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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 09.01.2007, RV/1919-W/06

Gewährung von erhöhter Familienbeihilfe

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 21. und 22. Bezirk, vertreten durch Herrn Prof. Maurer, vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) reichte am beim Finanzamt Wien 21/22 einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für sich selbst ein.

Die Bw. sei 1980 geboren, seit 2004 verheiratet, befinde sich in Karenz, erhalte für den 2004 geborenen Sohn Familienbeihilfe und sie sei erheblich behindert. Der Ehegatte sei arbeitslos.

Gleichzeitig wurde ein Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung gestellt, da die Bw. an Morbus Crohn leide. Der Erhöhungsbeitrag möge ab dem Zeitpunkt des Eintritts der erheblichen Behinderung, den der medizinische Sachverständige feststelle, gewährt werden. Pflegegeld werde keines bezogen.

Das Bundessozialamt bescheinigte dem Finanzamt am einen Grad der Behinderung von 60% ab , da "damals" eine Ileocoecalresektion erfolgt sei. Eine dauernde Erwerbsunfähigkeit liege nicht vor.

Mit Bescheid von wurde das "Ansuchen" der Bw. "betreffend erhöhte Familienbeihilfe ab dem Zeitpunkt des Eintritts der erheblichen Behinderung, den der medizinische Sachverständige feststellt" abgewiesen.

Gemäß § 2 Abs. 1c FLAG 1967 bestehe für volljährige Kinder unter anderem dann ein Familienbeihilfenanspruch, wenn diese wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Bei der Bw. sei ein Grad der Behinderung von 60% festgestellt worden. Eine dauernde Erwerbsunfähigkeit liege laut Bundessozialamt aber nicht vor. Daher sei der Antrag mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen abzuweisen gewesen.

Mit beim Finanzamt am einlangtem Schreiben erhob die Bw. Berufung gegen den Bescheid betreffend Abweisung erhöhter Familienbeihilfe vom .

Die Bw. könne nachweisen, dass ihre Krankheit seit "August bzw. Juli 1993" bestehe. Damals sei beim Amtsarzt "ein Grad der Behinderung von 70 v.H. entschieden" worden und sei "sehr wohl eine dauernde Erwerbsunfähigkeit vorhanden."

Die Bw. beantrage eine neuerliche Untersuchung beim Bundessozialamt und die erhöhte Familienbeihilfe rückwirkend für fünf Jahre.

Beigeschlossen war die Kopie einer an das damalige Finanzamt für den 21. und 22. Bezirk in Wien gerichteten Bescheinigung eines Polizeiarztes der Bundespolizeidirektion Wien vom , wonach die Bw. seit Juli 1993 an Morbus Crohn leide und sowohl zu 70% erwerbsgemindert als auch voraussichtlich dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Laut in Kopie ebenfalls beigelegtem ärztlichem Befund des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien, Universitätsklinik für Innere Medizin IV, vom stehe die Bw. seit 2001 regelmäßig in Behandlung der Ambulanz der Klinik wegen eines besonders theraphieresistenten Morbus Crohn, welcher die Leistungsfähigkeit der Patientin deutlich reduziere.

Das Bundessozialamt erstattete am auf Grund einer an diesem Tag erfolgten neuerlichen Untersuchung folgendes Gutachten:

"...

Anamnese:

Morbus Crohn seit 1993, Ileocoecalresektion 2003 brachte laut Antragstellerin keine Besserung, Imurek wird nicht vertragen, hat vor 2 Wochen per sectio Spontandrillinge in der 34 SSW entbunden, während der Schwangerschaft und der Geburt Verschlechterung des Morbus Crohn, Durchfälle bis zu 8x täglich, Analfistel ebenso verschlechtert, derzeit 50 mg Cortison.

Behandlung/Therapie (Medikamente, Therapien - Frequenz) Ferrogradumet, Aprednislon, Cal D Vita.

Untersuchungsbefund:

170 cm, 50kg schwere Frau, blande Sectio und Lap. narbe,etwas reduzierter EZ, RR 100/60, keine tastbaren Resistenezen, Uterus noch vergrößert tastbar.

Status psychicus / Entwicklungsstand:

unauffällig.

Relevante vorgelegte Befunde:

2006-06-16 AKH, INNERE IV

M. Crohn, Z.n. Eleocoecalresektion, chronisch aktiver Verlauf, perianale Fistel, Drillingsschwangerschaft.

Diagnose(n)

Morbus Crohn

Richtsatzposition: 357 Gdb: 060% lCD: K50.0

Rahmensatzbegründung:

1 Stufe über unterem Rahmensatz, da chronischer Verlauf bei relativer Therapieresistenz.

Gesamtgrad der Behinderung: 60 vH voraussichtlich mehr als 3 Jahre anhaltend.

Im Vergleich zum VGA bleibt GdB gleich, unter Cortisontherapie Besserung zu erwarten.

Eine Nachuntersuchung in 3 Jahren ist erforderlich.

Die rückwirkende Anerkennung der Einschätzung des Grades d.Behinderung ist ab 2003 01-01 aufgrund der vorgelegten relevanten Befunde möglich. Der(Die) Untersuchte ist voraussichtlich n i c h t dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen."

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt Wien 21/22 unter Anschluss eines Ausdrucks des Gutachtens des Bundessozialamtes die Berufung als unbegründet ab.

Das Bundessozialamt habe auch bei der zweiten Begutachtung nicht feststellen können, dass die Bw. wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich außer Stande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Mit Schreiben vom beantragte die Bw. ersichtlich die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Sie sei mit der Entscheidung des Bundessozialamtes nicht einverstanden, da auch unter Cortisontherapie keine Besserung zu erwarten sei, da auch hohe Cortisiondosierungen in den letzten 13 Jahren nichts am Krankheitsverlauf verändert haben.

Sie beantrage eine neuerliche Untersuchung durch das Bundessozialamt und die erhöhte Familienbeihilfe rückwirkend für fünf Jahre.

Mit Bericht vom legte das Finanzamt Wien 21/22 die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.

Mit Schreiben vom wurde das Finanzamt vom Unabhängigen Finanzsenat ersucht, innerhalb von acht Wochen

1. Feststellungen darüber zu treffen, ob sich die 1980 geborene Bw. im Jahr 2003 noch in Berufsausbildung befunden hat, da das Bundessozialamt in seinen Gutachten von einer Behinderung ab ausgeht;

2. das Bundessozialamt zu ersuchen, sein Gutachten vom dahingehend zu ergänzen,

a. aus welchen Gründen es eine Behinderung ab feststellt, obwohl die Bescheinigung des Polizeiarztes vom eine Behinderung ab Juli 1993 festgestellt hat;

b. aus welchen Gründen es entgegen der Feststellung des Polizeiarztes vom feststellt, die Bw. sei nicht voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, wobei auch eine Äußerung zum Vorbringen der Bw., hohe Cortisondosierungen hätten am Krankheitsverlauf nichts geändert, sowie zu dem Umstand, dass die Gutachterin einen chronischen Verlauf bei relativer Therapieresistenz attestiert hat, erfolgen möge. Insbesondere möge über die verba legalia hinausgehend begründet werden, worauf die gutachtliche Einschätzung, die Bw. sei nicht voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, beruhe.

3. Der Bw. zu 1. und 2. Parteiengehör zu gewähren und

4. unter Anschluss einer Stellungnahme des Finanzamtes den Akt wieder vorzulegen, es sei denn, auf Grund der Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens gelangt das Finanzamt zu der Auffassung, der Berufung wäre nunmehr mit zweiter Berufungsvorentscheidung Folge zu geben.

Das Finanzamt berichtete hierauf mit Schreiben vom :

"Unter Bezugnahme auf den Ergänzungsauftrag vom wird berichtet:

Punkt 1:

[Die Bw.] befand sich - laut Schreiben vom - letztmals im Jahre 1999 in Berufsausbildung, danach war sie arbeitsuchend gemeldet bzw. berufstätig. Im Jahre 2003 war diese nach ihren Angaben beim AMS "arbeitsuchend gemeldet", laut Versicherungsdatenauszug stand sie allerdings im Arbeitslosengeld- bzw. Krankengeldbezug. Ab erhielt [die Bw.] Notstandshilfe und ab stand sie im Wochengeldbezug (siehe beiliegendes Schreiben der [Bw.] und Versicherungsdatenauszug).

Punkt 2:

Die Anfrage betreffend den Krankheitsverlauf bzw. die gutachterliche Einschätzung wird laut telefonischer Rücksprache mit dem Bundessozialamt seitens des Bundessozialamtes selbst beantwortet werden."

Laut Schreiben der Bw. an das Finanzamt vom habe sie sich "bis ins Jahr 1999 in Berufsausbildung" befunden, da sie eine näher bezeichnete Handelsschule besucht habe. Im Jahr 2003 sei sie beim Arbeitsmarktservice als arbeitssuchend gemeldet gewesen.

Das Bundessozialamt, Landesstelle Wien, übermittelte dem Unabhängigen Finanzsenat mit Schreiben vom nachstehendes innerfachärztliches Sachverständigengutachten:

"lnnerfachärztliches- Sachverständigengutachten

Anamnese:

1993 Diagnosestellung eines Morbus Crohn im Donauspital. In den Folgejahren Auftreten von Fisteln im Perianalbereich, zT. auch periproctitische Abszesse, die chirurgisch saniert werden müssen. 2003 laparaskopisch assistierte lleocoecalresektion v.a. wegen einer neu aufgetretenen enteroenteralen Fistel.

Postoperativ anhaltende Durchfälle und Weiterbestehen der perianalen Fisteln.

Während einer Drillingsschwangerschaft mit Geburt im 7/06 Verschlechterung der entzündlichen Darmerkrankung mit bis zu 8 Durchfällen täglich. Auch Verschlechterung des Fistelleidens. Einleitung einer höherdosierten Corticoid-Therapie.

Relevante vorgelegte Befunde:

Univ. Klinik für Chirurgie, AKH Wien vom : Morbus Crohn mit entero-enteraler

Fistel, lleocoecalresektion

Diagnose:

Morbus Crohn, Zustand nach lleocoecalresektion, chronisches Fistelleiden

357 70%

Oberer Rahmensatz, da komplizierter Verlauf mit chronischer Fistelbildung.

Das Leiden wurde um 1 Stufe höher als im erstinstanzlichen Gutachten eingestuft, da ein chronisches Fistelleiden mit entsprechender subjektiver Beeinträchtigung vorliegt. Entsprechend der Aktenlage ist die Behinderung ab 7/1993 anzunehmen.

Der Morbus Crohn mit der Komplikation eines perianalen Fistelleidens ist eine schwerwiegende Erkrankung mit entsprechender subjektiver Beeinträchtigung.

Aufgrund der Aktenlage und des Untersuchungsbefundes vom 8/06 ist daraus allerdings keine dauernde Erwerbsunfähigkeit anzuleiten, Betroffene in einem ähnlichen Krankheitsstadium sind in vielen Fällen durchaus berufstätig. Offenbar besteht auch noch eine Therapiereserve, von weiteren medik. Therapieoptionen ist noch eine Besserung bzw. Stabilisierung des Krankheitsbildes zu erhoffen.

NU in 3 Jahren erforderlich.

Rückwirkende Anerkennung der Einschätzung ab 7/93 möglich."

Mit Vorhalt vom übermittelte der Unabhängige Finanzsenat das Gutachten vom sowie einen Versicherungsdatenauszug ab in Kopie mit der Einladung, hierzu bis Stellung zu nehmen, und führte näher aus:

"Aus dem Gutachten des Bundessozialamtes ergibt sich - wie bereits aus den bisher eingeholten Gutachten vom und vom - dass Sie voraussichtlich nicht dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Die Ausführungen im Gutachten vom , wonach Betroffene in einem ähnlichen Krankheitsstadium in vielen Fällen durchaus berufstätig sind, decken sich zum einen mit den vom Unabhängigen Finanzsenat in anderen Verfahren zu Morbus Crohn getroffenen Feststellungen und entsprechen zum anderen auch in Ihrem konkreten Fall den Gegebenheiten, da sich aus Ihrem Versicherungsdatenauszug ergibt, dass Sie in den letzten Jahren sehr wohl auch als Angestellte ( - , - ; 1 8.32002 - , - 30.11 .2002) beschäftigt waren und die Nichtbeschäftigung seither auch auf den Umstand zurückzuführen sein dürfte, dass Sie 2004 Ihren Sohn und 2006 Drillinge geboren haben.

Wenngleich das Gutachten vom nunmehr eine Erwerbsminderung von 70% seit 1993 konstatiert, hält es doch fest, dass eine dauernde Erwerbsunfähigkeit nicht vorliegt. Diese wäre aber - wie Sie den Erläuterungen zu Ihrem Antrag vom entnehmen können - unter anderem Voraussetzung für die Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe. Die erhebliche Behinderung allein vermittelt noch nicht die Familienbeihilfe, sie müssten auf Grund dieser Behinderung auch voraussichtlich dauernd außerstande sein, sich den Unterhalt zu verschaffen. Dies ist jedoch auf Grund dreier diesbezüglich übereinstimmender gutachtlicher Ausführungen nicht der Fall."

Hierzu nahm die Bw. mit Schreiben vom wie folgt Stellung:

"Zu Beginn einmal merkt man schon, dass es anscheinend nur sehr wenige Menschen und Ärzte gibt, die ,wirklich' eine Ahnung von Morbus Crohn haben. Denn sonst würden Sie nicht in Ihrem Schreiben Morbus Crohn Kranke vergleichen. Da jeder, und zwar wirklich jeder MC anders verläuft, kann man da sicher keinen Vergleich ziehen, vor allem, wenn man dann auch noch wissen würde, dass es ...zig verschiedene Arten von MC gibt. Es gibt sicher MC-Patienten, die arbeiten gehen können, weil es eben auch Menschen gibt, die schnell und gut auf Therapien ansprechen und keinen komplizierten Verlauf haben. Deshalb finde ich es für eine Frechheit, dass man Ärzte in ein Amt, wie das Bundessozialamt setzt, und diese über Krankheiten entscheiden lässt, von denen sie anscheinend keine Ahnung haben.

Den Beweis dafür, dass ich auch vor meinen Kindern kaum arbeiten konnte, haben Sie ja sicher aus meinem Versicherungsdatenauszug entnommen, wobei da einiges nicht richtig ist, aber darum geht es jetzt nicht. Es fing schon in meiner Ausbildung an, dass ich sie auf Grund meiner Krankheit nicht fertig machen konnte. Und ab dann hatte ich genau ZWEI Jobs, bei denen ich nicht lange war und viel Zeit im Krankenstand verbrachte. Aber vielleicht können mir die ganzen Leute sagen, die über meinen Antrag entschieden haben, welcher Arbeitgeber jemanden beschäftigt, der mehr Zeit auf der Toilette verbringt als auf seinem Arbeitsplatz? Denn dann sitzt man oft gute 30 Minuten mit Bauchschmerzen und wartet bis man wieder aufstehen kann, weil die Fisteln nach jedem Stuhlgang brennen. Und das zwischen 5 und 10 mal täglich. Von längerem Zurückhalten ist das sowieso keine Rede mehr. Zu dem nehme ich seit 1993 immer wieder neue Medikamente, darunter immer wieder hohe Coritisonmengen, und nichts, nicht einmal die OP 2003 bewirkte Besserung. Und jetzt würde ich gerne einen guten und richtigen Grund wissen, warum bei mir nicht eine dauernde Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Aber dann ist es natürlich auch ganz einfach zu sagen, dass meine Kinder der Grund für meine Arbeitsunfähigkeit sind, wobei anscheinend alle vergessen oder übersehen, dass es vorher auch nicht anders war.

Ich kann diese Entscheidung jetzt wahrscheinlich sowieso nicht mehr ändern, dennoch wäre es wichtig und langsam Zeit, dass man in Zukunft nur noch Leute über solche Sachen entscheiden lässt, die auch Ahnung davon haben. Traurig, dass das bis heute nicht der Fall ist."

Über die Berufung wurde erwogen:

Die im November 1980 geborene Bw. befand sich ihren, vom Finanzamt nicht widerlegten Angaben zufolge bis "ins Jahr 1999" infolge Besuchs einer Handelsschule in Berufsausbildung.

Seit Juli 1993 leidet die Bw. an Morbus Crohn; der Grad der hieraus resultierenden Minderung der Erwerbsfähigkeit beträgt 70%. Der bei der Bw. diagnostizierte Morbus Crohn mit der Komplikation eines perinalen Fistelleidens ist eine schwerwiegende Erkrankung mit entsprechender subjektiver Beeinträchtigung.

Die Bw. war nach Beendigung ihres Schulbesuchs als Angestellte in den Zeiträumen - , - ; - , - 30.11 .2002 bei insgesamt zwei Arbeitgebern beschäftigt. Eine Ileocoecalresektion im Jahr 2003 brachte keine anhaltende Besserung; die Bw. spricht auch nur schlecht auf Therapien an. Im Jahr 2004 gebar sie 2004 Ihren Sohn und 2006 Drillinge.

Auch nach der Operation im Jahr 2003 kommt es zu anhaltenden Durchfällen und Weiterbestehen der perianalen Fisteln. Die Bw. hat 5 bis 10 mal täglich schmerzende und länger anhaltende Durchfälle. Die Bw. steht seit 2001 regelmäßig im AKH Wien in Betreuung wegen eines besonders theraphieresistenten Morbus Crohn mit chronischer Diarrhoe, welche ihre Leistungsfähigkeit deutlich reduziert.

Die Bw. ist jedoch auf Grund dieses Leidens voraussichtlich nicht dauern außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Die vorstehenden Feststellungen stützen sich auf den Inhalt der vom Finanzamt vorgelegten Akten und decken sich - abgesehen von der Frage der dauernden Erwerbsunfähigkeit - mit den Angaben der Bw.

Zur Frage der dauernden Erwerbsunfähigkeit ist auszuführen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten, haben grundsätzlich unter denselben Voraussetzungen Anspruch Familienbeihilfe (§ 6 FLAG 1967), wenn

  • sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

  • ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist,

  • für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist,

  • sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen und sich in keiner Anstaltspflege befinden (§ 6 Abs. 2 lit. d i. V. m. Abs. 5).

Gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Strittig ist im gegenständlichen Verfahren, ob die Bw. wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Das Bundessozialamt hat in am in einer sehr knapp gehaltenen Bescheinigung und am in einem ausführlichen Gutachten ausgeführt, die Bw. sei voraussichtlich nicht dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Diese Auffassung wurde im Gutachten vom wiederholt.

Auch der ärztliche Befund der Universitätsklinik für Innere Medizin IV des AKH Wien vom spricht zwar von einer deutlichen Reduktion der Leistungsfähigkeit, nicht aber von einer gänzlichen Berufsunfähigkeit.

Laut Bescheinigung des Polizeiarztes vom soll die Bw. zwar im Zeitpunkt der damaligen Befundung wegen Morbus Crohn - als 13jährige - voraussichtlich dauernd außerstande gewesen sein, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, doch wird hierfür keine nähere Begründung angeführt.

§ 8 Abs 6 FLAG 1967 enthält keine feste Beweisregel, sodass die Behörde gemäß § 167 Abs 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht ().

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein ärztliches Zeugnis betreffend das Vorliegen einer Behinderung im Sinne des FLAG Feststellungen über Art und Ausmaß des Leidens, sowie auch der konkreten Auswirkungen der Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit in schlüssiger und damit nachvollziehbarer Weise zu enthalten (vgl. , und ).

Diesen Kriterien wird das letzte Gutachten des Bundessozialamtes - im Gegensatz zu den vorherigen und der Bescheinigung des Polizeiarztes gerecht.

Beim Morbus Crohn (enteritis regionalis Crohn) handelt es sich um eine sich schubweise verschlechternde Darmerkrankung ohne günstige Heilungsprognose (vgl. unter Hinweis auf Pschyrembel, 254. Auflage, 312).

Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Bw. durch ihre schwere Erkrankung im Erwerbsleben deutlich benachteiligt ist. Die Bw. ist sicherlich, auch ohne den Umstand, dass sie mittlerweile für vier kleine Kinder sorgen muss, auf dem Arbeitsmarkt schwer vermittelbar.

Andererseits darf nicht übersehen werden, dass die Bw. tatsächlich erwerbstätig, und zwar bei zwei Arbeitgebern war.

Nun verlangt § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, dass das anspruchsvermittelnde Kind voraussichtlich dauern außerstande sein muss, für seinen Unterhalt selbst zu sorgen.

Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenats ist diese Bestimmung grundsätzlich gleich wie § 133 Abs. 1 GSVG auszulegen, wonach als erwerbsunfähig derjenige gilt, der infolge Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte außerstande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen betreffend Erwerbsunfähigkeit gemäß § 133 Abs. 1 GSVG bei einem an Morbus Crohn leidenden Tischler, der wegen der damit verbundenen Durchfälle gezwungen ist, während eines achtstündigen Arbeitstages etwa fünfmal für fünf bis zehn Minuten die Toilette zur Darmentleerung aufzusuchen und darüber hinaus die Darmentleerung nicht so steuern kann, dass sie immer in den vorgesehenen Arbeitspausen notwendig wird, zu Recht erkannt, dass es nach dieser Bestimmung auf die Unfähigkeit zu irgendeinem Erwerb ankomme und nicht anzunehmen sei, dass der Patient der Kläger infolge der festgestellten Leiden zur Ausübung einer regelmäßigen selbständigen Erwerbstätigkeit nicht mehr imstande sei ().

Auch in seinem Urteil vom , 10 ObS 342/01v hat der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen betreffend eine an plurivalenter alimentärer und inhalativer Allergie, V.a. Atopie, Herpes labialis,chronischer Darmentzündung (Morbus Crohn), chronischem Asthma mit mäßiger obstruktiver Ventilationsstörung, niedrigem Blutdruck, Neigung zu Herzjagen und chronischer Gastritis leidenden Arbeitnehmerin, die in der Lage ist, leichte und halbzeitig mittelschwere körperliche Arbeiten auszuführen, nicht aber Arbeiten unter überwiegendem besonderen Zeitdruck und an erhöht exponierten Stellen oder Arbeiten, die mit der Exposition gegen bestimmte Allergene einhergehen und bei der insgesamt mindestens neun Wochen Krankenstand im Jahr zu erwarten sind, als die Erwerbsfähigkeit zwar herabsetzende, nicht aber ausschließende Leiden beurteilt.

Wenn das Höchstgericht in diesen Fällen vom Bestehen einer grundsätzlichen Erwerbsfähigkeit ausgegangen ist, vermag der Unabhängige Finanzsenat im gegenständlich zu beurteilenden Fall nicht von einer gänzlichen Erwerbsunfähigkeit der Bw., dh Fähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen auszugehen. Das für die Bw. in Betracht kommende Berufsspektrum ist zwar sicherlich eingeschränkt, aber in bestimmtem Umfang doch vorhanden.

Die Bw. ist, so auch die Sachverständigengutachten, eingeschränkt, aber doch erwerbsfähig. Auch das AKH Wien konstatierte zwar eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit, aber keine gänzliche Berufsunfähigkeit.

Da somit die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 nicht gegeben sind, war die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
dauernde Erwerbsunfähigkeit
Familienbeihilfe
Morbus Crohn

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at