Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 30.12.2005, RV/1779-W/05

Kosten für doppelte Haushaltsführung sind bei Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes anzuerkennen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1779-W/05-RS1
Bei Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes sind die Kosten für doppelte Haushaltsführung anzuerkennen, wenn die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Siegfried Legat, gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13., 14. Bezirk und Purkersdorf betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2004, entschieden:

Der Berufung wird stattgegeben.

Der angefochtenen Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt, einem Wirtschaftsprüfer oder einem Steuerberater unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die Bw. ist Beamtin.

Strittig ist, ob im Berufungsfall Kosten der doppelten Haushaltsführung und Familienheimfahrten vorliegen, die als Werbungskosten im Sinne des § 16 Einkommensteuergesetz 1988 anzuerkennen sind:


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- Miete
€ 2.567,69
- WienStrom
€ 115,98
€ 2.683,67
- ÖBB-Vorteilscard
€ 99,90
Fahrkarten
€ 619,20
€ 719,10
Summe
€ 3.402,77

Das Finanzamt verlangte im Zuge eines Bedenkenvorhalts Belege hinsichtlich Rückzahlungen für Wohnraum über € 1255,31.

Weiters führe die Abgabenbehörde I. Instanz in diesem Vorhalt aus, dass die Bw. Kosten in Höhe von € 3402,77 für doppelte Haushaltsführung bzw. Familienheimfahrten geltend gemacht habe. Die Bw. sollte angeben, ob diese Kosten beruflicher Natur od. privat veranlasst seien. Die Bw. sollte darüber eine detaillierte Aufstellung und belegmäßigen Nachweis vorlegen sowie eine schriftliche Stellungnahmen beibringen, in welchem beruflichen Zusammenhang diese Aufwendungen stünden.

Das Finanzamt erließ einen Einkommensteuerbescheid mit folgender Begründung:

Die als doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten geltend gemachten Aufwendungen finden keine steuerliche Anerkennung. Die Bw. sei zumindest seit dem Jahr 1993 in Wien beschäftigt, der Wohnsitz liege in Wien. Der weitere Wohnsitz in B bestehe seit dem Jahr 2000. Es lägen daher keine Gründe für beruflich veranlasste Familienheimfahrten sowie für doppelte Haushaltsführung vor.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bw. Berufung und begründete sie wie folgt:

Der bekämpfte Einkommensteuerbescheid werde insoweit angefochten, als die als doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten geltend gemachten Aufwendungen in diesem Einkommensteuerbescheid keine steuerliche Anerkennung gefunden hätten. Das Finanzamt führe in seiner Begründung des Einkommensteuerbescheides an, dass die Bw. seit dem Jahre 1993 in Wien beschäftigt sei, der Wohnsitz liege in Wien. Der weitere Wohnsitz in B bestehe seit dem Jahre 2000. Es lägen daher keine Gründe für beruflich veranlasste Familienheimfahrten sowie für doppelte Haushaltsführung vor. Diese Rechtsansicht des zuständigen Finanzamtes sei unrichtig. Gemäß , GZ: 07 0104/8-IV/7/03 sei davon auszugehen, dass für die Bw. der im Erlass angesprochene Sachverhalt gültig sei. Werde nämlich erstmals ein gemeinsamer Familienwohnsitz am Beschäftigungsort des einen Ehepartners gegründet, und der andere Ehepartner müsse, weil er seine bisherige Erwerbstätigkeit beibehalte, auch seinen bisherigen Wohnsitz außerhalb der üblichen Entfernung vom neuen Familienwohnsitz beibehalten, so seien seine durch die Beibehaltung erwachsenden Mehraufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig.

Die Bw. habe ihren Gatten RR am geheiratet. Zu diesem Zeitpunkt sei erstmals ein gemeinsamer Familienwohnsitz in B an der Adresse L 10 gegründet worden.

Als Beweis legte die Bw. den Meldezettel und die Heiratsurkunde vor. Im gegenständlichen Fall lägen die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung zweifellos vor. Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz seien im Rahmen der durch § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. 3 EStG 1968 gesetzten Grenzen Werbungskosten. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der Ehegatte des Steuerpflichtigen am Ort des Familienwohnsitzes eine Erwerbstätigkeit ausübe. Der Ehegatte der Berufungswerberin sei am Ort des Familienwohnsitzes, also in B, als Versicherungskaufmann im Angestelltenverhältnis im Außendienst tätig.

Es seien die Voraussetzungen für die berufliche Veranlassung einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung gegeben. Die vom Ehemann der Bw. erzielten Einkünfte lägen über dem von der Rechtsprechung aufgestellten Richtwert. Der Ehegatte der Bw. sei am Ort des Familienwohnsitzes in B als Versicherungskaufmann im Angestelltenverhältnis einer der größten Versicherungen in Österreich tätig. Er arbeite seit 35 Jahren im Außendienst in B. Neben einem Fixum erhielte er Provisionen. Er sei daher auf die Kundenbetreuung angewiesen, welche er in B unterhielte. Eine doppelte Haushaltsführung hätten die Bw. und ihr Ehemann erst im Zeitpunkt der Eheschließung begonnen, und sie hätten daraus nachhaltige Einkünfte in nicht untergeordnetem Ausmaß erwirtschaftet, um so ihr Familieneinkommen zu sichern. Die Berufstätigkeit des Ehepartners am Ort des Familienwohnsitzes habe der Verwaltungsgerichtshof mehrfach als Grund für die Unzumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung unter der Bedingung bejaht, dass der Ehepartner des Steuerpflichtigen aus seiner Berufstätigkeit nachhaltig Einkünfte nicht bloß untergeordneten Ausmaßes erzielt. Der Grund, warum Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten gelten würden, und bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liege darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden könne.

Selbst wenn die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vorlägen, so könnten Kosten für Familienheimfahrten als Werbungskosten geltend gemacht werden (sh. dazu ; (richtig: 84/14/0198)).

In rechtsrichtiger Auslegung des Sachverhaltes anhand dieser zitierten Erlässe und der einschlägigen Rechtsprechung des VwGH hätte daher die erkennende Behörde die von der Bw. geltend gemachten Kosten für Haushaltsführung (gemeint wohl: doppelte Haushaltsführung) und Familienheimfahrten im Betrage von € 3.402,77 steuerlich anerkennen müssen.

Die Bw. übermittelte die Literaturstellen, aus denen sie in der Berufungsschrift zitierte:

Aus dem Internet, Steuer-Forum, über Doppelte Haushaltsführung: Voraussetzungen: Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung dennoch als Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Dies bedeutet aber nicht, dass zwischen den für eine solche Unzumutbarkeit sprechenden Gründen und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muss. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung, als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines (Ehe-)Partners haben (, ). Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und entweder die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist oder die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.

Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 120 Kilometer entfernt ist. In begründeten Einzelfällen kann auch bei einer kürzeren Wegstrecke Unzumutbarkeit anzunehmen sein.

Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein lediger Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner (auch ohne Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988) einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Person bildet. Es ist angesichts einer absehbaren befristeten Entsendung an einen anderen Beschäftigungsort dem Steuerpflichtigen nicht zumutbar, den gewählten Familienwohnsitz aufzugeben. Es ändert an dieser Unzumutbarkeit nichts, wenn die Familie des Stpfl ihn auf die Dauer seiner Entsendung an den Beschäftigungsort begleitet. Durch den absehbar vorübergehenden Aufenthalt der Familie des Abgabepflichtigen am Ort seiner vorübergehenden Beschäftigung wurde der Familienwohnsitz am Heimatort nicht aufgegeben, sodass der Berücksichtigung von Werbungskosten für die Haushaltsführung am Beschäftigungsort das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 insoweit nicht entgegensteht, als die mit der Haushaltsführung am Beschäftigungsort verbundenen Auslagen die Person des Steuerpflichtigen betreffen. Keine Werbungskosten stellen jene Aufwendungen dar, die ihr Ursache darin haben, dass dem Steuerpflichtigen seine Familienangehörigen an den Ort der vorübergehenden Beschäftigung nachgefolgt sind (vgl. ; ).

Bei einer dauernden Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes ist keine private Veranlassung zu unterstellen, wenn der Ehegatte (im Falle der eheähnlichen Gemeinschaft der Partner) des Steuerpflichtigen am Familienwohnsitz steuerlich relevante Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis Z. 4 EStG 1988 aus einer Erwerbstätigkeit in Höhe von mehr als 2.200 € jährlich erzielt (vgl. ; ) oder die Einkünfte in Bezug auf das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung sind. Private Veranlassung ist hingegen zu unterstellen, wenn der Steuerpflichtige in anderen Fällen den bisherigen Familienwohnsitz deswegen beibehält, weil er dort zB ein Eigenheim errichtet hat oder die Kinder dort die Schule besuchen. Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes RZ 345 (geänderte RZ gemäß , GZ. 07 0104/8-IV/7/03): Die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ist zB unzumutbar: Bei ständig wechselnder Arbeitsstätte (zB bei einem Bauarbeiter oder bei Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine häufige Abberufung zu entsprechend weit entfernten Arbeitsstellen gegeben ist. Die abstrakte Möglichkeit einer Abberufung reicht dazu aber nicht aus, es muss sich vielmehr um eine konkret, ernsthaft und latent drohende Möglichkeit einer solchen Abberufung handeln (). Wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit mit bis zu vier bis fünf Jahren befristet ist (vgl. ). Bei Unzumutbarkeit der (Mit)Übersiedlung von pflegebedürftigen Angehörigen (). Wenn im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz unterhaltspflichtige Kinder wohnen und eine (Mit)Übersiedlung der gesamten Familie aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist.

Vorübergehende doppelte Haushaltsführung: Liegen diese Voraussetzungen nicht vor (zB bei einem Alleinstehenden oder einem Steuerpflichtigen, dessen Ehegatte oder Lebensgefährte nicht mehr als 2.200 € jährlich verdient), so können die Kosten für eine beruflich veranlasste Begründung eines zweiten Haushalts am Beschäftigungsort vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Dabei ist von einer angemessenen Frist auszugehen, die sich nach Möglichkeit der Beschaffung eines Familienwohnsitzes (bei Alleinstehenden eines Wohnsitzes) im Einzugsbereich des Beschäftigungsortes orientiert. Die Frage, ob bzw. wann dem Steuerpflichtigen die Verlegung seines (Familien-)Wohnsitzes zumutbar ist, kann nicht schematisch vom Ablauf eines bestimmten Zeitraums abhängig gemacht werden; vielmehr sind die Verhältnisse des Einzelfalls zu berücksichtigen (). Im Allgemeinen wird aber für verheiratete (in eheähnlicher Gemeinschaft lebende) Arbeitnehmer ein Zeitraum von zwei Jahren, für allein stehende Arbeitnehmer ein Zeitraum von sechs Monaten ausreichend sein. Bei Arbeitnehmern, die in Berufszweigen mit typischerweise hoher Fluktuation (zB im Baugewerbe) tätig sind, kann auch ein längerer Zeitraum gerechtfertigt sein. Geänderte RZ 347 gemäß , GZ. 07 0104/8-IV/7/03): Die Beibehaltung der bisherigen Wohnung am Beschäftigungsort bei Verlegung des Familienwohnsitzes an einen auswärtigen Ort ist grundsätzlich nicht beruflich veranlasst. Wird aber erstmals ein gemeinsamer Familienwohnsitz am Beschäftigungsort des einen (Ehe)Partners gegründet und der andere (Ehe)Partner muss, weil er seine bisherige Erwerbstätigkeit beibehält, auch seinen bisherigen Wohnsitz außerhalb der üblichen Entfernung vom neuen Familienwohnsitz beibehalten, so sind seine durch die Beibehaltung erwachsenden Mehraufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig. Als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung kommen unvermeidbare Mehraufwendungen in Betracht, die dem Abgabenpflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss (). Das sind insbesondere: Aufwendungen für eine zweckentsprechende angemietete Wohnung (Hotelzimmer) des Steuerpflichtigen am Dienstort (Mietkosten und Betriebskosten) einschließlich der erforderlichen Einrichtungsgegenstände. Die durchschnittlichen Kosten einer Hotelunterkunft (je nach örtlichen Gegebenheiten maximal 2.200 € monatlich) dürfen dabei aber nicht überschritten werden. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Häufigkeit der auswärtigen Nächtigungen Bedacht zu nehmen. Bei Eigentumswohnungen ist zu prüfen, ob nicht die berufliche Veranlassung durch private Gründe (zB Vermögensschaffung, künftige Wohnvorsorge für Angehörige; vgl. ) überlagert wird. Steht die berufliche Veranlassung im Vordergrund, können die Absetzung für Abnutzung (1,5 % pro Jahr) sowie die diesbezüglichen Betriebskosten abgesetzt werden. Auch Kosten für Familienheimfahrten seien zu berücksichtigen: Voraussetzung für den Abzug von Kosten eines zweiten Haushalts am Berufsort ist das Vorliegen eines Mehraufwands. Ist die Beibehaltung der Wohnmöglichkeit an einem auswärtigen Ort für den Steuerpflichtigen mit keinerlei Kosten verbunden (Wohnmöglichkeit bei den Eltern), so kann von Mehrkosten nicht gesprochen werden (). Die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung können auch gegeben sein, wenn sich der Dienstnehmer auf Dienstreise im Sinne des § 26 Z. 4 EStG 1988 zweiter Tatbestand befindet. Ein Werbungskostenabzug kommt aber stets nur insoweit in Betracht, als Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Beschäftigung außerhalb des Familienwohnsitzes nicht vom Arbeitgeber gemäß § 26 Z. 4 EStG 1988 abgegolten werden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Bei einer dauernden Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes ist keine private Veranlassung zu unterstellen, wenn der Ehegatte (im Falle der eheähnlichen Gemeinschaft der Partner) des Steuerpflichtigen am Familienwohnsitz steuerlich relevante Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis Z. 4 EStG 1988 aus einer Erwerbstätigkeit in Höhe von mehr als 2.200 € jährlich erzielt (vgl. ; ) oder die Einkünfte in Bezug auf das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung sind. Dieser Sachverhalt liegt in gegenständlichem Fall vor.

Private Veranlassung wäre hingegen zu unterstellen, wenn der Steuerpflichtige in anderen Fällen den bisherigen Familienwohnsitz deswegen beibehält, weil er dort zB ein Eigenheim errichtet hat oder die Kinder dort die Schule besuchen. Dies liegt jedoch gegenständlich nicht vor. Die Beibehaltung der bisherigen Wohnung am Beschäftigungsort bei Verlegung des Familienwohnsitzes an einen auswärtigen Ort ist grundsätzlich nicht beruflich veranlasst. Wird aber erstmals ein gemeinsamer Familienwohnsitz am Beschäftigungsort des einen (Ehe)Partners gegründet (hier in B), was in berufungsgegenständlichem Fall vorliegt, (und sind die o.a. Voraussetzungen wie beispielsweise das Vorliegen von wesentlichen Eikünften des Gatten RR der Bw. in B; das Einkommen, das RR in B erzielt, ist sein Haupteinkommen und nicht unwesentlich bzw. ist von wirtschaftlicher Bedeutung; damit ist eine wesentliche Voraussetzung für die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung in gegenständlichem Fall erfüllt; udgl.) und der andere (Ehe)Partner muss, weil er seine bisherige Erwerbstätigkeit beibehält, auch seinen bisherigen Wohnsitz in Wien außerhalb der üblichen Entfernung vom neuen Familienwohnsitz beibehalten, so sind seine durch die Beibehaltung erwachsenden Mehraufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig. Eine gleiche Ansicht in derart gelagerten Fällen wurde vom BMF geäußert.

Der unabhängige Finanzsenat ist zu der Ansicht gelangt, dass in gegenständlichem Fall im Berufungsjahr 2004 die Voraussetzungen für doppelte Haushaltsführung vorliegen, zumal es dem Ehemann der Bw. nicht zugemutet werden kann, seine langjährig aufgebauten Berufsposition, die an einen Kundenstuck im Bereich B gebunden ist, aufzugeben.

Der Bw. und wohl auch ihrem Gatten RR ist es daher nicht zumutbar (bzw. war es jedenfalls im Berufungsjahr nicht zumutbar), den Familienwohnsitz in die Nähe des Beschäftigungsortes der Bw. zu verlegen.

Laut Ansicht des unabhängigen Finanzsenats konnte es im Berufungsjahr 2004 (also im Jahr nach der Eheschließung und der Gründung des Familienwohnsitzes in B) der Bw. nicht zugemutet werden, den Familienwohnsitz nach Wien zu verlegen. Es wurde von der Bw. nachgewiesen bzw. glaubhaft vermittelt, dass ihrem Ehemann und ihr die Verlegung des gemeinsamen Wohnsitzes des Ehepaares bzw. des Familienwohnsitz in übliche Entfernung zum Ort der Beschäftigung der Bw. in Wien nicht zugemutet werden kann. Dieser Standpunkt wird vom unabhängigen Finanzsenat jedenfalls für das Jahr 2004 eingenommen, also für den Zeitraum erst einige Monate nach der Eheschließung und der Gründung des Familienwohnsitzes in B im November 2003.

Für zukünftige Jahre wird jedenfalls zu prüfen sind, ob sich allenfalls die Umstände für die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung und der damit zusammenhängenden Familienheimfahrten geändert haben könnten. Es ist darauf Bedacht zu nehmen, ob sich die berufliche Situation des Ehemannes der Bw. allenfalls ändert, ob die Bw. selbst Änderungen in ihrer beruflichen Situation erfährt und gegebenenfalls in späteren Jahren allenfalls die Beibehaltung einer Wohnung in Wien privat veranlasst wäre udgl.

Es wurde nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht, dass der Ehemann der Bw. aufgrund seiner Tätigkeit als Versicherungsvertreter im Außendienst im Bereich B nicht in der Lage ist, seinen Tätigkeitsbereich in B aufzugeben. Es ist ihm nach langjähriger Tätigkeit im Außendienst mit Schwerpunkt auf Kundenbetreuung nicht zuzumuten, an einem anderen Ort (im Nahebereich des Arbeitsortes der Bw.) seine Tätigkeit neu aufzunehmen.

Es wurde von der Bw. nachgewiesen, dass der Familienwohnsitz in B erst mit der Heirat am gegründet worden ist. Damit wurde die diesbezüglich anders lautende Darstellung des Finanzamtes, wonach der Familienwohnsitz in B bereits früher gegründet worden sei, entkräftet.

Als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung kommen unvermeidbare Mehraufwendungen in Betracht, die dem Abgabenpflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss (). Das sind insbesondere: Aufwendungen für eine zweckentsprechende angemietete Wohnung (Hotelzimmer) des Steuerpflichtigen am Dienstort (Mietkosten und Betriebskosten) einschließlich der erforderlichen Einrichtungsgegenstände. Die durchschnittlichen Kosten einer Hotelunterkunft (je nach örtlichen Gegebenheiten maximal 2.200 € monatlich) dürfen dabei aber nicht überschritten werden. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Häufigkeit der auswärtigen Nächtigungen Bedacht zu nehmen. Bei Eigentumswohnungen ist zu prüfen, ob nicht die berufliche Veranlassung durch private Gründe (zB Vermögensschaffung, künftige Wohnvorsorge für Angehörige; vgl. ) überlagert wird. Steht die berufliche Veranlassung im Vordergrund, können die Absetzung für Abnutzung (1,5 % pro Jahr) sowie die diesbezüglichen Betriebskosten abgesetzt werden.

Die Kosten einer doppelten Haushaltsführung sind nach übereinstimmender Auffassung der Judikatur des VwGH und des Schrifttums dann steuerlich zu berücksichtigen, wenn für die doppelte Haushaltsführung eine berufliche Veranlassung besteht.

Davon ist dem Grunde nach (abgesehen von anderen Voraussetzungen) beispielsweise dann auszugehen, wenn eine alllfällige Beibehaltung (bei bereits vorhandenem Familienwohnsitz) des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes des StPfl nicht privat veranlasst ist (vgl Quantschnigg - Schuch, Einkommensteuerhandbuch Rz 102 zu § 16 EStG, 664 letzter Absatz).

Familienwohnsitz ist jener Ort, an dem ein verheirateter StPfl mit seinem Ehegatten oder ein unverheirateter StPfl mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (vgl Quantschnigg - Schuch aaO 665; Doralt, Einkommensteuergesetz-Kommentar, 2. Auflage, Rz 349 und 350 zu § 4 EStG).

Eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung ist dann nicht privat veranlasst, wenn der Ehegatte (bzw Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft) am Familienwohnsitz Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit erzielt und diese nicht bloß ein untergeordnetes Ausmaß (nachhaltig nicht mehr als 20.000 S) aufweisen (vgl Quantschnigg - Schuch aaO 665 lit d und die dort ref hg Jud; Doralt aaO Rz 351). Diese Voraussetzung wurde von der Bw. für das Berufungsjahr nachgewiesen, zumal es sich bei den Einkünften des Gatten der Bw. in B um Einkünfte aus seiner ortsgebundenen, langjährig aufgebauten, und auf Kundenbetreuung mit einem vorhandenen Kundenstock in B gerichtete Berufstätigkeit handelt ().

Der Vollständigkeit halber wird Folgendes ausgeführt:

Die Frage, ob bzw. wann dem Steuerpflichtigen die Verlegung seines (Familien-)Wohnsitzes zumutbar ist, kann nicht schematisch vom Ablauf eines bestimmten Zeitraums abhängig gemacht werden; vielmehr sind die Verhältnisse des Einzelfalls zu berücksichtigen (). Im Allgemeinen wird aber für verheiratete (in eheähnlicher Gemeinschaft lebende) Arbeitnehmer ein Zeitraum von zwei Jahren, für allein stehende Arbeitnehmer ein Zeitraum von sechs Monaten ausreichend sein. Bei Arbeitnehmern, die in Berufszweigen mit typischerweise hoher Fluktuation (zB im Baugewerbe) tätig sind, kann auch ein längerer Zeitraum gerechtfertigt sein. Der UFS ist zu der Ansicht gelangt, dass auch für Fälle wie dies gegenständlich der Fall ist, jedenfalls die Verhältnisse im Einzelfall zu prüfen und zu würdigen sind.

Die von der Bw. beantragten Kosten für doppelte Haushaltsführung und damit zusammenhängend die nachgewiesenen Kosten für Familienheimfahrten sind im Berufungsjahr daher als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988 anzuerkennen, zumal sie in diesem Jahr aus o.a. Gründen nicht unter das Abzugsverbot gem. § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 fallen.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
doppelte Haushaltsführung
Familienheimfahrten
Familienwohnsitz
Beschäftigungsort

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at