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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSG vom 14.05.2013, RV/0766-G/12

(Teil-) Nachsicht einer aus einem Sanierungsgewinn resultierenden Einkommensteuer

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Dr. Ursula Leopold und die weiteren Mitglieder Dr. Andrea Ornig, Mag. Petra Kühberger und Dr. Bernhard Koller über die Berufung des Bw., vertreten durch Baldinger & Partner Unternehmens- und Steuerberatungsgesellschaft mbH, 1180 Wien, Ferrogasse 37, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO nach der am in 8018 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Gemäß § 236 BAO wird ein Abgabenbetrag in der Höhe von 421.737,33 Euro unter der Bedingung nachgesehen, dass ein Betrag in der Höhe von 10.813,78 Euro auf das Abgabenkonto einbezahlt wird.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) betrieb in N ein Einzelunternehmen.

Am stellte der Bw. den Antrag an das Landesgericht N , über sein Vermögen das Konkursverfahren zu eröffnen.

Nach der Verwertung des Vermögens durch den Masseverwalter stellte der Bw. am den Antrag auf Abschluss eines Zahlungsplanes in Höhe einer Barquote von 1,5%, die von dritter Seite aufgebracht werde. Um die Auswirkungen des Zahlungsplanes vollständig beurteilen zu können, müssten allerdings noch Besprechungen mit dem Finanzamt 1 hinsichtlich Verlustvorträgen und dem Sanierungsgewinn stattfinden (Schriftsätze vom bzw. vom ).

Der Bericht des Masseverwalters M vom an das Landesgericht N lautet auszugsweise:

"Die zuständigen Referenten des Finanzamtes konnten zwar nicht davon überzeugt werden, dass es sich bei der Restschuldverschreibung im Wege eines Zahlungsplanes um einen begünstigten Sanierungsgewinn handelt, durch Verhandlungen mit der Einbringungsstelle konnte allerdings die Zusage seitens des Finanzamtes erreicht werden, dass die Einkommensteuer auf den Sanierungsgewinn ebenfalls nur in Höhe der mit den Gläubigern vereinbarten Quote eingehoben wird."

Mit dem Beschluss des Landesgerichtes N vom wurde der von der Gläubigerversammlung in der Tagsatzung vom angenommene, nunmehr verbesserte Zahlungsplan bestätigt. Demnach erhielten die Konkursgläubiger eine Barquote von 2,5% ihrer Forderungen (Konkursforderungen insgesamt 1.352.000,00 €) binnen 14 Tagen nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplanes.

Am übermittelte der Bw. durch seinen steuerlichen Vertreter dem Finanzamt 1 den Jahresabschluss zum . Da im Jahr 2004 keine operative Tätigkeit mehr entfaltet worden sei, sei das Jahresergebnis mit dem Sanierungsgewinn ident. Hinsichtlich der Besteuerung des Sanierungsgewinnes werde auf das an das Finanzamt gerichtete Schreiben des Vertreters des Bw. vom verwiesen.

In diesem Schreiben wird ausgeführt, im Zusammenhang mit dem im Konkursverfahren eingebrachten Antrag auf Abschluss eines Zahlungsplanes stelle sich die Frage der Besteuerung des Sanierungsgewinnes, der im Falle der Entschuldung beim Bw. anfalle. Es werde um Mitteilung ersucht, ob die auf den Sanierungsgewinn entfallende Einkommensteuer nur quotenmäßig zu erfüllen sei, weil eine Entschuldung des Bw. nur dann möglich sei, wenn die auf den Sanierungsgewinn entfallende Einkommensteuer nur mit der maßgeblichen Zahlungsplanquote eingehoben werde.

Mit dem Bescheid vom setzte das Finanzamt 1 die Einkommensteuer des Bw. für das Jahr 2004 mit 355.696,29 € fest. Begründend wurde ausgeführt, eine Sanierung des Betriebes im Sinne des § 36 EStG 1988 liege nicht vor. Sanierungsfähigkeit liege nur vor, wenn auch das Merkmal der Wiederherstellung der Ertragskraft des Unternehmens erfüllt sei. Keine Sanierung liege hingegen vor, wenn ein Schulderlass gegenüber einem Unternehmen erfolge, das sich aufgelöst habe bzw. sich im Stadium der Abwicklung befinde. Die bloße Sanierung des Unternehmers und nicht auch des Unternehmens reiche nicht aus, um den Schulderlass der Gläubiger als Sanierungsgewinn ansehen zu können.

In der Eingabe vom beantragte der Bw. die Abschreibung eines Betrages in der Höhe von 426.062,84 €. Der gesamte, aus dem Konkurs mit nachfolgendem Zahlungsplan stammende Abgabenrückstand belaufe sich auf 432.551,11 €. Mitte des Jahres 2004 habe der damalige Gemeinschuldnervertreter Rechtsanwalt R unter Mitwirkung des Masseverwalters M mit einem Organ der Einbringungsstelle des Finanzamtes vereinbart, dass vom endgültigen Abgabenrückstand eine Quote von 1,5% zu entrichten sei. Es werde daher ersucht, einen Betrag von 426.062,84 € abzuschreiben. Der verbleibende Betrag in der Höhe von 6.488,27 € werde vom Bw. - allenfalls in Raten - entrichtet werden.

Dem Bw. wurde am vom Finanzamt 1 formlos mitgeteilt, er habe keine Zusage für eine eventuelle Abschreibung erhalten.

Daraufhin vertrat der steuerliche Vertreter des Bw. in der Eingabe vom die Ansicht, aus der beiliegenden Korrespondenz sei zweifelsfrei erkennbar, dass es nach langwierigen Besprechungen (Vorverhandlungen durch den steuerlichen Vertreter des Bw., schriftliche Eingabe des Rechtsanwaltes R vom an das Finanzamt, Stellungnahme des Masseverwalters M vom an das Landesgericht N) zu dieser Lösung gekommen sei. Dazu wurde der Mailverkehr zwischen den beteiligten Rechtsvertretern des Bw. und dem Masseverwalter vom 22. und vorgelegt, der auszugsweise lautet:

Mail des steuerlichen Vertreters an Rechtsanwalt R und an Masseverwalter M vom :

"Die Verhandlungen mit dem Finanzamt sind abgeschlossen und ich nehme dazu zusammenfassend wie folgt Stellung:

Der Amtsvorstand A und der Fachbereichsleiter F waren nicht davon zu überzeugen, dass es sich bei der Restschuldbefreiung im Privatkonkurs um einen begünstigten Sanierungsgewinn handelt.

Herr A hat mich jedoch an Hrn. E (Leiter der Einbringungsstelle) verwiesen und damit im Endeffekt für eine Lösung im angestrebten Sinne gesorgt.

Herr E hat zugesagt, dass im Falle einer umfassenden Restschuldbefreiung im Privatkonkurs das Finanzamt die Einkommensteuer auf den Sanierungsgewinn nur in Höhe der vereinbarten Quote erheben wird.

Falls Sie diese Aussage schriftlich benötigen, hat Herr E zugesagt, dass er ein entsprechend ausgefertigtes Schreiben abzeichnen würde. ..."

In einem Gedächtnisprotokoll hielt der betreffende Beamte fest, Mitte 2004 hätten Rechtsanwalt R und Masseverwalter M wegen der Entrichtung des bei der Veranlagung für das Jahr 2004 entstehenden Rückstandes bei ihm vorgesprochen. R habe auf eine Entscheidung gedrängt, wonach von der zu erwarteten Nachzahlung lediglich eine Quote von 1,5% zu entrichten sei. Er habe beiden Herren erklärt, dass die Zuständigkeit für eine solche Entscheidung beim Vorstand liege. Es sei vereinbart worden, dass nach Ergehen der Steuerbescheide für das Jahr 2004 ein Termin vereinbart werden solle, um die Situation zu klären.

Das nach der Abtretung des Veranlagungsaktes nunmehr zuständige Finanzamt 2 deutete die Eingabe des Bw. vom als Nachsichtsansuchen im Sinne des § 236 BAO und wies den Antrag mit dem Bescheid vom als unbegründet ab. Es sei richtig, dass mit dem Finanzamt 1 Gespräche über eine Quotenzahlung der Abgabennachforderung geführt worden seien. Aus der vorgelegten Korrespondenz gehe aber hervor, dass es der Masseverwalter für dringend erforderlich gehalten habe, eine schriftliche Bestätigung über die Vereinbarung mit dem Finanzamt zu erlangen. Eine solche befinde sich jedoch weder in den Akten noch sei sie vorgelegt worden. Der Bw. habe daher nicht davon ausgehen können, dass die Abgabenbehörde auf 98,5% ihrer Forderung verzichten werde.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung beruft sich der Bw. zunächst auf eine persönliche Unbilligkeit der Einhebung. Er sei schwer krank und es sei offensichtlich, dass er nicht annähernd in der Lage sei, die Abgabenschuld zu begleichen.

Eine sachliche Unbilligkeit liege auch deshalb vor, weil das durchgeführte Insolvenzverfahren eine Entschuldung des Bw. bezweckt habe und die volle Besteuerung des Sanierungsgewinnes nicht nur zu einer einseitigen Begünstigung des Abgabengläubigers führen würde, sondern auch den Zweck des Insolvenzverfahrens vereitelt hätte. Mittlerweile enthielten auch die EStR einschlägige Regeln. Eine dem Gleichheitsgebot (Gleichbehandlung der Gläubiger) nicht entsprechende Regelung könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. Zur sachlichen Unbilligkeit wurde neuerlich darauf verwiesen, dass seitens des Finanzamtes keine Zusage erteilt worden sei, auf die Einkommensteuer zu verzichten. Die darüber hinaus geltend gemachte persönliche Unbilligkeit der Einhebung habe nicht überprüft werden können, weil ein Vorhalt des Finanzamtes vom Bf. nicht beantwortet worden sei.

In der Eingabe vom beantragte der Bw. die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Nach dem Wortlaut des § 236 BAO ist die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles tatbestandsmäßige Voraussetzung für eine Nachsichtsgewährung. Ist die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung zu verneinen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum ().

Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung kann nach Lage des Falles eine persönliche, in der wirtschaftlichen Situation des Nachsichtswerbers begründete, und/oder eine sachliche, in anderen als persönlichen Umständen begründete, sein und muss stets in den Besonderheiten des Einzelfalles liegen (;; ). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt Unbilligkeit der Abgabeneinhebung im Allgemeinen voraus, dass die Einhebung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen steht, die sich aus der Einziehung für den Steuerpflichtigen oder den Steuergegenstand ergeben ().

Im vorliegenden Fall behauptet der Bw. das Vorliegen einer persönlichen und sachlichen Unbilligkeit der Einhebung der Abgaben.

Die Besteuerung des Sanierungsgewinnes wurde in den letzten Jahren mehrmals geändert. Bis einschließlich 1997 waren Sanierungsgewinne gemäß § 36 EStG 1988 steuerbefreit. Mit dem StruktAnpG 1996 (BGBl 1996/201) wurde die bis dahin bestehende Steuerbefreiung ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 1998 ersatzlos gestrichen. Durch das BudgetbegleitG 2003, BGBl I 2003/71 wurde - nach einer erlassmäßigen Übergangsregelung - in § 36 EStG 1988 die anteilige Nichtfestsetzung der Steuer auf den Sanierungsgewinn verankert (siehe dazu Kanduth-Kristen, Steuerliche Behandlung von Schulderlässen und Sanierungsgewinnen, taxlex 2006, 436 ff.).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. ) setzte die Anwendung des § 36 EStG 1988 dabei voraus, dass ein in Sanierungsabsicht vorgenommener Erlass von Schulden eines sanierungsbedürftigen Betriebes im Rahmen allgemeiner Sanierungsmaßnahmen der Gläubiger vorlag, wobei die Maßnahmen geeignet sein mussten, den Betrieb vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen.

Mit dem AbgÄG 2005 (BGBl I 2005/161, anzuwenden ab ) wurde im Anwendungsbereich des § 36 EStG 1988 die anteilige Nichtfestsetzung der Steuer für Gewinne auf Grund von Schulderlässen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens bestimmt und der Begriff "Sanierungsgewinn" aus § 36 entfernt (siehe dazu nochmals Kanduth-Kristen, taxlex 2006).

§ 36 idF des AbgÄG 2005 setzt also nicht mehr voraus, dass das Unternehmen im Sinne der bis dahin geforderten Sanierungsfähigkeit nach dem Schulderlass fortgeführt wird. Vor dem Jahr 2006 sah § 36 EStG 1988 hingegen keine "unternehmer"bezogene, sondern lediglich eine "unternehmens"bezogene Sanierung vor (siehe dazu die Begründung im Einkommensteuerbescheid 2004 vom ).

Auch wenn die Festsetzung der Einkommensteuer daher eine Auswirkung der im Jahr 2004 geltenden allgemeinen Rechtslage darstellt, weil die Steuerbelastung ihre Ursache nicht in der Abgabeneinhebung, sondern in der Konzeption der Besteuerung der betrieblichen Einkünfte hatte, und Mängel eines Gesetzes, die alle von diesem Gesetz erfassten Abgabepflichtigen berühren, nicht als Unbilligkeiten gelten können, die in den Besonderheiten des Einzelfalles begründet sind (Stoll, BAO, 2438), weshalb eine sachlich bedingte Unbilligkeit der Abgabeneinhebung im Sinne des § 236 BAO aus diesem Grund nicht vorliegt, kann nicht übersehen werden, dass die gesetzliche Regelung in der Praxis offensichtlich unbefriedigend war, weil der ehemalige Betriebsinhaber vielfach nicht in der Lage war, die aus dem Schuldnachlass resultierende Einkommensteuer voll zu entrichten und sich die Abgabenbehörde regelmäßig mit deren Löschung bzw. Nachsicht behelfen musste (siehe Jakom, EStG Kommentar 2008, § 36, Anm. 3 und die dort zitierte Literatur). Der Gesetzgeber hat letztendlich selbst die unerwünschten steuerlichen Folgen des § 36 alte Fassung ab dem Jahr 2006 beseitigt.

Zu prüfen ist weiters das Vorbringen in der Berufung, die Einhebung der auf dem Abgabenkonto des Bw. aushaftenden Abgaben sei auch deshalb sachlich unbillig, weil die volle Besteuerung des Sanierungsgewinnes die mit dem Insolvenzverfahren bezweckte Entschuldung des Bw. unterlaufen würde.

Bereits aus dem Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens vom geht hervor, dass der Bw. im Insolvenzverfahren eine Entschuldung anstrebte: "Der Antragsteller beabsichtigt daher, das Unternehmen nach einer kurzen Phase der Fortführung, in welcher bereits begonnene Aufträge fertig gestellt werden sollen, zu schließen. Ferner beabsichtigt der Antragsteller, im Zuge des Konkursverfahrens die Zuerkennung der Alterspension zu beantragen. Eine Entschuldung des Antragstellers soll nach Verwertung des Vermögens - im Rahmen eines Zahlungsplanes erfolgen."

Nach der Verwertung des gesamten Vermögens (Verkauf der Betriebsliegenschaft, der Fahrnisse, des Kundenstocks sowie Verkauf einer Eigentumswohnung) durch den Masseverwalter stellte der Bw. am an das Landesgericht N den Antrag auf Abschluss eines - von dritter Seite finanzierten - Zahlungsplanes. Dabei war offensichtlich, dass eine Entschuldung des Bw. nur dann eintreten konnte, wenn auch eine Einigung mit dem Finanzamt hinsichtlich der steuerlichen Behandlung des noch festzusetzenden Sanierungsgewinnes erzielt wurde (siehe Schriftsätze vom bzw. vom ).

Zwischen den Verfahrensparteien unbestritten ist, dass diesbezüglich Gespräche mit dem Finanzamt geführt wurden, umstritten ist hingegen das Ergebnis dieser Gespräche.

Das Finanzamt verweist in der Berufungsvorentscheidung vom darauf, dass eine schriftliche Zusage des Finanzamtes, die Einkommensteuer auf den Sanierungsgewinn nur in Höhe der vereinbarten Quote zu erheben, weder in den Aktenunterlagen vorhanden ist noch vom Bw. im Zuge des Nachsichtsverfahrens vorgelegt wurde.

Während der steuerliche Vertreter am dem Vertreter des Bw. im Insolvenzverfahren und dem Masseverwalter per Mail mitteilte, die Verhandlungen mit dem Finanzamt seien abgeschlossen, dieses habe zugesagt, dass es im Fall einer umfassenden Restschuldbefreiung im Privatkonkurs die Einkommensteuer auf den Sanierungsgewinn nur in Höhe der vereinbarten Quote erheben werde, bestreitet der betreffende Beamte, eine solche Zusage erteilt zu haben. Laut mit Mail vom dem nunmehr für die Erhebung der Abgaben zuständigen Finanzamt Graz-Stadt übermittelten Gedächtnisprotokoll sei lediglich vereinbart worden, dass nach Ergehen der Steuerbescheide 2004 noch einmal ein Gespräch zur Klärung der Situation stattfinden solle.

Dem angeforderten Konkursakt des Landesgerichtes N ist zu entnehmen, dass der Masseverwalter im Bericht vom , Punkt 2, auf die Einigung des Gemeinschuldners mit dem Finanzamt im Hinblick auf die Einhebung des Sanierungsgewinnes verwies. Dieser Bericht wurde in der Tagsatzung über die Schlussrechnung und den Verteilungsentwurf vom Masseverwalter vorgebracht und von den anwesenden Gläubigern zur Kenntnis genommen. Ein Widerspruch des Finanzamtes unterblieb (Tagsatzungsprotokoll vom ).

Ungeachtet einer möglichen Missinterpretation der Äußerungen mehrerer in Bezug auf die steuerliche Behandlung des Sanierungsgewinnes kontaktierter Organwalter des Finanzamtes 1 durch den steuerlichen Vertreter des Bw. erfolgte die Annahme des Verteilungsentwurfes durch die übrigen Gläubiger nach der Information des Masseverwalters, dass die Entrichtung des aus dem Wegfall der Verbindlichkeiten resultierenden Sanierungsgewinnes durch den Bw. ebenfalls nur in Höhe der vereinbarten Quote erfolgen werde. Die Einhebung der mit Bescheid vom festgesetzten Einkommensteuer 2004 in der Höhe von 355.696,29 € (inklusive der festgesetzten Anspruchszinsen in der Höhe von 28.747,74 €) ist daher im die Quote von 2,5% übersteigenden Ausmaß sachlich unbillig, weil die Zustimmung der übrigen Gläubiger zum Zahlungsplan und damit zur Entschuldung des Bw. die aus dem Sanierungsgewinn resultierenden Abgaben miteinbezog. Dass der Bw. ein weiteres Insolvenzverfahren hätte anstrengen müssen, um die bei der Abgabenbehörde in Folge des ersten Konkursverfahrens entstandenen Verbindlichkeiten wiederum mit einer Quote von 2,5% abzudecken, ist sachlich nicht vertretbar.

Auch das Vorbringen der Abgabenbehörde, wonach sie nach Ergehen des Einkommensteuerbescheides im Zuge eines neuen Termins "die Situation klären" wollte, lässt darauf schließen, dass seitens des Finanzamtes 1 die Einhebung der Abgabe im gesamten vorgeschriebenen Ausmaß nicht beabsichtigt war.

Der Antrag des Bw. umfasst die zum Zeitpunkt der Antragstellung am am Abgabenkonto aushaftende Abgabenschuld in der Höhe von 432.551,11 € (Einkommensteuer 2004, Anspruchszinsen 2004 und Abgaben aus dem Konkursverfahren, hinsichtlich derer die 2,5%ige Quote noch nicht entrichtet wurde). Abzüglich der 2,5%igen Quote, die der Bw. davon der Abgabenbehörde wie den übrigen Gläubigern zu entrichten hat (10.813,78 €), beläuft sich der nachzusehende Betrag daher auf insgesamt 421.737,33 €.

Angesichts des Vorliegens einer sachlich bedingten Unbilligkeit kann die Prüfung, ob in der Einhebung der streitverfangenen Abgaben darüber hinaus auch eine persönliche Unbilligkeit vorliegt, unterbleiben. Das diesbezügliche Vorbringen des Bw. kann daher auf sich beruhen.

Die Bewilligung der Nachsicht liegt somit im Ermessen der Abgabenbehörde.

Gemäß § 20 BAO sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (vgl. ).

Im Zuge der Ermessensentscheidung gemäß § 20 BAO sind die gleichberechtigten Kriterien der Zweckmäßigkeit, also das öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben und der Billigkeit, d.h. die berechtigten Interessen der Partei, gegeneinander abzuwägen.

Bei der Ermessensübung im Rahmen des Nachsichtsverfahrens ist vor allem das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen zu berücksichtigen (Ritz, BAO4, § 236 Tz 16 mit zahlreichen Judikaturnachweisen). Es sind in diesem Zusammenhang keine Umstände bekannt, die gegen die Gewährung der Nachsicht sprechen würden (als Beispiele werden in der Judikatur etwa die jahrelange Verletzung von Zahlungspflichten gegenüber der Abgabenbehörde, Ausstellung von Scheinrechnungen, keine Führung von Aufzeichnungen, keine Einreichung von Abgabenerklärungen, Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht über mehrere Jahre; vgl. die bei Ritz, BAO4, § 236 Tz 16 angeführten Entscheidungen des VwGH).

Der Bw. hat bereits im Jahr 2007 die Entrichtung einer 1,5%igen Quote der zu diesem Zeitpunkt aushaftenden Abgabenverbindlichkeiten in Aussicht gestellt. Abgesehen davon, dass die Gläubiger im Verteilungsentwurf eine Quote von 2,5% ihrer Verbindlichkeiten erhielten und damit im Hinblick auf die Argumentation des Bw., eine Gläubigerbenachteiligung dürfe nicht stattfinden, auch die auf die Forderungen des Finanzamtes entfallende Quote 2,5% betragen muss, ist eine (Teil-) Entrichtung des Quotenbetrages bis dato nicht erfolgt.

Da das öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben damit nicht völlig in den Hintergrund tritt, und der Bw. nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung für die Entrichtung der Quote an die Abgabenbehörde mittels Bausparvertrag zumindest teilweise vorgesorgt hat, ist die Entrichtung eines Betrages, der der Quote laut Zahlungsplan entspricht, zweckmäßig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at