfte zu erwarten. Die Ausbildung sei eine Ergänzung und Erweiterung seiner beruflichen Tätigkeit im Rahmen der Drogentherapie, die er auch nach Ausbildung zum Psychotherapeuten/Psychoanalytiker fortzuführen beabsichtige. Nach Zulassung werde er neben seiner nicht selbständigen Tätigkeit auch selbständig tätig werden und im Rahmen dessen zusätzliche Einkünfte erzielen.

Der Bw. legte seinem Antwortschreiben eine Aufgliederung der Werbungskosten 2009 bei. Aus dieser ist ersichtlich, dass sich die von ihm mit der Bezeichnung "Fortbildungs- und Umschulungskosten" geltend gemachten Aufwendungen wie folgt zusammensetzen:


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Kosten Propädeutikum ÖAAG
€ 1.760,00
Kosten Lehrtherapie
€ 3.400,00
€ 5.160,00

Das Finanzamt hob den Einkommensteuerbescheid 2009 vom mit Bescheid vom gemäß § 299 BAO mit folgender Begründung auf:

"Gemäß § 299 Abs.1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Da die aus der Begründung des Sachbescheides sich ergebende inhaltliche Rechtswidrigkeit eine nicht bloß geringfügige Auswirkung hat, war die Aufhebung des im Spruch bezeichneten Bescheides von Amts wegen zu verfügen.

Die Veranlagung vom erfolgte erklärungsgemäß ohne Prüfung der Erklärungsdaten. Das nachträgliche Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass eine inhaltliche Rechtswidrigkeit hinsichtlich der berücksichtigten Absetzposten vorlag."

Gleichzeitig erließ das Finanzamt einen vorläufigen Bescheid gemäß § 200 Abs. 1 BAO und berücksichtigte die Werbungskosten wiederum in gleicher Höhe. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss sei, weshalb die Veranlagung gemäß § 200 BAO vorläufig durchgeführt werde.

Der Bw. erhob gegen den Bescheid mit folgender Begründung Berufung:

"Das Finanzamt hat die Einkommensteuer 2009 mit Bescheid vom zunächst erklärungsgemäß veranlagt. Im Zuge einer Bescheidnachkontrolle (Ergänzungsersuchen vom ) hat das Finanzamt um Aufklärung ersucht, welche "Umschulung" ich als Werbungskosten in der Steuererklärung 2009 geltend gemacht habe. Darauf habe ich mit Schreiben vom bekannt gegeben, dass es sich bei den geltend gemachten Werbungskosten nicht um Kosten einer Umschulung, sondern um Ausbildungskosten handle.

Das Finanzamt hat darauf mit Bescheid vom den Einkommensteuerbescheid 2009 vom gemäß § 299 BAO aufgehoben und dazu in der Begründung ausgeführt, das nachträgliche Ermittlungsverfahren hätte ergeben, dass eine "inhaltliche Rechtswidrigkeit hinsichtlich der berücksichtigten Absetzposten vorlag". Dennoch hat das Finanzamt mit Bescheid vom die Einkommensteuer 2009 inhaltlich unverändert, aber vorläufig festgesetzt. Die schon im Bescheid vom berücksichtigten Werbungskosten in Höhe von EUR 5.909,54 sind nämlich unverändert auch im vorläufigen Einkommensteuerbescheid vom enthalten.

Nach § 299 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Im vorliegenden Fall liegt die mit Aufhebungsbescheid vom behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit hinsichtlich der berücksichtigten Absetzposten gerade nicht vor:

In diesem Fall hätte der Bescheid nämlich zu einer verminderten Anerkennung oder dem völligen Entfall der Werbungskosten führen und damit zu einem anderen Spruch kommen müssen.

Nachdem § 200 BAO eine Ermessensbestimmung ist, wonach die Abgabenbehörde eine Abgabe vorläufig festsetzen kann, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss aber wahrscheinlich ist, ergibt sich auch daraus keine gesetzliche Verpflichtung der Abgabenbehörde, Steuerbescheide dann vorläufig festsetzen zu müssen, wenn Ausbildungskosten (hier vorliegend) oder Umschulungskosten (hier nicht vorliegend) geltend gemacht werden.

Die behauptete inhaltliche Unrichtigkeit des Bescheides vom liegt damit nicht vor. Somit sind aber auch nicht die Anwendungsvoraussetzungen des § 299 BAO nicht gegeben.

Ich ersuche daher:

1) Den Bescheid vom , mit dem der Einkommensteuerbescheid 2009 vom aufgehoben wird, wegen Nichtanwendbarkeit der Bestimmung des § 299 BAO ersatzlos aufzuheben und

2) Den Bescheid vom , mit dem die Einkommensteuer 2009 mit EUR 2.159,51 (endgültig) festgesetzt wurde, wieder in Kraft zu setzen."

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom mit folgender Begründung ab:

"Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde I. Instanz auf Antrag oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde I. Instanz aufheben, wenn sich der Spruch des Bescheides als nicht richtig erweist.

Die Feststellung, ob ein Bescheid vorläufig ist, ist Spruchbestandteil (; , 99/16/0090).

Eine Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann somit auch dahingehend erfolgen, dass der Spruch eines endgültigen Bescheides um das "Spruchelement" der Vorläufigkeit ergänzt wird und ein nicht richtiger Spruch damit korrigiert wird ohne am "Rechenwerk" und am Spruchbetrag Änderungen vorzunehmen.

Die Bildungsmaßnahme im Bereich der Psychotherapie und Psychoanalyse stellt aus Sicht der Finanzbehörde bei einem diplomierten Sozialarbeiter in leitender Funktion mit Schwerpunkt Betreuung und Beratung von Drogenabhängigen eine Umschulungsmaßnahme dar.

Da als Voraussetzung für die Berücksichtigung von Umschulungskosten das Abstellen auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes als Haupttätigkeit eine unabdingbare Grundlage darstellt und deren Vorliegen im jetzigen Zeitpunkt ungewiss ist und somit auch der Werbungskostencharakter der Umschulungskosten nicht gewiss ist, war der Bescheid bis zur Erlangung endgültiger Gewissheit vorläufig zu erlassen..."

Der Bw. stellte einen Vorlageantrag und führte begründend aus:

"1. Die Anwendung des § 299 BAO erlaubt die Aufhebung eines Bescheides von amts wegen, wenn sich der Spruch des Bescheides als inhaltlich unrichtig erweist.

Die mit Bescheid vom erfolgte vorläufige Festsetzung bei sonst inhaltlich unverändertem Spruch ist demnach nur dann rechtsrichtig, wenn der berichtigte Bescheid bei Wegdenken der Vorläufigkeit inhaltlich unrichtig wäre. Diese inhaltliche Unrichtigkeit liegt aber nicht vor.

Die Bestimmung des § 200 BAO ist eine Ermessensbestimmung. Wenn die Abgabenbehörde den Bescheid vorläufig festsetzen kann, aber nicht festsetzen muss, kann die mit Bescheid vom 28. Oktober erfolgte endgültige Festsetzung nicht inhaltlich unrichtig im Sinne des § 299 BAO sein.

Gegen die inhaltliche Unrichtigkeit im Sinne des § 299 BAO spricht auch der Umstand, dass der Bescheid vom jenem vom ausgenommen die Vorläufigkeit inhaltlich völlig entspricht.

Die vom Finanzamt angenommene Ungewissheit der Absetzbarkeit der Werbungskosten kann damit nicht mit dem Rechtsbehelf des § 299 BAO durchgesetzt werden.

2. Im Übrigen verkennt das Finanzamt im konkreten Fall, dass die Fortsetzung der Ausbildung eines in der Betreuung von Suchtmittelkranken tätigen Sozialarbeiters zum Psychotherapeuten einen geradezu klassischen Ausbildungsschritt darstellt. Für die in der Therapie von Drogenabhängigen tätigen Psychotherapeuten ist die vorgelagerte Ausbildung zum Sozialarbeiter eine der typischen Zugangsvorstufen.

Die Berufsbilder eines in der Drogenberatung tätigen Sozialarbeiters und eines Psychotherapeuten sind vertikal komplementär. Die Auffassung des Finanzamtes, dass meine Ausbildung zum Psychotherapeuten eine Umschulung im Sinne des § 16 Abs. 1 Zif 10 EStG darstellt, ist somit auch inhaltlich unrichtig...

3. Sollte die Abgabenbehörde erster Instanz keine zweite Berufungsvorentscheidung erlassen und die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorlegen, beantrage ich vorsorglich gemäß § 284 BAO die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat."

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt:

Mag. Kreuzbauer:

Klarstellen möchte ich nunmehr, dass es sich bei der von meinem Mandanten durchgeführten Ausbildung um eine Berufsausbildung im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 10 EStG in einem zu seiner bisherigen Tätigkeit verwandten Beruf handelt.

Bei der Tätigkeit als Drogenberater steht immer mehr im Vordergrund auch die Betreuung der Drogenabhängigen nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch in sozialer Art und Weise.

Zu berücksichtigen ist ferner auch, dass der Arbeitgeber teilweise meinen Mandanten vom Beruf freistellt und auch Teile der Ausbildungskosten übernimmt.

Berufungswerber:

Ich bin als Leiter einer Drogenberatungsstelle tätig. Ich habe erkannt, dass die Ausbildung zum Psychotherapeuten ein äußerst wertvolles Hilfsmittel für die Drogenberatung darstellt. Auch etliche Kolleginnen und Kollegen haben nunmehr den gleichen Schritt wie ich begonnen. Es handelt sich daher meiner Ansicht nach um eine geradezu klassische Verschränkung zwischen meinem nunmehr ausgeübten Berufsbild und meinem begonnenen Ausbildungsweg. Es ist zwar so, dass ich derzeit keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit erziele, wiewohl ich dies bereits auf Grund meines Fortschrittes in der Ausbildung machen könnte. Ich beabsichtige jedoch, in absehbarer Zeit auch selbständig tätig zu werden.

Ein höheres Gehalt bekomme ich derzeit nicht. Es ist aber so, dass ich mit meiner nunmehr durchgeführten Ausbildung bessere Aufstiegschancen haben werde.

Nach § 10 Psychotherapiegesetz sind für die Zulassung zum Propädeutikum bei Sozialarbeitern, Ärzten, Psychologen, Theologen, Kommunikationswissenschaftlern, keine weiteren Zulassungsvoraussetzungen erforderlich. Auch dies dokumentiert die Verschränkung meines derzeitigen Berufes mit meiner Ausbildung.

Weiters wird mir im Rahmen des Studiums meine Tätigkeit als Sozialarbeiter als Praktikum anerkannt. Überdies wird mir vom psychotherapeutischen Propädeutikum rund die Hälfte angerechnet."

Über die Berufung wurde erwogen:

Rechtsgrundlagen

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch sich nicht als richtig erweist.

Gemäß § 299 Abs. 2 BAO ist mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

Gemäß § 299 Abs. 3 BAO tritt durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs.1) befunden hat.

Gemäß § 200 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung sind Werbungskosten auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.

Sachverhalt

Unstrittig ist, dass der Bw. die Sozialakademie besucht hat und als diplomierter Sozialarbeiter in leitender Funktion in der Betreuung und Beratung von Drogenabhängigen arbeitet.

Als erwiesen anzunehmen ist weiters aufgrund der glaubwürdigen Aussagen des Bw. und der vorgelegten Unterlagen, dass der Arbeitgeber den Bw. teilweise vom Beruf freistellt und auch Teile der Ausbildungskosten übernimmt, sowie dass die Tätigkeit als Sozialarbeiter als Praktikum im Rahmen des Studiums anerkannt wird sowie Teile des psychotherapeutischen Propädeutikums rund die Hälfte angerechnet werden.

Rechtlich folgt daraus:

Strittig ist zunächst, ob es sich bei dem von Bw. betriebenen Studium um eine Fort- oder eine Ausbildungsmaßnahme oder aber um eine umfassende Umschulungsmaßnahme handelt. Diese Unterscheidung ist deshalb von Bedeutung, da die Umschulungsmaßnahmen auf die tatsächliche Ausübung einer anderen Tätigkeit abzielen, und somit Ausbildungskosten abzugsfähig sind, die zur Sicherung des künftigen Lebensunterhalt beitragen sollen und daher künftiges Steuersubstrat darstellen (; , 2011/15/0047). Nur in diesem Fall wäre daher die Erlassung eines vorläufigen Bescheides möglich, da abgewartet werden könnte, ob zukünftig tatsächlich entsprechende Einkünfte erzielt werden.

Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen können nur dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie iZm der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit stehen. Der Begriff der "verwandten" Tätigkeit ist im Gesetz nicht definiert. Ob eine Tätigkeit mit der ausgeübten Tätigkeitsart verwandt ist, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung. Für eine verwandte Tätigkeit spricht, wenn diese Tätigkeiten (Berufe) üblicherweise gemeinsam am Markt angeboten werden oder die Tätigkeiten im Wesentlichen gleich gelagerte Kenntnisse oder Fähigkeiten erfordern, was an Hand des Berufsbilds bzw. des Inhalts der Ausbildungsmaßnahmen zu diesen Berufen zu beurteilen ist. Ein Indiz für eine artverwandte Tätigkeit liegt in der wechselseitigen Anrechnung von Ausbildungszeiten. Ein Zusammenhang mit der ausgeübten oder artverwandten Tätigkeit ist jedenfalls anzunehmen, wenn die erworbenen Kenntnisse im Rahmen der ausgeübten beruflichen Tätigkeit verwertet werden können. Darüber hinaus reicht aber jeder Veranlassungszusammenhang mit der ausgeübten (verwandten) Tätigkeit aus (). Hierzu kann auch ein ordentliches Universitätsstudium zählen ( G 8/04; sh. hierzu Jakom/Lenneis EStG, 2013, § 16 Rz 48f).

Nach der Verwaltungspraxis (sh. Rz 10358 LStR) stehen die Tätigkeiten als Pastoralassistent und als Psychotherapeut zueinander in einem verwandten Verhältnis. Die Aufwendungen einer Pastoralassistentin iZm der Ausbildung in systemischer Familientherapie sind daher als Werbungskosten anzuerkennen. Gleiches gilt nach der Judikatur des UFS für die Ausbildung einer Hauptschullehrerin mit abgeschlossenem Psychologiestudium zur Psychotherapeutin ().

Unter den Begriff "Berufsausbildung" sind jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (sh. zB zu § 2 Abs. 1 lit b FLAG). Berufsausbildung liegt weiters dann vor, wenn die Maßnahmen der Erlangung eines anderen Berufes dienen (). Um eine berufliche Fortbildung handelt es sich dann, wenn der Steuerpflichte seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Die Eignung der dafür getätigten Aufwendungen an sich zur Erreichung dieses Ziels ist dabei ausreichend (). Fortbildungskosten sind wegen ihres Zusammenhanges mit der bereits ausgeübten Tätigkeit und den darauf beruhenden Einnahmen abzugsfähig (, mwN). Steht eine Bildungsmaßnahme iZm der bereits ausgeübten Tätigkeit, ist eine Unterscheidung in Fort- oder Ausbildung nicht erforderlich, weil in beiden Fällen Abzugsfähigkeit gegeben ist (Rz 358 LStR; der Berufungssenat teilt diese Rechtsansicht).

Die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Umschulungsmaßnahmen setzt voraus, dass die Umschulungsmaßnahme derart umfassend ist, dass sie einen Einstieg in eine neue berufliche Tätigkeit ermöglicht, die mit der bisherigen Tätigkeit nicht verwandt ist.

Misst man den vorliegenden Berufungsfall an diesen Kriterien, ergibt sich, dass - wie vom Bw. vorgebracht - Ausbildungskosten iZm der vom Bw. ausgeübten bzw. einer verwandten beruflichen Tätigkeit vorliegen. Hierfür spricht insbesondere, dass der Arbeitgeber den Bw. teilweise vom Beruf freistellt und auch Teile der Ausbildungskosten übernimmt, sowie dass im Studium Anrechnung von Ausbildungszeiten erfolgen. Fest steht auch, dass die erworbenen Kenntnisse als Psychotherapeut sowie Psychoanalytiker im Rahmen der ausgeübten beruflichen Tätigkeit als Sozialarbeiter verwertet werden können

Liegen aber Ausbildungskosten vor, muss nicht abgewartet werden, ob zukünftig auch tatsächlich Einkünfte als Psychotherapeut oder Psychoanalytiker erzielt werden, weshalb auch die Erlassung eines vorläufigen Einkommensteuerbescheides aus diesem Titel nicht erfolgen kann.

Hieraus ergibt sich aber, dass auch die Aufhebung des endgültigen Einkommensteuerbescheides nach § 299 Abs. 1 BAO rechtlich unzutreffend war, da sich der Spruch dieses Bescheides nicht als unrichtig erwiesen hat. Somit war der auf Basis des § 299 Abs. 1 BAO erlassene Bescheid aufzuheben.

Hierdurch ist der damit verbundene vorläufige Einkommensteuerbescheid 2009 aus dem Rechtsbestand ausgeschieden. Die dagegen gerichtete Berufung war daher als unzulässig geworden zurückzuweisen.

Es ist daher nicht mehr entscheidungsrelevant, ob die Aufhebung eines endgültigen Bescheides und die gleichzeitige Erlassung eines im Übrigen inhaltlich identen vorläufigen Bescheides rechtlich zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 200 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at