Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 28.12.2006, RV/0365-W/05

Einräumung einer Dienstbarkeit gegen Verzicht auf ein Nutzungsrecht an einer anderen Liegenschaft

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Adr., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Rechtsgebühr zu ErfNr., entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Übereinkommen vom räumte Herr Bw. (der nunmehrige Berufungswerber, kurz Bw.) Herrn NN (geboren am ) das lebenslange und unentgeltliche Nutzungsrecht ob der in seinem Eigentum stehenden 185/2059 Anteilen an der Liegenschaft EZ-1 mit denen untrennbar Wohnungseigentum an top-x verbunden ist, ein.

Als Gegenleistung (so ausdrücklich im Übereinkommen) verzichtete Herr NN auf sein lebenslanges und unentgeltliches Nutzungsrecht ob der Liegenschaften EZ-2 und EZ-3 jeweils KG-x.

Im Übereinkommen wurde außerdem Folgendes festgehalten:

"Die Wirkungen dieser Vereinbarung treten mit ein. Zum Zwecke der Gebührenbemessung wird unter Bezugnahme auf § 15 Abs. 3 BewG der Jahreswert der möglichen und ortsüblichen Verwertung des Herrn NN zustehenden Nutzungsrechtes angenommen mit € 7.000,00; das Dreifache des Jahreswertes sind somit € 21.000,00. Gemäß § 33 TP 9 GebG ist die Übertragung dieser Dienstbarkeit mit 2 % vom Wert des bedungenen Entgelts anzunehmen; das sind € 420,00. Diese Gebühren übernimmt Herr Bw. zur alleinigen Bezahlung."

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien gegenüber dem Bw. Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 9 GebG mit 2 % von € 62.775,35 = 1.255,51 fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Gegenleistung der Verzicht auf das Nutzungsrecht, bewertet mit jährlich € 7.000,00 und einem Barwert gemäß § 16 BewG von € 62.775,35 sei.

In der dagegen eingebrachten Berufung wurde eingewandt, dass die Liegenschaften EZ-2 und EZ-3 KG-x im Zeitpunkt des Abschlusses des Übereinkommens nicht vermietet und daher - wirtschaftlich betrachtet - wertlos gewesen seien, sodass sich nach § 16 BewG ein viel niedrigerer Wert ergeben würde. Im Vertrag vom sei der Jahreswert der möglichen und ostsüblichen Verwertung mit € 7.000,00 angegeben worden, jedoch nicht dass diese Verwertung in concreto auch vorliege. Das Finanzamt habe den Barwert gemäß § 16 BewG mit € 62.775,35 angenommen. Diese Annahme sei inhaltlich nicht zutreffend, weil es sich nicht um Renten oder wiederkehrende Nutzungen handle, sondern um die Verwertung bloßer Möglichkeiten und nicht konkreter Renten oder Nutzungen in Form etwa von bestehenden Mietverträgen. Es liege daher vielmehr ein Anwendungsfall des § 15 Abs. 3 BewG vor und nur auf diesen beziehe sich auch der, im Übereinkommen angenommene Jahreswert der Nutzung von € 7.000,00, weil vertragsgegenständlich die Veräußerung im Tauschwege von Berechtigungen bzw. die Verwertung von Rechten sei und nicht von Rechten gemäß § 16 BewG. Außerdem würde sich auf Grund des Alters von Herrn NN auch unter Heranziehung von § 16 BewG ein niedrigerer Wert ergeben. Es werde daher beantragt, den Gebührenbescheid dahingehend abzuändern, dass die Gebühr mit € 420,00 bzw. jedenfalls einem niedrigeren, als dem bisher vorgeschriebenen Wert angenommen werde.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung verwies das Finanzamt im Wesentlichen darauf, dass der Wert wiederkehrender Nutzunge, die vom Ableben einer Person abhängen, nach § 16 BewG zu ermitteln sei.

Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde 2. Instanz erstatte der Bw. kein weiteres Vorbringen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 33 TP 9 GebG unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Rechtsgebühr in Höhe von 2 vH vom Wert des bedungenen Entgelts.

Steht eine vertragliche Wohnrechtseinräumung in einem kausalen Zusammenhang mit dem gleichzeitig ausgesprochenen Verzicht auf das Wohnrecht an einer anderen Liegenschaft, dann verwirklicht eine solche "Verlegung" des Wohnrechtes als entgeltliche Rechtseinräumung den Tatbestand gemäß § 33 TP 9 GebG. Als Wert des bedungenen Entgeltes ist der Wert des aufgegebenen alten Wohnrechtes anzusetzen (vgl. dazu -I/02, bestätigt durch ).

Im vorliegenden Fall stellt der Verzicht des Herrn NN auf sein lebenslanges und unentgeltliches Nutzungsrecht an den Liegenschaften EZ-2 und EZ-3 KG-x das bedungene Entgelt für die nunmehrige Einräumung einer Dienstbarkeit an den 185/2059 Anteilen der Liegenschaft EZ-1 verbunden mit Wohnungseigentum an top-x dar. Der Verzicht auf dieses Nutzungsrecht ist daher zu bewerten.

Gemäß § 26 GebG gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist.

§ 15 BewG und § 16 BewG (idF BGBl. I 71/2003) lauten wie Folgt:

"§ 15 Kapitalwert von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen

(1) Der Gesamtwert von Nutzungen oder Leistungen, die auf bestimmte Zeit beschränkt sind, ist die Summe der einzelnen Jahreswerte abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen. Dabei ist von einem Zinssatz in Höhe von 5,5 v.H. auszugehen. Der Gesamtwert darf das Achtzehnfache des Jahreswertes nicht übersteigen.

(2) Immerwährende Nutzungen oder Leistungen sind mit dem Achtzehnfachen des Jahreswertes, Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer vorbehaltlich des § 16 mit dem Neunfachen des Jahreswertes zu bewerten.

(3) Ist der gemeine Wert der gesamten Nutzungen oder Leistungen nachweislich geringer oder höher, so ist der nachgewiesene gemeine Wert zugrunde zu legen.

(4) Beruhen die wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen auf der Überlassung von Rechten im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 4 oder auf der Überlassung von gewerblichen Erfahrungen und von Berechtigungen oder auf der Gestattung der Verwertung solcher Rechte, so gilt als gemeiner Wert der gesamten Nutzungen und Leistungen das Dreifache des Jahreswertes

§ 16. Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen

(1) Der Wert von Renten, wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen sowie dauernden Lasten, die vom Ableben einer oder mehrerer Personen abhängen, ergibt sich aus der Summe der von der Erlebenswahrscheinlichkeit abgeleiteten Werte sämtlicher Rentenzahlungen, der einzelnen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen, sowie dauernden Lasten abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen (versicherungsmathematische Berechnung). Dabei ist der Zinssatz gemäß § 15 Abs. 1 anzuwenden.

(2) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, an Hand anerkannter Methoden durch Verordnung festzusetzen, von welchen Erlebenswahrscheinlichkeiten auszugehen ist.

(3) Hat eine Rente, wiederkehrende Nutzung oder Leistung sowie dauernde Last tatsächlich weniger als die Hälfte des nach Abs. 1 und 2 ermittelten Wertes betragen und beruht der Wegfall auf dem Tod des Berechtigten oder Verpflichteten, so ist die Festsetzung von nicht laufend veranlagten Steuern auf Antrag nach der wirklichen Höhe der Rente Nutzung, Leistung oder Last zu berichtigen. § 5 Abs. 2 zweiter und dritter Satz gelten entsprechend. Ist eine Last weggefallen, so bedarf die Berichtigung keines Antrages."

Der Wert von Renten und anderen auf die Lebenszeit einer oder mehreren Personen beschränkten Nutzungen und Leistungen wird nicht nach § 15 BewG, sondern nach § 16 BewG ermittelt. Die Vorschriften des § 15 BewG sind nur bei der Ermittlung des Gesamtwertes solcher Nutzungen und Leistungen heranzuziehen, die auf eine bestimmte Zeit beschränkt sind oder die auf immerwährende Dauer zu leisten sind oder deren Dauer unbestimmt ist. Bei Nutzungen von unbestimmter Dauer richtet sich die Bewertung aber nur dann nach § 15 Abs 1 BewG, wenn nicht die Vorschriften des § 16 BewG über die Bewertung von Nutzungen und Leistungen auf Lebenszeit zum Zuge kommen. Die Leistungen von unbestimmter Dauer werden also nur dann nach § 15 Abs 2 BewG bewertet, wenn die Unbestimmtheit der Dauer nicht in der Beschränkung auf die Lebenszeit einer bestimmten Person ihren Grund hat (vgl. ).

Im vorliegenden Fall war die Dauer des Nutzungsrechtes des Herrn NN an den Liegenschaften EZ-2 und EZ-3 jeweils KG-x insofern unbestimmt, als das Nutzungsrecht auf die Lebenszeit des Herrn NN beschränkt war. Daher ist dieses Nutzungsrecht nicht nach § 15 Abs. 1 BewG, sondern nach § 16 BewG zu bewerten.

Auf Grund der in § 16 Abs. 2 BewG (idF BGBl. I 71/2003) enthaltenen gesetzlichen Ermächtigung erließ der Bundesminister für Finanzen die Verordnung zur verbindlichen Festsetzung von Erlebenswahrscheinlichkeiten zum Zwecke der Bewertung von Renten und dauernden Lasten (kurz ErlWS-VO 2004), kundgemacht in BGBl. II 627/2003. Diese Verordnung ist gemäß § 3 ErlWS-VO 2004 auf alle Vereinbarungen über Renten und dauernden Lasten anzuwenden, die nach dem abgeschlossen werden.

Das gegenständliche Übereinkommen wurde am abgeschlossen, weshalb für die Bewertung des gegenständlichen Verzichtes des Herrn NN auf das Nutzungsrecht an den Liegenschaften EZ-2 und EZ-3 der KG-x die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BewG idF BGBl. I 71/2003 iVm ErlWS-VO 2004 anzuwenden sind. Die im Übereinkommen von den Vertragsparteien vorgenommene Bewertung mit dem dreifachen Jahreswert von € 7.000,00 = € 21.000,00 bezieht sich offensichtlich auf die Fassung des § 16 BewG vor der Novellierung durch BGBl. I 71/2003. Diese Bewertung entspricht nicht mehr der aktuellen Gesetzeslage, weshalb die Festsetzung der Gebühr, wie vom Bw. in der Berufung beantragt, mit (maximal) € 420,00 (= 2 % von € 21.000,00) nicht in Betracht kommt.

Der Jahreswert einer Nutzung oder Leistung, die nicht in Geld sondern in Sachwerten besteht, ist gemäß § 17 Abs. 2 BewG mit den am Verbrauchsort üblichen Mittelwerten (Durchschnittswert) anzusetzen. Dabei ist der Betrag maßgebend, den ein Erwerber zur Erlangung desselben oder eines gleichwertigen Wirtschaftsgutes am Verbrauchsort durchschnittlich aufwenden müsste. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 929/71, festgehalten, dass Wohnungsrecht und Fruchtgenuss Nutzungen darstellen, die nicht in Geld bestehen und somit mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen sind (§§ 16, 17 Abs. 2 BewG 1955). Beim "üblichen Mittelpreis des Verbrauchsortes" handelt es sich um einen objektiven Maßstab. Maßgeblich ist der Betrag, den der Erwerber zur Erlangung desselben oder eines gleichwertigen Wirtschaftsgutes am Verbrauchsort durchschnittlich aufwenden müsste.

Vom Bw. wurde in der Berufung selber bestätigt, dass die gegenständlichen Liegenschaften gewerblich nutzbar sind und dass der ortsübliche Jahreswert hierfür € 7.000,00 beträgt. Entscheidend ist nach der Bestimmung des § 17 Abs. 2 BewG gerade nicht, ob die Liegenschaften konkret vermietet werden bzw. zu welchen Konditionen eine Vermietung erfolgt, sondern kommt es auf die objektiven, ortsüblichen Verhältnisse an. Das Finanzamt ist daher bei seiner versicherungsmathematische Berechnung nach § 16 BewG (idF BGBl I 71/2003) zu Recht von einem Jahreswert der Nutzung in Höhe von € 7.000,00 ausgegangen und war somit dieser Betrag nach dem Lebensalter des Berechtigten entsprechend der in der ErlWS-VO 2004 normierten Erlebenswahrscheinlichkeit unter Ansatz eines Zinssatzes von 5,5 % zu kapitalisieren und der so ermittelte Barwert in Höhe von € 62.775,35 als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Dienstbarkeit
Bewertung
lebenslange Nutzung
Mittelwert am Verbrauchsort

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at