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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 29.12.2006, RV/1613-W/03

Verkauf einer Liegenschaft gegen Übernahme eines Wohnungsgebrauchsrechtes

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , ErfNr., betreffend Schenkungssteuer entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Abgabenerklärung gemäß § 10 Grunderwerbsteuergesetz vom erklärte die Berufungswerberin (Bw.), den Kauf des Einfamilienhauses G., GrStNr. X samt Grund im Ausmaß von 1022 m2. Als Gegenleistung wurde ein Kapitalwert der vom Erwerber übernommenen Lasten und Beschränkungen von € 14.952,00 erklärt.

Eine Kopie des Kaufvertrages vom wurde der Abgabenerklärung beigelegt.

Lt. dieser Urkunde verkaufte Herr Mag. Dr. F. die vertragsgegenständliche Liegenschaft an die Bw.. Als einzige Gegenleistung hatte die Bw. in einen bestehenden, grundbücherlich sicherzustellenden Servitutsvertrag einzutreten, auf Grund dessen Herrn W., geb. Februar 1954, auf seine Lebenszeit das Alleinbenutzungsrecht an der gesamten vertragsgegenständlichen Liegenschaft (Einfamilienhaus, Garage und Hausgarten) zur Befriedigung seiner persönlichen Wohnbedürfnisses, verbunden mit dem Recht Besuche zu empfangen und vorübergehend zu beherbergen, zustand. Sämtliche mit dem Vertragsgegenstand zusammenhängenden Betriebskosten, wie Strom, Wasser, Müllabfuhr, Kanalgebühr, Kehrgebühr, Beheizung, Feuer- und Haushaltsversicherung sowie alle Steuern und öffentlichen Abgaben und die Rückzahlung des Wohnbauförderungsdarlehens hat für die Dauer der Dienstbarkeit Herr W. zu tragen.

Das übernommene Wohnungsgebrauchrecht wurde lt. der Kaufurkunde für Zwecke der Gebührenbemessung mit monatlich € 89,00 x 12 Monate x 14 gemäß § 16 Abs. 2 Z 5 BewG bewertet.

Auf Grund des oa. Sachverhaltes setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (FAG) mit dem angefochtenen Schenkungssteuerbescheid vom gegenüber der Bw., ausgehend vom dreifachen Einheitswert der vertragsgegenständlichen Liegenschaft von € 72.382,14 und unter Abzug der erklärten Gegenleistung von € 14.952,00 und des Freibetrages gemäß § 14 Abs. 1 ErbStG, sowie ausgehend von der Steuerklasse V, Schenkungssteuer gemäß § 8 Abs. 1 und 4 ErbStG in Höhe von insgesamt € 14.620,45 fest.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wendete die Bw. im Wesentlichen ein, es handle sich nach dem Parteienwillen um einen Kaufvertrag, womit eine Schenkung nach bürgerlichem Recht nicht mehr vorliegen könne. Die Lebenserwartung des Servitutsberechtigten betrage 26,86 Jahre. Es wäre auch objektiv betrachtet nicht möglich gewesen, den Vertragsgegenstand mit der genannten Belastung so zu veräußern, dass ein weiterer Kaufpreis hätte erzielt werden können.

Weiters erklärte die Bw., dass sie die Schwester des Verkäufers sei, und wandte sich damit gegen die Steuerklasse V.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Berufung hinsichtlich der Steuerklasse gefolgt. Das FAG sah im gegenständlichen "Kauf" aber weiterhin eine gemischte Schenkung und hielt den angefochtenen Bescheid im Übrigen aufrecht.

Dagegen brachte die Bw. einen Vorlageantrag ein und erklärte ua., dass Herrn W. keine Instandhaltungspflicht treffe, sodass sich die Bw. um die Liegenschaft zu kümmern und auch die Kosten für die Instandhaltung zu tragen habe, dass es sich aus der Höhe des Einheitswertes und dem betreffenden Akt ergebe, dass es sich um ein einfach ausgeführtes Bauwerk handle und dass die Eltern der Bw. den Bauplatz 1981 um S 120,00 pro m2 erworben hätten.

In einem Nachtrag vom gab die Bw. bekannt, dass im Kaufvertrag bei der Bewertung der Gegenleistung irrig anstelle des tatsächlichen Wertes von monatlich € 430,89 lediglich € 89,00 angeführt worden seien. Der Betrag von € 430,89 stelle den üblichen Mittelpreis in G für eine Berechtigung wie im Kaufvertrag vereinbart, dar. Die kapitalisierte Gegenleistung betrage daher € 72.389,52.

Der Nachtrag wurde dem FAG mit dem Ersuchen um Stellungnahme, sowie dem Auftrag, den Verkehrswert der Liegenschaft und den Nutzungswert zu ermitteln, falls das FAG auf Grund eigener Erfahrungswerte Zweifel an den Wertangaben hege, übermittelt.

In einem daraufhin vom FAG an die Bw. gerichteten Vorhalt ersuchte das FAG die Bw. den gemeinen Wert der vertragsgegenständlichen Liegenschaft nachzuweisen. Weiters ersuchte das FAG die Bw. nachzuweisen, dass der ortsübliche Mittelpreis des Wohnungsrechtes dem angegebenen Wert von € 430,89 entspreche sowie um Bekanntgabe der Wohnnutzfläche und des Baujahres des vom Wohnrecht umfassten Gebäudes.

In ihrer Stellungnahme vom erklärte die Bw., dass soweit das bisherige Vorbringen implizit enthalten habe, dass der gemeine Wert der vertragsgegenständlichen Liegenschaft geringer sei als der dreifache Einheitswert, dieses Vorbringen nicht aufrecht erhalten werde. Die Bewertung des Wohnungs-Gebrauchsrechtes zugunsten W. mit € 430,89 monatlich sei dergestalt erfolgt, dass sich der Verkäufer beim Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder erkundigt habe. Der durchschnittliche Mietpreis für mittleren Wohnwert im Bezirk sei ihm dabei mit € 3,331 pro m2 bekannt gegeben worden. € 3,331 mal der Wohnungsnutzfläche von 129,36 m2 ergebe die vorgenannten € 430,89. Diesen Betrag habe der Verkäufer der Käuferin auch bekannt gegeben. Die Käuferin habe bei der Erstellung des Vertrages, wobei die Käuferin den Vertrag geschrieben habe, irrtümlicherweise statt des Betrages von € 430,89 nur den Centbetrag hinter der Kommastelle als Eurobetrag in die Bewertung in Punkt Drittens des Kaufvertrages aufgenommen. Der Irrtum sei der Käuferin leider erst im Stadium des Berufungsverfahrens vor dem unabhängigen Finanzsenat im April 2004 aufgefallen.

Dazu legte die Bw. weiters einen Auszug des Immobilienpreisspiegels des Jahres 2003 in Fotokopie vor und erklärte weiters, dass die Ausstattung des betroffenen Gebäudes dem mittleren Wohnwert gemischt-bebaute Wohnanlage entspreche. Das Raiffeisen-Lagerhaus samt Werkstätte befinde sich daneben. Die verkehrsmäßige Erschließung sei normal. Mindestausstattung mit Spannteppich und PVC und Mindestverfliesung in den Sanitärräumen sowie anspruchslose Architektur sei gegeben. Das Gebäude sei 1982 errichtet worden.

In der Folge legte das FAG dem unabhängigen Finanzsenat die Stellungnahme der Bw. vor und erklärte dazu im Wesentlichen, dass wenn die Bw. die Angaben im Vertrag damit begründe, dass sie beim Schreiben des Vertrages lediglich den hinter den Kommastellen angeführten Centbetrag als Monatswert des Wohnungsgebrauchsrechtes in die Bewertung aufgenommen habe, sei dem entgegen zu halten, dass der Vertrag von den Vertragspartnern unterfertigt worden sei und damit auch der beabsichtigte Wille der Vertragsteile, für die gegenständliche Liegenschaftsübertragung eine Gegenleistung in Höhe von € 14.952,00 zu vereinbaren, beurkundet worden sei. Darüber hinaus werde der gemäß § 16 BewG errechnete Gesamtbetrag nicht nur ziffernmäßig dargestellt, sondern auch in Worten. Zumindest dem Verkäufer, der sich laut Angaben der Bw. über den Wert des Wohnungsgebrauchsrechtes informierte, hätte dieser "Irrtum" auffallen müssen. In diesem Zusammenhang sei auch der Umstand interessant, dass die Bw. weder in der Berufung noch im Vorlageantrag über den Wert des Wohnungsgebrauchsrechtes eine Aussage tätigte. Beide Eingaben seien letztlich damit begründet worden, dass der gemeine Wert des vertragsgegenständlichen Grundstückes dem Kapitalwert des Wohnungsgebrauchsrechtes entspräche, also mit € 14.952,00 anzunehmen sei, und keinesfalls ein höherer Kaufpreis hätte erzielt werden können. Auch habe die Bw. den Grunderwerbsteuerbescheid, dem als Bemessungsgrundlage die im Vertrag ausgewiesene Gegenleistung zu Grunde gelegt worden sei, nicht beeinsprucht. Das FAG vertrete daher weiterhin die Ansicht, dass sich der Vertrag auf Grund seines Inhaltes als gemischte Schenkung darstelle.

In der Folge erfolgte eine Rücksprache des unabhängigen Finanzsenates mit dem für die Einheitsbewertung der gegenständlichen Liegenschaft zuständigen Finanzamt Waldviertel, welche ergab, dass lt. Bewertungsakt das Einfamilienhaus 1989 und die Garage 1992 fertig gestellt wurde, die für Wohnzwecke genutzte Fläche 111,40 m2 beträgt, das Haus unterkellert ist und die Ausführung mittel bis gut ist.

In ihrer Eingabe vom zog die Bw. ihren mit dem Vorlageantrag gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung zurück.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 ErbStG unterliegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz Schenkungen unter Lebenden.

Gemäß § 3 Abs. 1 ErbStG gelten als Schenkung im Sinne des Gesetzes unter anderem jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes sowie jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

Im gegenständlichen Fall hatte die Bw. als einzige Gegenleistung in einen Servitutsvertrag einzutreten, auf Grund dessen einem Dritten ein unentgeltliches Wohnungsgebrauchsrecht gegen Übernahme der Betriebskosten und der Rückzahlung des Wohnbauförderungsdarlehens eingeräumt war. Grundsätzlich wird festgestellt, das dies - insbesondere im Hinblick auf das Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Vertragsparteien - für eine gemischte Schenkung bzw. für eine freigebige Zuwendung spricht, da die Bw. zwar das Wohnungsgebrauchsrecht zu dulden, für die Substanz aber keine Gegenleistung zu erbringen hatte (siehe ), was aber letztlich nicht entscheidungswesentlich ist, da der für die Bemessung der Schenkungssteuer maßgebliche Wert der Liegenschaft dem für Zwecke der Schenkungssteuerbemessung maßgeblichen Wert der Gegenleistung entspricht, wie in der Folge noch gezeigt wird.

Gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG richtet sich die (steuerliche) Bewertung, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften, §§ 2 - 17 BewG). Nach Abs. 2 dieser Bestimmung - idF des BGBl I 2002/142 in Geltung ab - ist u. a. für inländisches Grundvermögen das Dreifache des Einheitswertes maßgebend, der nach den Vorschriften des Zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes auf den dem Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist oder festgestellt wird.

Für die Berechnung der Steuer sind sowohl Leistung wie auch Gegenleistung ausschließlich auf die im § 19 ErbStG bestimmte Weise zu bewerten ().

Der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen bestimmt sich grundsätzlich gemäß § 16 Bewertungsgesetz (BewG) 1955 in der hier noch anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 172/1971 nach den Kapitalisierungsfaktoren entsprechend dem Lebensalter des Berechtigten. Der Jahreswert einer Nutzung oder Leistung, die nicht in Geld sondern in Sachwerten besteht, ist gem. § 17 Abs. 2 BewG mit den am Verbrauchsort üblichen Mittelwerten (Durchschnittswert) anzusetzen. Dabei ist der Betrag maßgebend, den ein Erwerber zur Erlangung desselben oder eines gleichwertigen Wirtschaftsgutes am Verbrauchsort durchschnittlich aufwenden müsste. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 929/71, festgehalten, dass Wohnungsrecht und Fruchtgenuss Nutzungen darstellen, die nicht in Geld bestehen und somit mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen sind (§§ 16, 17 Abs. 2 BewG 1955).

Beim "üblichen Mittelpreis des Verbrauchsortes" handelt es sich um einen objektiven Maßstab. Maßgeblich ist der Betrag, den ein Nutzungsberechtigter zur Erlangung desselben oder eines gleichwertigen Wirtschaftsgutes am Verbrauchsort durchschnittlich aufwenden müsste. Bei der Bewertung des Wohnungsgebrauchsrechtes ist daher jener Wert anzusetzen, den als Miete (ohne Betriebskosten) aufgewendet werden müsste, um im gegenständlichen Einfamilienhaus wohnen zu können (siehe ).

Der steuerliche Wert der Liegenschaft ist unbestritten und beträgt € 72.382,14.

Da der Wert des Nutzungsrechtes nicht größer sein kann als der steuerliche Wert des genutzten Wirtschaftsgutes ist der Wert des Nutzungsrechten mit diesem Wert begrenzt (siehe ).

Wenn das FAG nun auf Grund eines Ermittlungsauftrages dem unabhängigen Finanzsenat einen aus dem Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wert bekannt gibt, diesen aber deshalb nicht anerkennen will, weil es in der Aufnahme der von den Vertragsparteien vorgenommenen steuerlichen Bewertung in die Urkunde eine Beurkundung des beabsichtigten Willen der Vertragsteile, für die gegenständliche Liegenschaftsübertragung eine Gegenleistung in Höhe der dort vorgenommenen steuerlichen Bewertung zu leisten, sieht, so kann dem ebenso wenig nicht gefolgt werden, wie der Ansicht, es wäre für die Beurteilung des Wertes der Gegenleistung von Relevanz, ob die Bw. gegen den Grunderwerbsteuerbescheid berufen hat.

Wie oben angeführt handelt es sich beim Mittelpreis des Verbrauchsortes um einen objektiven Maßstab. Entgegen der Ansicht des FAG ist aus der Vertragurkunde nicht zu schließen, die Vertragsparteien hätten den beabsichtigten Willen, für die gegenständliche Liegenschaftsübertragung eine Gegenleistung von € 14.952,00 zu vereinbaren, beurkundet. Aus der Urkunde ergibt sich eindeutig, dass als Gegenleistung nicht ein ziffernmäßig bestimmter Wert, sondern die Übernahme einer Verpflichtung aus einem Servitutsvertrag vereinbart wurde.

Die Abgabenbehörden sind an die Bewertung der Vertragsparteien nicht gebunden, sondern haben entsprechend dem § 115 BAO die tatsächlichen Verhältnisse zu ermitteln.

Das FAG hat dazu einen Ermittlungsauftrag erhalten und dem unabhängigen Finanzsenat als einzigen objektiv nachvollziehbaren Wert den aus dem Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wert von € 430,89 monatlich bekannt gegeben. Dieser Wert leitet sich von einem Nutzwert von € 3,30 /m2 Wohnnutzfläche ab. Berücksichtigt man, dass es sich hier um ein in den 80-er Jahren errichtetes, unterkellertes Einfamilienhaus in mittlerer Ausführung mit einer Wohnnutzfläche von jedenfalls über 110 m2, einer Garage und einem Garten von rund 1000 m2 handelt, und dass der Richtwert nach dem Richtwertgesetz für den maßgeblichen Zeitraum pro m2 Nutzfläche € 4,43 monatlich beträgt, so ist es glaubhaft, dass der monatliche Wert des Wohnungsgebrauchsrechtes rund € 431,00 nicht unterschreitet. Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher Jahreswert des Wohnungsgerauchsrechtes von zumindest € 5.172,00.

Gemäß § 16 Abs. 2 Z 5 BewG ergibt sich daraus ein Wert des Wohnungsgebrauchsrechtes von € 72.408,00, womit die Gegenleistung den Wert des Grundstückes von € 72.382,14 jedenfalls erreicht und eine Schenkungssteuer nicht festzusetzen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Wohnungsgebrauchsrecht
gemischte Schenkung
Kauf
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at