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Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSW vom 22.06.2012, FSRV/0142-W/10

Verdacht der Abgabenhehlerei und der Monopolhehlerei

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates Wien 7, Hofrat Dr. Josef Lovranich, in der Finanzstrafsache gegen PX, XY, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) des Zollamtes Wien, vertreten durch Amtsdirektor Erich Lindmaier, vom , GZ 100000/90.303/327/2009-AFC/Sch, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom hat das Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer (Bf.) zur SN 100000/2009/00135-29 ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass dieser im September 2009 im Amtsbereich des Zollamtes Wien vorsätzlich eingangsabgabepflichtige Waren, die zugleich Monopolgegenstände seien, nämlich 5.000 Stück Zigaretten der Marke Chesterfield Classic Blue, 4.000 Stück Zigaretten der Marke Chesterfield Classic Red, 6.000 Stück Zigaretten der Marke Memphis Air Blue, 2.000 Stück Zigaretten der Marke Memphis Blue und 3.000 Stück Zigaretten der Marke Memphis Classic, hinsichtlich welcher zuvor von unbekannten Tätern die Finanzvergehen des Schmuggels und des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach §§ 35 Abs. 1 lit. a, 44 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen worden seien, in Wien von ML "an sich gebracht" und hiermit die Finanzvergehen der Abgabenhehlerei und der Monopolhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 46 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten vom . Darin wurde im Wesentlichen wie folgt vorgebracht:

Bei der sehr lange andauernden Vernehmung, die für einen Diabetes-Patienten nur schwer zumutbar sei, habe er, um diese abzukürzen, bereitwillig den Erhalt von ca. 6.000 bis 8.000 Stück bestätigt. Diese Anzahl sei auf gar keinen Fall überschritten worden. Ganz im Gegenteil, es seien sogar weitaus weniger gewesen. Außerdem habe der Bf. die von ihm genannte Stückzahl an Zigaretten nicht käuflich erworben. Es seien damit lediglich langjährige Schulden von ML bei ihm "in der Form abgegolten" worden. Ergänzend erwähne der Bf., dass er seit ca. 40 Jahren in Österreich wohnhaft sei und sich in all diesen Jahren nichts habe zu Schulden kommen lassen. Er betone auch ausdrücklich, dass er niemals geschmuggelte Zigaretten gekauft oder verkauft, sondern diese nur in diesem einen Fall als Tilgung der Schulden entgegengenommen habe.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG idF BGBl. I Nr. 28/1999 macht sich der Abgabenhehlerei schuldig, wer vorsätzlich eine Sache oder Erzeugnisse aus einer Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung, eine Verkürzung von Verbrauchsteuern oder von Eingangs- oder Ausgangsabgaben begangen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt.

Gemäß § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG idF BGBl. Nr. 681/1994 macht sich der Monopolhehlerei schuldig, wer vorsätzlich Monopolgegenstände (§ 17 Abs. 4) oder Erzeugnisse aus Monopolgegenständen, hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG idF BGBl. Nr. 129/1958 hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das Gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung, vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhalts im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen.

Ergibt die Prüfung gemäß Abs. 1, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz gemäß § 82 Abs. 3 erster Satz FinStrG idF BGBl. Nr. 129/1958 das Strafverfahren einzuleiten.

Gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG idF BGBl. Nr. 129/1958 ist die Einleitung des Strafverfahrens aktenkundig zu machen.

Ein Verdacht kann immer nur aufgrund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen (vgl. ). "Verdacht" ist mehr als eine bloße Vermutung. Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl. ).

Der Verdacht muss sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken (vgl. ).

Im Spruch des Einleitungsbescheides muss das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Finanzvergehen erachtet wird, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht "bestimmt", somit nicht in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten, geschildert werden (vgl. ).

ML wurde am anlässlich seiner Einvernahme als Beschuldigter durch Organe der Finanzstrafbehörde erster Instanz ua. vorgehalten:

Aufgrund der Überwachung der Rufnummer XYZ3 des ZR stehe fest, dass ML gewerbsmäßig Schmuggelzigaretten verhandle.

ML sagte ua. aus:

Er gebe zu, dass er im Zeitraum September 2009 bis Oktober 2009 die ihm zur Last gelegte Menge von ca. 1.600 Stangen Schmuggelzigaretten übernommen und weiterverhehlt habe. Zum überwiegenden Teil habe er diese Zigaretten von ZR gekauft.

Dem Bf. wurde am anlässlich seiner Einvernahme als Verdächtiger durch Organe der Finanzstrafbehörde erster Instanz ua. vorgehalten:

Aufgrund der Überwachung der Rufnummer XYZ des ML im Zeitraum bis , bestehe der Verdacht, dass ein bisher unbekannter Mann unter der Mobiltelefonnummer XYZ1 im Zeitraum bis und unter der Mobiltelefonnummer XYZ2 am Zigaretten verschiedener Sorten bei ML, der auch observiert worden sei, bestellt und von ML übernommen habe. Im Zeitraum bis habe dieser unbekannte Mann eine Gesamtmenge von 100 Stangen Zigaretten verschiedener Marken bestellt.

Der Bf., dem die Kopie eines Lichtbildes des ML vorgelegt wurde, sagte aus:

Er kenne ML bereits seit ca. 20 Jahren. Im August oder September 2009 habe er dem Bf. gesagt, dass er ihm Zigaretten besorgen könne. Anfang September 2009 habe der Bf. ML angerufen und zum ersten Mal Zigaretten bestellt. Das Mobiltelefon mit der og. Rufnummer XYZ2 sei ausschließlich vom Bf. verwendet worden. Das Mobiltelefon (Wertkartentelefon) mit der og. Rufnummer XYZ1 sei hauptsächlich vom Bf. verwendet worden. Der Bf. erkenne ML auf dem Lichtbild wieder, der Bf. habe "K" zu ihm gesagt.

Dem Bf. wurde vorgehalten: Aus den überwachten Telefongesprächen gehe hervor, dass der Bf. im Zeitraum bis insgesamt 100 Stangen Schmuggelzigareten der Marken Memphis und Chesterfield bei ML bestellt und Letzterer die Lieferung auch zugesagt habe.

Der Bf. erklärte:

Er habe diese Gespräche mit ML geführt. Er habe von ML im og. Zeitraum jedoch nur 30 bis 40 Stangen Zigaretten bekommen.

Dem Bf. wurde vorgehalten: Dies sei unglaubwürdig. Der Bf. habe eindeutig 100 Stangen Schmuggelzigaretten bestellt und ML habe eindeutig die Lieferung zugesagt. ML habe am ein Geständnis bezüglich der gesamten, ihm aufgrund der Telefonüberwachung angelasteten Menge der von ihm verhandelten Schmuggelzigaretten abgelegt.

Der Bf. erklärte:

Er habe nur 30 bis 40 Stangen Zigaretten von ML um € 17,00/Stange gekauft. Den Großteil der Zigaretten habe der Bf. verraucht, ein paar Stangen habe er verschenkt.

Der Bf. sagte außerdem aus:

Er wisse seit fünf bis sechs Monaten, dass ML mit Schmuggelzigaretten Handel treibe.

Am waren die Rufnummer XYZ1 und im Wesentlichen folgender Gesprächsinhalt ermittelt worden: "Pero" bestelle bei "Mate" 10 DUNKLE, 10 HELLE und 10 HELLE CHESTI (TÜ-Protokoll Nr. 10).

Am waren die Rufnummer XYZ2 und im Wesentlichen folgender Gesprächsinhalt ermittelt worden: "Pero" frage "Mate", wann er kommen werde. "Mate" teile "Pero" mit, dass er für ihn "Jenes" verpackt habe, nämlich "10, 10, 10" (TÜ-Protokoll Nr. 17).

Am waren die Rufnummer XYZ1 und im Wesentlichen folgender Gesprächsinhalt ermittelt worden: "Pero" teile "Mate" mit, dass er "20" brauche und gleich zu "Mate" losfahren werde. "Mate" werde auf "Pero" warten (TÜ-Protokoll Nr. 37).

Am waren die Rufnummer XYZ1 und im Wesentlichen folgender Gesprächsinhalt ermittelt worden: "Pero" teile "Mate" mit, dass er 15 ROTE, 20 HELLE EINHEIMISCHE und 15 CHESTER HELL brauche. "Mate" werde sich bemühen, diese "für heute am Abend" zu besorgen (TÜ-Protokoll Nr. 286).

Am waren die Rufnummer XYZ1 und im Wesentlichen folgender Gesprächsinhalt ermittelt worden: "Pero" frage "Mate", ob es ein Problem sei, wenn er einen Teil des Geldes am nächsten Tag bringe. Dies sei laut "Mate" kein Problem (TÜ-Protokoll Nr. 308).

Mit Urteil vom , GZ 123 Hv 116/10w, erkannte das Landesgericht für Strafsachen Wien ML des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG, des Finanzvergehens der gewerbsmäßigem Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG und des Finanzvergehens der Monopolhehlerei nach § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig. Er habe im Zeitraum August 2009 bis im Bereich des Zollamtes Wien vorsätzlich eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich 1.779 Stangen Zigaretten verschiedener Marken, hinsichtlich welcher von unbekannten Tätern das Finanzvergehen des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen worden sei, in mehreren Tathandlungen gekauft und teilweise verhandelt, wobei es ihm darauf angekommen sei, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (I./C./). Außerdem habe er im og. Zeitraum Monopolgegenstände, nämlich die unter I./ genannten Zigaretten, hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen worden sei, gekauft bzw. sonst an sich gebracht und verhandelt (III./B./). Das Urteil ist rechtskräftig.

Bei der Abgabenhehlerei handelt es sich um ein Delikt, das durch verschiedene, rechtlich aber gleichwertige Verfügungen über eine Sache, hinsichtlich welcher eine der im § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG aufgezählten strafbaren Vortaten begangen wurde, verwirklicht werden kann (vgl. ). Die Tätigkeit des Hehlers erstreckt sich ua. darauf, dass der Gegenstand, hinsichtlich dessen Abgaben oder Zoll verkürzt wurden, auf irgendeine Weise, nach der demonstrativen Aufzählung auch durch Kauf oder Pfandnahme, an sich gebracht, also eine tatsächliche Verfügungsmacht über ihn erlangt, wird.

Aufgrund der Aussagen des Bf. über den Bestellung von Zigaretten bei ML, der og. Aussagen des ML, des og. Urteils und der Auswertung der Telefonüberwachung liegen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme der Wahrscheinlichkeit vor, dass die verfahrensgegenständlichen Zigaretten mit dem Makel des Schmuggels (einer der in § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG normierten Vortaten) behaftet sind und dass der Bf. diese Zigaretten, die zugleich Monopolgegenstände sind, an sich gebracht hat. Folglich besteht der Verdacht, dass der Bf. die objektiven Tatbestandsmerkmale des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG und der Monopolhehlerei nach § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG verwirklicht hat. Aufgrund der og. Ermittlungsergebnisse liegen auch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme der Wahrscheinlichkeit vor, dass der Bf. vorsätzlich im Sinne des § 8 Abs. 1 FinStrG gehandelt hat.

Die Einleitung des Finanzstrafverfahrens ist somit zu Recht erfolgt. Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Bf. die ihm zur Last gelegten Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, bleibt dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens vorbehalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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