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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 28.12.2006, RV/0297-S/06

Grunderwerbsteuerbefreiung nur bei flächenmäßigem Überwiegen der befreiten Grundstücke

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/16/0020 eingebracht. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl, Rechtsanwalt, 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 44, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage wird von € 767.242,15 auf € 762.992,15 herabgesetzt.

Die Höhe der Abgabe beträgt € 26.704,73.

Die getroffenen Feststellungen sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

1. Der Berufungswerber (kurz: Bw) erwarb mit Kaufvertrag vom von Hrn. HS den Hälfteanteil an der EZ 26, mit Ausnahme des Grundstückes 615, (M-Gut, Gesamtfläche 381.265 m²) und 3/40 Anteile an der EZ 165, jeweils Grundbuch X.

Vereinbart wurde ein Kaufpreis von € 730.500,00. Weiters übernahm der Bw auf der Liegenschaft lastende Ausgedingeleistungen - mit Ausnahme der Tragung der Kosten des Begräbnisses und der Grabgestaltung gemäß Pkt. 8 des Übergabsvertrages aus dem Jahre 1990.

2. Mit Kaufvertrag vom hatte die Ehegattin des Bw die andere Hälfte an der EZ 26 - mit dem Grundstück 615 - sowie 3/40 Anteile an der EZ 165 von der Ehegattin des Verkäufers, Fr. AS, erworben.

3. In einem weiteren Kaufvertrag vom erwarben die Ehegatten die Liegenschaft EZ 217 Grundbuch X von Hrn. HS.

Die Agrarbehörde Salzburg traf mit Bescheid vom zum Antrag, ob die drei Kaufverträge (siehe oben 1. bis 3.) zur Durchführung der Flurbereinigung im Grundbuch X erforderlich waren, folgende Feststellung:

"Spruch:

1. Die Agrarbehörde stellt fest, dass die oben angeführten Kaufverträge vom 15.4./, womit ....................... (der Bw und seine Ehegattin), die Liegenschaften EZ 26 Grundbuch X - ausgenommen das Grundstück 615 durch ......... (den Bw) - und EZ 217 Grundbuch X je zur Hälfte sowie die Liegenschaft EZ 165 Grundbuch X zu je 3/40 Anteilen erworben haben, hinsichtlich des Erwerbes der in der nachstehenden Tabelle angeführten Grundstücke bzw. im jeweils angeführten Umfang (Flächenausmaß) zur Durchführung der Flurbereinigung in der KG X erforderlich sind, und zwar: "


Tabelle in neuem Fenster öffnen
EZ
Grundstück
Benützungsart
Umfang/Ausmaß
26
200
LN
zur Gänze
34.500 m²
26
206/1
Wald
zur Gänze
1.534 m²
26
216
Wald
zur Gänze
7.121 m²
26
222
Wald
zur Gänze
2.919 m²
26
225
Wald
zur Gänze
3.467 m²
26
243
LN
Teilgrundstück
16.200 m²
26
244/20
LN
zur Gänze
10.583 m²
26
248
Baufläche (Gebäude) Baufläche (begrünt)
Teilgrundstück
2.660 m²
26
472
Wald
zur Gänze
611 m²
26
473
Wald
zur Gänze
234 m²
26
474
Wald
zur Gänze
683 m²
26
589
Wald
zur Gänze
3.992 m²
26
590
Wald
zur Gänze
899 m²
26
610
Wald
zur Gänze
4.262 m²
26
939
Straßenanlage
zur Gänze
1.511 m²

Das Finanzamt setzte die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung (Kaufpreis plus übernommene Leistungen) mit € 26.853,48 fest und führte in der Begründung aus, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ein einheitlicher Rechtsvorgang nicht in einen steuerpflichtigen und steuerbefreiten Teil aufgespalten werden könne. Dieser einheitliche Rechtsvorgang sei nach dem flächenmäßigen Überwiegen zu beurteilen (Hinweis auf ). Da der flächenmäßig überwiegende Teil der Liegenschaftsübertragung nicht als Flurbereinigungsmaßnahme anerkannt worden sei (land- und forstwirtschaftliche Fläche 76%, Campingplatz 89%), sei die Befreiung nach § 3 Abs. 1 Z 4 GrEStG für den gesamten Liegenschaftserwerb nicht zu gewähren.

Innerhalb offener Frist wurde Berufung erhoben und eingewendet, dass der Bw gemeinsam mit seiner Gattin Eigentümer des an den Kaufgegenstand unmittelbar angrenzenden Gutes ist. Die Ehegattin konnte die andere Hälfte am M-Gut und 3/40 Anteile an der EZ 165 erwerben, damit seien die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flurbereinigungsmaßnahme gegeben. Der gegenständliche Erwerbsvorgang sei daher gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 GrEStG 1987 von der Grunderwerbsteuer befreit. Unrichtig sei, dass bezüglich der Frage des Überwiegens auf die vom Rechtsgeschäft umfassten Flächen abzustellen wäre. Dies werde auch in dem im bekämpften Bescheid zitierten Erkenntnis des , nicht ausgedrückt. Es dürfe nicht vernachlässigt werden, dass nach dem Grunderwerbsteuergesetz die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grunderwerbsteuer gerade nicht das Flächenausmaß der Erwerbsgegenstände sei, sondern eben bei einem Kauf, wie der hier vorliegt, nach § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG der Kaufpreis einschließlich der sonstigen vom Käufer übernommenen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Es sei daher nur konsequent und systemgerecht, die Frage des Überwiegens von den Relationen der Werte der Grundstücke, die begünstigt sind, im Verhältnis zu den Werten der Grundstücke, die nicht begünstigt sind, abhängig zu machen. Diese Wertrelationen hat die belangte Behörde im Sachverhalt des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/16/0299, zu Grunde gelegt, der Verwaltungsgerichtshof sei der Anwendung der Wertrelationen gefolgt und habe diese für richtig befunden, weshalb auch für das gegenständliche Verfahren richtigerweise von den Wertrelationen auszugehen sei.

Der Bw legte ein von Dr. P für das Bezirksgericht T erstelltes Sachverständigengutachten und jenen Pachtvertrag, der zur Last C-LNR 21 in der EZ 26, Grundbuch X geführt hat, bei und kommt abschließend unter Zugrundelegung der Aufstellung der Agrarbehörde zu nachstehender Berechnung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
" Werte in Euro laut Gutachten Dr. P
€ 781.000,--
Dieser Betrag ist tatsächlich zu erhöhen um die Hälfte von € 496.000,--, sohin um
€ 248.000,--
für die Grundstücke 244/20 und 200, abzüglich bereits in der Aufstellung enthaltener
€ -55.100,--
sohin um
€ 192.900,--
auf
€ 973.900,--
Anerkannt wurden
€ 367.397,--
zuzüglich (€ 248.000,-- abzüglich bereits enthaltener € 55.100,--)
€ 192,900,--
sohin
€ 560.297,-- "

Unter Zugrundelegung der Wertrelationen ergebe sich, dass 57,54 % der betroffenen Grundstücke dem begünstigten Zweck dienen würden und daher dem gesamten Rechtsvorgang Grunderwerbsteuerbefreiung zukomme.

Das Finanzamt legte die Berufung und den Verwaltungsakt ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 GrEStG 1987 ist von der Besteuerung ausgenommen der Erwerb eines Grundstückes im Wege eines Zusammenlegungsverfahrens im Sinne des I. Hauptstückes, I. Abschnitt, und im Wege eines Flurbereinigungsverfahrens im Sinne des II. Hauptstückes des Flurverfassungs- Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103, in der jeweils geltenden Fassung.

Gemäß § 2 Abs. 3 GrEStG werden dann, wenn sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke bezieht, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören, diese Grundstücke als ein Grundstück behandelt. Bezieht sich ein Rechtsvorgang auf einen oder mehrere Teile eines Grundstückes, so werden diese Teile als ein Grundstück behandelt.

Nach ständiger Judikatur des VwGH ist es nicht zulässig, den Erwerbsvorgang betreffend eine Einheit in einen steuerpflichtigen und in einen steuerbefreiten Teil zu trennen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 16/3023/80 und die dort zitierte Entscheidung eines verstärkten Senates Slg. N.F. Nr. 5167/F uva). Im Falle der Verwirklichung des begünstigten Zweckes nur auf einzelnen Teilflächen ist in einheitlicher Beurteilung des gesamten Erwerbsvorganges zu untersuchen, ob der begünstigte Zweck insgesamt, das heißt in Bezug auf die Gesamtfläche als verwirklicht anzusehen ist oder nicht (vgl. dazu neben der bereits zitierten Judikatur insbesondere auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/16/0170). Es liegt nämlich auf der Hand, dass ein Gesamterwerb von Grundstücken nicht allein deshalb von der Grunderwerbsteuer befreit ist, weil nur ein Teil davon einen begünstigten Zweck erfüllt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 94/16/0299, und vom , Zl. 82/16/0062).

Der Unabhängige Finanzsenat hat in der Berufungsentscheidung vom , RV/0154-L/06, nachstehende Rechtsauffassung vertreten (vgl. auch Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, § 3 GrEStG Rz 57):

" In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des GrEStG 1987 ist zu § 3 Abs. 1 Z 4 GrEStG 1987 ausgeführt, dass sich die Ziele der Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens mit denen eines Zusammenlegungsverfahrens decken würden. Ziele und Aufgaben der Zusammenlegung (somit auch der Flurbereinigung) seien nach § 1 Abs. 1 FlVGG unter Anderem die Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen und umweltverträglichen Landwirtschaft im Wege einer Verbesserung oder Neugestaltung der Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse im ländlichen Lebens- und Wirtschaftsraum. Nach Abs. 2 leg cit seien zur Erreichung dieser Ziele in erster Linie die Nachteile abzuwenden, zu mildern oder zu beheben, die verursacht würden durch Mängel der Agrarstruktur, wie etwa einer beengten Orts- oder Hoflage (siehe dazu Arnold/Arnold, Kommentar zum GrEStG 1987, Band I, Tz 153 zu § 3). Ziel ist somit eine flächenmäßige Änderung der Besitzverhältnisse. Die Frage des Überwiegens mit dem wertmäßigen Ausmaß des befreiten Erwerbsteiles zu verknüpfen, erscheint gänzlich unlogisch. Der Nutzen im Sinne des FlVGG definiert sich auf Grund der betroffenen Fläche, nicht durch deren Werthaltigkeit. Es kommt daher auf das flächenmäßige Überwiegen der befreiten Grundstücke an. "

Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Unabhängigen Finanzsenates, von der abzugehen der Berufungsfall keinerlei Anlass bietet (vgl. zB die Berufungsentscheidungen vom , RV/4167-W/02, vom , RV/0844-G/02, vom , RV/3215-W/02, und vom , RV/0231-K/03).

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage ergibt sich nur folgendes:

Zunächst ist zu prüfen, wie viele wirtschaftliche Einheiten mit dem gegenständlichen Kaufvertrag erworben wurden.

Nach § 2 Abs. 1 BewG ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden, was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit hat dabei im Grunderwerbsteuergesetz die gleiche Bedeutung wie im Bewertungsgesetz (,0115).

Die Liegenschaften EZ 26 und EZ 165 bilden jeweils eigenständige Grundbuchskörper. Der Bw hat daher Anteile an zwei wirtschaftlichen Einheiten käuflich erworben.

1.) Der Erwerb der 3/40stel Anteile an der Liegenschaft EZ 165 dient laut Bescheid der Agrarbehörde zur Gänze nicht der Flurbereinigung und ist daher nicht von der Grunderwerbsteuer befreit.

2.) Der Erwerb der Liegenschaft EZ 26 war hinsichtlich der in der nachstehenden Tabelle angeführten Grundstücke bzw. im jeweils angeführten Umfang (Flächenausmaß) zur Durchführung der Flurbereinigung in der KG X erforderlich (vgl. Bescheid der Agrarbehörde):


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Grundstück-Nr.
Grundstücksfläche in m²
davon Flächen, die der Flurbereinigung dienen
davon nicht begünstigt
194/1
9.887
9.887
200
34.500
34.500
206/1
1.534
1.534
216
7.121
7.121
222
2.919
2.919
225
3.467
3.467
243
18.730
16.200
2.530
244/17
9
9
244/20
10.583
10.583
246/1
3.682
3.682
247/6
354
354
248
8.743
2.660
6.083
472
611
611
473
234
234
474
683
683
522
3.003
3.003
523
324
324
567
5.359
5.359
568
2.662
2.662
569
539
539
579
755
755
580
9.801
9.801
581
468
468
582
396
396
589
3.992
3.992
590
899
899
610
4.262
4.262
748
54.480
54.480
750
38.912
38.912
756
109.993
109.993
757/1
24.359
24.359
757/2
1.235
1.235
758
7.305
7.305
759
7.814
7.814
939
1.511
1.511
1011
139
139
Gesamtfläche
381.265
91.176
290.089
Anteil in %
100
23,91
76,09

Aus der Gegenüberstellung der Flächen von 91.176 m2 (für den begünstigten Zweck) zu 290.089 m2 (für den nichtbegünstigten Zweck) ist ersichtlich, dass die nicht befreiten Grundstücke flächenmäßig eindeutig überwiegen. Damit wird durch den Erwerbsvorgang der Liegenschaft EZ 26 der begünstigte Zweck (Flurbereinigungsmaßnahme) insgesamt (in Bezug auf die Gesamtfläche) nicht verwirklicht. Die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 4 GrEStG kann daher nicht angewendet werden.

3.) Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Die Gegenleistung ist gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Der Bw hat im konkreten Fall auf der Liegenschaft lastende Ausgedingeleistungen - mit Ausnahme der Tragung der Kosten des Begräbnisses und der Grabgestaltung - in seine persönliche Erfüllungspflicht übernommen (vgl. Punkt VI. des Kaufvertrages).

Entgegen dem Vertragswortlaut wurden jedoch Begräbnis- und Grabkosten in Höhe von € 4.250,00 als sonstige Leistungen bei der Steuerberechnung berücksichtigt. In diesem Punkt war dem Berufungsbegehren stattzugeben.

Die Bewertung der übernommenen Leistungen ist unstrittig.

Die Bemessungsgrundlage laut Berufungsentscheidung errechnet sich wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kaufpreis
730.500,00 €
Wohnungsrecht
26.195,22 €
Leibrente
6.296,93 €
Gegenleistung gemäß § 5 GrEStG 1987
762.992,15 €

Davon 3,5 % ergibt eine Grunderwerbsteuer in Höhe von € 26.704,73.

Dem Berufungsbegehren war daher insgesamt teilweise stattzugeben.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Grunderwerbsteuer
Befreiung
Flurbereinigung
Überwiegen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at