Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 05.01.2005, RV/0101-L/04

Abschöpfungsverfahren

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des BW, vertreten durch R, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen vom betreffend Abrechnungsbescheid (§ 216 BAO) entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Beschluss vom wurde über das Vermögen des Berufungswerbers das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Vom damals zuständigen Finanzamt wurden Abgabenforderungen im Ausmaß von ATS 374.721 (€ 27.232,04) angemeldet. Mit Beschluss vom wurde über Antrag des Berufungswerbers das Abschöpfungsverfahren eingeleitet. Mit Beschluss vom wurde das Schuldenregulierungsverfahren nach rechtskräftiger Einleitung des Abschöpfungsverfahrens gem. § 200 Abs. 4 KO aufgehoben. Am erging der Einkommensteuerbescheid für 2002. Dabei betrug die aus der Arbeitnehmerveranlagung resultierende Gutschrift € 1.497,68. Gegen diesen Einkommensteuerbescheid wurde mit Schriftsatz vom Berufung erhoben, mit dem Hinweis, dass das Finanzamt nicht berechtigt sei, die Abgabengutschrift von € 1.497,68 auf die aus 1996 stammenden Verbindlichkeiten zu verrechnen.

Am erging vom Finanzamt ein Abrechnungsbescheid mit dem Spruch, dass die Verrechnung der am aus der Verbuchung des Einkommensteuerbescheides 2002 entstandenen sonstigen Gutschrift von € 1.497,68 mit den als Konkursforderungen angemeldeten Umsatzsteuerschuldigkeiten aus 4-6/1996 rechtmäßig gewesen sei und diese Abgabenschuldigkeiten im Ausmaß von € 1.497,68 getilgt worden seien. Begründend führte das Finanzamt dazu aus, dass sich nach Konkursaufhebung grundsätzlich weder der Gläubiger auf die Erweiterungen der Aufrechnungsbefugnis noch der frühere Gemeinschuldner auf konkursrechtliche Beschränkungen berufen könne. Die erweiternden bzw. einschränkenden Aufrechnungsbestimmungen der Konkursordnung würden nur während des Konkursverfahrens gelten, welches im gegenständlichen Fall am aufgehoben worden sei. Der Verrechnung sei auch nicht eine allfällige Restschuldbefreiung im Zusammenhang mit dem Abschöpfungsverfahren entgegenstanden. Nach § 213 KO komme die Restschuldbefreiung erst nach Beendigung des Abschöpfungsverfahrens in Betracht. Diese sei im gegenständlichen Fall jedoch derzeit noch anhängig. Selbst im Fall einer Restschuldbefreiung nach Beendigung des Abschöpfungsverfahrens bestehe keine Pflicht zur Rückzahlung der über die Quote erlangten Befriedigung. Demnach habe für das Finanzamt kein Aufrechnungsverbot gem. § 20 Abs. 1 KO bestanden. Vielmehr seien die Verrechungsvorschriften des BAO anzuwenden gewesen.

Im Berufungsschriftsatz vom wurde vorgebracht, dass die Forderung des Berufungswerbers gegenüber dem Finanzamt in Höhe von € 1.497,68 aus der Arbeitnehmerveranlagung aus dem Jahre 2002 resultiere. Das Finanzamt sei somit erst nach Beendigung bzw. Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens Schuldner des Einschreiters geworden. Nach ständiger Judikatur sei dann, wenn die Gegenforderung erst nach Konkurseröffnung begründet werde, eine Aufrechung während des Konkursverfahrens ausgeschlossen. Die Aufrechenbarkeit trete erst mit der Beendigung des Konkursverfahrens ein, also zu einem Zeitpunkt, zu dem nur mehr die Zwangsausgleichsquote durchsetzbar und mit der Gegenforderung verrechenbar sei. Dies wiederum bedeute, dass nur in Höhe der Konkursquote gegenverrechnet werden könne, welche jedoch vom Berufungswerber bereits erfüllt sei.

Mit Schreiben vom wies die erkennende Behörde den Berufungswerber auf den Artikel von Fischerlehner in der SWK hin, in dem sich dieser mit der Frage der Abgabenverrechnung im Abschöpfungsverfahren auseinandersetzt und zu dem Ergebnis gelangt, dass kein Aufrechnungsverbot bestehe und auch § 206 Abs. 1 KO der Aufrechnung nicht entgegenstehe.

In der Stellungnahme vom wurde festgehalten, dass die Arbeitnehmerveranlagung aus den Einkünften des Arbeitnehmers resultiere, sodass diese Ansprüche untrennbar miteinander verbunden seien, was die rechtliche Qualifikation bezüglich Berücksichtigung nach § 206 Abs. 1 KO anlange. Der von Fischerlehner vertretene Standpunkt würde eine unzulässige Trennung der Arbeitseinkünfte des Arbeitnehmers bedeuten und dies dem Gemeinschuldner zum Nachteil gereichen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Bestehen zwischen einem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, so hat die Abgabenbehörde gem. § 216 BAO darüber auf Antrag zu entscheiden (Abrechungsbescheid).

Über den engen Wortlaut dieser Bestimmung hinaus geht es im Abrechungsbescheidverfahren nicht nur um das Erlöschen einer Zahlungsverpflichtung, sondern um die Klärung umstrittener Gebarungsakte schlechthin. Demnach ist auch die hier strittige Frage der Aufrechung im Verfahren betreffend die Erlassung eines Abrechungsbescheides zu klären.

Gemäß § 215 Abs. 1 BAO ist ein sich aus der Gebarung gemäß § 213 unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob das Finanzamt die aus der Arbeitnehmerveranlagung resultierende sonstige Gutschrift von € 1.497,68 mit den als Konkursforderungen angemeldeten Umsatzsteuerschuldigkeiten aus 4-6/1996 aufrechnen durfte.

Nach Lage der Akten ist das Schuldenregulierungsverfahren nach rechtskräftiger Einleitung des Abschöpfungsverfahrens mit Beschluss vom aufgehoben worden. Das Abschöpfungsverfahren ist ein eigenständiges Insolvenzverfahren, das nahtlos auf das Konkursverfahren folgt. Sobald der stattgebende Beschluss über die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens in Rechtskraft erwächst, ist das Konkursverfahren aufzuheben.

Die Aufrechung ist gemäß § 20 Abs. 1 erster Satz KO unzulässig, wenn ein Konkursgläubiger erst nach Konkurseröffnung Schuldner der Konkursmasse geworden ist oder die Forderung gegen den Gemeinschuldner erst nach der Konkurseröffnung erworben worden ist. Nach Aufhebung des Konkurses kann sich grundsätzlich weder der Gläubiger auf die Erweiterungen des Aufrechungsbefugnis (§19 Abs. 2 KO) noch der frühere Gemeinschuldner auf konkursrechtliche Beschränkungen (§20 Abs. 1 KO) berufen (vgl. Schubert in Konecny, KO; §§ 19,20 RZ.14). Die erweiternden bzw. einschränkenden Aufrechnungsbestimmungen gelten nur während des Konkursverfahrens, welches im gegenständlichen Fall am aufgehoben worden ist. (s. Fischerlehner in SWK 33/2002, S 840; Abgabenverrechung im Abschöpfungsverfahren). Umgelegt auf den vorliegenden Fall, bedeutet dies, dass kein Aufrechnungsverbot mehr gem. § 20 Abs. 1 KO bestand.

Auch § 206 Abs. 1 KO, welcher ein Exekutionsverbot für Konkursgläubiger normiert, steht der Aufrechung nicht entgegen, weil eine Aufrechnung keine Maßnahme im Zuge eines Exekutionsverfahrens ist.

Da sich die Aufrechung auf eine gesetzliche Norm stützt (§ 215 Abs. 1 BAO), kann darin auch nicht eine einem bestimmten Gläubiger bevorzugende Vereinbarung i.S.d. § 206 Abs. 2 KO erblickt werden.

Fischerleher hat sich in seinem Artikel auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob Abgabengutschriften von der Abtretungserklärung erfasst sind und ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass Abgabenrückerstattungen weder Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis noch sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensteuerzusatzfunktion sondern eigene davon unabhängige Forderungen gegenüber dem Finanzamt sind. Der Umstand dass die Festsetzung der Einkommensteuer auf Grund der Einkommensverhältnisse während eines Kalenderjahres erfolgt, habe noch nicht zur Folge, dass die sonstige Gutschrift von der Abtretungserklärung umfasst werde. Zwischen Abgabenbehörde und Berufungswerberin bestehe kein Arbeitsverhälntis oder ein ähnliches zu wiederkehrenden Leistungen führendes Verhältnis. Diesen Ausführungen wird wohl zu folgen sein, zumal eine sonstige Gutschrift aus einer Einkommensteuerfestsetzung lediglich auf Grund eines öffentlich rechtlichen Verhältnisses erfolgen kann und die bestehenden öffentlich rechtlichen Leistungsansprüche und Leistungsverpflichtungen zweifelsfrei Abgaben im Sinne des § 3 BAO sind. Da zwischen Abgabenbehörde und Berufungswerber kein Arbeitsverhältnis oder ein ähnliches zu wiederkehrenden Leistungen führendes Verhältnis besteht, liegt kein Anwendungsfall des § 206 Abs. 3 KO und somit auch kein untrennbar miteinander verbundener Anspruch im Sinne der Stellungnahme vom vor.

Der Verrechnung stand auch nicht eine allfällige Restschuldbefreiung im Zusammenhang mit dem Abschöpfungsverfahren entgegen. Denn nach § 213 KO kommt eine Restschuldbefreiung erst nach Beendigung des Abschöpfungsverfahrens in Betracht. Dieses war im gegenständlichen Fall zum Zeitpunkt der Verrechnung noch anhängig.

Selbst im Fall einer Restschuldbefreiung nach Beendigung des Abschöpfungsverfahrens besteht gemäß § 214 Abs. 3 KO keine Pflicht zur Zurückzahlung der über die Quote erlangten Befriedigung. Es hat daher keine Auswirkung, dass allenfalls durch die nach § 215 Abs. 1 BAO gebotene Verrechnung eine Bevorzugung des Abgabengläubigers gegenüber anderen Gläubigern stattgefunden hat. Tatsache ist, dass die Verrechnung im Einklang mit den anzuwendenden Verrechnungsvorschriften erfolgt ist und diese Vorschriften keinen Spielraum für allfällige Ermessensentscheidungen der Abgabenbehörde offen lassen.

Das Finanzamt hatte daher die Verrechnung zwingend durchzuführen und es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Abrechnungsbescheid

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at