Inhalt des Spruches eines Haftungsbescheides
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RV/1201-L/04-RS1 | Das Finanzamt hat im Spruch des angefochtenen Bescheides als Haftungsbetrag einen Betrag von 92.703,39 € abzüglich einer bereits entrichteten Quote angeführt. Lediglich in einer Beilage zur Begründung wurden einzelne Abgabenschuldigkeiten mit Angabe des Abgabenbetrages dargelegt.
Spruch des Haftungsbescheides ist die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe (vgl. Ritz, BAO-Kommentar³, § 224 Tz 8). Die Konkretisierung im Spruch des Haftungsbescheides ist notwendig, da die Geltendmachung abgabenrechtlicher Haftungen insbesondere auch voraussetzt, dass eine Abgabenschuld entstanden und noch nicht (z.B. durch Entrichtung) erloschen ist (Grundsatz der materiellen Akzessorietät der Haftung, vgl. Ritz, BAO-Kommentar³, § 7 Tz 10).
Wenn nun der Spruch des Haftungsbescheides dermaßen unkonkret ist, dass nicht nachvollzogen werden kann, aus welchen einzelnen Abgabenschuldigkeiten sich der gesamte Haftungsbetrag zusammensetzt, ist der Haftungsbescheid mit einem Mangel behaftet, der lediglich zur Aufhebung des Bescheides führen kann. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige
Finanzsenat hat über die Berufung des Dietmar K., geb. ,
B., St. 5, vertreten durch Dkfm. Martin Wirtschaftstreuhand- und
Steuerberatungsges.m.b.H., 4320 Perg, Linzer Straße 36, vom
gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr,
vertreten durch HR Gottfreid Buchroithner, vom , mit dem
gemäß
§ 9 iVm § 80 BAO die Haftung für
Abgabenschuldigkeiten der Fa. K. GmbH & Co KG im Ausmaß von
€ 92.703,39 (abzüglich der bereits entrichteten Quote) geltend
gemacht wurde, entschieden:
Der angefochtene Bescheid wird
aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom
, AZ.: 12 S 12/03g, 12 S 13/03d,
wurde über das Vermögen der Firma Hermann K. GesmbH und das
Vermögen der Fa. Hermann K. GesmbH & Co. KG das Konkursverfahren
eröffnet. Geschäftsführer der GmbH, welche Komplementär-GmbH
der Fa. Hermann K. GesmbH & Co. KG war, waren Herr Dietmar K., geboren am
und Herr Clemens K., geboren am
.
Mit dem Schreiben vom wurde der Bw.
ersucht darzulegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die in
einer Beilage angeführten Abgaben entrichtet wurden (z.B. Fehlen
ausreichender Mittel, Zessionsvereinbarung, Einstellung der Überweisungen
durch die Hausbank, Weisungen der Gesellschafter usw.). Die entsprechenden
Unterlagen zum Beweis der Rechtfertigung seien vorzulegen. Weiters wurde der Bw.
ersucht, durch geeignete Unterlagen zu belegen, falls vorhandene Mittel anteilig
für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden sind. Er wurde
anhand eines beiliegenden Fragebogens ersucht, seine derzeitigen
persönlichen wirtschaftliche Verhältnisse darzulegen.
In einer Stellungnahme vom brachte
der Bw. in Zusammenhang mit der Geltendmachung der Vertreterhaftung für
Abgabenschuldigkeiten der Firma K. GmbH vor, dass seitens des Unternehmens
keine Zahlungen mehr durchgeführt werden konnten, weil die Banken keine
Überweisungen mehr zugelassen hätten. Insbesondere seien seit 10/2002
keine Gehälter mehr an die Dienstnehmer ausbezahlt worden. Somit hätte
mangels Einbehaltung von den Dienstnehmern auch keine Lohnsteuer mehr
abgeführt werden können. Es hätte keine vorhandenen Mittel
für die Begleichung aller Verbindlichkeiten gegeben. Ein ausgefüllter
Fragebogen über die derzeitigen persönlichen wirtschaftlichen
Verhältnisse des Bw. wurde vorgelegt.
Im Schreiben vom in Zusammenhang mit
der Geltendmachung der Vertreterhaftung für die Abgabenschuldigkeiten der
Firma K. GmbH & Co KG wurde vorgebracht, dass in der beigelegten Liste
Forderungen für Lohnabgaben enthalten seien, welche jedoch tatsächlich
an das Finanzamt bezahlt worden wären (z.B. für 2/02, 10/02).
Darüber hinaus hätten im Jahr 2002 - beginnend mit 1/02
- Löhne nur mehr schleppend und nicht an alle Dienstnehmer, sowie ab
September 2002 mangels Vorhandensein von liquiden Mitteln überhaupt
keine Löhne mehr ausbezahlt werden können, sodass die Dienstnehmer mit
ihren offenen Lohnforderungen seitens des Masseverwalters an den IESG-Fond
verwiesen wurden. Trotz dieser nur teilweisen Auszahlung von Löhnen oder
- wie etwa für 10/02 - überhaupt keine Lohnzahlung seien
die von der Lohnverrechnung errechneten Lohnabgaben - wie etwa für
10/02 - zur Gänze an das Finanzamt abgeführt worden, was im
Falle der Lohnsteuer eine Belastung für das Unternehmen darstellte, da die
Lohnsteuer von den den Dienstnehmern ausbezahlten Löhnen abgezogen werden
hätte müssen, diese aber keine Auszahlung erhalten hätten, und
somit die an das Finanzamt angeführte Lohnsteuer eben
liquiditätsmäßig vom Unternehmen getragen wurde. Wie lt.
Konkursantrag und Bericht des Masseverwalters ersichtlich, wäre die
Hausbank ab Frühjahr 2002 zu einer Weiterfinanzierung nicht mehr
bereit gewesen, und hätte auch praktisch keine Liquidität mehr
freigegeben, obwohl teilweise noch Eingänge vorhanden waren, die aber auf
Grund gewährter Generalzession von der Bank nicht mehr freigegeben worden
wären. Um wenigstens die vorgenannten Lohnabgaben bezahlen zu können,
sei vom Unternehmen laufend Anlagevermögen verkauft worden.
Der
vorhandene Mittelzufluss (Leistungserlöse) sei von der Bank einbehalten
worden, da diese im ersten Halbjahr die bis dahin stille Zession gegenüber
den Auftraggebern offen gelegt hätte. Die vom Unternehmer unter Verwendung
der Dienstnehmer noch fertig gestellten Baustellen seien aber - auf Grund
üblicher längerer Prüffristen - zum Teil erst nach
Konkurseröffnung abgerechnet worden und die entsprechenden Erlöse
seien vorerst dem Masseverwalter zugeflossen. Teilweise seien noch Erlöse
zur Durchführung von Zug-um-Zug-Geschäften verwendet worden, um
wenigstens noch dringend benötigtes Material von den Lieferanten zu
erhalten. Dem Finanzamt sei jedoch Umlaufvermögen (Warenvorräte) als
Sicherstellung verpfändet worden.
Ein ausgefüllter Fragebogen
über die derzeitigen persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse
wurde vorgelegt.
In einem Vorhalt vom wurde der
Bw. ersucht folgende Punkte darzulegen:
Er wurde ersucht, zu den im
Schreiben vom gemachten Stellungnahmen die entsprechenden
Unterlagen und Nachweise dem Finanzamt vorzulegen, damit über eine
Pflichtverletzung der Geschäftsführer abgesprochen werden könne.
Hinsichtlich der im Rückstand ausgewiesenen Lohnsteuer werde auf
die ständige Rechtsprechung des VwGH hingewiesen. Der Lohnsteuer komme ein
Vorrang vor allen anderen Abgaben zu. Zahlungsschwierigkeiten, die die
Gesellschaft nicht gehindert haben, Lohn zu zahlen, dürften den Bw. auch
nicht daran hindern, die darauf entfallende Lohnsteuer einzubehalten und
abzuführen.
Als Beilage wurden die vor Konkurseröffnung
fälligen Abgaben bekannt gegeben.
Es wurde ersucht bekannt zu
geben, ob betreffend des Geschäftsführers K. Clemens Aussagen
getätigt werden könnten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Bw. für
Abgabenschuldigkeiten der Firma K. GmbH & Co KG im Ausmaß von
92.703,39 € als Haftungspflichtiger in Anspruch genommen. Der Spruch
des Haftungsbescheides lautete wie folgt:
"Herr K. Dietmar, wohnhaft in St. 5, B., wird als
Haftungspflichtiger gem. § 9 iVm § 80 BAO für
Abgabenschuldigkeiten der Firma K. GesmbH & Co KG im Ausmaß von
92.703,39 € (abzüglich der bereits entrichteten Quote) in
Anspruch genommen. Gleichzeitig wird der Haftungsschuldner aufgefordert, den
Haftungsbetrag von 92.403,39 € (abzüglich entrichteter Quote)
innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.
"
In der Begründung wurde unter anderem auf eine Beilage
verwiesen, in der jene Abgabenschuldigkeiten angeführt worden sind, die vor
Eröffnung des Konkursverfahrens fällig waren und nicht entrichtet
wurden.
In der gegenständlichen Berufung vom
beantragte der Bw. die ersatzlose Aufhebung des
angefochtenen Haftungsbescheides. Zur Begründung wurde Folgendes
ausgeführt:
1. Bereits im
Schreiben vom sei der Finanzverwaltung dargetan worden,
dass die von ihr verfügte Haftung des gesetzlichen Vertreters Dietmar K.
gem. § 9 Abs. 1 BAO nicht vorliege, weil diesen keine schuldhafte
Verletzung der ihm auferlegten Pflichten treffe. Vielmehr hätte sowohl
Clemens als auch Dietmar K. mit der gebotenen Sorgfalt des ordentlichen und
gewissenhaften Geschäftsführers gehandelt, wie nachstehend
darzustellen sei.
2. Dem
obgenannten Bescheid liege eine Liste bei, aus welcher die Zusammensetzung des
Betrages von 92.703,39 € ersichtlich sei. Eine Kontrolle dieser
Einzelposten ergebe, dass darin enthaltene Beträge bereits bezahlt worden
und somit unzulässigerweise in dieser Liste enthalten seien. Einzelne
Lohnabgaben iHv. 3.496,24 wurden angeführt.
3. Einige
Monate hindurch seien die von der Lohnverrechnung ermittelten Lohndaten
ordnungsgemäß in der Finanzbuchhaltung verbucht worden, obwohl
letztendlich auf Grund des finanziellen Engpasses diese Löhne nicht mehr
ausbezahlt hätten werden können. Auf Grund des Zuflussprinzips
wären diesfalls keine Lohnabgaben mehr zu entrichten gewesen. Die
Lohnabgaben seien jedoch angemeldet worden. Dies betreffe die in obiger Liste
enthaltenen Abgaben für die Monate September (Fälligkeit )
und November 2002 (Fälligkeit ). Zum Nachweis liege das
Kontoblatt "3620 Verbindlichkeit Löhne Gehälter" für den
fraglichen Zeitraum bei. Da diese Löhne nicht ausbezahlt worden wären,
hätte den Dienstnehmern auch keine Lohnsteuer abgezogen und an das
Finanzamt abgeführt werden können. Der Bw. hätte die ihm zur Last
gelegte schuldhafte Nichtabfuhr von Lohnsteuer nicht begangen.
4. In den
nachbezeichneten Monaten hätte die Firma sowie im vorigen Punkt
beschrieben, die Löhne berechnet, verbucht und beim Finanzamt angemeldet,
aber nur teilweise ausbezahlt (Lehrlingsentschädigungen), dafür aber
die gesamte, für alle Dienstnehmer errechnete Lohnsteuer an das Finanzamt
überwiesen, obwohl sie von den Dienstnehmern mangels Lohnauszahlung nicht
einbehalten werden hätte können. Dadurch hätte die Firma zu viel
an das Finanzamt überwiesen, und es stelle sich die Frage nach einer
Rückzahlung seitens des Finanzamtes, da andererseits der Firma dadurch ein
Schaden entstanden sei. Eine Liste über die nicht ausbezahlten Löhne
liege bei, daraus sei ersichtlich, dass an das Finanzamt Lohnsteuer ein Betrag
von 3.399,81 €
überwiesen worden wäre, obwohl mangels
Lohnzahlung von den Dienstnehmern dieser Betrag nicht einbehalten hätte
werden können, aber durch die Abfuhr der nicht geschuldeten Lohnsteuer der
Firma ein Schaden entstanden sei. Der Bw. hätte diesfalls keine schuldhafte
Nichtabfuhr von Lohnabgaben begangen, sondern sogar dem Finanzamt Beträge
überwiesen, die noch gar nicht geschuldet worden wären.
5. Die obige
Liste enthalte Abgabenschuldigkeiten für den Zeitraum bis
. Mit Bescheid vom seien
Zahlungserleichterungsansuchen über den Rückstand von
66.043,45 € bewilligt worden, welches mit Verständigung vom
vom Terminverlust konsumiert worden wäre, jedoch
mit Bescheid vom ein neuerliches
Zahlungserleichterungsansuchen über 94.145,65 € bewilligt worden
wäre. Die in obiger Liste angeführten Beträge wären also bis
zu diesem Zeitpunkt in ordnungsgemäßer Abwicklung gewesen, da ja die
Zahlungserleichterung bewilligt worden wäre. Dies betreffe z.B. auch die
Lohnsteuer mit Fälligkeit im Betrage von 1.271,93 €. In
der Folge sei es zu den vereinbarten Ratenzahlungen gekommen. Insofern
könne auch hier nicht von einem schuldhaften Verhalten des Bw. gesprochen
werden, da ja - auch wenn ein Rückstand vorhanden war - dieser
in seiner Abstattung bewilligt gewesen wäre. Die Lohnabgaben seien jeweils
termingerecht beim Finanzamt angemeldet und im Rückstand enthalten gewesen,
und somit ohne Ratenzahlungsbewilligung umfasst gewesen. Der Bw. hätte
damit keine Pflicht verletzt, sondern sogar mit der Stellung eines Antrages auf
Bewilligung von Zahlungserleichterungen dem Gesetze Genüge
getan.
6. Wie
bereits im Schreiben vom erwähnt, sei dem
Geschäftsführer von der Hausbank praktisch die Verfügungsgewalt
über die einlangenden Geldmittel ab der Jahresmitte 2002 dadurch
entzogen worden, dass die bis dahin stille Zession der Kundenforderungen
aufgemacht worden wäre, sodass die Kunden nur mehr ausschließlich auf
das Bankkonto einzahlen hätten können. Die Bank hätte jedoch die
einlangenden Gelder nicht mehr freigegeben. Dem Bw. treffe auch hier keine
vorwerfbare Schuld, weil die grundsätzlich ins Unternehmen fließenden
Gelder auf Grund bestellter Sicherheiten von der Bank einbezahlten worden
wären. Er hätte insbesondere nicht das Gebot der Gleichbehandlung
aller Gläubiger verletzen können, da er gar keinen Zugriff auf die ins
Unternehmen fließende Liquidität gehabt hätte.
7. Weiters
sei zur Sicherstellung der Abgabenschuldigkeiten dem Finanzamt
Umlaufvermögen der Firma verpfändet worden, wobei über das
weitere Schicksal dieser Pfandsachen ohne Einflussnahmemöglichkeit des
Geschäftsführers zwischen Masseverwalter und Finanzamt direkt
verhandelt worden wäre. Der Geschäftsführer hätte diesfalls
also nicht nur nicht eine schuldhafte Verletzung von Pflichten, sondern zum
damaligen Zeitpunkt sogar eine Verbesserung der Forderungen des Finanzamtes
dadurch ermöglicht, dass er für diesen Rückstand Sicherheit
gewährt hätte.
8.
Schließlich werde noch darauf hingewiesen, dass die Finanzverwaltung
insoferne eine Schadensminderungspflicht treffe, als sie etwaige Lohnabgaben
erfolgreich als Gläubigerin im Insolvenzverfahren geltend machen konnte.
Die gestellten Ansprüche wären jedenfalls um solche Beträge zu
vermindern.
Der Berufung lagen die im Berufungsschriftsatz
erwähnten Beilagen bei. In einem Vorhalt vom wurde
der Bw. ersucht, Listen betreffend Lohnauszahlungen zu den jeweiligen
Fälligkeitstagen und Nichtauszahlungen der Löhne zu den jeweiligen
Stichtagen detailliert vorzulegen. Er wurde auch ersucht eine detaillierte
Aufstellung beizubringen, wie an den entsprechenden Fälligkeitstagen die
Verbindlichkeiten der Gesellschaft anteilsmäßig befriedigt worden
wären. Weiters wurde er darauf hingewiesen, dass die in Punkt 6
angeführte Begründung bezüglich Verfügungsgewalt der
Hausbank über die einlangenden Geldmittel der Firma ab
Jahresmitte 2002 gegen eine Gleichbehandlung der restlichen Gläubiger
spreche. Die Schulden seien im gleichen Verhältnis zu befriedigen. Eine
Pflichtverletzung liege vor, sobald die Abgabenverbindlichkeit schlechter
behandelt werde als andere Schulden. Es genüge die Bevorzugung eines
anderen Gläubigers z.B. der Bank auf Grund einer Zession.
Mit Schreiben vom wurde zur
detaillierten Aufstellung der Lohnzahlungen vorgebracht, dass die
Geschäftsunterlagen des betreffenden Zeitraumes im Konkursverfahren dem
Masseverwalter übergeben worden wären. Diese Unterlagen würden
sich noch dort befinden. Diese seien jedoch zur Erstellung der gewünschten
Aufstellung unbedingt notwendig. Die Rückgabe seitens des Masseverwalters
sei bereits beantragt worden. Es sei jedoch mit der Herausgabe erst in den
nächsten zwei Wochen zu rechnen. Es wurde daher ersucht zur Klärung
dieses Punktes die Frist vorläufig bis zu
verlängern. Gleiches wurde auch in Zusammenhang mit der
anteilsmäßigen Befriedigung von Verbindlichkeiten der Gesellschaft
vorgebracht. Zur Zahlung an die Hausbank auf Grund von Zessionen wurde
vorgebracht, dass den Anspruch auf Haftung für Abgaben der Gesellschaft auf
§ 9 Abs. 1 BAO gestützt werde. Demnach wäre eine
schuldhafte Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten notwendig. Eine
solche Pflichtverletzung werde darin erblickt, dass einlangende Geldbeträge
der Hausbank auf Grund gewährter Zessionen verblieben und somit eine
Ungleichbehandlung der Gläubiger vorläge, da die Hausbank besser
gestellt worden wäre. Eine Ungleichbehandlung bzw. ein Verschulden setze
jedoch eine Willensbetätigung zumindest in Form einer fahrlässigen
Handlung des Geschäftsführers voraus. Dazu müsse bemerkt werden,
dass die zu Grunde liegende Abtretung aller Forderungen der Gesellschaft an die
Hausbank bereits vor vielen Jahren Zug um Zug mit der Kreditgewährung
erfolgt sei. Die Geltendmachung der Zessionen und somit der Einbehalt von
einlangenden Geldern sei jedoch seitens der Hausbank geschehen und es wäre
hiezu keine Willensbetätigung der Geschäftsführer erforderlich
gewesen, sondern diese sei durch Offenlegung der Zessionen von der Bank
durchgeführt worden. Die Geschäftsführer hätten zu diesem
Zeitpunkt keinerlei Möglichkeit gehabt, diese Geltendmachung zu verhindern,
da sie von deren Willen völlig unabhängig war. Wenn aber die
Geschäftsführer keine Willensbetätigungen gesetzt hätten,
hätten sie auch keine Pflichtverletzung begehen können, insbesonders
nicht die Bank zu bevorzugen. Insofern könne daraus keine Haftung
abgeleitet werden.
In der Stellungnahme vom legte
der Bw. dar, welche Löhne ausbezahlt worden sind bzw. welche Löhne
nicht ausbezahlt wurden. Detaillierte Aufstellungen wurden dem Schreiben
beigelegt.
Zur anteilsmäßigen Befriedigung von
Verbindlichkeiten der Gesellschaft wurde vorgebracht, dass diese an den
entsprechenden Fälligkeitstagen nicht gefordert war, weil mit den
Bescheiden vom und jeweils
Zahlungserleichterungen bewilligt worden wären. Auf Grund dieser
bewilligten Ratenzahlungen wäre aber eine anteilsmäßige
Befriedigung im Verhältnis zu anderen Gläubigern nicht nötig
gewesen, weil eben mit dem Finanzamt eine Ratenzahlung vereinbart worden
wäre.
In Zusammenhang mit der Zession zu Gunsten der Hausbank wurde
das Vorbringen vom wiederholt.
Mit Berufungsvorentscheidung vom
wurde der gegenständlichen Berufung teilweise stattgegeben und die
Abgabenschuldigkeit lt. einer Beilage mit 85.683,72 € festgesetzt. Zur
Begründung wurde angeführt, dass die im Schreiben vom
angeführten Doppelbelastungen den Haftungsbetrag
auf 85.683,72 € vermindern würden und dieser Betrag der
Beilage RA zu entnehmen sei. Die an das Finanzamt abgeführten
Lohnabgaben für nicht mehr ausbezahlte Löhne würden mit dem im
Schreiben angeführten Betrag von 3.400,00 € berücksichtigt
und zum Abzug gebracht. Der ursprünglich geltend gemachte Haftungsbetrag
von 92.403,39 € werde um die aus der Beilage ersichtlichen
Beträge und den Betrag von 3.400,00 € auf einen Betrag von
82.283,72 € eingeschränkt. Davon sei bereits die entrichtete
Quote iHv. 4,9 % in Abzug zu bringen. Der Haftungsbetrag betrage daher
78.252,00 €. Bezüglich der in Punkt 2 und Punkt 3 des
Schreibens angeführten Begründungen werde festgestellt, dass die
Verfügungsgewalt der Hausbank über die einlangenden Geldmittel der
Firma ab Jahresmitte 2002 gegen eine Gleichbehandlung der restlichen
Gläubiger also auch des Finanzamtes spreche. Eine Pflichtverletzung des
Geschäftsführers liege vor, sobald die Abgabenverbindlichkeiten
schlechter behandelt werden als andere Schulden. Es genüge die Bevorzugung
eines anderen Gläubigers z.B. der Bank auf Grund einer Zession.
Im Vorlageantrag vom wurde
angeführt, dass auf Grund der Berufungsvorentscheidung der Haftungsbetrag
auf 78.252,00 € eingeschränkt worden wäre. In der Berufung
sei bereits ausgeführt worden, dass eine Haftung insofern nicht vorliegen
könne, als dem Bw. keine schuldhafte Verletzung der ihm auferlegten
Pflichten vorzuwerfen ist. Die Finanzbehörde begründe ihren Anspruch
mit einer angeblichen Verletzung des Gleichbehandlungsprinzipes bzw. der
Bevorzugung eines anderes Gläubigers (Hausbank). Es sei richtig, dass die
Hausbank im fraglichen kritischen Zeitraum Beträge einbehalten hätte,
und zwar auf Grund von gewährten Zessionen. Diese Zessionen seien
rechtsgeschäftlich eingeräumt worden, und zwar Zug um Zug mit
gewährten Krediten, allerdings in Vorjahren und bereits lange bevor sich
das Unternehmen in der Krise befunden hätte. Die Geschäftsführer
hätten keinerlei Möglichkeit gehabt zu verhindern, dass die Hausbank
die bis dahin als stille behandelte Zessionen offen legte, und somit die
Gläubiger mit schuldbefreiender Wirkung nur mehr an die Hausbank zahlen
konnten. Sogar der Masseverwalter hätte diese Zessionen anerkannt und
insbesondere keine Konkursanfechtung vorgenommen. Insofern können den
Geschäftsführern keine schuldhafte Verletzung der Gläubiger
Gleichbehandlung vorgeworfen und somit eine Haftung gem. BAO gegen sie
ausgesprochen werden.
Die Berufung wurde am dem
Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.
Über
die Berufung wurde erwogen:
Gem. § 9 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung
(BAO) haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter
neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden
Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den
Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Gem.
§ 224 Abs. 1 BAO werden die in den Abgabenvorschriften geregelten
persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend
gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche
Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die
Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu
entrichten.
Spruch des Haftungsbescheides ist die Geltendmachung der
Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe (vgl.
Ritz, BAO-Kommentar³,
§ 224 Tz 8). Dem Spruch des angefochtenen Haftungsbescheides
fehlt jedoch diese bestimmte Bezeichnung des Abgabenbetrages einer bestimmten
Abgabe. Das Finanzamt hat lediglich einen Gesamtbetrag jener
Abgabenschuldigkeiten angeführt, für die sie dem Bw. als
Haftungspflichtigen heranziehen wollte. Lediglich in einer Beilage zur
Begründung wurden einzelne Abgabenschuldigkeiten angeführt. Weiters
ist der Spruch des Haftungsbescheides insoweit auch unbestimmt, als von einem
Haftungsbetrag iHv. 92.703,39 € abzüglich der bereits
entrichteten Quote die Rede ist. Die konkrete Zusammensetzung dieses
Haftungsbetrages ist somit so unbestimmt, dass nicht nachvollzogen werden kann,
für welchen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe die Haftung
geltend gemacht wurde. Diese Konkretisierung im Spruch des Haftungsbescheides
ist jedoch notwendig, da die Geltendmachung abgabenrechtlicher Haftungen
insbesondere auch voraussetzt, dass eine Abgabenschuld entstanden und noch nicht
(z.B. durch Entrichtung) erloschen ist (Grundsatz der materiellen
Akzessorietät der Haftung, vgl.
Ritz, BAO-Kommentar³,
§ 7 Tz 10). Wie schon erwähnt ist der Spruch des
Haftungsbescheides die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten
Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe. Damit wird auch die Sache des konkreten
Haftungsverfahrens und insoweit auch der Rahmen für die
Änderungsbefugnis der Abgabenbehörde zweiter Instanz im
Berufungsverfahren iSd § 289 Abs. 2 BAO festgelegt. Wenn nun der
Spruch des Haftungsbescheides dermaßen unkonkret ist, dass nicht
nachvollzogen werden kann, aus welchen einzelnen Abgabenschuldigkeiten sich der
gesamte Haftungsbetrag zusammensetzt, ist der Haftungsbescheid mit einem Mangel
behaftet, der lediglich zur Aufhebung des Bescheides führen kann. Eine
Abänderung wäre nur dann möglich, wenn einzelne
Abgabenschuldigkeiten im Spruch des angefochtenen Bescheides konkret
angeführt wurden. Dies ist jedoch im gegenständlichen Fall
unterblieben. Damit ist der angefochtene Bescheid aufzuheben.
Da jedoch im Spruch des angefochtenen Bescheides keine
konkreten Abgabenschuldigkeiten angeführt wurden, ist die (erstmalige)
Geltendmachung der Haftung für konkrete Abgabenschuldigkeiten nicht
ausgeschlossen. Jedoch wären in einem allfälligen weiteren Verfahren
die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Haftung neu zu prüfen.
Überdies wurden im gegenständlichen Fall keine Feststellungen
über die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten bei der Firma Hermann
K. GmbH & Co KG und die Kausalität zwischen allfälligen
Pflichtverletzungen des Bw. und der Uneinbringlichkeit der Abgaben getroffen.
Weiters fehlen jegliche Feststellungen darüber, wie zwischen den beiden
Vertretern der GmbH & Co KG die Aufgaben verteilt waren. Damit ist offen
geblieben, welchen Geschäftsführer im Innenverhältnis die
Verantwortung für die Nichtabfuhr von Abgaben der Primärschuldnerin
traf und welcher der Geschäftsführer allenfalls sonstige
abgabenrechtliche Pflichten (Informationspflicht, Überwachungspflicht)
wahrzunehmen hatte. Außerdem fehlen Angaben darüber, wie die
Abgabenbehörde erster Instanz das Ermessen geübt hat.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 289 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Spruch Abgaben Abgabenschuldigkeiten Gesamtbetrag Inhalt des Spruches |
Zitiert/besprochen in | UFSaktuell 2006, 119 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at