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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 07.01.2010, RV/0746-W/08

Aufhebung gem. § 299 BAO eines zu Unrecht gem. § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheides

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Steuerberater, gegen den Bescheid des Finanzamtes vom , mit dem der Einkommensteuerbescheid 1995 vom 7. Feber 2007 gemäß § 299 BAO aufgehoben wurde, entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw) bezog u.a. Einkünfte aus der Beteiligung an mehreren Mitunternehmerschaften, darunter eine Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter der beim Finanzamt A unter St.Nr. xxx/yyyy erfassten BC-GmbH (im Folgenden GmbH). Ein am gemäß § 295 BAO für das Jahr 1995 ergangener Einkommensteuerbescheid berücksichtigte basierend auf den vom Finanzamt A getroffenen Feststellungen die vom Bw aus dieser Beteiligung im Jahr 1995 erzielten Einkünfte mit 129.346,00 S. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Die GmbH (und atypisch stille Gesellschafter) erhob gegen den für das Jahr 1995 ergangenen Feststellungsbescheid des Finanzamtes A Berufung. Am wies der unabhängige Finanzsenat (GZ: RV/0067-G/06) diese Berufung als unzulässig zurück. Da der Feststellungsbescheid aus näher dargelegten Gründen nicht wirksam ergangen sei, komme diesem keine Bescheidqualität zu.

Am 7. Feber 2007 erließ das Finanzamt einen neuen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995, der den Bescheid vom gemäß § 295 Abs. 1 BAO abänderte. Begründet wurde die Änderung mit bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes A zu St.Nr. xxx/yyyy vom . Die Einkünfte des Bw aus seiner Beteiligung an der GmbH wurden dabei in der ursprünglich erklärten Höhe von -52,00 S angesetzt, was zu einer Abgabengutschrift in Höhe von 4.682,75 € führte.

Mit Bescheid vom hob das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid vom 7. Feber 2007 gemäß § 299 BAO auf. Der Bescheid sei rechtswidrig, weil der die GmbH betreffende Feststellungsbescheid nicht nachträglich erlassen, abgeändert oder aufgehoben worden sei. Die am erfolgte Zurückweisung der Berufung der GmbH erzeuge keine Bindungswirkung nach § 295 Abs. 1 BAO.

Mit Schreiben vom berief der Bw u.a. gegen diesen Aufhebungsbescheid. Als Begründung führte er an, dass das Recht, die Einkommensteuer für das Jahr 1995 festzusetzen, mit Ablauf des Jahres 2005 verjährt sei.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung. Der Bw beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde 2. Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Ein Grund für eine (ersatzlose) Aufhebung ist beispielsweise dann gegeben, wenn eine Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO erfolgte, obwohl die Voraussetzungen für eine derartige Maßnahme nicht vorgelegen sind (Ritz, BAO Kommentar³, § 299 Tz 50).

Gemäß § 295 Abs. 1 BAO ist ein Bescheid, der von einem Feststellungsbescheid abzuleiten ist, ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Falle der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen, oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben.

§ 295 Abs. 1 BAO hat ausschließlich die Funktion, abgeleitete Bescheide mit den Inhalten erstmalig erlassener Feststellungsbescheide oder deren Abänderung oder den Konsequenzen ihrer Aufhebung in Einklang zu bringen (Ritz, BAO Kommentar³, § 295 Tz 9).

Der mit dem angefochtenen Bescheid aufgehobene Einkommensteuerbescheid 1995 vom 7. Feber 2007 begründet die Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO damit, dass am Feststellungen des Finanzamtes A zu St.Nr. xxx/yyyy getroffen worden seien. Diese Begründung ist allerdings nicht zutreffend, da am ein Feststellungsbescheid des Finanzamtes A nicht ergangen ist. Vielmehr hat das Finanzamt A mit Schreiben vom dem für den Bw zuständigen Finanzamt bloß Mitteilung vom Zurückweisungsbescheid des unabhängigen Finanzsenats vom gemacht.

Die für eine Änderung nach § 295 Abs. 1 BAO erforderliche Voraussetzung, dass ein Feststellungsbescheid nachträglich, d.h. konkret nach Erlassung des Einkommensteuerbescheides vom , abgeändert, aufgehoben oder erstmalig erlassen wurde, war daher bei Erlassung des Einkommensteuerbescheides vom 7. Feber 2007 nicht gegeben.

Gemäß § 302 Abs. 1 BAO sind Abänderungen, Zurücknahmen und Aufhebungen von Bescheiden, soweit nicht anderes bestimmt ist, bis zum Ablauf der Verjährungsfrist, Aufhebungen gemäß § 299 jedoch bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe (§ 97) des Bescheides zulässig.

Aufhebungen gemäß § 299 BAO sind daher - innerhalb der mit Bescheidbekanntgabe (in der Regel Zustellung) beginnenden Jahresfrist - auch nach Ablauf der Verjährungsfrist zulässig (vgl. Ritz, BAO Kommentar³, § 302 Tz 8). Für den Einkommensteuerbescheid vom 7. Feber 2007 liegt zwar kein Zustellnachweis vor. Da der angefochtene Aufhebungsbescheid dem Bw am zugestellt wurde, ist die Jahresfrist aber jedenfalls gewahrt.

Der in der Berufung gegen den Aufhebungsbescheid einzig vorgetragene Einwand, das Recht, die Einkommensteuer für das Jahr 1995 festzusetzen, sei verjährt, ist daher nicht begründet.

Aufhebungen gemäß § 299 BAO liegen im Ermessen der Abgabenbehörde.

Ermessensentscheidungen sind gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dabei ist dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung von "Angemessenheit" in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das "öffentliche Interesse insbesondere an der Einhebung der Abgaben" beizumessen (z.B. VwGH14.3.1990, 89/13/0115).

Bei dieser Interessensabwägung ist zunächst von Bedeutung, dass es das Ziel des § 299 BAO ist, ein insgesamt richtiges Ergebnis herbeizuführen. Es ist daher grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu geben (vg. Ritz, BAO Kommentar³, § 299 BAO Tz 54 und die dort zitierte Judikatur). Auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, dem im Rahmen der Ermessensübung bei Erlassung eines Aufhebungsbescheides nach § 299 BAO wesentliche Bedeutung zukommt (z.B. ), wäre es nicht gerechtfertigt, von einer verfahrensrechtlich noch möglichen Bescheidkorrektur abzusehen. Überlegungen der Verwaltungsökonomie zwingen nicht zur Unterlassung der Bescheiderteilung, zumal die aus der unrichtigen Bescheidänderung vom 7. Feber 2007 resultierende Gutschrift von 4.682,75 € nicht als geringfügig bezeichnet werden kann. Berechtigte Interessen, die für eine Aufrechterhaltung der Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides vom 7. Feber 2007 sprechen würden, hat der Bw nicht aufgezeigt.

Da das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid vom 7. Feber 2007 aus den dargelegten Gründen zu Recht gemäß § 299 BAO aufgehoben hat, war die Berufung spruchgemäß abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at