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Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSG vom 13.05.2013, FSRV/0017-G/13

Aufschub des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe im Anschluss an Strafhaft durch möglichen sofortigen Antritt eines Beschäftigungsverhältnisses

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 1, in der Finanzstrafsache gegen NN, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. 001, über die Abweisung eines Antrages aufStrafaufschub gemäß § 177 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG)

zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass für die zur Strafnummer 001 verhängte offene Strafe ein Strafaufschub gemäß § 177 FinStrG bis gewährt wird.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist seit dem Jahr 2001 als Unternehmer tätig. Gegen ihn wurden zahlreiche finanzstrafbehördliche Verfahren geführt.

Mit der zuletzt erlassenen Strafverfügung vom wurde über den Bf. wegen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG eine Geldstrafe in der Höhe von 9.000,00 €, im Uneinbringlichkeitsfall ein Monat Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

Da die Geldstrafe nach den Feststellungen der Finanzstrafbehörde erster Instanz nicht einbringlich war, wurde der Bf. am zum Strafantritt aufgefordert bzw. in weiterer Folge die Vorführung zum Strafantritt angeordnet.

Der Finanzstrafbehörde wurde dabei bekannt, dass der Bf. in der Justizanstalt J eine Freiheitsstrafe verbüßt, weshalb diese um den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe im Anschluss an den Vollzug der Freiheitsstrafe ersucht wurde.

Am brachte der Bf. ein Ansuchen umStrafaufschub gemäß §  177 Abs. 1 FinStrG ein. Er begründete dies mit dem Antritt einer Arbeitsstelle, um sich und seine Familie vor dem Wohnungsverlust zu bewahren.

Mit dem Bescheid vom wies das Finanzamt Graz-Umgebung als Finanzstrafbehörde erster Instanz diesen Antrag als unbegründet ab.

Das Vorbringen des Bf. könne nicht nachvollzogen werden, da dieser bereits seit in Strafhaft sei. Sollte sein Vorbringen tatsächlich stimmen, stelle sich die Frage, weshalb die vorgebrachten Gründe bisher noch nicht vorgelegen sein sollten. Die (restliche) Ersatzfreiheitsstrafe betrage nur einen Bruchteil der bereits verbüßten Freiheitsstrafe, weshalb es fraglich sei, dass die vorgebrachten Gründe für einen Strafaufschub erst jetzt vorliegen sollten.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde vom bringt der Bf. vor, die Delogierung seiner Lebensgefährtin habe bisher durch ihren liebevollen und finanziell hilfsbereiten Vater abgewendet werden können, der inzwischen leider verstorben sei. Mit dem Gehalt, das seine Lebensgefährtin verdiene, schaffe sie es nicht, die Wohnung zu halten. Er müsse daher dringend "seine Arbeit antreten", damit eine neuerliche Delogierung abgewendet werden könne.

Nach der Aktenlage ist der Bf. für drei Kinder sorgepflichtig.

Im Zuge einer persönlichen Kontaktaufnahme mit dem Bw. am gab dieser bekannt, dass seine Lebensgefährtin ca. 1.050,00 € monatlich verdiene. Die Miete für die gemeinsame Wohnung betrage monatlich 530,00 €. Der Vater der Lebensgefährtin, der der Familie bisher finanziell ausgeholfen habe, sei am 19. März dieses Jahres verstorben.

Er könne sofort nach seiner Entlassung bei der B.GmbH. ein Dienstverhältnis beginnen. Er werde als Installateur dringend für die Instandhaltung der F benötigt. Dies sei erst kürzlich anlässlich eines Freiganges des Bf. mit A, dem Ansprechpartner des Bf. bei der B.GmbH ., besprochen bzw. bestätigt worden.

Auf Nachfrage der erkennenden Behörde am bestätigte A die Angaben des Bf.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 177 Abs. 1 FinStrG kann die Finanzstrafbehörde erster Instanz bei Vorliegen triftiger Gründe auf Antrag des Bestraften den Strafvollzug aufschieben. Triftige Gründe liegen insbesondere dann vor, wenn durch den unverzüglichen Strafantritt der Erwerb des Bestraften oder der Unterhalt seiner schuldlosen Familie gefährdet würde oder wenn der Aufschub zur Ordnung von Familienangelegenheiten dringend geboten ist. Der Aufschub darf das unbedingt notwendige Maß nicht überschreiten; er soll in der Regel nicht mehr als sechs Monate betragen.

Bei Begünstigungstatbeständen wie einem Antrag auf Strafaufschub tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch Nehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann. Der Begünstigungswerber hat die Voraussetzungen für die Bewilligung eines Strafaufschubes aus Eigenem überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen. Somit hat, soweit die angeführten Voraussetzungen nicht ohnehin offensichtlich bzw. aus der Aktenlage ersichtlich sind, der Antragsteller von sich aus die seiner Ansicht nach maßgeblichen Voraussetzungen für den beantragten Strafaufschub darzulegen bzw. glaubhaft zu machen (vgl. ).

Der Bf. hat in diesem Sinne vorgebracht, dass er dringend "seine Arbeit" antreten müsse, um die Delogierung seiner Familie zu verhindern.

In Verifizierung dieses Vorbringens hat die erkennende Behörde mit dem derzeit in der Justizanstalt J angehaltenen Bf. sowie mit A Kontakt aufgenommen.

Einerseits wurde daher bestätigt, dass der Bf. von der B.GmbH . nach seiner Entlassung als Dienstnehmer übernommen wird.

Weiters hat der Bf. glaubhaft vorgebracht, dass seine Lebensgefährtin mit einem monatlichen Einkommen in der Höhe von 1.050,00 € nicht in der Lage ist, allein für die Miete in der Höhe von 530,00 € monatlich aufzukommen. Mietrückstände, die den Vermieter bereits im Februar 2013 veranlasst haben, eine Räumungsklage einzubringen, konnten nur durch Zahlungen des Vaters der Lebensgefährtin abgewendet werden. Da dieser am verstorben ist, kann mit weiteren finanziellen Zuwendungen von außerhalb nicht mehr gerechnet werden.

Die vom Bf. geltend gemachten triftigen Gründe für einen Strafaufschub liegen daher vor. Durch den Strafaufschub und der Möglichkeit des Bf., als Arbeitnehmer ein Einkommen zu erzielen, ist es nicht nur möglich, eine weitere Räumungsklage in Bezug auf den gemeinsamen Wohnsitz abzuwehren, es besteht nunmehr auch die Aussicht auf eine (zumindest teilweise) Einbringlichkeit der aushaftenden Geldstrafe.

Da nach eigenem Vorbringen des Bf. davon auszugehen ist, dass bis zum Ablauf der nunmehr gewährten Frist zumindest ein Teil der Geldstrafe entrichtet werden wird, sprechen auch Zweckmäßigkeitsgründe für den beantragten Strafaufschub.

Zur Hintanhaltung eines Vollzuges der (restlichen) Ersatzfreiheitsstrafe nach Ablauf der sechs Monate wird dem Bf. die Möglichkeit der Entrichtung der Geldstrafe durch Ratenzahlung in Erinnerung gerufen.

Graz, am

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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at