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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 21.12.2005, RV/0198-F/05

auswärtige Berufsausbildung eines Kindes als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des HS, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2002 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem am Ende der folgenden Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen, das einen Bestandteil dieses Bescheidspruches bildet.

Entscheidungsgründe

In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2002 beantragte der Berufungswerber die Anerkennung des Pauschbetrages von 110 € pro Monat als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 für die auswärtige Berufsausbildung seines Sohnes T.

Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Beträge im Einkommensteuerbescheid für 2002 nicht. In seiner Berufung führte der Berufungswerber in der Folge aus, die Fachhochschule D sei die einzige ihrer Art im Land. Aufgrund des Schulweges von Tsch - L bis D - Fachhochschule, der zeitlich hin und zurück "mehrere Stunden" in Anspruch nehme, liege die Ausbildungsstätte nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung, in der es im Wesentlichen ausführte, die Fahrzeit vom Wohnort zum Studienort betrage bei Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels weniger als eine Stunde. Seinen Berechnungen legte es die Strecke Bahnhof Tsch bis Bahnhof D und umgekehrt zugrunde.

Der Berufungswerber brachte einen Vorlageantrag an die Abgabenbehörde II. Instanz ein. Darin erläuterte er, das Wohnhaus seiner Familie befinde sich mehr als 2 km vom Bahnhof Tsch entfernt (von seiner Gattin wurde diese Angabe später telefonisch dahingehend präzisiert, dass die Entfernung 3,5 km betrage). Seiner Meinung nach müsse man den Weg vom Wohnort zum Bahnhof, auf dem ein Bus verkehre, in die zeitliche Berechnung einbeziehen. Sein Sohn T benötige jedenfalls zwischen 3 und 5 Stunden täglich für die Hin- un Rückfahrt zum/vom Studienplatz.

Über telefonische Nachfrage seitens des unabhängigen Finanzsenates teilte die Gattin des Berufungswerbers mit, der Sohn T habe seine Fachhochschulausbildung im Streitjahr 2002 begonnen, das heiße konkret, er habe die Ausbildungsstätte ab Oktober 2002 besucht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gilt gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 € pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Das Pauschale steht auch dann zu, wenn das Kind nicht auswärtig wohnt, sondern täglich zwischen Wohnort und Ausbildungsort hin und her fährt (Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band III, WUV Universitätsverlag, Wien 2005, TZ 74 zu § 34).

Für die Beurteilung, ob die Ausbildungsstätte außerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes liegt, ist eine Verordnung des BMF ergangen (BGBl. 1995/624).

Diese bestimmt in

  • § 1: Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, liegen nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

  • § 2 Abs. 1: Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort bzw. vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde bei Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden.

  • § 2 Abs. 2: Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar sind.

Unstrittig ist, dass die Ausbildungsstätte D weniger als 80 km vom Wohnort Tsch - L entfernt ist.

Die in obigem § 2 Abs. 2 genannte Verordnung zu § 26 Abs. 3 StudFG 1992 zählt in ihrem § 10 47 Gemeinden in V auf, von denen aus die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort Dzeitlich noch zumutbar ist. Tsch befindet sich nicht darunter. Nach dem Kriterium der Zumutbarkeit liegt daher die Ausbildungsstätte des Sohnes T des Berufungswerbers außerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

Schon diese aus der Verordnungsbestimmung abzuleitende Folgerung würde im Prinzip jede weitere Diskussion entbehrlich machen. Dennoch hat der unabhängige Finanzsenat eine weitergehende Untersuchung der Faktenlage dahingehend angestellt, dass er unter Zuhilfenahme von www.vmobil.at die Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln von L , L-weg 3, nach D , A-straße 1 überprüfte, um auch das Kriterium der Mindestwegzeit abzuklären. Die Einstiegsstelle in das öffentliche Verkehrsmittel (Ortsbus) befindet sich für den Sohn des Berufungswerbers nämlich nicht erst am Bahnhof Tsch , sondern bereits bei der Haltestelle La (hievon unabhängig ist der Umstand, dass T den Bus aufgrund seines frühen Aufbruchs gar nicht benützen kann und den Bahnhof Tsch in Eigeninitiative erreichen muss - als Maßstab gilt gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung BGBl. 1995/624 das schnellste öffentliche Verkehrsmittel), die Ausstiegsstelle befindet sich nicht am Bahnhof D - hier ist wieder in den Stadtbus umzusteigen - sondern bei der Haltestelle Fachhochschule.

Die Auswertung ergab:


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Einstieg Ortsbus L 6:45
Ausstieg D S-brücke 8:15
Einstieg 7:17
Ausstieg D Fachhochschule 9:02
Einstieg 7:52
Ausstieg 9:10
Einstieg 8:22
Ausstieg 10:32
Einstieg 9:22
Ausstieg 11:15
Einstieg 10:22
Ausstieg 12:40

Bzw. betreffend Heimfahrt:


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Einstieg Stadtbus Fachhochschule 13:17
Ausstieg Ortsbus L 15:17
Einstieg14:17
Ausstieg 16:17
Einstieg 15:11
Ausstieg 16:46
Einstieg 16:11
Ausstieg 17:47
Einstieg 16:17
Ausstieg 17:47

Gemäß oben ausgeführtem § 2 Abs. 1 der Verordnung des BMF, BGBl. 1995/624, liegt die Ausbildungsstätte von T somit auch nach dem Kriterium der Mindestwegzeit (eine Stunde in eine Richtung) außerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

Der Berufung war aus den genannten Gründen spruchgemäß stattzugeben, indem pro Monat der Berufsausbildung (3 Monate) ein Pauschbetrag von 110 € in Abzug zu bringen war.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
auswärtige Berufsausbildung
Kriterium der Zumutbarkeit
Kriterium der Mindestwegzeit
Einstiegstelle
Ausstiegstelle
öffentliches Verkehrsmittel
Wohnort
Ausbildungsstätte

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at