DB- und DZ-Pflicht eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers
Rechtssätze
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Folgerechtssätze | |
RV/4511-W/02-RS1 | wie RV/1594-W/02-RS1 Sind wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer einer GesmbH infolge der Durchführung der Geschäftsführungstätigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft eingegliedert, sind deren regelmäßige Bezüge DB- und DZ-pflichtig, insbesondere dann, wenn kein Unternehmerrisiko vorliegt. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Susi Rathauscher, gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 23. Bezirk betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 1996 bis 1998 und 1999 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Strittig ist, ob die Bw für die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers (Ges-Gf) DB und DZ zu entrichten hat, weil diese Bezüge zu Einkünften im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 führen.
Herr A ist seit Geschäftsführer (Gf) der Bw und hält laut Firmenbuchauszug vom einen Anteil am Stammkapital von 100 %. Die Bw ist die Rechtsnachfolgerin der B GesmbH, die mit Generalversammlungsbeschluss vom als übernehmende Gesellschaft mit der B GmbH als übertragender Gesellschaft verschmolzen wurde. Die B GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet und der Gf der Bw war seit Gf und 100 % Gesellschafter der B GmbH.
Bei der Bw fand für den Zeitraum bis und 1. Jänner bis eine Lohnsteuerprüfung statt, wobei davon ausgegangen wurde, dass der Gf, Dienstnehmer im Sinne des § 41 FLAG (Familienlastenausgleichsgesetz) iVm § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sei.
Die dagegen erhobene Berufung
begründete die Bw damit, dass
- der Gf seine Entlohnung nach einem
Werkvertrag erhalte,
- die Entlohnung vom Ergebnis abhängig sei,
nicht monatlich ausgezahlt werde und
- die Bezüge nach
Geschäftsgang stark schwankten.
Als Antwort auf einen vom
Finanzamt verfaßten Vorhalt übermittelte die Bw ein an den Magistrat
der Stadt Wien gerichtetes Schreiben vom und einen
ausgefüllten "Fragebogen für Ges-Gf", in dem das Dienstverhältnis
des Gf wie folgt beschrieben wurde:
Es gebe keine fixe Urlaubsregelung,
der Gf habe in den Streitjahren durchschnittlich nur 1-2 Wochen Urlaub
konsumiert und diesen nur tageweise, die Vertretung sowohl bei Urlaub als auch
bei Krankheit werden vom Gf bestimmt, er sei außerdem sowohl im Urlaub als
auch im Krankenstand mit der Bw in telefonischem Kontakt und treffe alle
Entscheidungen, der Gf erhalte keinen Kostenersatz für Aufwendungen, die
ihm aus seiner Tätigkeit erwachsen, der Gf erhielte keine fixen monatlichen
Bezüge, sondern fallweise à conto Zahlungen, die Höhe seiner
Entlohnung werde bei der Bilanzbesprechnung festgelegt, sie sei abhängig
vom Gewinn der Ges, von den Erlösen und vom Cash-flow. Der Gf habe folgende
Aufwendungen zu tragen: die eigene Sozialversicherung, Fahrten für die
Firma, alle sonstigen Reisespesen, die durch seine Tätigkeit für die
Firma anfielen, Kosten für ein Büro, das er in seiner Wohnung
eingerichtet habe, da in der Firma kein Platz sei. Der Gf habe über seinen
Bezug hinaus keinen Ersatz erhalten und das gesamte Unternehmerrisiko
getragen.
In einem Vorhalt vom wurde die Bw schließlich ua ersucht, die Ermittlung der Geschäftsführer-Vergütungen für die vier Streitjahre 1996 bis 1999 rechnerisch, und zwar ausführlich, vollständig und nachvollziehbar darzustellen, damit die Abhängigkeit der Geschäftsführer-Vergütung von den drei Größen (Gewinn, Erlös, Cash-flow) zweifelsfrei erkennbar sei, weiters die behauptete Gewinn-, Erlös bzw Cash-flow-Abhängigkeit der Gf-Vergütung 1998 in Höhe von 1.141.504,72 S zu erklären, wo doch im Geschäftsjahr 1998 ein negatives Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (-56.183,95 S) und ein Jahresverlust laut Umlaufbeschluss vom (-85.533,95 S) erwirtschaftet wurde.
Über die Berufung wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Der Gf ist zu 100 % am Stammkapital der Bw beteiligt und seit als ihr Gf tätig.
Der Gf war auch zu 100 % am Stammkapital der Rechtsvorgängerin der Bw, der B GmbH (Gesellschaftsvertrag vom ) beteiligt und von bis zur Verschmelzung mit der Bw (Generalversammlungsbeschluss vom ) als Gf tätig.
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Bericht über das Ergebnis der abgeschlossenen Lohnsteuerprüfung und dem Arbeitsbogen des Lohnsteuerprüfers.
Dieser Sachverhalt war rechtlich folgendermaßen zu würdigen:
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
§ 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 anzuwendenden Fassung des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. I Nr. 818/1993, normiert u.a.:
Dienstnehmer im Sinne der Regelungen betreffend den Dienstgeberbeitrag sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF StRefG 1993, BGBl. I Nr. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage).
Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausführt, ist § 41 Abs. 2 FLAG dahingehend auszulegen, dass der Verweis auf § 22 Z 2 EStG 1988 lediglich den zweiten Teil (Teilstrich) der letztgenannten Bestimmung erfasst.
§ 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 normiert u.a.:
Unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit fallen die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.
Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25 % beträgt.
§ 47 Abs. 2 EStG 1988 normiert u.a.:
Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Die gesetzliche Grundlage für die Erhebung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag bildet für die Streitjahre 1996 bis 1998 § 57 Abs 7 und 8 des Handelskammergesetzes (HKG), ab 1999 § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).
Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom , 2001/15/0061 und vom , 2001/13/0063, verwiesen.
Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann, werden Einkünfte nach § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,
dass der Gesellschafter-Gf zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,
dass ihn unter Bedachtnahme auf die Einnahmen- bzw. Ausgabenschwankungen kein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis trifft und
dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.
Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 109/00, wird unter Anführung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Anzeichen für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem eine feste Arbeitszeit, ein fester Arbeitsort, die arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Arbeits- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl VwGH-Erkenntnis vom , 2002/15/0160).
Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf das Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft ab, während die Kriterien des Fehlens eines Unternehmerwagnisses und des laufenden Anfallens einer Entlohnung - laut jüngster, revidierter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2003/13/0018 - in den Hintergrund zu treten haben.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitsgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl die Erkenntnisse vom , 99/14/0255, vom , 98/15/0200, vom , 99/14/0339 und vom , 2001/14/0054).
Die Abgrenzung zwischen Dienstvertrag und Werkvertrag erfolgt nach dem tatsächlich verwirklichten Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit. Während beim Werkvertrag ein bestimmter Erfolg geschuldet wird, ist beim Dienstvertrag die Arbeit selbst Leistungsinhalt. Beim Dienstvertrag steht somit eine auf Dauer angelegte Leistungserbringung im Vordergrund. Dass sich ein Gf durch einen anderen Gf vertreten lassen kann, ist nicht unüblich und steht einem Dienstverhältnis des Gf nicht entgegen. Leitende Angestellte können üblicherweise Arbeiten auch an andere Dienstnehmer delegieren. Die Möglichkeit "sich eines geeigneten Vertreters zu bedienen", ist somit durchaus auch im Rahmen eines Dienstvertrages üblich (vgl , , 2000/15/0089, , 98/15/0200). Der Eingliederung in den Organismus der GmbH steht nicht der Umstand entgegen, dass der wesentlich beteiligte Gf für mehrere Gesellschaften als Gf tätig ist (vgl ).
Im vorliegenden Berufungsfall übt der über 100 % des Stammkapitals verfügende Gf der Bw seine Geschäftsführungstätigkeit unstrittig seit vielen Jahren (laut Firmenbuch seit der B GmbH und seit der Bw) aus. Das Merkmal seiner Eingliederung in den betrieblichen Organisamus der Gesellschaft ist zweifelsfrei gegeben.
Die von der berufungswerbenden Gesellschaft vorgebrachten Argumente, wonach die Entlohnung des Gf vom Ergebnis abhängig sei und nicht monatlich ausgezahlt werde, die Bezüge nach Geschäftsgang stark schwankten und der Gf seine Entlohnung nach einem Werkvertrag erhalte - gehen mangels rechtlicher Relevanz der vorgetragenen Sachverhalte ins Leere.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien,
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte | DB Gesellschafter-Geschäftsführer wesentliche Beteiligung regelmäßige Bezüge Unternehmerrisiko Eingliederung in den geschäftlichen Organismus |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at