Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 28.12.2004, RV/3990-W/02

DB- und DZ-Pflicht eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/3990-W/02-RS1
wie RV/1594-W/02-RS1
Sind wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer einer GesmbH infolge der Durchführung der Geschäftsführungstätigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft eingegliedert, sind deren regelmäßige Bezüge DB- und DZ-pflichtig, insbesondere dann, wenn kein Unternehmerrisiko vorliegt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Herta Hettmer, gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 4., 5. und 10. Bezirk betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für den Zeitraum bis entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob die Bw für die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers (Ges-Gf) DB und DZ zu entrichten hat, weil diese Bezüge zu Einkünften im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 führen.

Herr A ist seit Geschäftsführer (Gf) der Bw und hält laut Firmenbuchauszug vom einen Anteil am Stammkapital von 75 %.

Bei der Bw fand für den Zeitraum bis eine Lohnsteuerprüfung statt, wobei davon ausgegangen wurde, dass der Gf, Dienstnehmer im Sinne des § 41 FLAG (Familienlastenausgleichsgesetz) iVm § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sei.

Von den in den Jahren 1998 bis einschließlich 2001 ausbezahlten Gf-Bezügen von 123.543,82 € (1998), 109.009,25 € (1999), 116.276,53 € (2000) und 58.138,27 € (2001) wurden 4,5 % DB, das sind 18.313,55 € und 0,53 % (1998 und 1999) bzw. 0,52 % (2000) bzw. 0,51 % (2001) als DZ, das sind 2.133,67 € sowie für die private Nutzung des Firmen-PKW (Leasing-Kfz, Audi A 6, 2,5 TDI V 6 Quattro) ab August 1998 wurde von dem hierfür vorgesehenen Sachbezugswert in Höhe von 508,71 € (ds 7.000 S) pro Monat ebenfalls 4,5 % DB, das sind 938,56 € und 0,53 % (1998 und 1999) bzw. 0,52 % (2000) bzw. 0,51 % (2001) als DZ, das sind 108,70 € mit Bescheid vom als Nachzahlung festgesetzt.

Die dagegen erhobene Berufung begründete die Bw damit, dass
- der Gf keineswegs eine regelmäßige Entlohnung erhalte,
- der Gf über das Verrechnungskonto diverse Zahlungen entnehme und jährlich eine Honorarnote für seine Tätigkeit lege
- die Entlohnung als Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit versteuert werde und
- der firmeneigene PKW nur der Bw diene und ausschließlich für Lieferfahrten zur Verfügung stehe und oft schon abends beladen werde, um die Lieferungen des nächsten Tages zu erledigen. Der Gf besitze ein zweites Kfz, das nicht in der Firma gemeldet sei.

Im Rahmen eines Vorhaltes wurde die Bw darauf hingewiesen, dass bei Durchsicht der Jahresabschlüsse auffiele, dass zum einen im Geschäftsjahr 2000 ein negatives Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erwirtschaftet wurde, während das Geschäftsführer-Entgelt in mehr oder weniger unveränderter Höhe ausbezahlt wurde und zum anderen im Geschäftsjahr 2001 das Geschäftsführer-Entgelt im Vergleich zum Vorjahr halbiert wurde, obwohl das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit jenes der Jahre 1998 und 1999 sogar übertroffen habe:


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Jahr
Geschäftsführer-
Entgelt
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
1998
1.700.000
1.703.282,11
1999
1.500.000
1.476.393,93
2000
1.600.000
-28.799,38
2001
800.000
1.933.908,75

In diesem Zusammenhang wurde die Bw ersucht mitzuteilen, aus welcher betriebswirtschaftlichen Kennzahl, Bilanzgröße bzw. Formel sich die Höhe der ausbezahlten Gf-Bezüge ableiten lasse, eine nachvollziehbare Berechnung der Honorare des Gf nachzureichen und die Gf-Bezugs-Konten zu übermitteln. Weiters wurde um die Vorlage des Gf-Vertrages inklusive sämtlicher Vereinbarungen betreffend ergebnisabhängiger Entlohnung ersucht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

  • Der Gf ist zu 75 % am Stammkapital der Bw beteiligt und seit als ihr Gf tätig.

  • Dem Gf wurde von der Bw ab August 1998 ein Leasing-PKW (Audi A 6, 2,5 TDI V 6 Quattro, Anschaffungswert neu inkl. USt + NOVA 669.000 S) zur Verfügung gestellt. Es wurden keine Fahrtenbücher geführt.

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Bericht über das Ergebnis der abgeschlossenen Lohnsteuerprüfung und dem Arbeitsbogen des Lohnsteuerprüfers.

Dieser Sachverhalt war rechtlich folgendermaßen zu würdigen:

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

§ 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 anzuwendenden Fassung des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. I Nr. 818/1993, normiert u.a.:

Dienstnehmer im Sinne der Regelungen betreffend den Dienstgeberbeitrag sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF StRefG 1993, BGBl. I Nr. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage).

Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausführt, ist § 41 Abs. 2 FLAG dahingehend auszulegen, dass der Verweis auf § 22 Z 2 EStG 1988 lediglich den zweiten Teil (Teilstrich) der letztgenannten Bestimmung erfasst.

§ 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 normiert u.a.:

Unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit fallen die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.

Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25 % beträgt.

§ 47 Abs. 2 EStG 1988 normiert u.a.:

Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Die gesetzliche Grundlage für die Erhebung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag bildet für die Streitjahre 1997 und 1998 § 57 Abs 7 und 8 des Handelskammergesetzes (HKG), ab 1999 § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom , 2001/15/0061 und vom , 2001/13/0063, verwiesen.

Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann, werden Einkünfte nach § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,

  • dass der Gesellschafter-Gf zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,

  • dass ihn unter Bedachtnahme auf die Einnahmen- bzw. Ausgabenschwankungen kein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis trifft und

  • dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.

Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 109/00, wird unter Anführung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Anzeichen für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem eine feste Arbeitszeit, ein fester Arbeitsort, die arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Arbeits- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. VwGH-Erkenntnis vom , 2002/15/0160).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf das Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft ab, während die Kriterien des Fehlens eines Unternehmerwagnisses und des laufenden Anfallens einer Entlohnung - laut jüngster, revidierter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2003/13/0018 - in den Hintergrund zu treten haben.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitsgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. die Erkenntnisse vom , 99/14/0255, vom , 98/15/0200, vom , 99/14/0339 und vom , 2001/14/0054).

Die Abgrenzung zwischen Dienstvertrag und Werkvertrag erfolgt nach dem tatsächlich verwirklichten Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit. Während beim Werkvertrag ein bestimmter Erfolg geschuldet wird, ist beim Dienstvertrag die Arbeit selbst Leistungsinhalt. Beim Dienstvertrag steht somit eine auf Dauer angelegte Leistungserbringung im Vordergrund. Dass sich ein Gf durch einen anderen Gf vertreten lassen kann, ist nicht unüblich und steht einem Dienstverhältnis des Gf nicht entgegen. Leitende Angestellte können üblicherweise Arbeiten auch an andere Dienstnehmer delegieren. Die Möglichkeit "sich eines geeigneten Vertreters zu bedienen", ist somit durchaus auch im Rahmen eines Dienstvertrages üblich (vgl. , , 2000/15/0089, , 98/15/0200). Der Eingliederung in den Organismus der GmbH steht nicht der Umstand entgegen, dass der wesentlich beteiligte Gf für mehrere Gesellschaften als Gf tätig ist (vgl. ).

Im vorliegenden Berufungsfall übt der über 75 % des Stammkapitals verfügende Gf der Bw seine Geschäftsführungstätigkeit unstrittig seit mehreren Jahren (laut Firmenbuch seit ) aus. Das Merkmal seiner Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft ist zweifelsfrei gegeben.

Die von der berufungswerbenden Gesellschaft vorgebrachten Argumente, wonach der Gf keineswegs eine regelmäßige Entlohnung erhalte, jährlich eine Honorarnote lege und über das Verrechnungskonto diverse Zahlungen entnehme - gehen mangels rechtlicher Relevanz der vorgetragenen Sachverhalte ins Leere.

Dem Argument der Bw, wonach der Gf "ein zweites Kfz besitze, das nicht in der Firma gemeldet sei" und "der firmeneigene PKW nur für Lieferfahrten zur Verfügung stehe" ist zu entgegnen, dass zum einen von Seiten der Betriebsprüfung festgestellt wurde, dass keine Fahrtenbücher geführt wurden und zum anderen der Vorhalt vom bislang unbeantwortet geblieben ist, in dem versucht wurde die Klärung des diesbezüglichen Sachverhaltes herbeizuführen. Schließlich ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach aus der bloßen Existenz eines Privatfahrzeuges des Gf allein nicht zwingend auf das Unterbleiben jeglicher privater Nutzung des Firmen-Kfz zu schließen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien,

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