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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 27.07.2010, RV/0615-G/09

Auswärtige Berufsausbildung eines Kindes im Rahmen eines Dienstverhältnisses

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Adresse, vertreten durch die Steirische Wirtschaftstreuhand GmbH & Co KG, 8160 Weiz, Werksweg 104b, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Oststeiermark vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2007 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben. Die Einkommensteuer wird mit € 2.600,63 festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlage und die Berechnung der Einkommensteuer sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) machte im Zuge seiner Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2007 Aufwendungen für die Berufsausbildungen seiner beiden Kinder außerhalb des Wohnortes (jeweils für die Monate September bis Dezember) als außergewöhnliche Belastung geltend.

Mit Einkommensteuerbescheid vom wurden Kosten für die auswärtige Berufsausbildung von Kindern in der Höhe von € 440 als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Eine diesbezügliche (schriftliche) Begründung enthält der Bescheid nicht. In dieser wird hinsichtlich der Abweichungen gegenüber der Erklärung lediglich auf eine telefonische Besprechung verwiesen.

Dagegen richtete sich die Berufung vom . Der Bw., vertreten durch die Steirische Wirtschaftstreuhand GmbH & Co KG, brachte vor, laut Auskunft eines Mitarbeiters der belangten Behörde seien Ausbildungskosten für seine Tochter (Schülerin einer Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege) absetzbar. Um Korrektur der angefochtenen Entscheidung werde daher ersucht. Mit Schreiben vom teilte der Bw. mit, es sei monatlich ein Unkostenbeitrag (Schulbeitrag) in der Höhe von € 115 zu bezahlen und darüber hinaus seien die Aufwendungen für die wöchentlichen Fahrten zur und von der Schule zu tragen.

Mit der Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, in den Fällen, in denen die auswärtige Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolge, stehe der pauschale Freibetrag für die auswärtige Berufsausbildung nur dann zu, wenn - neben anderen Voraussetzungen - von den Eltern Unterhaltszahlungen von nicht untergeordneter Bedeutung für eine Zweitunterkunft am Schulort oder für Fahrtkosten zu leisten seien. Von nicht untergeordneter Bedeutung seien Unterhaltszahlungen der Eltern für Fahrt- oder Internatskosten im Rahmen einer auswärtigen Tätigkeit dann, wenn sie höher als 50% des Pauschbetrages gemäß § 34 Abs. 8 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) seien. Die anfallenden Unterkunfts- und Fahrtkosten würden nach Abzug einer Haushaltsersparnis nicht 50% des Pauschbetrages von € 110 übersteigen.

Mit Schreiben vom stellte der Bw., vertreten durch die Steirische Wirtschaftstreuhand GmbH & Co KG den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Der Bw. legte eine Aufstellung über die von seiner Tochter durchgeführten Fahrten im Zusammenhang mit dem Schulbesuch vor. An den Wochenenden sei ein Verbleiben in der Schule nicht möglich. Vom Wohnort bis zur Schule bestehe keine Busverbindung. Mit dem Koffer für die Bekleidung und für die Schulunterlagen sei die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht möglich. Im Zeitraum Oktober bis Dezember 2007 sei daher von den Eltern 24 mal die Fahrtstrecke nach Graz zurückzulegen gewesen, dies ergebe einen Aufwand von € 937,44. Selbst wenn die Haushaltsersparnis abzuziehen sei, würden diese Kosten den Pauschalbetrag wesentlich übersteigen.

Mit Schreiben des Unabhängigen Finanzsenates vom wurde der Bw. ersucht, eine Schulbesuchsbestätigung für seine Tochter und Unterlagen betreffend die im Zusammenhang mit dem Schulbesuch tatsächlich angefallenen Kosten vorzulegen.

Mit Schreiben vom legte der Bw. eine Bestätigung der Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege des Landes Steiermark vor. Darin wird bestätigt, die Tochter des Bw. besuche seit diese Schule und werde diese voraussichtlich am beenden. Die Tochter habe im ersten Ausbildungsjahr ( bis ) ein Taschengeld in der Höhe von € 80 erhalten. In der ebenfalls vorgelegten Bestätigung des Landesinternats der Krankenpflegeschulen am Landeskrankenhaus Universitätsklinikum Graz wird bescheinigt, für die Wohnmöglichkeit der Tochter des Bw. sei eine Internatsgebühr in der Höhe von € 109,01 eingehoben worden. Weiters legte der Bw. Rechnungen über den Kauf einschlägiger Bücher vor. Der Bw. brachte auch vor, an den Wochenenden müssten die Schüler das Internat verlassen und die Tochter hätte - da zwischen Weiz und dem Wohnort in AA keine Busverbindung bestehe - von den Eltern in Weiz abgeholt werden müssen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten gemäß § 34 Abs. 8 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von € 110 pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Die zu dieser Gesetzesbestimmung ergangene Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl 1995/624, in der Fassung BGBl II 2001/449, bestimmt Folgendes:

"§ 1. Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, liegen nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

§ 2. (1) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden.

(2) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, in der jeweils geltenden Fassung als nicht mehr zumutbar.

(3) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km gelten als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (zB Unterbringung in einem Internat).

§ 3. Erfolgt die auswärtige Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses, steht der pauschale Freibetrag für die auswärtige Berufsausbildung nur dann zu, wenn die Voraussetzungen gemäß §§ 1 und 2 vorliegen und von den Eltern Unterhaltszahlungen von nicht untergeordneter Bedeutung für eine Zweitunterkunft am Schulort oder für Fahrtkosten zu leisten sind."

Die Tochter des Bw. besucht seit die Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege des Landes Steiermark am LKH - Univ. Klinikum Graz. Im verfahrensgegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Die Fahrzeit vom Wohnort der Tochter des Bw. bis zum Ausbildungsort in Graz und vom Ausbildungsort zum Wohnort beträgt - unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels - jeweils mehr als eine Stunde (1 Stunde 54 Minuten bzw. 1 Stunde 40 Minuten). Die Fahrzeit zu den anderen Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege in der Steiermark (Bad Radkersburg, Frohnleiten, Leoben und Stolzalpe) beträgt unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels jeweils mehr als zwei Stunden. Die Tochter des Bw. wohnt am Ausbildungsort in einem Internat und jede Ausbildungsstätte liegt vom Wohnort mehr als 25 Kilometer entfernt.

Ebenfalls unbestritten war im gegenständlichen Fall die Tatsache, dass durch die auswärtige Berufsausbildung der Tochter Mehraufwendungen entstanden sind. Es waren die Kosten für die Unterbringung der Tochter im Landesinternat der Krankenpflegeschulen am Landeskrankenhaus Universitätsklinikum Graz in der Höhe von € 109,01 zu bezahlen. Darüber hinaus wurden Mehraufwendungen durch die Heimreisen an den Wochenenden verursacht. Da die Tochter des Bw. in einem Internat wohnte bzw. wohnt und somit die Fahrtstrecke Wohnort - Ausbildungsort - Wohnort nicht an allen Schultagen zurück gelegt hat bzw. legt, steht ihr - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - die Schülerfreifahrt nicht zu. Die Tochter des Bw. konnte daher für ihre Heimfahrten nur auf die Ermäßigungen im Kraftfahrlinienverkehr zurückgreifen. Entgegen den Angaben des Bw. war bzw. ist es möglich, den Ausbildungsort bzw. den Wohnort mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Verkehrsverbund Steiermark - sieben Zonen) zu erreichen. Die Kosten für die Heimfahrten an den Wochenenden konnten somit durch den Kauf einer so genannten (ermäßigten) Stundenkarte (zwei Stunden gültig) gedeckt werden. Die Kosten für die ermäßigte Stundenkarte für eine einfache Fahrt wurden vom Bw. mit € 6,50 angegeben.

Die auswärtige Berufsausbildung erfolgt im streitgegenständlichen Fall im Rahmen eines Dienstverhältnisses. Wie bereits vorstehend angeführt, muss in einem solchen Fall für die Gewährung des pauschalen Freibetrags zu den Voraussetzungen der §§ 1 und 2 der genannten Verordnung noch hinzutreten, dass die Eltern im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht Unterhaltszahlungen von nicht untergeordneter Bedeutung für eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort oder für Fahrtkosten zu leisten haben. Nach Lehre und Rechtsprechung sind Unterhaltszahlungen der Eltern für Fahrt- oder Internatskosten im Rahmen einer auswärtigen Ausbildung dann nicht von untergeordneter Bedeutung im Sinne des § 3 der Verordnung, wenn sie höher als 50% des Pauschbetrages gem. § 34 Abs. 8 EStG sind (Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer § 34 Einzelfälle Rz 1; Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, EStG9 § 34 Rz 57).

Aufgrund der vorgelegten Bestätigung des Landesinternats der Krankenpflegeschulen am Landeskrankenhaus Universitätsklinikum Graz steht fest, dass die Kosten für die Unterbringung € 109,01 betragen haben. Die Aufwendungen für das Internat am Ausbildungsort sind somit gleich hoch wie der Pauschbetrag gemäß § 34 Abs. 8 EStG und sind daher nicht von untergeordneter Bedeutung. Es bedurfte daher keiner Erwägungen betreffend die Höhe der tatsächlichen Fahrtkosten.

Die von der belangten Behörde vertretene Ansicht, von den Mehraufwendungen seien die Haushaltsersparnis abzuziehen und dann zu prüfen, ob die verbleibende Differenz 50% des Pauschbetrages übersteige, ist unzutreffend und findet weder in Lehre und Verwaltungspraxis, noch in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Stütze.

Da somit die in § 3 der genannten Verordnung normierten Voraussetzungen vorlagen, war die auswärtige Berufsausbildung der Tochter des Bw. als außergewöhnliche Belastung durch Abzug des Pauschbetrages in der Höhe von € 110 pro Monat der Berufsausbildung (Oktober bis Dezember 2007) zu berücksichtigen.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Gegenüberstellung:


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Einkommensteuer:
2.600,63
Einkommensteuer laut Bescheid vom :
2.727,13
Guthaben:
126,50

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at