Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 29.11.2007, RV/1166-W/07

Bestimmtheitsgebot der haftungsgegenständlichen Abgaben, Durchlaufposten

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Karl Kittinger und die weiteren Mitglieder ADir. Helmut Hummel, Gerhard Mayerhofer und Dr. Wolfgang Seitz im Beisein der Schriftführerin Edith Madlberger über die Berufung des Bw., vertreten durch Mag. Böck & Kus Wirtschaftstreuhänder, Steuerberater GmbH, 1130 Wien, Lainzer Straße 53, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg, vertreten durch Herbert Geißler, vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Haftung auf einen Betrag in Höhe von € 2.594,46 statt bisher € 64.897,66 eingeschränkt wird.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde der Berufungswerber (Bw.) gemäß § 9 BAO in Verbindung mit § 80 BAO für Abgabenschuldigkeiten der V.KG in Höhe von € 64.897,66 zur Haftung herangezogen. Diese setzen sich wie folgt zusammen:


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Zeitraum
Abgabenart
Betrag
2003
Umsatzsteuer
18.731,17
2004
Umsatzsteuer
30.468,24
2003
Lohnsteuer
3.035,00
2003
Dienstgeberbeitrag
1.276,00
2003
Dienstgeberzuschlag
119,00
2004
Lohnsteuer
7.160,43
2004
Dienstgeberbeitrag
2.490,77
2004
Dienstgeberzuschlag
221,29
2004
Säumniszuschlag
1.395,76

Zur Begründung führte das Finanzamt lediglich aus, dass der Geschäftsführer der Komplementär-GesmbH für die Abgabenschulden der KG haften würde.

In der dagegen nach Fristverlängerung eingebrachten Berufung führte der Bw. aus, dass ihm vorgeworfen werde, in seiner Funktion als Geschäftsführer, im Vorfeld des am eröffneten Konkursverfahrens das Finanzamt benachteiligt zu haben.

Tatsache sei, dass über das Vermögen der KG am der Konkurs eröffnet worden sei, sowie dass bis auf dem Finanzamtskonto ein Guthaben bestanden habe. Die Gesellschaft habe im Dezember 2003 und Februar 2004 erhebliche Zahlungen an das Finanzamt geleistet. Beobachtungszeitraum für eine allfällige Haftung könne daher erst der Zeitraum ab sein, weil erst ab diesem Zeitpunkt die KG eine Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt gehabt habe.

Der Geschäftsführer könne nur insoweit zur Haftung herangezogen werden, als durch sein schuldhaftes Verhalten Abgaben uneinbringlich würden. In der Beilage befinde sich eine Auflistung der Ausgaben, die die KG ab getätigt habe.

Diese Auflistung ende mit , danach seien sämtliche Zahlungen eingestellt worden.

Insgesamt seien in dieser Zeit Zahlungen an die WGKK, Gehaltsakonti und an Lieferanten im Gesamtbetrag von € 61.036,42 getätigt worden, wobei an das Finanzamt keinerlei Zahlungen getätigt worden seien. Bedauerlicherweise existiere zum Stichtag keine Zwischenbilanz, auch eine aussagekräftige Saldenliste liege nicht vor, aus der die Höhe der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verbindlichkeiten der KG ersichtlich seien. Die Erhebung der zu diesem Stichtag vorhandenen Verbindlichkeiten der KG sei allerdings Voraussetzung zur Beurteilung, in welchem Ausmaß die übrigen Gläubiger gegenüber dem Finanzamt bevorzugt worden seien. Um eine einigermaßen aussagekräftige Zahl über den Stand der Verbindlichkeiten zum ermitteln zu können, werde folgende Berechnung angestellt.

Laut Verteilungsentwurf des Masseverwalters hätten die Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung insgesamt € 550.863,11 betragen. Davon würden auf das Finanzamt € 74.977,30 entfallen. Diesem Betrag seien die Zahlungen des Zeitraumes 25. Februar bis hinzuzurechnen um zum Stand der Verbindlichkeiten per zu gelangen. Der Stand der Verbindlichkeiten zum habe daher € 611.899,53 betragen. Davon hätte die KG im Zeitraum 25. Februar bis € 61.036,42 gezahlt was im Verhältnis zu den Gesamtverbindlichkeiten 10% ausmache. Der Schaden, der dem Finanzamt tatsächlich erwachsen sei, bestehe daher darin, dass die übrigen Gläubiger im Zeitraum ab zu 10% bedient worden seien und betrage somit € 7.498,00.

Es werde daher beantragt, den Haftungsbescheid insoweit abzuändern, dass der Haftungsbetrag auf diesen Betrag reduziert werde.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und führte aus, dass die der Berufung beigelegte Auflistung zwar informativ sei, jedoch nicht ausreiche, da keine genauere Darstellung seitens des Bw. möglich gewesen sei.

Erforderlich wäre:

Für die Umsatzsteuer 2003 und 2004 den Schuldenstand per bzw. und die an das Finanzamt und an sämtliche Gläubiger aufgegliedert geleisteten Zahlungen im Zeitraum ab der Entstehung des Abgabenanspruches der Umsatzsteuer bis zum Fälligkeitstag.

Daraus sei dann die Quote zu errechnen.

Erst für einen diese Quote übersteigenden Betrag könne der Bw. aus der Haftung entlassen werden.

Ausgenommen vom Gleichheitsgrundsatz seien die Lohnabgaben. Diese wären nämlich sofort vom Arbeitslohn einzubehalten und abzuführen. Auch die Auszahlung der Löhne betreffend die Lohnabgaben 4/2004 falle noch in den Zeitraum der Geschäftsführertätigkeit. Denn falls keine Auszahlung mehr erfolgt wäre, wäre eine Richtigstellung der Lohnabgaben erforderlich gewesen. Gegen den Festsetzungsbescheid der Lohnabgaben vom sei aber nicht berufen worden.

Dagegen beantragte der steuerliche Vertreter des Bw. die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz sowie die Anberaumung einer mündlichen Senatsverhandlung.

Mit Schreiben vom brachte der Bw. eine Ergänzung zur Berufung ein und führte im Wesentlichen aus, dass nunmehr ein endgültiges Anmeldeverzeichnis des Masseverwalters vorliege. Die anerkannten Verbindlichkeiten der KG betrügen zum € 529.587,62, wovon auf das Finanzamt € 74.977,30 entfallen würden. Die KG habe Anfang 2004 noch erhebliche Zahlungen an das Finanzamt geleistet, wodurch per sogar ein Guthaben in Höhe von € 3.462,81 bestanden habe. Gegenstand der Betrachtung, ob der Bw. das Finanzamt benachteiligt habe, sei der Zeitraum bis zur Konkurseröffnung.

Zum hätte die Verbindlichkeiten € 590.788,91 betragen. In Relation zu den bezahlten Verbindlichkeiten in Höhe von € 61.201,29 seien daher etwa 10% der Verbindlichkeiten bezahlt worden. Von den Verbindlichkeiten des Finanzamtes in Höhe von € 77.675,54 zum seien € 2.698,24, somit zu 3% bezahlt worden.

Hätte der Bw. die verfügbaren liquiden Mittel eingesetzt, hätte das Finanzamt ebenfalls 10% seiner Forderungen, somit € 7.767,55 erhalten müssen. Tatsächlich habe es € 2.298,24 erhalten, was einen Schaden in Höhe von € 5.069,31 bedeute.

Bei der Berechnung wurde ein Betrag in Höhe von € 5.097,97 außer Ansatz gelassen, da es sich um eine Exekution der WGKK handle.

Weiters habe die KG von der B-Gesellschaft eine Zahlung in Höhe von € 28.624,69 erhalten und am einen Betrag von € 23.138,32 an die Firma U. GmbH überwiesen. Die GmbH sei ein laufender Kooperationspartner der KG gewesen. Die GmbH hätte einen Auftrag der B-Gesellschaft erhalten wollen, den sie aber unter ihrem Namen nicht habe durchführen können. So sei der Auftrag von der KG übernommen worden, die Arbeiten seien allerdings im Subauftrag von der GmbH durchgeführt worden. Das Honorar, welches die KG in Höhe von netto € 28.640,69 inkl. Umsatzsteuer erhalten habe, sei netto abzüglich 3% an die U. GmbH einen Tag nach Vereinnahmung überwiesen worden. Das Geschäft sei daher in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der GmbH und nicht der KG zuzurechnen, da die KG zwar in eigenem Namen aber auf fremde Rechnung gearbeitet habe.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass das grundsätzliche Bestehen der Abgabenschuld und auch die Stellung des Bw. als handelrechtlicher Geschäftsführer außer Streit gestellt werde. Eine Benachteiligung der Abgabenbehörde habe jedoch nicht im vollen Ausmaß stattgefunden. An Hand einer mit Berufungsergänzung vom dargestellten ergänzenden Liquiditätsrechnung werde dargestellt, dass eine Benachteiligung der Abgabenbehörde in einem Ausmaß von ca. € 5.000,00 stattgefunden habe. Diese verbesserte Gleichbehandlungsrechnung basiere auf dem endgültigen Anmeldeverzeichnis im Konkurs, wobei die bezahlten Verbindlichkeiten zwischen und Konkurseröffnung hinzugerechnet worden seien und die verhältnismäßige Befriedigung bzw. Benachteiligung der Abgabenbehörde dargestellt worden sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die dem von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Unbestritten ist, dass der Bw. als Geschäftsführer der V-GmbHfungierte, welche wiederum Komplementärin der V.KG war. Bei einer GmbH & Co. KG wird die Gesellschaft durch die Komplementär-GmbH, somit im Ergebnis durch deren Geschäftsführer vertreten (vgl. Koppensteiner in Straube, HGB, S 170, TZ 7). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat dieser Geschäftsführer die abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen, die der GmbH obliegen und damit auch die abgabenrechtlichen Pflichten, die die KG treffen. Bei schuldhafter Pflichtverletzung haftet er für die Abgaben der KG (vgl. , , , ).

Der Konkurs über das Vermögen der KG wurde am nach erfolgter Schlussverteilung aufgehoben. Die Konkursquote betrug 19,3015%. Die haftungsgegenständlichen Abgaben sind daher entsprechend zu reduzieren.

Der diese Quote übersteigende Betrag ist somit bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.

Was die Uneinbringlichkeit bei der Komplementär-GmbH betrifft, so ist auch diese Voraussetzung für den Eintritt der Ausfallhaftung des Berufungswerbers als Geschäftsführer dieser GmbH erfüllt (vgl. ). Auf die Löschung der GmbH mit Gerichtsbeschluss vom wird diesbezüglich hingewiesen.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.

Spruch des Haftungsbescheides ist die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Betrag einer bestimmten Abgabe.

Werden mehrere Abgabenschuldigkeiten zusammengerechnet und im Haftungsbescheid in einer Summe ausgewiesen, so erfüllt dies nicht das Bestimmtheitsgebot der Bezug habenden Norm, auch wenn diese das gleiche Kalenderjahr betreffen.

Dies schon deshalb, da dem Haftungspflichtigen nicht zugemutet werden kann, für den von ihm zu erbringenden Nachweis der Gläubigergleichbehandlung die tatsächlich der Haftung zugrunde liegenden Abgaben und Beträge sowie deren Fälligkeitstag zu ermitteln.

Eine Umsatzsteuer 2003 und 2004 haftet gemäß Rückstandsaufgliederung nicht aus. Dies gilt auch für die Lohnsteuer, den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2004.

Die am Abgabenkonto aushaftenden Säumniszuschläge 2004 wurden nach der Konkurseröffnung fällig und sind daher auch aus diesem Grunde aus der Haftung auszuscheiden.

Im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot sind nur die Lohnabgaben 2003 mit der Rückstandsaufgliederung ident.

Bezüglich der mit Haftungsbescheid geltend gemachten Lohnsteuer 2003 ergibt sich die schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten durch deren Nichtabfuhr nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 90/13/0143) aus der Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG, wonach jede Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende und einzubehaltende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters darstellt.

Der Haftungsbetrag für die Lohnsteuer 2003 beträgt somit:

€ 3.035,00 laut Bescheid abzüglich Konkursquote (19,3015%) = € 2.449,20

Diese Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz gilt nicht für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (Fälligkeitstag ).

Wie aus dem Sachverhalt ersichtlich, hat der Bw. den Quotenschaden zum mit 7% bzw. € 5.069,31 berechnet.

Dieser Berechnung kann jedoch insoweit nicht gefolgt werden, als nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates die Zahlung an die U. GmbH keinen Durchlaufposten darstellt.

Der Unternehmer darf, soll ein durchlaufender Posten vorliegen, nicht einen eigenen Anspruch geltend machen oder seine eigene Verbindlichkeit erfüllen. Er darf weder Gläubiger noch Schuldner, sondern nur Mittelsmann sein.

Der Bw. gesteht selbst zu, dass die KG den Vertrag mit der B-Gesellschaft abgeschlossen hat und daher Auftragnehmer war. Die Arbeiten wurden gemäß Eingabe vom im Subauftrag von der U.GmbH durchgeführt und diese stand daher mit der KG im Vertragsverhältnis und nicht mit der B-Gesellschaft . Bei dieser Zahlung durch die B-Gesellschaft handelt es sich daher um Einnahmen der KG.

Wie bereits ausgeführt, ist für die Lohnsteuer der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht anzuwenden. Die vom Bw. genannte Zahlung in Höhe von € 2.698,24 betraf die Lohnsteuer 03/04 in Höhe von € 1.972,81 sowie den diesbezüglichen Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag in Höhe von insgesamt € 725,43.

Für die Quotenberechnung war daher nur der Betrag in Höhe von € 725,43 maßgeblich.

Die Höhe der liquiden Mittel betrug demnach € 84.339,61 (€ 61.201,29 lt. Eingabe + € 23.138,32 Zahlung U. ), der gesamten Schulden € 590.788,91 (€ 590.788,91 lt. Eingabe + € 23.138,32) die FA-Verbindlichkeiten € 75.702,73 (€ 74.977,30 lt. Forderungsanmeldung + € 725,43).

Damit ergibt sich hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Dienstgeberbeitrag und Dienstgeberzuschlag 2003 unter Berücksichtigung der Konkursquote ein Quotenschaden in Höhe von € 145,26.

Der Berufung war daher insoweit stattzugeben und die Haftung auf einen Betrag in Höhe von € 2.594,46 einzuschränken.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 78 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte
Durchlaufposten
Lohnsteuer
Bestimmtheitsgebot

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at