Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 10.01.2005, RV/0715-L/03

Dienstgeberbeitragspflicht betreffend Bezüge eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., vertreten durch Gangl & Partner Wirtschaftstreuhand GmbH & Co KG, Steuerberatungskanzlei, 5142 Eggelsberg 26, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes X vom betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (Sektion A) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum bis  entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Anlässlich einer bei der Berufungswerberin durchgeführten Lohnsteuerprüfung über die Jahre 1998 bis 2002 wurde festgestellt, dass die Bezüge des zu 100% an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführers D. nicht in die Bemessungsgrundlage des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag einbezogen wurden. Über das Auftragsverhältnis lag ein schriftlicher Geschäftsführungsvertrag vor, der auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde und unter anderem zur Entlohnung des Geschäftsführers folgende Regelung traf:

Das Honorar für die Funktion als handels- und gewerberechtlicher Geschäftsführer betrage jährlich pauschal 90.000 ATS, das Honorar für Verkauf und kaufmännische Leitung betrage jährlich mindestens 120.000 ATS. Bei Erreichen eines positiven Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) erhalte der Auftragnehmer als Erfolgshonorar 50% des EGT, soweit dies größer als 100.000 ATS ist. Darüber hinaus erhalte der Auftragnehmer mit Ausnahme der privaten Mitbenützung des firmeneigenen Fahrzeuges keinerlei Vergütung.

Das Finanzamt forderte auf Grund der Feststellungen der Lohnsteuerprüfung mit Haftungs- und Abgabenbescheiden den auf die Geschäftsführerbezüge entfallenden Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nach.

In den gegen diese Bescheide eingebrachten Berufungen wurde im Wesentlichen die Ansicht vertreten, dass auf Grund des Beteiligungsverhältnisses und der vorliegenden Vereinbarung das Auftragsverhältnis nicht die Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinn der gesetzlichen Bestimmung aufweise. Der Auftragnehmer sei weisungsfrei, beziehe für seine überwiegend produktive Tätigkeit als selbständiger Kaufmann und Handwerker Einkünfte im Sinn des § 23 Z 1 EStG 1988 und trage Unternehmerrisiko, insbesondere weil er für alle bisherigen Firmenkredite zur ungeteilten Hand hafte. Es werde daher beantragt, die Bescheide in Bezug auf die Nachverrechnung von Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag aufzuheben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Nach § 41 Abs. 2 FLAG 1967 in der seit geltenden Fassung sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinn des § 22 Z.2 EStG 1988.

Nach Absatz 3 der zitierten Gesetzesstelle ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Absatz 1 genannten Dienstgeber gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht. Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit.a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinn des § 22 Z 2 leg.cit.

Gemäß § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 fallen unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Für die Frage, ob "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" gegeben sind, ist eine auf Grund des Beteiligungsverhältnisses fehlende Weisungsgebundenheit fiktiv hinzuzudenken und sodann nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines steuerlichen Dienstverhältnisses gegeben sind (vgl. ). Hiebei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse, nicht auf die vom Steuerpflichtigen gewählte Form der Bezeichnung an.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung von Beschwerden, die sich gegen die Einbeziehung der Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art im Sinn des § 22 Z 2 EStG 1988 in den Dienstgeberbeitrag nach dem FLAG richteten, abgelehnt ( und vom , B 998/98 und B 999/98) und weiters auch die Anfechtungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes mit den Erkenntnissen vom , G 109/00 und vom , G 110/00 abgewiesen.

Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 109/00, wird unter Zitierung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass im Fall der auf die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zurückzuführenden Weisungsungebundenheit verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses ihre Indizwirkung für die Lösung der Frage verlieren, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sind. Dies trifft vor allem auf folgende zu: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Arbeits- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung bestimmter Arbeiten etc. Insoweit derartige Merkmale aus dem Geschäftsführungsvertrag hervorgehen, ist dies für die vorliegende Entscheidung daher ohne Bedeutung.

In dem dieser Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes unmittelbar nachfolgenden Erkenntnis vom , 2001/14/0054, und in zahlreichen späteren Judikaten hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen "sonst aller Merkmale eines Dienstverhältnisses" vor allem auf folgende Kriterien abstellt: die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen eines Unternehmerrisikos. Von Bedeutung ist auch noch das Vorliegen einer laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung.

Schließlich ist der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2003/13/0018, in einem nach § 13 Abs.1 Z 1 VwGG gebildeten Senat von dieser Rechtssprechung insoweit abgegangen, dass er die Feststellung, ob "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" vorliegen, nur mehr auf die gesetzliche Definition eines steuerrechtlichen Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG 1988 stützt. Da in dieser Legaldefinition das steuerrechtliche Dienstverhältnis lediglich durch zwei Merkmale, nämlich die Weisungsgebundenheit einerseits und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Betriebes andererseits umschrieben ist, kommt es nach Ausklammerung der Weisungsgebundenheit nur mehr darauf an, ob diese Eingliederung in den geschäftlichen Organismus gegeben ist. Den anderen Merkmalen kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen die Eingliederung nicht klar zu erkennen wäre.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für diese Eingliederung. Dass diese Eingliederung im vorliegenden Fall gegeben ist, steht bei D., der bereits seit Jahren für die Berufungswerberin in dieser Funktion tätig ist und ihr seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, außer Zweifel. Damit ist auch die Frage nach dem Vorliegen weiterer Merkmale nicht mehr entscheidungswesentlich.

Dennoch wird zum Vorliegen sonstiger Merkmale unter Zugrundelegung der Feststellungen im Berufungsverfahren noch bemerkt: Das Vorliegen einer laufenden Entlohnung ist nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits dann verwirklicht, wenn der Geschäftsführer zumindest jährlich einen Geschäftsführerbezug erhält. Auch dies könnte hier nicht in Abrede gestellt werden.

Von Unternehmerrisiko kann dann gesprochen werden, wenn ein Steuerpflichtiger durch eigene Geschäftseinteilung bzw. mehr oder weniger zweckentsprechende Organisation den Ertrag seiner Tätigkeit maßgeblich beeinflussen kann, wenn also die Höhe der erzielten Einnahmen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, der Ausdauer und von Zufälligkeiten des wirtschaftlichen Verkehrs abhängig ist. Es kommt dabei auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft.

Die vorliegende Honorargestaltung zeigt auch kein Unternehmerrisiko auf. Der Geschäftsführer bezieht ein fixes, keinen Schwankungen unterliegendes Grundentgelt für sämtliche Tätigkeitsbereiche, darüber hinaus bei Erreichen eines bestimmten Geschäftsergebnisses einen prozentuellen Anteil von diesem Ergebnis. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass zusätzlich über einen Fixbezug hinausgehende erfolgsabhängige Lohnbestandteile auch bei "klassischen" Dienstnehmern, insbesondere bei leitenden Angestellten, nicht unüblich sind und kein Unternehmerrisiko begründen (vgl. z.B. ). Wenn die Berufungswerberin vermeint, dass Unternehmerrisiko insbesondere deshalb vorliege, da der Geschäftsführer für alle Firmenkredite hafte, so ist auch hier auf die ständige Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Das Risiko, das der Gesellschafter-Geschäftsführer im Fall der Übernahme der Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft trägt, ist nämlich der Gesellschaftersphäre zuzuordnen und daher kein Indiz für ein Risiko in der Geschäftsführertätigkeit (z.B. ). Es kommt jedoch allein auf das Wagnis an, das der Steuerpflichtige in seiner Stellung als Geschäftsführer trägt.

Auf Grund dieser Feststellungen weist die Tätigkeit des wesentlich beteiligten Geschäftsführers somit - unter Außerachtlassung der Weisungsgebundenheit - die Merkmale eines Dienstverhältnisses auf, sodass die von der Gesellschaft bezogenen Vergütungen als Einkünfte im Sinn des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 in die Beitragsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen sind.

Aus den angeführten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Dienstgeberbeitrag
wesentlich beteiligter Geschäftsführer
Unternehmerrisiko
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at