Sonstiger Bescheid, UFSI vom 05.11.2008, RV/0612-I/08

Bescheidzustellung bei einer Umgründungsmaßnahme nach Art. III UmgrStG mit Anwendung des § 142 HGB

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/0612-I/08-RS1
wie RV/0029-G/05-RS1
Einbringungen nach Art III UmgrStG 1991 bewirken grundsätzlich Einzelrechtsnachfolge. Diese ist gemäß § 19 Abs. 1 BAO auch im Abgabenverfahren zu beachten. Kommt es allerdings zur Vermögensanwachsung nach § 142 HGB tritt sowohl zivil- als auch abgabenrechtlich Gesamtrechtsnachfolge ein. Ab dem Zeitpunkt des Vermögensüberganges sind daher Bescheidzustellungen an die Nachfolgegesellschaft durchzuführen. Berufungen gegen Bescheide an die eingebrachte Gesellschaft bzw. deren ehemalige Gesellschafter sind gemäß § 273 Abs.1 lit.a BAO zurückzuweisen (; ebenso UFS RV/1486-L/02 zum UmwG).

Entscheidungstext

Bescheid

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch WTT Wirtschaftstreuhand Tirol GmbH & Co. KEG, 6020 Innsbruck, Rennweg 18, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Festsetzung von Aussetzungszinsen entschieden:

Die Berufung wird gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig eingebracht zurückgewiesen.

Begründung

An der im Jahr 1979 errichteten X- GmbH & Co. KG (kurz KG) waren die X-GmbH (kurz GmbH) als Komplementärin sowie F.A. und M.A. als Kommanditisten beteiligt.

Mit Vertrag vom vereinbarten die beiden Kommanditisten sowie die Komplementär-GmbH die Einbringung der Kommanditanteile in die verbleibende einzige Gesellschafterin (GmbH) gemäß § 142 HGB. Für diese Einbringung wurden die umgründungssteuerrechtlichen Begünstigungen des Art. III Umgründungssteuergesetz in Anspruch genommen.

Nach der Anmeldung des Einbringungsvertrages beim Firmenbuch am wurde mit Beschluss vom (zu FN ...) die Eintragung der Vermögensübernahme gemäß § 142 HGB durch die GmbH sowie der Firmenlöschung der KG bewilligt.

Mit der an die KG gerichteten Erledigung vom setzte das Finanzamt Aussetzungszinsen gemäß § 212a Abs. 9 lit. b BAO in Höhe von 1.855,21 € fest. Dagegen erhob der steuerliche Vertreter am im Namen der ehemaligen Gesellschafter der KG Berufung, welche das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom abwies. Am stellten die ehemaligen Gesellschafter der KG den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Der Unabhängige Finanzsenat hat erwogen:

Bei einer Übernahme nach § 142 HGB durch den verbleibenden Gesellschafter erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation. Das Gesellschaftsvermögen geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbliebenen Gesellschafter über. Eine Anwachsung nach § 142 HGB stellt eine zivilrechtliche Gesamtrechtsnachfolge dar (vgl. ; Koppensteiner in Straube, HGB I3, § 142, Rz 10; Ritz, BAO3, § 19, Tz 1).

Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Da eine Übernahme nach § 142 HGB sowohl zivilrechtlich als auch steuerlich eine Gesamtrechtsnachfolge bewirkt, haben bescheidmäßige Erledigungen (auch für vorangegangene Zeiträume) ausschließlich an den Rechtsnachfolger zu ergehen (vgl. nochmals , -G/05; ).

Im Berufungsfall wurde die Vermögensübernahme gemäß § 142 HGB durch die GmbH am in das Firmenbuch eingetragen. Mit diesem Zeitpunkt trat auch die GmbH als Rechtsnachfolgerin der KG in deren Rechte und Pflichten ein. Das Finanzamt erließ die als Bescheid intendierte Erledigung vom , mit der Aussetzungszinsen festgesetzt wurden, an die KG. Diese Erledigung des Finanzamtes konnte weder gegenüber der nicht mehr existenten KG, an welche sie gerichtet war, noch gegenüber den ehemaligen Gesellschaftern der KG, an welche diese Erledigung nicht gerichtet war, Rechtswirkungen entfalten und ist daher ins Leere gegangen (vgl. etwa ).

Da der Erledigung des Finanzamtes somit kein Bescheidcharakter zukam, war die dagegen erhobene Berufung gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Ritz, a. a. O., § 273, Tz 2).

Der in der Berufung gestellte Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat (§ 282 Abs. 1 Z 1 BAO) wurde mit Schreiben des steuerlichen Vertreters vom zurückgenommen. Von der ebenfalls beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 284 Abs. 3 und 5 BAO abgesehen.

Somit war wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 273 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 142 HGB, Handelsgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
Schlagworte
Einbringung
Vermögensanwachsung
Gesamtrechtsnachfolge
Universalsukzession

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at