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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 03.12.2007, RV/0742-W/07

Voraussetzungen für die Anerkennung eines verwandten Kindes als Pflegekind, wenn zwar keine behördliche oder gerichtliche Bewilligung vorgelegt wurde, wohl aber ein Pflegevertrag

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0742-W/07-RS1
Für die Anerkennung eines Kindes als Pflegekind im Sinne des § 2 Abs. 3 lit. d) FLAG 1967 kommt es darauf an, ob eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung im Sinne einer weit gehenden Eingliederung in den Haushalt und den Lebensablauf der Pflegeeltern vorliegt (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001 zu §§ 186 und 186a ABGB). Nur solche Personen sind Pflegekinder iSd FLAG, bei denen die Pflegeeltern ihre Rechte aufgrund einer Ermächtigung durch den unmittelbaren Erziehungsberechtigten oder den Jugendwohlfahrtsträger ausüben, oder bei denen das Gericht den Pflegeeltern auf ihren Antrag die Obsorge über das Kind ganz oder teilweise übertragen hat. Das Pflegekindschaftsverhältnis iSd ABGB weist als Wesensmerkmal die eindeutige Lebensschwerpunktverlagerung des Kindes zu den Pflegeeltern auf, wobei sich diese Verlagerung im Wechsel des Kindes in den Haushalt der Pflegeeltern auf nicht bloß vorübergehende Dauer ausdrückt (vgl. ).

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Tante, geb. GebDat, AdresseT, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23, vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für das Kind FamNam VK für den Zeitraum vom bis  entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mag. VNT OTFN, in der Folge mit Bw. bezeichnet, hat am beim Finanzamt Wien 1/23 einen Antrag auf Familienbeihilfe eingebracht, in welchem die Gewährung der Familienbeihilfe für das national Kind FamNam VK, geb. am , in der Folge kurz VK, bei welchem es sich um den Neffen der Bw. handelt, ab dem beantragt wurde. VK wurde als Pflegekind bezeichnet und als Wohnadresse die Adresse der Bw., AdresseOT, angeführt. Zum Nachweis wurde ein Meldezettel mit Stempel der Bundespolizeidirektion Wien Bezirk vom vorgelegt, welcher vom Mann der Bw. als Unterkunftgeber und von Frau FamNam KM, der Mutter VKs, als Meldepflichtiger unterfertigt wurde. Weiters wurden Schulbesuchsbestätigungen wie folgt vorgelegt:


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Schule
Adresse
Zeitraum
AHS
SchulAdr1
2001/2002
Wirtschaftskundliches Realgymnasium
SchulAdr1
2002/2003
BezSchule
B_Gasse Nr.3, PZ_Ort
2003/2004
Öffentliche Polytechnische Schule
SchulAdr2,
2004/2005
PZ_Ort2

Am wurde ein weiterer Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe gestellt, aus dem hervorging, dass VK nicht mehr im Haushalt der Bw. lebte.

Aufgrund einer behördlichen Anfrage beim Zentralen Melderegister vom wurden folgende Wohnsitze VKs festgestellt:


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Adresse
Zeitraum
Art
Adresse_T
bis
Hauptwohnsitz
B_Gasse Nr.1, PZ_Ort
bis
Nebenwohnsitz
Adresse_OT
bis
Hauptwohnsitz

Als Unterkunftgeber wurde hinsichtlich der als Hauptwohnsitz bezeichneten Unterkünfte VNO OTFN, hinsichtlich der als Nebenwohnsitz bezeichneten Unterkunft Vermieter bezeichnet.

Am erließ das Finanzamt Wien 1/23 einen Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge für VK. Rückgefordert wurden folgende Beträge:


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Art
Zeitraum
Betrag
Betrag
Familienbeihilfe
11/2001 bis 12/2001
3.750,00
ATS
Familienbeihilfe
1/2002 bis 7/2006
7.955,60
EUR
Kinderabsetzbetrag
11/2001 bis 12/2001
1.400,00
ATS
Kinderabsetzbetrag
1/2002 bis 7/2006
2.799,50
EUR
5.150,00
ATS
10.755,10
EUR
374,26
EUR
gesamter Rückforderungsbetrag
11.129,36
EUR

Begründend wurde ausgeführt, dass kein Nachweis erbracht wurde, dass es sich bei VK um ein Kind gemäß § 2 Abs. 3 FLAG handelt.

Gegen diesen Bescheid hat die Bw. berufen und weitere Unterlagen vorgelegt.

Vorgelegt wurde ein mit datierter, von der Mutter VKs, der Bw. und deren Mann, laut dessen Text in Ortnationale unterschriebener Pflegevertrag, wonach per hinsichtlich VKs ein Dauerpflegeverhältnis begründet werden sollte, sowie verschiedene Aufenthaltstitel, wonach VK der Aufenthalt als Schüler bzw. zu Ausbildungszwecken gestattet wurde. Weiters wurde eine Kopie des Reisepasses vorgelegt sowie eine Bestätigung der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse über die Anspruchsberechtigung von Angehörigen. Aus dieser Krankenversicherung bestehe zum Ausstellungsdatum dieser Bestätigung () Anspruch auf Gewährung von Leistungen für VK vom bis , sofern nicht auf Grund der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen eine Anspruchsberechtigung ausgeschlossen sei. Aufgrund der bestehenden Gesetzeslage könne ein Leistungsanspruch für Angehörige bei der vorliegenden Konstellation "weder in der Vergangenheit noch in die Zukunft bestätigt werden". Einem Schreiben vom der Generali Versicherung AG, gerichtet an Herrn Dkfm. OTFN, ist zu entnehmen, dass VK seit in dessen Haushaltsversicherung mitversichert sei.

Über Vorhalt des Finanzamtes ergänzte die Bw. das Vorbringen dahingehend, dass eine Bewilligung des österreichischen Pflegschaftsgerichts nicht vorliege, da die Pflegschaft für den Neffen mit der Schwester der Bw. einvernehmlich vertraglich geregelt worden sei und nach damaliger Auskunft eines Rechtsanwaltes die gerichtliche Genehmigung für eine derartige Pflegschaftsübernahme nicht notwendig gewesen sei. Laut seiner Aussage wäre eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung nach § 186a ABGB nur im Falle von Streitigkeiten mit der Schwester notwendig gewesen. VK wohne seit August 2006 nicht mehr im Haushalt der Bw.. Weiters überreichte die Bw. eine Schulbesuchsbestätigung der Handelsschule SchulAdr3, gemäß welcher VK die Schule vom bis zum besucht hat. Weitere Ausbildungsnachweise wurden nicht vorgelegt.

Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und führte aus, die Pflegschaft für VK sei ausschließlich zwischen der Bw. und ihrer Schwester vertraglich geregelt worden, er sei ohne die für Pflegekinder unter 16 Jahren erforderliche Bewilligung des Magistrats in Pflege und Erziehung übernommen worden. Da vom zuständigen österreichischen Pflegschaftsgericht kein Bewilligung (Bescheid) über die Obsorge für VK erteilt worden sei, sei dieser nicht als Pflegekind iSd § 2 Abs. 3 lit. d FLAG 1967 anzusehen. Die Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe bestehe auch, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich auf einer Fehlleistung der Abgabenbehörde beruhe.

Die Bw. stellte einen Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Ergänzend führte die Bw. aus, § 186a ABGB gelte nur im streitigen Verfahren über die Pflegeelternschaft. Da im vorliegenden Fall Einvernehmen zwischen den Schwestern bzw. zwischen Schwägerin und Schwager bestanden habe - verwiesen wurde auf den Pflegevertrag vom - sei die Einschaltung des Gerichts nicht notwendig gewesen. Dies sei der Bw. damals auch durch eine eingeholte Rechtsmeinung bestätigt worden. Gemäß § 20 des Wiener Jugendwohlfahrtsgesetzes 1990 gelten als Pflegekinder im Sinne dieses Gesetzes Kinder, die von anderen als bis zum dritten Grad Verwandten oder Verschwägerten gepflegt und erzogen werden. Die Bestimmung des § 22 sei im vorliegenden Fall nicht anzuwenden, da die Pflegschaft für das Pflegekind von Verwandten innerhalb des dritten Verwandtschaftsgrades übernommen worden sei. Eine Bewilligung (Bescheid) des Magistrats sei daher nicht notwendig gewesen.

Aufgrund von Zentralmeldeamtsanfragen wurde weiters festgestellt, dass VK seit an der Adresse B_Gasse Nr.2, PZ_Ort, mit Hauptwohnsitz gemeldet war. Seine Mutter war vom bis in der B_Gasse Nr.1, PZ_Ort und mit mit der Adresse B_Gasse Nr.2, PZ_Ort, jeweils als Hauptwohnsitz gemeldet. Sie war laut AIS-DB2 vom 15.5. bis bei der DG beschäftigt.

Am wurden der Sachverhalt und die Rechtslage mit der Bw. und dem Finanzamt erörtert.

Dabei wurde zum Sachverhalt Folgendes ausgeführt:

Der Bw. wurde vorgehalten, dass der Pflegevertrag laut beigefügtem Datum am abgeschlossen wurde, eine Meldung VKs an der Adresse der Bw. aber erst am erfolgt sei. Auf die Frage, wo sich VK bis zu diesem Zeitpunkt befunden hat, antwortete die Bw., im Sommer sei VK bei seinem Vater in Nation gewesen. Die Eltern VKs in Nation waren geschieden. Die Bw. und ihr Mann hätten VK gemeinsam in Nation abgeholt. Die Bw. konnte sich vorstellen, dass die Kindesmutter damals in Wien war. Der Vertreter des Finanzamtes erklärte, die Kindesmutter sei mit demselben Datum wie VK bei der Bw. gemeldet gewesen, und zwar bis zum . Die Bw. erklärte dazu, es sei oft vorgekommen, dass die Kindesmutter sich in ihrem gemeinsamen Haushalt befunden habe. Es habe sich um die Schwester der Bw. und damit um eine Familienangehörige gehandelt und sei ein enger Kontakt gepflegt worden. Der Antrag auf Familienbeihilfe sei deshalb erst 2005 gestellt worden, weil die Bw. und ihr Mann erstmals mit dem Beitritt Nations zur EU erwogen und auch von einem Bekannten erfahren haben, dass ein Antrag auf Familienbeihilfe möglich wäre, und seien überrascht gewesen, dass diese rückwirkend mit 2001 gewährt worden sei. Die Schwester der Bw. sei in Nation vier Jahre in Karenz gewesen und sei es ihr in der Folge nicht möglich gewesen, in Nation eine Existenz aufzubauen. Deshalb hätten ihr die Bw. und ihr Mann helfen wollen, dies in Österreich zu tun und sei sie deshalb mit VK nach Österreich gekommen und sie hätten ihr angeboten, VK bei sich aufzunehmen. Der Pflegevertrag sei deshalb förmlich abgeschlossen worden, weil die Bw. und ihr Mann gehört hätten, dass in manchen Fällen ein derartiger Vertrag nützlich sein könnte. Der steuerliche Vertreter habe ihnen dann erklärt, dass es bei derartigen Angehörigen nicht notwendig wäre, einen förmlichen Pflegevertrag zu schließen. Diese Auskunft sei durch den Notar XY in Eisenstadt erfolgt. Das Muster des Pflegevertrages hätten sie möglicherweise aus dem Internet bekommen und drücke dieses Muster ihre Vorstellungen aus. Einen Beleg für den Zeitpunkt des Abschlusses des Pflegevertrages gebe es nicht, weil es damals von ihnen nicht für notwendig erachtet worden sei. Die Kindeseltern hätten in keiner Form zum Unterhalt VKs beigetragen. Der Mutter sei es finanziell sehr schlecht gegangen und zum Vater habe kein Kontakt bestanden. VK habe sich lediglich in den Ferien hin und wieder beim Vater befunden, aber außer dass sie ihn dort abgeholt hätten, hätten sie keinen Kontakt gehabt. Die Schwester der Bw. sei oft da gewesen und hätten sie sich im wesentlichen gemeinsam um VK gekümmert. Als Tourist könne man nur für drei Monate einreisen, dann müsse man wieder ausreisen. Die Schwester sei im Jahr rund drei Monate bei ihnen gewesen, genau könnten sie das aber nicht sagen. Der Vertreter des Finanzamtes führte aus, die Kindesmutter habe am ein weiteres Kind namens Bruder FamNam in Österreich geboren. Der Vater des Kindes sei Österreicher und wohne im Nr.3. Bezirk und habe für das Kind und die Mutter auch gesorgt. Die Bw. und ihr Mann führten aus, die B_Gasse Nr.1 sei ihr Nebenwohnsitz gewesen, die Wohnung von ihnen gemietet worden. Es gebe Mietverträge, sie müssten sich das anschauen. Gäste seien in der B_Gasse untergebracht worden, manchmal habe auch die Schwester der Bw. dort gewohnt. Persönlich hätten sie sich hauptsächlich in der Adr_OT aufgehalten, manchmal hätten sie dort übernachtet, wenn es spät geworden sei. Bevor VK zu ihnen gekommen sei, habe er schon im Nr.3. Bezirk das Gymnasium besucht und damals bei ihrer Schwester gewohnt. Sie wollten ihn aus seinem gewohnten Umfeld nicht herausreißen. Er habe auch schon Freunde in der Schule gehabt und sei dort integriert gewesen. Er habe dort auch national Freunde gehabt. Die Bw. denke, er habe damals mit ihrer Schwester bei deren Freund gewohnt. Die Schwester und ihr Freund lebten nicht ständig in einem gemeinsamen Haushalt. VK sei vorher öfters ein- und ausgereist, weil es mit seinem Visum auch Probleme gegeben habe und sei erst 2001 zu ihr gekommen. Die Bw. und ihr Mann hätten die Entscheidung über den Schulwechsel gemeinsam mit der Kindesmutter getroffen. VK habe auch seine Vorstellung bezüglich des Schulwechsels geäußert. Über Vorhalt, wonach Frau KM FamNam als Hauptwohnsitz seit an der Adresse B_Gasse 33 gemeldet sei und VK seit als Nebenwohnsitz und seit als Hauptwohnsitz an dieser Adresse gemeldet sei und Frau KM V_K seit in einem Dienstverhältnis zur D_G gestanden sei, erklärte die Bw., die Wohnung in der B_Gasse Nr.1 sei von ihnen 2001 angemietet worden. Es handle sich dabei um eine Garconniere mit einem Zimmer und einer Küche, die relativ klein sei, weshalb ein Zusammenleben der Kindesmutter mit dem kleinen Kind und VK in der selben Wohnung nicht möglich gewesen sei. Unter der Woche habe VK sicher nicht in der B_Gasse gewohnt, vielleicht am Wochenende. Die Schwester habe zum Teil bei der Bw. und ihrem Mann gewohnt, zum Teil bei ihrem Freund und zum Teil in der B_Gasse. VK sei im Sommer immer nach Nation zu seinem Vater gefahren und habe dann glaublich im August 2006 seine Sachen in die B_Gasse Nr.2 übersiedelt, wo die Schwester der Bw. eine größere Wohnung angemietet habe. VK sei jeweils mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von ihrer Wohnung in die Schule gefahren oder von ihrem Mann mitgenommen worden. Sie habe keine Jahreskarte bekommen, weil für VK keine Familienbeihilfe bezogen worden sei. Der steuerliche Vertreter führte aus, dass in der Ausfüllhilfe für den Bezug der Familienbeihilfe unter dem Punkt 16 Folgendes ausgeführt wird: "Als Ihr "Pflegekind" gilt das Kind, wenn es nicht Ihr leibliches Kind, Enkelkind, Stiefkind oder Wahlkind (adoptiertes Kind) ist, Sie das Kind aber im eigenen Haushalt überwiegend pflegen und betreuen. Als Nachweis dient u .a. ein Pflegschaftsvertrag." Der Vertreter des Finanzamtes erklärte, dass er eine Einvernahme des Neffen der Bw. für sinnvoll halte. Die Bw. erklärte weiters, VK habe das Visum für seinen Aufenthalt in Österreich erst bekommen, als sie ihn eingeladen habe. In dieser Einladung habe sie sich auch verpflichtet, für ihn zu sorgen. Sie müsse nachsehen, ob sie noch Kopien dieser Unterlagen bei ihr zu Hause habe. Die Wohnung in der B_Gasse hätten sie schon aufgegeben, ein Mietvertrag müsste noch vorhanden sein. Eine Kopie von dem Mietvertrag könnte sie schicken. Die Bw. erklärte, VK zu ersuchen, sich mit der Referentin unter der auf der Ladung angegebenen Telefonnummer in Verbindung zu setzen, um einen Termin für eine Einvernahme zu vereinbaren.

Am wurde OTFN AdresseT Cousin geboren.

Die Familienbeihilfe für Bruder FamNam wurde ab Mai 2004 gewährt. Die Mutter hatte zuvor eine Niederlassungsbewilligung, ab diesem Zeitpunkt gehörte Nation zur EU. Der Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe wurde für den Zeitraum 10/03 bis 4/04 abgewiesen, weil KM FamNam keinen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte.

Der Neffe der Bw. war nicht bereit, vor dem Unabhängigen Finanzsenat eine Aussage zu tätigen. Vorgelegt wurde lediglich eine maschinschriftliche, handschriftlich unterfertigte Erklärung mit folgendem Wortlaut: Hiermit bestätige ich, VKFamNam, im Zeitraum von 2001 bis 2006 bei meiner Tante VNTOTFN und meinem Onkel VNOOTFN, als Pflegekind in ihrer Familie gelebt zu haben.Nach der Scheidung meiner Eltern, ist meine Mutter in finanzielle Not geraten. Sie hat versucht sich ein neues Leben in Österreich aufzubauen, was ihr zum damaligen Zeitpunkt nicht gelungen ist. Daher haben mich meine Tante und mein Onkel in ihre Familie aufgenommen und mir ein gesichertes und geregeltes Leben ermöglicht. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar.2006 konnte meine Mutter ihre Arbeit bei der DG-kurz aufnehmen und in eine größere Wohnung ziehen. Seit diesem Zeitpunkt wohne ich wieder bei ihr.Mit freundlichen Grüßen VKFamNam

Weiters wurden zwei Verpflichtungserklärungen vorgelegt. Gemäß diesen Erklärungen - eine umfasste den Zeitraum vom bis zum , eine weitere ohne Angabe der Besuchsdauer wurde mit unterfertigt - verpflichtete sich VNO OTFN, für den Unterhalt und die Unterkunft der eingeladenen Person (VKs) aufzukommen und der Republik Österreich, den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit der Einreise, dem Aufenthalt - auch wenn dieser aus welchen Gründen immer über den Zeitraum der Einladung hinausgeht - und der Ausreise sowie allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen entstehen, binnen 14 Tagen ab Zahlungsaufforderung bei sonstiger gerichtlicher Geltendmachung zu bezahlen.

Es wurde auch der Mietvertrag betreffend die Wohnung in der B_Gasse Nr.1 vorgelegt, abgeschlossen zwischen Mag. Vermieter als Vermieter und Frau Mag. VNT OTFN und KM FamNam als Mieter. Als Mietzins wurden monatlich 3.450,00 ATS einschließlich Umsatzsteuer vereinbart. Der Mietvertrag wurde am abgeschlossen.

Das Finanzamt nahm in der Folge mit drei von VK besuchten Schulen Kontakt auf.

Das Gymnasium in der Straße1 hat die Auskunft erteilt, dass VK erstmalig am in die Schule eingeschrieben wurde. Er sei von der Mutter für den Schulbesuch angemeldet worden und sei als Wohnanschrift 1.Anschrift angegeben worden. Im Notfall wäre die Mutter mit der Adresse AdresseOT unter der Telefonnummer TelNr.T bzw. Handy_Nr. zu benachrichtigen gewesen.

Die BezSchule, PZ_Ort, B_Gasse Nr.1, hat die Auskunft erteilt, dass VK im Schuljahr 2003/2004 die 4. Klasse besucht hat und er in diesem Jahr seine Pflichtschulzeit beendet hat. Er sei von seiner Mutter im Beisein der Tante angemeldet worden mit der Wohnadresse PZ_Ort, B_Gasse Nr.1. Der gesetzliche Vertreter sei die Mutter gewesen. Dem beiliegenden Notfallblatt war zu entnehmen, dass im Notfall die Kindesmutter mit der genannten Adresse, die auch als Adresse von VK angegeben war, unter der Telefonnummer Handy_Nr.0 zu verständigen wäre, weiters die Bw., deren Beziehung zum Kind mit "Tante" angegeben wurde, unter der Adresse AdresseOT1, Tel. Tel.Nr.2.

Die Öffentliche Polytechnische Schule in der SchulA2, hat die Auskunft erteilt, dass VK die Schule im Schuljahr 2004/2005 besucht hat. Als gesetzlicher Vertreter wurde K. KaM angeführt und als Adresse B_Gasse Nr.1.

Die Unterlagen wurden der Bw. zur Kenntnis gebracht. Die Bw. ergänzte ihre Stellungnahme insofern, als sie den Wortlaut der Bürgschaftserklärung, die für die Ausstellung der Visa übernommen wurde, zitierte. Schon daraus gehe hervor, dass sie die volle Verantwortung für VK übernommen hätten und hätten übernehmen müssen. Nachdem sie von der Möglichkeit erfahren hätten, für das in ihrem Haushalt lebende zusätzliche Kind Beihilfe zu erhalten, hätten sie nach bestem Wissen und Gewissen die dafür notwendigen Formulare ausgefüllt und der zuständigen Behörde die Unterlagen zur Prüfung übergeben. Die Familienbeihilfe sei nach Angaben des Finanzamtes "nach Überprüfung Ihres Anspruches auf Familienbeihilfe" ohne schriftlichen oder mündlichen Vorbehalt der eventuellen Rückzahlung und ohne Anforderung zusätzlicher Dokumente gewährt worden. VK habe bei ihnen bis zu seiner Volljährigkeit 2006 gewohnt, sei polizeilich gemeldet gewesen und habe die Schule besucht, unabhängig davon, wer ihn angemeldet habe. Natürlich habe die Mutter stets versucht, bei wichtigen Terminen anwesend zu sein, so auch zur Schulanmeldung. Vom Zeitpunkt der Pflegschaftsübernahme seien die angegebenen Adressen und insbesondere die Notfalltelefonnummern ihrer Familie (OTFN), also der Bw. und ihrem Mann, zuzuordnen.

Mit einem weiteren Schreiben legte die Bw. Belege vor zum "Nachweis der Nummerzugehörigkeit zu unserer Familie". Noch ältere Rechnungen seien nicht mehr vorhanden gewesen. Alle angegebenen "Notfallnummern" in den Schulen hätten ihre eigenen Telefone betroffen. Bei den vorgelegten Belegen handelt es sich um Rechnungen der Firma tele.ring Telekom Service GmbH, wobei als Mobilfunknummer die Nummer HandyNr. angeführt ist. Die Rechnungen sind an VNT OTFN adressiert. Die angegebene Telefonnummer wurde im Familienbeihilfenantrag von FamNam KM ebenfalls angegeben. In diesem Antrag wurde die Adresse B_Gasse Nr.1 angeführt.

In der von der Bw. bereits in der ersten Instanz vorgelegten Schulbesuchsbestätigung über den Besuch der Handelsschule wird als Adresse des Schülers ebenfalls B_Gasse Nr.1 angeführt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen lauten wie folgt:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a) Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder.

Gemäß § 2 Abs. 3 lit. d) leg. cit. sind Kinder einer Person im Sinne dieses Abschnittes deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

§ 186 ABGB idgF lautet: Pflegeeltern sind Personen, die die Pflege und Erziehung des Kindes ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Sie haben das Recht, in den die Person des Kindes betreffenden Verfahren Anträge zu stellen.

§ 186a ABGB idgF lautet: (1) Das Gericht hat einem Pflegeelternpaar (Pflegeelternteil) auf seinen Antrag die Obsorge für das Kind ganz oder teilweise zu übertragen, wenn das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist und die Übertragung dem Wohl des Kindes entspricht. Die Regelungen über die Obsorge gelten dann für dieses Pflegeelternpaar (diesen Pflegeelternteil). (2) Sind die Eltern oder Großeltern mit der Obsorge betraut und stimmen sie der Übertragung nicht zu, so darf diese nur verfügt werden, wenn ohne sie das Wohl des Kindes gefährdet wäre. (3) Die Übertragung ist aufzuheben, wenn dies dem Wohl des Kindes entspricht. Gleichzeitig hat das Gericht unter Beachtung des Wohles des Kindes auszusprechen, auf wen die Obsorge übergeht. (4) Das Gericht hat vor seiner Entscheidung die Eltern, den gesetzlichen Vertreter, weitere Erziehungsberechtigte, den Jugendwohlfahrtsträger und jedenfalls das bereits zehnjährige Kind anzuhören. § 181a Abs. 2 gilt sinngemäß.

Gemäß den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001 enthielt das damals geltende Recht keine Definition des Begriffs "Pflegeeltern". Dieser Umstand habe in der Praxis zu Problemen geführt, zumal nach der herrschenden Lehre und Rechtsprechung der Pflegeelternbegriff des ABGB mit dem anderer Gesetze (zB mit dem des Jugendwohlfahrtgesetzes 1989) nicht übereinstimmte und von deren Regelungsgegenstand her auch nicht übereinstimmen könne. Der Entwurf umschreibe daher Pflegeeltern als Personen, die die Pflege und Erziehung des Kindes (zumindest im Innenverhältnis) tatsächlich ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung bestehe oder hergestellt werden solle. Auch diese Definition decke sich zwar nicht mit dem Verständnis, das dem (seinerseits nicht selbständig definierten) Pflegeelternbegriff des Jugendwohlfahrtsgesetzes beigemessen werde, jedoch seien diese Begriffe von ihrer Funktion her auch nicht zur Deckung zu bringen. § 186 Abs. 1 (alte Fassung) enthalte keine inhaltliche Regelung des Pflegeverhältnisses, sondern nur Hinweise darauf, auf welche Weise Pflegeverhältnisse mit verschiedener Ausgestaltung zustande kommen könnten, § 137a ABGB bleibe dadurch unberührt. Der bloße Hinweis, auf welcher Rechtsgrundlage Pflegeverhältnisse beruhen können als Anknüpfungspunkt für den Begriff der "Pflegeeltern" sei entbehrlich. Eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung verlange vor allem eine weit gehende Eingliederung in Haushalt und Lebensablauf der Pflegeeltern. Weiters müsse zumindest beabsichtigt sein, eine emotionale Bindung des Kindes (vergleichbar der zu den leiblichen Eltern) aufzubauen. Die Grundsätze, die Lehre und Rechtsprechung zu § 180a Abs. 1 erster Satz ABGB entwickelt hätten, könnten zur Interpretation des § 186 durchaus herangezogen werden. Demnach schieden etwa Betreuungen durch Nachbarn oder Verwandte, die sich auf urlaubs-, berufs- oder krankheitsbedingte Abwesenheiten der Eltern oder eines Elternteils beschränkten, aus dem Pflegeelternbegriff ebenso aus wie Einrichtungen der Tagesbetreuung ("Tagesmütter und Tagesväter") oder Betreuer in einem Internat. Dagegen könnten Verwandte, die - auch ohne formelle Begründung eines vertraglichen Pflegeverhältnisses - etwa nach einem tödlichen Unfall der Eltern ein Kind bei sich aufnehmen, schon kraft Gesetzes die Erfordernisse des Pflegeelternbegriffs erfüllen, wenn sie das Kind in ihen Haushalt aufnehmen und der Aufbau einer emotionalen Beziehung zumindest beabsichtigt sei. Allfällige vertragliche Beziehungen der mit der Obsorge betrauten Personen mit den Pflegeeltern könnten Anhaltspunkte für die Beurteilung, ob Pflegeelterneigenschaft bestehe, liefern, seien aber nicht unbedingt erforderlich. An das Vorliegen der Pflegeelternschaft knüpfe das ABGB weiterhin nur die Antragslegitimation in allen das Kind betreffenden Pflegschaftsverfahren (das Antragsrecht des § 186 zweiter Satz werde durch § 176 Abs. 2 idF des Entwurfs erweitert, § 186 zweiter Satz aber zur Klarstellung, dass Pflegeeltern auch in nicht von ihnen eingeleiteten Verfahren eine Antragslegitimation zukomme, in Geltung belassen). Andere Befugnisse könnten den Pflegeeltern nur vertraglich durch die mit der Obsorge betrauten Personen übertragen werden, es sei denn, das Gericht übertrage ihnen ganz oder teilweise die Obsorge (§ 186 a). Da nach dem vorgeschlagenen § 186 bereits der Begriff der Pflegeelternschaft das Bestehen (oder zumindest den geplanten Aufbau) einer dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommenden Beziehung voraussetze, könne diese Voraussetzung für die Übertragung der Obsorge auf Pflegeeltern in § 186a Abs. 1 entfallen. Die Aufrechterhaltung der Voraussetzung des (damals) geltenden Rechts, wonach diese Beziehung bereits bestehen müsse, würde die sofortige Obsorgeübertragung an die Verwandten im Fall tödlich verunglückter Eltern verhindern. Die Übertragung der Obsorge auf Pflegeeltern solle aber weiterhin nur dann erfolgen, wenn nicht von vornherein feststehe, dass die Eingliederung in den Haushalt der Pflegeeltern nur vorübergehend erfolgen solle. Dieser Umstand werde zwar in der Regel auch dem Aufbau einer emotionalen Beziehung (und damit bereits der Erfüllung des Pflegeelternbegriffs) im Wege stehen. Dennoch könnten im Einzelfall - nämlich, wenn zum Zeitpunkt, in dem die Eingliederung in den Haushalt erfolge, eine solche Beziehung bereits aus anderen Gründen bestehe - die Voraussetzungen für die Erfüllung des Elternbegriffs gegeben sein. Die zeitliche Dimension in § 186 a Abs. 1 habe daher nach wie vor eigenständige Bedeutung, selbst wenn die Verwandten im Fall der tödlich verunglückten Eltern als Pflegeeltern iSd § 186 anzusehen seien, werde ihnen die Obsorge nur dann zu übertragen sein, wenn die Aufnahme in ihren Haushalt für längere Zeit geplant sei.

Zu den Randschriften und Überschriften zu den §§ 187 bis 189 führten die Erläuternden Bemerkungen aus, das neue System der Betrauung verschiedener Personengruppen mit der Obsorge sei dadurch gekennzeichnet, dass nur mehr zwischen der Obsorge von Eltern, Großeltern und Pflegeeltern einerseits und der Obsorge durch andere Personen (die Jugendwohlfahrtsträger, andere Verwandte oder nahe stehende Personen, fremde Personen) andererseits unterschieden werde. Für Erstere gälten ausschließlich die Bestimmungen des Dritten Hauptstücks, die Bestimmungen des Vierten Hauptstücks seien nur auf die zweitgenannten Personengruppen anwendbar.

Der Oberste Gerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 7 Ob 657/90 zu Pflegeverträgen ausgeführt, dass bei der Übergabe von Kindern in fremde Pflege zwischen einem Vertrag allein der Erziehungsberechtigten mit einem Dritten und einem namens des Kindes (durch den gesetzlichen Vertreter) geschlossenen Vertrag zu unterscheiden sei. Bei ersterem handle es sich um einen Werkvertrag oder freien Dienstvertrag der Obsorgeberechtigten mit Dritten, die als Erfüllungsgehilfen und daher weisungsgebunden tätig würden und Rechte gegenüber dem Kind nur im fremden Namen ausübten. Die Obsorgeberechtigten könnten in diesem Fall das Kind jederzeit, als Ausfluss ihrer uneingeschränkten Rechte nach § 144 ABGB, zurückfordern. Beim zweitgenannten Vertrag würden Obsorgerechte und -pflichten (§ 137a ABGB) übertragen und werde das Rückforderungsrecht eingeschränkt. Die Pflegeeltern handelten auf die Dauer des Vertrages im eigenen Namen. Die Übertragung der gesetzlichen Vertretung bedürfe aber (mangels gerichtlicher Übertragung der Obsorge nach § 186a Abs. 1 ABGB) einer Bevollmächtigung. Liege kein bloßer Kostkindvertrag sondern ein Pflegevertrag im eigentlichen Sinn vor, werde das Rückforderungsrecht der Mutter durch den Vertrag, der mit ihrem Willen und unter ihrem Beitritt abgeschlossen worden sei, eingeschränkt. Die Aufhebung des Pflegschaftsvertrages könne nur durch Übereinkommen der Parteien oder durch gerichtliche Entscheidung erfolgen. Für die Aufhebung eines Pflegschaftsvertrages durch gerichtliche Entscheidung sei allerdings eine Gefährdung des Kindeswohls nicht erforderlich. Es genüge, dass die Aufhebung dem Wohl des Kindes entspreche.

In eine ähnliche Richtung deutet auch die jüngere OGH-Judikatur (Urteil vom , 5 Ob 272/03s, wo zu der ab dem geltenden Fassung des § 186 ABGB erklärt wurde, dieser sage über das Pflegeverhältnis und dessen Rechtsgrundlage nichts mehr aus. Was die Beendigung des Pflegeverhältnisses anlange, sei von Pichler in Rummel zwischen einem Vertrag allein des Erziehungsberechtigten mit einem Dritten und einem namens des Kindes durch die gesetzlichen Vertreter geschlossenen Vertrag unterschieden worden. Beim erstgenannten Vertrag könnten die Obsorgeberechtigten das Kind jederzeit als Ausfluss ihrer uneingeschränkten Rechte nach § 144 ABGB zurückfordern, beim zweitgenannten Vertrag sei das Rückforderungsrecht eingeschränkt. Dem sei die Rechtsprechung gefolgt, die in letzterem Fall ein Übereinkommen der Parteien oder eine gerichtliche Entscheidung fordere. Die jüngere Lehre lehne diese Konstruktion ab. In dem zur Beurteilung vorliegenden Fall erklärte der OGH, es erübrige sich auf diese Streitfrage einzugehen, weil nichts darauf hindeute, die Mutter hätte den Pflegevertrag im fremden Namen abgeschlossen. Im Zweifel sei ein Eigengeschäft anzunehmen. Damit könnte die Rückgabe des Kindes jederzeit verlangt werden. Das Pflegeverhältnis sei ohne behördliche Beteiligung begründet und aufrechterhalten worden, weshalb nicht einsichtig sei, warum die Aufhebung des Pflegeverhältnisses von einer gerichtlichen Bewilligung abhängig sein sollte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 97/15/0196 ausgeführt, es seien nur solche Personen Pflegekinder iSd FLAG, bei denen die Pflegeeltern ihre Rechte aufgrund einer Ermächtigung durch die unmittelbaren Erziehungsberechtigten oder durch den Jugendwohlfahrtsträger ausüben oder bei denen das Gericht den Pflegeeltern auf ihren Antrag die Obsorge über das Kind ganz oder teilweise übertragen hat. Innerhalb dieses Rahmens sei nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ein Pflegeverhältnis iSd FLAG nur dann anzunehmen, wenn den Pflegeeltern (Pflegepersonen) tatsächlich die Pflege der Kinder übertragen sei, und sie diese Aufgabe in überwiegendem Ausmaß selbst erfüllten. Auch das Pflegekindschaftsverhältnis iSd ABGB weise als Wesensmerkmal die eindeutige Lebensschwerpunktverlagerung des Kindes zu den Pflegeeltern auf, wobei sich diese Verlagerung im Wechsel des Kindes in den Haushalt der Pflegeeltern auf nicht bloß vorübergehende Dauer ausdrücke.

Vorgelegt wurde ein Pflegevertrag, bei dem es sich offensichtlich um ein Vertragsmuster handelt, welches teilweise ergänzt wurde und laut Bw. möglicherweise aus dem Internet stammte. Im Internet ist ein in der Form des Aufbaus und im Inhalt vergleichbarer Pflegevertrag der "Pflegekinder-Aktion Schweiz" abrufbar. Dieser Vertrag oder ein älteres Muster wurden offenbar angepasst.

Nach dem Wortlaut des Pflegevertrages wurde den Pflegeeltern nicht die gesetzlich den Eltern auferlegte Obsorge übertragen (im gegenständlichen Fall ist offenbar nur die Mutter obsorgeberechtigt), sondern lediglich die Pflege des Kindes. Dem Pflegevertrag ist zu entnehmen, dass eine Dauerpflege beabsichtigt war, nicht jedoch dass der Pflegevertrag namens des Kindes abgeschlossen worden wäre, zumal das Kind zwar unter der Überschrift "Pflegevertrag für" als erstes angeführt wurde, in der Folge aber auch beide Kindeseltern. Nach dem Gesetz bedeutet das, dass nach dem Wortlaut des Vertrages die obsorgeberechtigte Mutter nach wie vor das Kind jederzeit zurückfordern hätte können. Sie war aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen auch bis zu dessen Volljährigkeit gesetzliche Vertreterin VKs und somit in allen wichtigen Angelegenheiten entscheidungsbefugt, wenn auch die Eltern und Pflegeeltern wichtige Absprachen bzw. Entscheide, die Förderung und Erziehung des Kindes betreffen (siehe Punkt 1 des Vertrages) an den "regelmäßigen Standortsbestimmungen", zu denen allerdings nichts Näheres ausgeführt wurde, gemeinsam treffen sollten. Der Vertrag wurde von der Bw., ihrem Mann und der Kindesmutter unterschrieben, nicht jedoch vom Kindesvater.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der vorliegenden Unterlagen geht der Unabhängige Finanzsenat davon aus, dass der Pflegevertrag im Nachhinein zum Zweck der Erlangung der Familienbeihilfe erstellt wurde und dieser nicht die tatsächlichen Verhältnisse und Absichten widerspiegelt.

Gemäß dem vorliegenden Antrag wurde die Gewährung der Familienbeihilfe ab dem beantragt. Dabei handelt es sich offensichtlich um ein Datum, ab welchem für VK ein Visum als Schüler erteilt wurde. Gemäß dem Wortlaut des Vertrages sollte das Pflegeverhältnis am beginnen, obwohl VK die Ferien bei seinem Vater in Nation verbracht hat, als Vertragsort Ortnationale angeführt ist und VK nach Angaben der Bw. erst am abgeholt und von der Kindesmutter an der Adresse der Bw. gemeldet wurde.

Kurz vor der polizeilichen Meldung VKs und der Schwester der Bw. an der Wohnadresse der Bw. mieteten die Schwester und die Bw. die Wohnung in der B_Gasse Nr.1 an, die bei sämtlichen vorliegenden Schulanmeldungen (mit Ausnahme des Gymnasiums in der Straße1, wo als Wohnanschrift 1.Anschrift angegeben wurde) als Wohnadresse von VK angeführt wurde. Die Kindesmutter war vom bis zum gemeinsam mit VK an der Wohnadresse der Bw. gemeldet, weshalb ein Pflegevertrag mit einem als "Dauerpflege" bezeichneten Pflegeverhältnis ab dem keinen Sinn macht, aber insofern erklärbar ist, als der Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab diesem Datum gestellt wurde, ab dem das Visum laut Antrag gegolten hat. Deshalb kann sich die Aussage der Bw., sie sei davon überrascht worden, dass die Familienbeihilfe rückwirkend ab 2001 gewährt wurde, nur darauf beziehen, dass diese mit Ermittlungen rechnete, die zu einer Einschränkung des Familienbeihilfenbezuges oder weiteren Ermittlungen führen würden. Da die Schwester der Bw. am selben Tag einen Familienbeihilfenantrag für den am geborenen Bruder gestellt hat, ist davon auszugehen, dass die Bw. sich vor der Antragstellung genau über die Voraussetzungen des Beihilfenbezuges und der möglichen rückwirkenden Gewährung informiert hat.

Die Schwester der Bw. sei laut Angaben der Bw. oft da gewesen und hätten sie sich im wesentlichen gemeinsam um VK gekümmert. Unter diesen Umständen ist die Begründung eines Verhältnisses zur Bw. im Sinne einer Mutter-Kind-Beziehung nicht wahrscheinlich. Die Bw. wurde laut dem vorliegenden Notfallblatt einer Schule auch nicht als Pflegemutter sondern als Tante bezeichnet. Die der Schule gegenüber angegebene Handynummer wurde als Telefonnummer der Kindesmutter angeführt und ist mit der Telefonnummer, bezüglich welcher an die Bw. gerichtete Vorschreibungen vorgelegt wurden, nicht identisch.

Den vom Mann der Bw. unterschriebenen Verpflichtungserklärungen ist nur zu entnehmen, dass dieser für den Unterhalt und die Unterkunft von VK sorgen und den öffentlichen Rechtsträgern sämtliche Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit der Einreise, dem Aufenthalt und der Ausreise sowie allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen entstehen, ersetzen werde. Sinn der abgegebenen Verpflichtungserklärung war offenbar, für den Neffen der Bw. einen Aufenthaltstitel zu erlangen, ihm den Besuch der Schule zu ermöglichen und dadurch die Schwester der Bw. zu unterstützen, die das Obsorgerecht für VK hatte. Auch eine finanzielle Unterstützung der Schwester und des Neffen durch die Bw. und ihren Mann ist glaubhaft, zumal der Mietvertrag betreffend die Wohnung in der B_Gasse Nr.1 von der Bw. mit unterfertigt wurde und auch die im Familienbeihilfenantrag angegebene Handy-Nummer der Schwester auf den Namen der Bw. lautete (es handelte sich dabei um jene Nummer, hinsichtlich welcher an die Bw. gerichtete Rechnungen vorgelegt wurden).

Die Aussage, wonach die Schwester der Bw. nur manchmal in der B_Gasse Nr.1 gewohnt habe, ist insofern nicht glaubhaft, als sich diese kurz vor dem Beitritt Nations zur EU dort polizeilich gemeldet und die Wohnung als Hauptwohnsitz bezeichnet hat. Wenn es auch wahrscheinlich ist, dass die Schwester in der Wohnung nicht ständig anwesend war, ist doch davon auszugehen, dass diese Wohnung ihr überlassen war. Die Mitunterfertigung durch die Bw. erfolgte nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates deshalb, weil der Vermieter dadurch eine zusätzliche Sicherheit hatte und eine Alleinvermietung an die Schwester u.U. fremdenrechtliche Probleme mit sich gebracht hätte. An der Adresse waren folgende Personen gemeldet:


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Name
Zeitraum
Art
Mag. VNT OTFN
bis
Nebenwohnsitz
VK
bis
Nebenwohnsitz
KM FamNam
bis
Hauptwohnsitz

Der Mann der Bw. war an dieser Adresse nie gemeldet. Das Mietverhältnis konnte unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist jeweils zum Monatsletzten gekündigt werden. Laut Bw. wurde die Wohnung bereits aufgegeben. Geht man davon aus, dass die letzte Abmeldung dem Zeitpunkt der Wohnungsaufgabe entspricht und rechnet man von Ende November drei Monate zurück, so muss die Kündigung im August erfolgt sein. Dies entspricht dem Zeitpunkt, zu welchem nach Angaben der Bw. VK glaublich seine Sachen in die B__Gasse Nr.2 übersiedelt hat (im Sommer ist VK immer zu seinem Vater nach Nation gefahren).

Die Begründung der Bw., warum VK Schulen im Nr.3. und Nr.4., zuletzt im Nr.5. Bezirk besucht hat, nämlich, dass man ihn nicht aus seinem gewohnten Umfeld habe herausreißen wollen und dass er auch schon Freunde in der Schule gehabt habe und dort integriert gewesen sei, spricht ebenfalls dafür, dass die Wohnung in der B_Gasse Nr.1 von VK benutzt wurde. VK hat in den Schuljahren von 2001 bis 2005 vier verschiedene Schulen besucht, d.h. es hat fast jährlich ein Schulwechsel stattgefunden. Den Kontakt mit Freunden aufrechtzuerhalten erforderte daher eine gewisse Präsenz im Nr.3. Bezirk, die aufgrund des Vorhandenseins einer Wohnung möglich war, auch wenn diese klein war. Wenn laut Aussage der Bw. eine gemeinsame Übernachtung am Wochenende möglich war, war eine Übernachtung VKs mit seiner Mutter und seinem kleinen Bruder auch unter der Woche dort möglich. Der Schulbesuch war vom Nr.3. Bezirk aus auch einfacher als vom Nr.6. Bezirk (einmal hat VK sogar eine Schule in der B_Gasse besucht). Es ist nicht glaubhaft, dass ein täglicher Schulweg von rund zwei Stunden in Kauf genommen wird, wenn Kontakte ohnehin am Wochenende möglich waren.

Es ist glaubhaft, dass VK mitunter vorübergehend auch bei der Bw. und ihrem Mann gewohnt hat, hat diese doch selbst ausgeführt, dass sogar ihre Schwester mit ihrem Kind zeitweise bei ihr gewohnt hat. Es ist auch davon auszugehen, dass VK zu bestimmten Zeiten alleine im Haushalt seiner Tante gewohnt hat, v.a. am Anfang wenn die Kindesmutter in Nation war.

Die Begründung eines Verhältnisses wie zu Pflegeeltern und eine nicht nur vorübergehende Betreuung wird hingegen nicht als erwiesen angesehen. Die vorgelegte, mit VK V_K unterfertigte Erklärung wurde mit der Maschine geschrieben. Der Neffe der Bw. war nicht zu einer Aussage vor dem Unabhängigen Finanzsenat bereit und konnte infolge des Verwandtschaftsverhältnisses auch nicht zu einer mündlichen Aussage verpflichtet werden, sodass die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks nicht möglich war. Im Hinblick auf die relativ hohe in Streit stehende Summe geht der Unabhängige Finanzsenat jedoch davon aus, dass VK als Zeuge ausgesagt hätte, wenn er seinen Onkel und seine Tante in den Jahren, für welche die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag rückgefordert wurden, als Pflegeeltern betrachtet hätte. Die Angaben in der Erklärung sind im Hinblick auf die festgestellten Verhältnisse und Umstände nicht glaubhaft.

Da es sich bei VK nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates nicht um ein Pflegekind der Bw. im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes gehandelt hat, bestand für diesen kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Der Rückforderungsanspruch setzt weder ein Verschulden der Bw. voraus noch spielt es eine Rolle, ob seitens des Finanzamtes ein Verschulden hinsichtlich der Auszahlung vorliegt.

§ 26 Abs. 1 FLAG idgF normiert nämlich, dass wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen hat, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch eine in § 46 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden ist. Zurückzuzahlende Beträge können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

Die Rückzahlungspflicht für die strittigen Anspruche stützt sich auf die o.a. gesetzliche Bestimmung. Es steht der Rückforderung auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden ist (vgl. ).

Der Berufung konnte daher keine Folge gegeben werden.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Familienbeihilfe
Pflegekind
Pflegschaftsvertrag
Bewilligung des Magistrats
Bewilligung des Pflegschaftsgerichts
Verweise

7ob 657/90
5ob 272/03s

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at