Ermittlung des Investitionszuwachses im Falle einer Abspaltung zur Neugründung
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0033-F/05-RS1 | Die Anspruchsvoraussetzungen für die Investitionszuwachsprämie sind für jedes Steuersubjekt (bzw. eine Mitunternehmerschaft als Gewinnermittlungssubjekt) getrennt zu beurteilen (vgl. ). Eine zusammenfassende Betrachtung von übertragender und spaltungsgeborener Gesellschaft für Zwecke der Ermittlung des Investitionszuwachses im Falle einer Abspaltung zur Neugründung kommt folglich nicht in Betracht. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der W GmbH, vertreten durch die Lang und Schiller Steuerberatung GmbH, 6900 Bregenz, Kirchstraße 9a, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2003 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlage und die Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2003 betragen:
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Investitionszuwachs 2003 | 1.452.874,03
€
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Investitionszuwachsprämie
2003 | 145.287,40
€
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Entscheidungsgründe
Mit Wirkung wurde der operative Betrieb der " W. Gesellschaft mbH" im Wege einer unter Art. VI des Umgründungssteuergesetzes fallenden Abspaltung zur Neugründung nach den Bestimmungen des Spaltungsgesetzes (Bundesgesetz über die Spaltung von Kapitalgesellschaften, BGBl. Nr. 304/1996) auf die abspaltungsgeborene, den Firmenwortlaut der übertragenden Gesellschaft nahezu unverändert übernehmende Berufungsführerin übertragen. Der Firmenwortlaut der übertragenden Gesellschaft wurde auf " WS GmbH" abgeändert.
Unter Verwendung des Formblattes E 108e beantragte die steuerliche Vertretung der Berufungsführerin für das Jahr 2003 eine Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 in Höhe von 145.254.07 €, wobei für die Ermittlung der den prämienbegünstigten Zugängen des Jahres 2003 (1.517.935,36 €) gegenübergestellten durchschnittlichen Investitionen in den letzten drei Jahren (65.394,66) die von der Berufungsführerin getätigten Anschaffungen der Jahre 2002 und 2001 sowie hinsichtlich des Jahres 2000 die Anschaffungswerte jener Wirtschaftsgüter, die sie laut Spaltungsplan von der übertragenden Gesellschaft übernommenen hat, herangezogen wurden.
Nach antragsgemäßer Verbuchung der Investitionszuwachsprämie auf dem Abgabenkonto der Berufungsführerin hat das Finanzamt, dem Ergebnis einer abgabenbehördlichen Nachschau Rechnung tragend, auch die Zugänge bei der übertragenden Gesellschaft in die Berechnung einbezogen und die Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2003 mit Bescheid vom mangels eines sich solcherart im Jahr 2003 ergebenden Investitionszuwachses mit Null festgesetzt und die gutgeschriebene Prämie zur Nachzahlung vorgeschrieben. Begründend wurde dazu in der Niederschrift über die Nachschau ausgeführt, dass durch die Spaltung der Erzeugungsbetrieb von der Besitzgesellschaft getrennt worden sei, bei der Berechnung der Investitionen der Vorjahre die auf die Besitzgesellschaft entfallenden Anlagenzugänge aber nicht angesetzt worden seien. Im Falle einer Betriebsübertragung im Vergleichszeitraum sei ungeachtet dessen, ob die Übertragung entgeltlich, unentgeltlich oder im Wege einer Umgründungsmaßnahme erfolgt sei, auf die Verhältnisse des Rechtsvorgängers abzustellen. Würden dabei neue betriebliche Einheiten geschaffen oder bestehende betriebliche Einheiten getrennt, sei dies bei der Vergleichsbetrachtung - gegebenenfalls auch personenübergreifend - zu berücksichtigen.
Dagegen wandte sich die steuerliche Vertretung der Berufungsführerin mit Berufung. Begründend wurde hinweisend auch auf die Übereinstimmung mit dem in den Einkommensteuerrichtlinien (Rz 8222) angeführten Beispiel zusammengefasst ausgeführt, dass die Zugänge des Jahres 2000 den beiden Betrieben entsprechend der Spaltungsbilanz zum zugeordnet worden seien. Mit der Eintragung der Spaltung in das Firmenbuch sei das abgespaltene Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft übergegangen. Der von der Finanzbehörde gezogene Schluss, dass die Zugänge von zwei selbständigen Unternehmen zusammenzurechnen seien, weil in der Vergangenheit die eine Gesellschaft von der anderen einen Teilbetrieb erworben habe, sei sachlich nicht zu rechtfertigen. Hinzuweisen sei auch darauf, dass die in den Einkommensteuerrichtlinien (Rz 8223) vertretene Auffassung, dass für neu gegründete Unternehmen grundsätzlich die Investitionszuwachsprämie mangels Vorliegens eines effektiven Vergleichszeitraumes nicht in Betracht komme, im Gesetz nicht gedeckt sei. Das Gesetz enthalte hinsichtlich von Neugründungen keine gesonderten Regelungen und damit auch keine Einschränkungen. Das gelte auch für die durch Abspaltung zur Neugründung entstandene Berufungsführerin, wobei jedoch aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge der auf die neu gegründete GmbH übertragene Teilbetrieb in den Vergleichswert einzubeziehen sei. Vertretbar könnte aber auch sein, das Jahr 2000 mangels Existenz der Berufungsführerin in diesem Jahr bei der Ermittlung der Vergleichsgröße unberücksichtigt zu lassen, wodurch sich der Vergleichswert vermindern und die Investitionszuwachsprämie entsprechend erhöhen würde.
Mit Schreiben vom wurde ergänzend darauf hingewiesen, dass dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2006/15/0236, zufolge kein Zweifel bestehen könne, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Investitionszuwachsprämie für jedes Steuersubjekt getrennt zu beurteilen seien und daher die Zurechnung der Wirtschaftsgüter im Berufungsfall antragsgemäß zu erfolgen habe.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 108e Abs. 1 EStG 1988 in der gegenständlich anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 155/2002, kann für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden. Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter sind nach § 108e Abs. 2 leg.cit. ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens, ausgenommen die dort taxativ aufgezählten Wirtschaftsgüter. Der Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern ist die Differenz zwischen deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Kalenderjahre 2002 und 2003 und dem Durchschnitt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieser Wirtschaftsgüter der letzten drei Wirtschaftsjahre, die vor dem bzw. dem enden (§ 108e Abs. 3 leg.cit.).
Unbestritten ist, dass die Investitionszuwachsprämie fristgerecht beantragt wurde. Strittig ist einzig, ob im Falle einer wie gegenständlich erfolgten Abspaltung zur Neugründung für Zwecke der Ermittlung des Investitionszuwachses auch die von der übertragenden Gesellschaft getätigten Anschaffungen zu berücksichtigen sind oder nicht.
In dem von der steuerlichen Vertretung der Berufungsführerin ins Treffen geführten Erkenntnis vom , 2006/15/0236, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Gesetz keine Handhabe für eine einheitliche Betrachtung konzernmäßig verbundener Kapitalgesellschaften für Zwecke der Berechnung der Investitionszuwachsprämie biete; es könne nicht der geringste Zweifel daran bestehen, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Investitionszuwachsprämie für jedes Steuersubjekt (bzw. eine Mitunternehmerschaft als Gewinnermittlungssubjekt) getrennt zu beurteilen seien (mit Hinweis auf Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 108e, Seite 3 sowie Tz 8; Doralt, RdW 2005/506).
Dieser Grundsatz hat auch im gegenständlichen Fall Geltung und können daher ab der auf den Spaltungsstichtag wirkenden Gründung der Berufungsführerin auch einzig die von ihr getätigten Investitionen in die Ermittlung des Investitionszuwachses einbezogen werden. Ebenso zutreffend ist nach Überzeugung des unabhängigen Finanzsenates auch die Vorgehensweise der steuerlichen Vertretung hinsichtlich der Einbeziehung der Anschaffungskosten des Jahres 2000 in die Vergleichsrechnung.
Die Zielsetzung der Investitionszuwachsprämie, den über den Durchschnitt der letzten drei Jahre hinausgehenden Zuwachs an betrieblichen Investitionen zu fördern, und die aus § 108e EStG 1988 hervorgehende betriebsbezogene Betrachtung bedingen, dass im Falle einer (unentgeltlichen oder entgeltlichen) Betriebsübertragung im Vergleichszeitraum auf die Verhältnisse des Rechtsvorgängers abzustellen ist, dh. für die Berechnung des Investitionszuwachses des Betriebes hinsichtlich jenes Zeitraumes des Vergleichszeitraumes, der vor der Betriebsübertragung liegt, die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Rechtsvorgängers maßgebend sind (vgl. Hofstätter/Reichel, a.a.O., § 108e Tz 3).
Im Falle einer Spaltung gehen nach § 14 Abs. 2 Z 1 SpaltG die Vermögensteile der übertragenden Gesellschaft entsprechend der im Spaltungsplan vorgesehenen Zuordnung mit der Eintragung der Spaltung in das Firmenbuch jeweils im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die neue Gesellschaft über. Die Bestimmung sieht damit eine partielle Gesamtrechtsnachfolge vor (vgl. , mit Hinweis auf Ritz, BAO, Kommentar, § 19 Tz 16). Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes besteht bei der Auf- und Zuteilung der Vermögensgegenstände weitestgehende Gestaltungsfreiheit. Welche Vermögensteile übergehen, bestimme sich nach dem Spaltungsplan, wobei auch die partielle Gesamtrechtsnachfolge ipso iure wirke (vgl. k, und die dort angeführten Verweise).
Bei einer Gesamtrechtsnachfolge gehen alle - außer höchstpersönliche - Rechtspositionen eines Rechtssubjektes auf den Rechtsnachfolger über. Der Rechtsnachfolger tritt somit in die gesamte Rechtsstellung seines Rechtsvorgängers ein und zwar bezüglich aller Rechte und Pflichten sowohl in materiell-rechtlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht (Ritz, a.a.O., § 19 Tz 4 und die dort angeführte Judikatur). Da nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 Z 1 SpaltG die laut Spaltungsplan übertragenen Wirtschaftsgüter im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die neue Gesellschaft übergehen, ist die Berufungsführerin insoweit in die Rechtsposition der übertragenden Gesellschaft eingetreten. In diesem Sinne bestimmt auch § 34 Abs. 1 UmgrStG hinsichtlich der steuerlichen Behandlung eines unter das Spaltungsgesetz fallenden Spaltungsvorganges, dass die neue oder übernehmende Körperschaft die zum Spaltungsstichtag steuerlich maßgebenden Buchwerte fortzuführen hat. Damit sind von der übernehmenden Körperschaft auch die steuerlichen Fristen und Bewertungsregeln fortzuführen (vgl. Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, UmgrStG, Kommentar, 3. Auflage, § 34 Tz 1).
Gegenständlich wurde die Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum , die Eröffnungs- und Übertragungsbilanz der Berufungsführerin zum erstellt. Bilanzstichtag ist jeweils der 31. Dezember. Demzufolge sind hinsichtlich des vor dem Spaltungsstichtag liegenden Jahres 2000 die von der übertragenden Gesellschaft in diesem Jahr angeschafften und laut Spaltungsplan von der der Berufungsführerin übernommenen Wirtschaftsgüter in die Vergleichsrechnung einzubeziehen, ist sie doch auch nur hinsichtlich der übertragenen Vermögenswerte in deren Rechtsposition eingetreten. Jede andere Beurteilung würde auch dem Grundsatz einer betriebsbezogenen Betrachtung zuwiderlaufen. Für eine Einbeziehung der von der übertragenden Gesellschaft insgesamt getätigten Investitionen im Sinne der Vorgehensweise des Prüfers bietet das Gesetz somit keine Handhabe. Ebenso besteht aber auch für eine dahingehende Auffassung, dass aufgrund der Abspaltung eine Unternehmensneugründung vorläge und infolgedessen nur der seit der Gesellschaftsgründung zur Verfügung stehende Vergleichszeitraum (gegenständlich sohin zwei Jahre) zur Verfügung stünde, kein Raum (vgl. auch UFSG , RV/0252-G/05) .
Lediglich der Vollständigkeit halber wird ergänzend darauf hingewiesen, dass die gegenständliche Gestaltung auch unter dem Gesichtspunkt eines allfälligen Missbrauchs von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts unbedenklich erscheint. Wenn jene Gesellschaft investiert, die operativ tätig ist, kann dies nach Zorn (in: Hofstätter/Reichel, a.a.O., § 108e Tz 3) keinesfalls als Missbrauch im Sinne einer ungewöhnlichen und unangemessenen Gestaltung gewertet werden. Eine Verlagerung der Investitionstätigkeit von der bisher investierenden Besitzgesellschaft in die bisher nicht investierende Betriebsgesellschaft steht nach dem Gesetz der Prämiengewährung daher nicht entgegen.
Aus den genannten Gründen war der Berufung dem Grunde nach somit Folge zu geben. Hinsichtlich der Höhe der Prämie geht aus der Aktenlage (siehe Mitteilung der steuerlichen Vertretung vom ) hervor, dass die in den Vergleichswert einbezogenen Anschaffungskosten des Jahres 2002 aufgrund der Berücksichtigung eines gebrauchten PC`s (Konto 6100, Position 197) um 1.000,00 € überhöht waren. Infolge der Vermindung des Vergleichswertes auf 65.061,33 € erhöht sich der Investitionszuwachs im Jahr 2003 sohin auf 1.452.874,03 €. Die auf dem Abgabenkonto gutzuschreibende Investitionszuwachsprämie wird daher abweichend von der eingereichten Erklärung mit 145.287,40 € festgesetzt.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 108e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 14 Abs. 2 Z 1 SpaltG, Spaltungsgesetz, BGBl. Nr. 304/1996 |
Schlagworte | Investitionszuwachsprämie betriebsbezogen Spaltung Neugründung partielle Gesamtrechtsnachfolge |
Verweise | RV/0252-G/05 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at