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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 31.10.2008, RV/1135-L/06

Sicherstellungsauftrag im Zusammenhang mit Schrotteinkäufen von "missing traders"

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der M GmbH, Adresse, vertreten durch Deixler Mühlschuster Rechtsanwälte GmbH, 4600 Wels, Spitalhof 3a, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels, vertreten durch HR Dr. Josef Moser, vom 7. und betreffend Sicherstellung gemäß § 232 BAO entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Aus Anlass der Berufung wird der Spruch des Sicherstellungsauftrages vom dahin gehend konkretisiert, als die Sicherstellung in das Vermögen der Berufungswerberin (Bw.) zur Sicherung folgender Abgabenansprüche angeordnet wird:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
(voraussichtliche) Höhe
Umsatzsteuer
2/2006
17.356,00 €
Umsatzsteuer
3/2006
347.241,00 €
Umsatzsteuer
4/2006
601.568,00 €
Summe
966.165,00 €

Entscheidungsgründe

Mit Notariatsakt vom errichteten IM und AM die M GmbH. Handelsrechtliche Geschäftsführerin der GmbH ist IM.

Im Zuge einer die Umsatzsteuer für die Zeiträume 1 - 6/2006 umfassenden Außenprüfung stellte der Prüfer im Wesentlichen fest, dass die in der Niederschrift vom , ABNr. 1, näher dargestellten Vorsteuern zu Unrecht geltend gemacht worden seien. Laut Belegen sei die Bw. nahezu ausschließlich von Lieferanten beliefert worden, die nur zum Zweck des Umsatzsteuerbetruges zum Schein gegründet worden seien (so genannte "missing trader"). Sämtliche als "missing trader" qualifizierten Schrottlieferanten hätten die auf den Einkaufsabrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer weder vorangemeldet noch entrichtet. Auf Grund der ungewöhnlichen Begleitumstände der an sie ergangenen Lieferungen hätte die Bw. erkennen müssen, dass ihre Lieferanten hinsichtlich der Umsatzsteuer außerhalb des Gesetzes stehende Manipulationen vornehmen würden.

Die Geschäftsführerin habe anlässlich der Besprechung vom angegeben, mit den meisten Schrottlieferanten keinen persönlichen Kontakt gehabt zu haben. Die Bw. habe zwar UID- und Firmenbuchabfragen durchgeführt und sich gewerbebehördliche Genehmigungen ihrer Lieferanten betreffend vorlegen lassen, doch genüge das schon deshalb nicht, um die bei den gegenständlichen Geschäften vorliegenden Verdachtsmomente zu zerstreuen, weil jede Umsatzsteuerbetrügereien begehende Unternehmen auf die Erfüllung der formalen Voraussetzungen achten werde. Die Erfüllung der Formalvoraussetzungen beim Lieferanten befreie den Abnehmer nicht davon, bei Vorliegen hinreichender Verdachtsmomente weitere Überprüfungen anzustellen.

Mit Sicherstellungsauftrag vom ordnete das Finanzamt die Sicherstellung in das Vermögen der Bw. zur Sicherung nachfolgend dargestellter Abgabenansprüche an:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
(voraussichtliche) Höhe
Umsatzsteuer
Februar 2006
3.542,00 €
Umsatzsteuer
März 2006
80.060,00 €
Umsatzsteuer
April 2006
212,00 €
Summe
83.814,00 €

An die Bw. erging der Hinweis, dass die Sicherstellung sofort vollzogen werden könne und die Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 83.814,00 € bewirke, dass Maßnahmen zur Vollziehung dieses Bescheides unterbleiben bzw. bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben würden.

Begründend wurde ausgeführt, dass die abgabepflichtige Gesellschaft im Jänner 2006 einen Altmetallhandel begonnen habe. Im Zuge einer UVA-Prüfung für die Monate 1 - 6/2006 sei festgestellt worden, dass die Gesellschaft Vorsteuerabzüge betreffend von ihr erstellter Einkaufsabrechnungen geltend gemacht habe, denen keine Lieferung zu Grunde gelegen sei. Das bedeute, dass der auf der Einkaufsabrechnung als Lieferant Aufscheinende kein Unternehmer sei, die Gesellschaft aber von dem, der die Lieferung tatsächlich erbracht habe, weder eine Rechnung erhalten, noch diesem eine Gutschrift erteilt habe, die zu einem Vorsteuerabzug berechtigen würde.

So seien dem angeblichen Einzelunternehmen ZK im Zeitraum 2 - 4/2006 Gutschriften (Einkaufsabrechnungen) mit Umsatzsteuerausweis erteilt worden, obwohl Ermittlungen ergeben hätten, dass es sich dabei nachweislich um einen Obdachlosen handle. Dieser habe im Zuge einer niederschriftlichen Vernehmung erklärt, zahlreiche Schriftstücke im Zusammenhang mit einer auf seinen Namen lautenden Scheinfirma unterfertigt, aber niemals Geschäfte abgewickelt zu haben. Auf Verlangen eines gewissen BC habe er gegen Bezahlung eines geringen Entgeltes (100,00 €) sämtliche von diesem vorgelegte Schriftstücke unterzeichnet.

Im Rechnungswesen der Gesellschaft befänden sich für den Zeitraum 2 - 4/2006 Eingangsrechnungen des fingierten Einzelunternehmens ZK in Höhe von 502.897,13 €, sodass ein Vorsteuerabzug von 83.814,00 € zu Unrecht geltend gemacht worden sei.

Die Abgabenbehörde könne, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung zu begegnen, nach Entstehen des Abgabenanspruches bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit einen Sicherstellungsauftrag erlassen. Eine Gefährdung bzw. Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben sei zu befürchten, weil die abgabepflichtige Gesellschaft nach den vorgelegten Unterlagen und Ermittlungsergebnissen über kein entsprechendes Vermögen verfüge, um die noch vorzuschreibende Umsatzsteuer zu begleichen. Darüber hinaus befänden sich im Rechnungswesen der Gesellschaft Einkaufsabrechnungen an mehrere derartige Scheinfirmen. Ermittlungen dazu seien im Gange.

Mit weiterem Sicherstellungsauftrag vom ordnete das Finanzamt die Sicherstellung in das Vermögen der Bw. zur Sicherung der Umsatzsteuer 1 - 4/2006 in Höhe von 966.165,00 € an.

In der Begründung verwies das Finanzamt auf den Sicherstellungsauftrag vom und führte aus, dass die UVA-Prüfung für den Zeitraum 1 - 4/2006 zu einer voraussichtlichen Abgabennachforderung von 1.049.979,00 € führen werde. Die Begründung zu dieser Abgabennachforderung sei sowohl der Geschäftsführerin als auch der steuerlichen Vertreterin der Bw. mit Schreiben vom sowie dem Rechtsbeistand am gesondert übermittelt worden. Der sicherzustellende Abgabenbetrag ergebe sich aus der Differenz zwischen der gesamten voraussichtlichen Nachforderung und dem bereits im Sicherstellungsauftrag vom ausgewiesenen Betrag.

Zur Gefährdung bzw. Erschwerung der Einbringlichkeit wurde wiederum auf das fehlende Vermögen der Gesellschaft verwiesen.

Mit Eingabe vom berief die Bw. gegen beide Sicherstellungsaufträge. Wegen Ermessensmissbrauchs sowie grob sorgfaltswidriger Rechtsverletzung und Verfahrensmängeln seien beide Sicherstellungsaufträge ersatzlos aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass es bei Zutreffen der Voraussetzungen im Ermessen der Abgabenbehörde stehe, zur Hintanhaltung einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung einer Abgabe einen Sicherstellungsauftrag zu erlassen. Die Abgabenschuld müsse zumindest dem Grund nach feststehen. Im konkreten Fall sei die materiellrechtliche Grundlage für das Entstehen des Abgabenanspruches im Umsatzsteuergesetz (UStG) geregelt. Strittig sei die Rechtmäßigkeit des Vorsteuerabzuges dem Grunde nach. Aus Sicht der Bw. bestehe der begründete Anspruch auf Vorsteuerabzug, wie von ihr im Wege von Rechnungsgutschriften dokumentiert und vollzogen, zu Recht und könne an der Unternehmereigenschaft der in Rede stehenden Lieferanten in den engen Grenzen der gesetzlichen Voraussetzungen, die das UStG selbst regle, kein Zweifel bestehen. Die Argumentation des Finanzamtes gehe ins Leere; insbesondere gründeten sich die vom Finanzamt seiner Rechtsanschauung zu Grunde gelegten Erhebungsergebnisse auf unbewiesenen Behauptungen, Vermutungen und nicht auf stichhaltigen Beweisen und Tatsachen. Von der Einbringung einer Abgabe als Wesenselement des § 232 BAO könne auf Grund der gesetzlich abgestuft geregelten Vorgehensweise, die sich in erster Linie an die Abgabenbehörden als Normadressaten richte, keine Rede sein, weil sämtliche Voraussetzungen für eine Einbringung (das bedeute zwangsweise Einhebung) nicht vorlägen.

Das Finanzamt habe das Ermessen unrichtig geübt, Verfahrensmängel begangen und seine Erhebungs- und Begründungspflicht nicht erfüllt. Darüber hinaus werde der vorgehaltene Sachverhalt zur Gänze bestritten. Um Wiederholungen zu vermeiden, sei auf die dem Finanzamt übermittelte Stellungnahme vom zu verweisen.

Der durch das Finanzamt vorgehaltene Sachverhalt sei aus mehreren Gründen unrichtig und entbehre jeglicher Grundlage, sodass der Vorsteuerabzug zustehe:

a) Bei den angeblichen "Scheinfirmen" handle es sich um Unternehmer und habe die Bw. diesbezüglich ein Unterlagenkonvolut vorgelegt. Insbesondere seien umfangreiche Beweisanträge gestellt worden, so auf Einvernahme der diversen Unternehmer, deren Handlungsbevollmächtigten, auf Einholung der CMR-Papiere, aus welchen die tatsächliche Unternehmereigenschaft, die Tragung des Unternehmerrisikos und die Verschaffung der Verfügungsmacht durch die "Scheinfirmen" hervorgehe;

b) die teilweise durch Handlungsbevollmächtigte vertretenen Geschäftspartner der Bw. hätten auch durch diese Stellvertretung Unternehmereigenschaft erlangt; dies deshalb, da Unternehmer nicht nur derjenige sei, der die Leistung in eigenem Namen erbringe, sondern auch der, in dessen Namen die Leistung erbracht werde;

c) in der genannten Stellungnahme habe die Bw. auch umfangreich dargelegt, dass sie sämtliche zumutbaren und möglichen Maßnahmen zur Überprüfung der Lieferanten getroffen habe. Sie habe keine Kenntnis von allfälligen unlauteren Absichten gehabt und habe auf Grund der ergriffenen Maßnahmen auch in keiner Weise eine fahrlässige Unkenntnis derselben verschuldet. Die Bw. habe sämtliche nach der Judikatur - so - erforderlichen und zumutbaren Schritte gesetzt, sodass der Haftungsgrundlage des § 27 Abs. 9 UStG jegliche Grundlage entzogen sei.

Ein Abgabentatbestand liege selbst dem Grunde nach nicht vor, sodass die Erhebung der Umsatzsteuer aus dem vom Finanzamt angenommenen Grund der unrechtmäßigen Inanspruchnahme eines Vorsteuerabzuges in keinster Weise rechtlich abgesichert sei und die Grundlage für die Bescheiderstellung zu keinem Zeitpunkt vorgelegen sei. Der Bescheid greife in exzessiv rechtswidriger Weise in die teils verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte der Abgabenschuldnerin ein. Der Bescheid sei, den Ermessensgebrauch betreffend, als eklatante Rechtsverletzung zu qualifizieren und daher sofort aufzuheben. Der Sicherstellungsauftrag sei rechtswidrig, weil kein Grund für eine Abgabennachforderung vorliege.

Vor Ergehen der Sicherstellungsaufträge habe die Bw. keine Gelegenheit gehabt, zu den Vorwürfen bzw. den Abgabennachforderungen Stellung zu nehmen. Das Finanzamt habe zwar eine Stellungnahmefrist bis und eine Besprechung für vereinbart, die Sicherstellungsaufträge aber zuvor ohne Warnung und ohne Einhaltung dieser Frist erlassen. Nach der Judikatur () habe die Behörde dem Bescheidadressaten aber selbst bei einem Sicherstellungsauftrag Gelegenheit zur Äußerung zum Entstehen des Abgabenanspruches dem Grunde nach zu geben. Gegenständlich sei das Recht auf Parteiengehör eklatant verletzt worden.

Zur behaupteten Gefährdung bzw. Erschwerung der Einbringung habe das Finanzamt keine Erhebungen getätigt und der Bw. keine Gelegenheit zur Stellungnahme geboten.

Die Bw. habe die strittigen Umsatzsteuerbeträge durch Zahlung der diesbezüglichen Rechnungsteile an die Lieferanten vorfinanziert. Die Bw. habe daher einen Rückzahlungsanspruch gegenüber der Behörde. Die Beträge beträfen lediglich eine von der Behörde verweigerte Auszahlung des Vorsteuerguthabens und seien daher schon begrifflich keine Erschwerung oder Gefährdung der Abgabenschuld gegeben.

Das Finanzamt habe nicht dargelegt, warum eine Gefährdung oder Erschwerung vorliege, die jeweils im Einzelfall zu beurteilen sei. Es habe auch nicht dargelegt, warum nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheine. Unter Hinweis auf das VwGH-Erkenntnis vom , 95/15/0057, führte die Bw. aus, dass dies der Judikatur widerspreche, wonach der Annahme der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung entsprechende Tatsachenfeststellungen zu Grunde liegen und diese Tatsachen begründet sein müssten.

In einer Berufungsergänzung vom und der Stellungnahme vom führte die Bw. zur Unternehmereigenschaft des HK aus, dass ein Schreiben der Fa. MK, Handelsgewerbe & Handelsagenten, Adresse1, an die Fa. H GmbH vorgelegt werde, aus dem hervorgehe, dass die Fa. MK Ware an HK verkauft habe und dieser die Ware wiederum an die Fa. H GmbH weiter veräußert habe. Dieses Schreiben, auf dem auch die UID-Nummer und die Steuernummer angeführt seien, bekräftige den Standpunkt der Bw., dass die Fa. HK keine Scheinfirma, sondern tatsächlich im geschäftlichen Verkehr tätig gewesen sei. HK habe diese geschäftlichen Tätigkeiten an der Adresse Adresse2, durchgeführt, sodass die Rechnungslegung der Bw. richtig gewesen sei.

Für die Vorsteuerabzugsberechtigung genüge die bloße UID-Adresse selbst dann, wenn ab einem bestimmten Zeitpunkt die tatsächliche Firmenadresse und die UID-Adresse nicht mehr übereinstimmten. Die Judikatur, wonach eine falsche Adresse den Vorsteuerabzug zu versagen vermöge, sei nicht einschlägig, weil dieser Judikatur Zeiträume zu Grunde lägen, die vor dem (Einführung der UID-Adresse in Österreich) gewesen seien. Die Vergabe der UID-Nummer erfolge nunmehr in Bescheidform, sodass die ausstellende Behörde ein Ermittlungsverfahren nach rechtsstaatlichen Prinzipien durchzuführen habe. Die Behörde sei dabei hoheitlich tätig, weshalb die UID-Nummer (mit Adresse) vertrauenschützende Wirkung für den Rechnungsempfänger entfalte.

Im Kommentar von Kolacny/Caganek sei ausgeführt, dass, da eine Bestätigung einer österreichischen UID in Österreich durch das UID-Büro nicht möglich sei, der österreichische Leistungsempfänger die Möglichkeit habe, sich durch Beschaffung einer Bescheidkopie über die UID des leistenden Rechnungslegers von der Richtigkeit derselben zu überzeugen und sich abzusichern. Danach vertrete das BMF die Auffassung, dass der Rechnungs- und Leistungsempfänger, der über eine Kopie des UID-Bescheides verfüge und dessen Eingangsrechnung mit den Daten des kopierten UID-Bescheides übereinstimme, in seinem berechtigten Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben im UID-Bescheid (Name, Adresse, etc.) geschützt sein müsse.

Die Bw. sei daher hinsichtlich HK zum Vorsteuerabzug berechtigt. Auf das , wonach das gemeinsame Mehrwertsteuersystem nicht erlaube, die Vorsteuer zu versagen, wenn die Machenschaften des Verkäufers nicht bekannt seien, sei zu verweisen. Genau dieser Fall liege gegenständlich vor. Auch die jüngste Entscheidung des , ändere nichts an der bisherigen Rechtsprechung, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der alle vernünftigerweise zu erwartenden Maßnahmen treffe, um sicher zu stellen, dass sein Umsatz nicht in einen Betrug einbezogen werde, auf die Rechtmäßigkeit der Umsätze vertrauen könne. Wie bereits ausführlich dargelegt, habe die Bw. diese Maßnahmen getroffen.

Im vorgenannten Urteil bzw. auch im Urteil vom , C-384/04, führe der EuGH aus, dass eine gesamtschuldnerische Inanspruchnahme lediglich möglich sei, wenn der Steuerpflichtige gewusst habe oder für ihn hinreichende Verdachtsgründe bestanden hätten, dass die fällige Mehrwertsteuer ganz oder teilweise unbezahlt bleiben werde. Dieses "Wissen-Müssen" präzisiere der EuGH dahin gehend, dass solche Verdachtsgründe dann zu vermuten seien, wenn die zu zahlenden Preise für den Empfänger der Ware niedriger seien als die niedrigsten Preise dieser Waren auf dem freien Markt.

Eine derartige Preisgestaltung habe gegenüber der Bw. aber nicht vorgelegen und habe diese zu keiner Zeit den Verdacht gehegt bzw. hegen müssen, dass steuerliche Malversationen auftreten würden. Würden derart umfangreiche Maßnahmen wie von der Bw. gesetzt nicht ausreichen, um den Vorsteuerabzug zu erlangen, wäre dies für ganze Wirtschaftszweige fatal.

Die Verpflichtungen gegenüber dem Unternehmer dürften nicht überspannt werden, sondern sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

Im vorliegenden Fall seien keine sonderbaren Geschäftsbedingungen oder außerhalb der Norm gelegene Rechnungs- oder Verrechnungskonditionen vorgelegen und habe die Geschäftsführerin der Bw. jederzeit Ansprechpartner gehabt, mit denen persönlicher Kontakt gepflogen worden sei. Die Bw. habe alle Kriterien, die auch von Laudacher, SWK 23/24, 927 (richtig wohl: SWK 23/24/2006, S. 667) als maßgeblich für den Vorsteuerabzug angesehen würden, erfüllt. Die Bw. habe von den Umsatzbetrügereien nichts gewusst, habe davon nichts wissen können und nichts wissen müssen. Vielmehr habe sie alle ihr zumutbaren und der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Maßnahmen getätigt.

Mit Schreiben vom hatte der Prüfer sowohl der Geschäftsführerin als auch der steuerlichen Vertretung der Bw. die beabsichtigte Nichtanerkennung von Vorsteuern in Höhe von insgesamt 1.049.979,53 € zur Kenntnis gebracht und diese zu einer Stellungnahme aufgefordert.

In der Stellungnahme vom , auf welche die Berufung mehrfach Bezug nimmt, führte die Bw. zur Feststellung des Prüfers, wonach die Unternehmereigenschaft bei den Rechnungsausstellern bzw. den Empfängern der Gutschriften und Einkaufsrechnungen nicht gegeben sei, im Wesentlichen aus, dass die Bw. alle erdenklichen Maßnahmen zur Überprüfung ihrer Geschäftspartner getroffen habe und der Vorwurf, die Bw. hätte einen Verdacht gehegt, dass es sich bei ihren Geschäftspartnern um Scheinfirmen handle, vehement bestritten werde.

IM sei seit Geschäftsführerin der Bw. und zuvor drei Jahre lang im Unternehmen ihres Vaters, der ebenfalls im Schrott- und Metallwarenhandel tätig sei, als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt gewesen. IM habe daher diverse Kontaktpersonen persönlich kennen gelernt und mit diesen bereits seit Dezember 2004 (ZK) bzw. 3/2005 (SM) unbedenkliche Geschäfte getätigt und deren Steuernummern und UID-Nummern regelmäßig überprüft.

Der Versuch ihres Vaters, direkt in Ex-Jugoslawien einzukaufen, habe sich als sehr kompliziert und riskant erwiesen, da es Kommunikationsschwierigkeiten gegeben habe und Ausländer immer benachteiligt worden seien. Die Bezahlung der Waren habe direkt in Jugoslawien erfolgen und die Beladung den gesamten Zeitraum über kontrolliert werden müssen, da andernfalls die dortigen Händler schlechte Ware aufgeladen hätten. Eine Lieferung sei beim Transport nach Österreich überfallen und die komplette Ladung entwendet worden. Gerichtliche Schritte hätten zu keinem Ergebnis geführt, sodass ein die Existenz bedrohender Schaden von mehr als 30.000,00 € entstanden sei.

Durch diese schlechten Erfahrungen im Unternehmen ihres Vaters habe die Bw. von Anfang an die Ware frei Lagerplatz Kunde erworben und in der Folge direkt vor Ort mit dem Kunden und dem Lieferanten abgerechnet. Diese Vorgangsweise habe der Minimierung geschäftlicher Risiken (Transportdiebstahl, Verwendung schlechter untergemischter Ware, keine Vorfinanzierung) gedient, hätte aber keinesfalls umsatzsteuerrechtlichen Malversationen Vorschub leisten sollen.

Nach detaillierter Schilderung der Abwicklung der Lieferungen führte die Bw. weiter aus, dass sie beim ersten Geschäftskontakt mit einem Lieferanten sämtliche Daten (Gewerbeschein, Firmenbuchauszug, Ausweiskopie, ATU-Nr. Bescheid und -abfragen) verlangt und die Unterlagen regelmäßig auf ihre Gültigkeit hin überprüft habe. Diese Vorgangsweise und die Abwicklung der Transaktionen seien in der gegenständlichen Branche üblich. Die Abrechnung über Einkaufsgutschriften sei IM im Unternehmen ihres Vaters sogar durch eine Prüferin des Finanzamtes nahe gelegt worden.

Zu den einzelnen Lieferanten brachte die Bw. - neben der Darlegung der im Einzelnen eingeholten Auskünfte - Folgendes vor:

a) ZK:

Gewerberegisterauszug vom

MwSt-Nummernabfragen vom und

Schreiben des Finanzamtes Wien 9/18/19 vom

Dass ZK Unternehmer im Sinne des UStG sei, sei auch aus der niederschriftlichen Befragung des BC am zu entnehmen. Dieser habe angegeben, dass er zum Büro des ZK, Adresse3, gefahren sei und von diesem Rechnungen ausgestellt worden seien. Dem Schreiben des Finanzamtes sei das Vorliegen eines Regelbesteuerungsantrages zu entnehmen. Da eine derartige Antragstellung durch eine Scheinfirma nicht erfolgen würde, spreche auch dies für die Unternehmereigenschaft des ZK. Die dem SM erteilte Vollmacht, der die Geschäfte teilweise operativ abgewickelt habe, schade nicht, weil der Vertretene auch in diesem Fall als Unternehmer anzusehen sei.

b) MB:

Nachweis über die Erfassung als Unternehmer vom

Bescheid über die Erteilung der UID

Steuernummer-Bescheid des Finanzamtes vom

Auszug aus dem Gewerberegister vom

Firmenmäßig gefertigte Einverständniserklärung für Einkaufsgutschriften vom

Firmenmäßig gefertigter Auftrag der Fa.MB an die L AG & Co KG vom

Auszug aus dem Melderegister vom

Reisepasskopie

Firmenmäßig gefertigte Auftragsbestätigung für Überweisungen vom

MB sei im Geschäftsverkehr mit der Bw. selbst aufgetreten und sei daher dessen Unternehmereigenschaft für die Bw. evident gewesen. Darüber hinaus existiere Korrespondenz zwischen der Bw. und der Fa. MB. Die vom Finanzamt in den "Besprechungspunkten" angeführten Aussagen des MB seien aus dem Zusammenhang gerissen und gäben den Kern seiner Aussage nicht wieder. Er habe bei seiner Einvernahme dargetan, dass er ein Büro in der Adresse4, gehabt habe und ständig mit dem Warenein- und verkauf unterwegs sei. Die der Bw. auf der Korrespondenz vorliegenden Unterschriften des MB stimmten mit derjenigen im Reisepass überein, sodass von einer Fälschung keine Rede sein könne.

c) HK:

Steuernummer-Bescheid des Finanzamtes Linz vom

Bescheid über die Erteilung der UID vom

Gewerberegisterauszug vom

Handlungsvollmacht an FS vom samt Reisepasskopie

Notariell beglaubigte Vollmacht von HK an SM vom

Mwst-Nummernabfrage vom , und

Firmenmäßig gefertigte Korrespondenz vom

Die Adresse des HK gehe aus all diesen Unterlagen hervor. Die nunmehrige Geschäftsadresse sei dem Finanzamt durch seine Erhebungstätigkeit bekannt und werde beantragt, diese unverzüglich bekannt gegeben.

Das Finanzamt habe die Besteuerungsgrundlagen des HK geschätzt und sei damit vom Vorliegen eines Unternehmens auszugehen.

d) BM:

Firmenmäßig gefertigte Einverständniserklärung zu Einkaufsgutschriften vom

Bescheid über die Erteilung der UID vom

Steuernummer-Bescheid vom

Gewerberegisterauszug vom

Notariell beglaubigte Vollmacht des BM an BC vom

MwSt-Nummernabfragen vom 8. Februar, 6. März und

BM werde in der Niederschrift vom als Unternehmer bezeichnet, und BC spreche eindeutig vom Unternehmen des BM. Dieser habe dem Finanzamt Wien nach der Niederschrift ein Konvolut von Eingangs- und Ausgangsrechnungen über die getätigten Warenlieferungen vorgelegt, sodass es geradezu absurd erscheine, von einer Scheinfirma zu sprechen.

e) SM:

Firmenmäßig gefertigte Einverständniserklärung für Einkaufsgutschriften vom

Bescheid über die Erteilung der UID vom

Gewerberegisterauszug vom

Vollmacht des SM an MO vom

ATU-Nummernüberprüfungen vom 8. Februar und

SM trete bereits seit Jahren als Unternehmer auf und sei der Geschäftsführerin der Bw. aus diversen Geschäften persönlich bekannt. Das Finanzamt führe selbst aus, dass SM Umsätze ausgeführt und diese nicht der Umsatzsteuer unterzogen habe. Eine allfällige Abgabenhinterziehung sei aber für das Vorliegen der Unternehmereigenschaft nicht hinderlich.

f) S GmbH:

Hinsichtlich dieses Unternehmens habe die Bw. MwSt-Nummernabfragen getätigt und einen Firmenbuchauszug eingeholt. Im Vertrauen auf die im Firmenbuch angeführte Adresse seien die Gutschriften an diese Adresse ausgestellt worden. Die Nichtberücksichtigung dieser Adressänderung könnten der Bw. nicht zur Last gelegt werden, da die Änderung erst unmittelbar zuvor erfolgt sei.

g) SS:

Firmenmäßig gefertigte Einverständniserklärung für Einkaufsgutschriften vom

Bescheid über die Erteilung der UID

Auszug aus dem Gewerberegister vom

SS sei bei den Lieferungen an die Bw. ebenfalls persönlich aufgetreten und habe Rechnungen ausgestellt, sodass nicht nur über Einkaufsgutschriften abgerechnet worden sei.

h) VV:

Firmenmäßig gefertigte Einverständniserklärung für Einkaufsgutschriften

Gewerberegisterauszug

Auszug aus dem Melderegister vom

Bescheid über die Erteilung der UID vom

MwSt-Nummernabfrage vom

VV sei im Geschäftsverkehr aufgetreten und der Antragstellerin bekannt.

Das Vorliegen dieser Unterlagen sei einerseits für die Unternehmereigenschaft der Lieferanten bedeutsam, andererseits dafür, dass die Bw. sämtliche im Geschäftsleben zumutbare Überprüfungsmöglichkeiten ausgeschöpft und diese regelmäßig wiederholt habe.

Gegenständlich hätten die Lieferanten der Bw. allesamt umfangreiche Geschäftsabwicklungen im Schrotthandelsbereich getätigt und seien selbstständig aufgetreten. Die Lieferanten hätten auf eigene Rechnung den Transport der Ware organisiert und bei Ablieferung der Bw. die Verfügungsmacht über die Ware verschafft. Die Verzollung bzw. Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer sei ebenfalls durch die Lieferanten erfolgt, weil andernfalls eine Lieferung frei Platz Kunde nicht hätte stattfinden können. Die Lieferungen seien nicht mehr plombiert gewesen, woraus sich die Verzollung durch die Lieferanten eindeutig ergebe. Im Zusammenhang mit den durch die Bw. beschafften Gewerberegisterauszügen, den Steuernummernbescheiden, den MwSt-Nummernüberprüfungen, den notariellen Vollmachten oder den firmenmäßig unterfertigten Unterlagen sei von der Unternehmereigenschaft der Lieferanten auszugehen.

Unternehmer sei nicht nur der, der die Leistung in eigenem Namen erbringe, sondern auch der, in dessen Namen die Leistung erbracht werde. Bei gewillkürter Stellvertretung sei Unternehmer sohin der Vertretene und nicht der Vertreter. Selbst wenn man der Argumentation der Abgabenbehörde folgen würde, dass die diversen Bevollmächtigten der Lieferanten die faktischen Lieferanten und Geschäftspartner seien, wären nichtsdestotrotz die Vertretenen, sohin die Herrschaften ZK, MB, HK, etc., die tatsächlichen Unternehmer, sodass der Bw. der Vorsteuerabzug jedenfalls zustehe.

Die Bw. stellte den Antrag auf Einholung der bezughabenden CMR-Frachtbriefe zwecks Überprüfung der darin enthaltenen Daten, da dort die Lieferanten der Bw. als Vertragspartner angeführt seien und dies die Unternehmereigenschaft untermauere. Weiters beantragte sie die Einvernahme des ZK, des MB, des HK, des BM, des SM, des SS, des GV, Geschäftsführer der Fa. S GmbH, und der VV, alle an den in der Stellungnahme angeführten Adressen, zum Beweis dafür, dass diese Unternehmer seien bzw. gewesen seien.

Nach der Judikatur könne der Bw. der Vorsteuerabzug nicht verwehrt werden, weil sie nicht nur in gutem Glauben gehandelt habe, sondern auch alle zumutbaren und möglichen Maßnahmen zur Überprüfung der Lieferanten getroffen habe. Eine noch detailliertere Überprüfung sei der Geschäftsführerin der Bw., die täglich zwischen 16 und 18 Stunden gearbeitet habe, unmöglich gewesen, weil sie nicht die rechtlichen Möglichkeiten dazu gehabt habe, richtige Auskünfte zu erzwingen.

Mehreren Entscheidungen zufolge sei in ähnlichen Fällen der Vorsteuerabzug gewährt worden. Die Haftungsinanspruchnahme der Bw. gemäß § 27 Abs. 9 UStG sei unter den gegebenen Umständen nicht rechtmäßig.

Nach der Judikatur des VfGH rechtfertige eine zwischen Steuerschuldner und Dritten bestehende Beziehung es nicht von vornherein, unabhängig von ihrer Qualität und ihrem Umfang, dem Steuerschuldner Mitwirkungspflichten jedweden Inhalts und jedweder Intensität aufzuerlegen. Eine Regelung, die dem Dritten erheblichen Aufwand bei der Beschaffung sämtlicher erforderlicher Daten im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Steuerabfuhr des Vertragspartners auferlege, könne nur bei Vorliegen besonderer Umstände gerechtfertigt sein.

Ein pauschaler Verweis auf eine Haftung der Bw. sei nicht ausreichend. Die Behörde habe zu berücksichtigen, ob und auf welche Weise die Bw. sich Kenntnis davon hätte verschaffen können, dass die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nicht gegeben seien. § 27 Abs. 9 UStG fordere insbesondere auch die Kenntnis der Antragstellerin über die unlauteren Absichten der Lieferanten () für eine Haftungsinanspruchnahme. Die Bw. habe auf Grund der ergriffenen Maßnahmen in keiner Weise eine fahrlässige Unkenntnis verschuldet. In der genannten Entscheidung habe der VwGH zudem ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin durch die Anforderung und Vorlage der Unterlagen über die Zuteilung der Steuernummer und der Signale für die Umsatzsteuer die ihr zumutbaren Schritte gesetzt habe, und den Haftungsbescheid aufgehoben. Die Bw. habe diese Schritte und noch viele weitere gesetzt, sodass sie keinerlei Haftung treffe und der Vorsteuerabzug zustehe.

Im Übrigen wäre es Aufgabe der Finanzverwaltung gewesen, dem Umsatzsteuerbetrug durch Voranmeldungszwang oder koordiniertes Vorgehen der Finanzämter vorzubeugen. Die Behörde habe einen beträchtlichen Informationsvorsprung und, wie eine Akteneinsicht ergeben habe, seit Existenz der Bw. Kenntnis davon gehabt, dass die Geschäftspartner der Bw. ihrer Ansicht nach Scheinfirmen seien.

Auch der UFS habe in seiner Entscheidung RV/1480-L/02 auf das Erkenntnis des Bezug genommen und ausgeführt, dass zu berücksichtigen sei, ob der potenziell Haftungspflichtige Kenntnis vom Eintritt der haftungsrelevanten Umstände gehabt habe oder hätte haben müssen.

Weiters sei auf eine Entscheidung des in den verbundenen Rechtssachen C-354/03, C-355/03 und C-484/03 zu verweisen, in der der EuGH die Ansicht vertrete, dass in einer Lieferkette das Recht eines Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug nicht dadurch berührt werde, dass in der Lieferkette ein anderer Umsatz mit einem Umsatzsteuerbetrug behaftet sei. Kriterium dafür sei, dass der Steuerpflichtige diesen betrügerischen Zweck weder kannte noch kennen konnte.

Auch Ruppe, UStG-Kommentar³, vertrete die Ansicht, dass nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH innerstaatliche Maßnahmen zur Erhebung der Umsatzsteuer nicht derart einschränkend und erschwerend eingesetzt werden dürften, dass sie das Recht auf Vorsteuerabzug in Frage stellten. Der EuGH habe in der Entscheidung vom , C-25/03, ausgesprochen, dass mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar sei, den Vorsteuerabzug deshalb zu verweigern, weil die Rechnung oder Gutschrift nicht die vom nationalen Recht vorgeschriebenen Angaben enthalte. Diesbezüglich sei Ruppe (aaO, § 12 Tz. 40/1 ff) der Meinung, dass die strenge nationale Judikatur im Hinblick auf die äußerst formalen Rechnungslegungspflichten nicht nur dem europäischen Recht, sondern auch dem dem Gleichheitsgrundsatz inne wohnenden Verhältnismäßigkeitsgebot widerspreche.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.

Die berufungsgegenständlichen Bescheide seien im Rahmen einer UVA-Prüfung erlassen worden. Zum Zeitpunkt der Erlassung des zweiten Sicherstellungsauftrages sei davon auszugehen gewesen, dass sich für die Monate 1 - 4/2006 eine Nachforderung von 1.049.979,00 € ergeben werde und die Bw. über kein entsprechendes Vermögen verfüge, um die drohenden Nachforderungen zu begleichen. In der gegenständlichen Berufung samt Berufungsergänzung werde vorgebracht, dass das Finanzamt das Ermessen unrichtig geübt, Verfahrensmängel begangen und seine Erhebungs- und Begründungspflicht nicht erfüllt habe.

Nach Darlegung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages führte das Finanzamt im Wesentlichen weiter aus, dass zumindest gewichtige Anhaltspunkte für die Entstehung des Abgabenanspruches auf Grund der ungerechtfertigten Geltendmachung von Vorsteuergutschriften in der im Sicherstellungsauftrag angeführten Höhe vorgelegen seien. Ob der Abgabenanspruch tatsächlich entstanden sei, sei in einem Sicherstellungsverfahren nicht zu entscheiden.

Zu den steuerlichen Feststellungen sei insbesondere darauf zu verweisen, dass die Bw. laut Belegen nahezu ausschließlich von Lieferanten beliefert worden sei, die nur zum Zwecke des Umsatzsteuerbetruges zum Schein gegründet worden seien. Sämtliche seitens der Prüfung als "missing trader" qualifizierten Schrottlieferanten der Bw. hätten die ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge weder vorangemeldet noch entrichtet. Auf Grund ungewöhnlicher Begleitumstände der an sie ergangenen Lieferungen hätte die Bw. erkennen können, dass ihre Lieferanten gesetzwidrige Umsatzsteuermanipulationen vornehmen würden. Nach Auskunft der Geschäftsführerin der Bw. habe diese mit den meisten Schrottlieferanten (so mit ZK, MB, HK oder dem Geschäftsführer der Fa. S GmbH, Herrn GV) keinen persönlichen Kontakt gehabt. Der Geschäftsführung der Bw. habe die im ordentlichen Geschäftsverkehr ungewöhnliche Tatsache auffallen müssen, dass angeblich bevollmächtigte Personen gleichzeitig für verschiedene Lieferfirmen aufgetreten seien und dass diverse Vollmachten gefälscht gewesen seien.

SM sei beispielsweise für sein eigenes Unternehmen und auch als Bevollmächtigter der Firmen HK und VV aufgetreten. Bevollmächtigter des SM sei laut vorgelegten Vollmachten MO gewesen. Dieser sei nach dem vorhandenen Belegmaterial und den Auskünften der Geschäftsführerin wiederum für die Bw. als Provisionsvertreter tätig gewesen.

BC sei Bevollmächtigter von BM und auch bevollmächtigter Vertreter von ZK gewesen.

Die Bw. habe dem Finanzamt in Bezug auf HK zwei Vollmachten (Vollmachtgeber jeweils HK) vorgelegt. In der ersten Vollmacht sei FS als Bevollmächtigter ausgewiesen, in der zweiten SM. Der Bw. hätte auffallen müssen, dass die Unterschriften des HK auf den Vollmachten derart unterschiedlich seien, sodass zumindest eine der Vollmachten eine Fälschung sei.

Auch die in Kopie vorgelegte notariell beglaubigte Vollmacht (Vollmachtgeber: BM, Vollmachtnehmer: BC) weise unübersehbare Auffälligkeiten auf. Laut Kopie sei die notarielle Beglaubigung auf der Rückseite der Vollmacht angebracht. Diese Ablichtung zeige auf der Rückseite einen Papierfalzabdruck (eine sichtbare schwarze Linie, die beim Kopieren eines bereits einmal gefalteten Schriftstückes auftrete). Die Vorderseite der Kopie besitze keine derartigen Merkmale, sodass davon auszugehen sei, dass die Ablichtungen von Vollmacht und Beglaubigung verschiedene Originale betroffen hätten.

Aus dem Belegmaterial hätten sich auch in Bezug auf die Unterschriften der Lieferanten bzw. Bevollmächtigten derart gravierende Auffälligkeiten ergeben, dass selbst bei bloß oberflächlicher Prüfung derart ungewöhnliche Umstände zu Tage getreten seien, die beim Leistungsempfänger den begründeten Verdacht hätten wecken müssen, dass hinsichtlich der Lieferung steuerlich etwas nicht in Ordnung sei.

Auf dem ZK betreffenden Belegmaterial befänden sich mindestens zehn erheblich differierende Unterschriften des angeblichen Lieferanten, bei MB mindestens sieben, bei HK mindestens acht, bei BM mindestens vier, bei der S GmbH mindestens zwei sowie bei SM mindestens neun eindeutig verschiedene Unterschriften. Belege, die die Fa. VV betreffen, würden Unterschriften aufweisen, die mit Unterschriften auf einigen Belegen der Fa. HK ident seien.

Die Geschäftsführerin der Bw. habe jedoch aus diesen Ungereimtheiten keine Konsequenzen gezogen und nicht mehr Wachsamkeit an den Tag gelegt. Im Zuge einer Besprechung vom habe sie großteils keine konkreten Auskünfte darüber erteilen können, wer die ihr vorgelegten Belege tatsächlich unterfertigt habe. Die Bw. habe zwar UID- und Firmenbuchabfragen durchgeführt und sich gewerbebehördliche Genehmigungen der Lieferanten vorlegen lassen, habe aber auf die äußerst ungewöhnlichen Begleitumstände der an sie ergangenen Lieferungen in keiner Weise reagiert. Derartige Abfragen seien nach Ansicht der Betriebsprüfung aber nicht ausreichend, um die bei den gegenständlichen Geschäften vorliegenden Verdachtsmomente zu zerstreuen (). Die formelle Erfüllung der Voraussetzungen beim Lieferanten bedeute nicht, dass der Abnehmer in der Folge davon befreit sei, bei Vorliegen hinreichender Verdachtsgründe weitere Überprüfungen anzustellen. Davon abgesehen habe die Bw. noch Schrott- und Buntmetalleinkäufe von Firmen getätigt, deren UID-Nummern nicht mehr gültig gewesen seien. So sei beispielsweise die UID-Nr. ATU00000000 (SM) mit begrenzt gewesen und dennoch aus per 22., 23. und verbuchten Einkäufen noch Vorsteuer geltend gemacht worden.

Bezeichnend für den gegenständlichen Fall sei auch, dass die Schrottgeschäfte nahezu ausnahmslos über Gutschriften und ausschließlich mittels Barzahlung abgewickelt worden seien. Ebenfalls äußerst ungewöhnlich sei, derart hohe Geldbeträge an eine angeblich bevollmächtigte Person offenbar ohne Überprüfung der Echtheit der Vollmacht und ohne persönlichen Kontakt zum Vollmachtgeber auszubezahlen. Sowohl die Belegprüfung als auch Aussagen der Geschäftsführung hätten ergeben, dass auch eine Identitätsprüfung der Empfänger der meist enorm hohen Geldbeträge unterblieben sei.

Nicht nur nach den durch den EuGH aufgestellten Kriterien (z.B. Urteil vom , C-439/04), sondern bereits auf Grund der Bestimmungen des UStG sei für die fraglichen Lieferungen ein Vorsteuerabzug unzulässig.

Der Prüfer habe daher zu Recht davon ausgehen können, dass die auf den Einkaufsgutschriften aufscheinenden Firmen nicht die tatsächlichen Lieferanten seien, wodurch über die tatsächlich erfolgten Lieferungen keine zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnungen bzw. Gutschriften vorlägen. Obwohl die Bw. Einkaufsgutschriften ausgestellt habe, habe es zwischen ihr und den Adressaten der Einkaufsgutschriften tatsächlich niemals ein Verpflichtungsgeschäft gegeben. Die unten angeführten "missing trader" hätten der Bw. daher keine Verfügungsmacht über Schrottlieferungen verschaffen können.

Zu den mit ZK abgewickelten Geschäften sei auszuführen, dass diese zum Zeitpunkt der angeblichen Lieferungen nachweislich arbeits- und unterstandslose Person in den Unterlagen der Bw. mit unrichtigem Namen als "K" aufscheine. Auf den Einkaufsgutschriften sei die Adresse "Adresse3" angeführt, obwohl ZK nach Ermittlungen des zuständigen Finanzamtes dort nie ein Unternehmen gehabt habe und laut ZMR dort auch nur von bis gemeldet gewesen sei. In diesem Fall sei davon auszugehen, dass die Bw. keine Maßnahmen getroffen habe, um sich Kenntnis über die unlauteren Absichten des Lieferanten zu verschaffen.

Entgegen den Ausführungen in der Stellungnahme vom sei der Finanzverwaltung eine Geschäftsadresse des HK nicht bekannt gewesen. Mit Mail vom habe Dr. D, der Vertreter der Bw., dem Finanzamt mitgeteilt, dass die derzeitige Adresse des HK Adresse5 Straße 53, sei. Eine Überprüfung des Finanzamtes habe aber ergeben, dass an der vorgenannten Adresse, sollte sie Adresse5 Straße 33 lauten, eine zwar namensgleiche, aber nicht idente Person wohne.

BM sei am durch das zuständige Finanzamt niederschriftlich einvernommen worden und habe erklärt, weder etwaige Kunden noch Lieferanten zu kennen und auch keine Geschäfte abgewickelt zu haben, da er sich in dieser Zeit nachweislich in Jugoslawien aufgehalten habe. Er habe BC notariell bevollmächtigt, Geschäfte in seinem Namen zu tätigen. Dieser habe ihn auch dazu angehalten, eine Steuernummer zu beantragen. Er wisse nicht, welche Geschäfte BC mit dieser Vollmacht gemacht habe und habe aus den Schrottgeschäften kein Geld gesehen. Er habe von BC lediglich etwa 8.000,00 € bis 10.000,00 € für die Zur-Verfügung-Stellung seines Namens erhalten.

Die in der Stellungnahme der Bw. vom angesprochenen Eingangsrechnungen des BM hätten ausnahmslos angebliche Einkäufe von ZK betroffen. Bezeichnend für die Art der vorgetäuschten Geschäfte sei, dass BC auf dem Papier sowohl als Bevollmächtigter von BM (Einkäufer) als auch als bevollmächtigter Vertreter von ZK (Verkäufer) fungiert habe.

Zu VV sei ermittelt worden, dass die Adresse zwar seit auf Adresse6, laute, doch habe die Behörde trotz mehrmaliger Versuche keinen persönlichen Kontakt aufnehmen können. Die Rsb-Sendungen seien nach Ablauf der Hinterlegungsfrist an den Absender retourniert worden. Das zuständige Finanzamt habe festgestellt, dass an dieser Adresse tatsächlich keine Geschäftstätigkeit ausgeübt worden sei und das Erscheinungsbild auf das Vorhandensein einer Privatwohnung schließen lasse.

Die vorgeschobenen Personen hätten allesamt keine unternehmerische Tätigkeit entfaltet. Selbst wenn im Zusammenhang mit den berufungsgegenständlichen Lieferungen eine unternehmerische Tätigkeit anerkannt werden würde, lägen so gravierende Rechnungsmängel vor (falsche Adresse der angeblichen Lieferanten, falsche Namensschreibweise), dass ein Vorsteuerabzug großteils nicht möglich wäre.

Zum Zeitpunkt des Ergehens des angefochtenen Bescheides sei mit den in den Sicherstellungsaufträgen angeführten Abgabennachforderungen zu rechnen gewesen. Klarzustellen sei, dass es im Sicherstellungsverfahren auf ein Verschulden nicht ankomme.

Unter Hinweis auf § 19 UStG hielt das Finanzamt fest, dass die Abgabenschuld für die in den Bescheiden angeführten Abgaben bereits entstanden sei und führte zur Gefährdung bzw. Erschwerung der Einbringung unter Hinweis auf die VwGH-Erkenntnisse vom , 98/13/0062, und , 89/13/0047, zum gegenständlichen Fall aus, dass auf Grund des mangelnden Vermögens der Bw. und dem auf Grund der vorzuschreibenden Abgaben drohenden Konkursverfahren von einer Gefährdung bzw. Erschwerung auszugehen sei.

Mit Schriftsatz vom stellte die Bw. den Antrag auf Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Ein neues Sachvorbringen wurde zwar nicht erstattet, doch verwies die Bw. auf ihre nunmehr auch gegen die Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer 1 - 6/2006 und 7/2006 erhobene Berufung vom .

Mit Bescheid vom wurde die Umsatzsteuer für den Zeitraum 1 - 6/2006 in Höhe von 2.447.758,15 € festgesetzt, wodurch sich eine Abgabennachforderung von 2.422.319,08 € ergab.

Der Umsatzsteuerjahresbescheid 2006 erging am und führte zu einer Abgabennachforderung von 63.490,93 €.

Beide Bescheide sind mit Berufungen angefochten, die dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt wurden und bis dato unerledigt sind.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat der Sicherstellungsauftrag zu enthalten:

a) Die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld;

b) die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergibt;

c) den Vermerk, dass die Anordnung der Sicherstellung sofort in Vollzug gesetzt werden kann;

d) die Bestimmung des Betrages, durch dessen Hinterlegung der Abgabepflichtige erwirken kann, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.

Ein Sicherstellungsauftrag ist kein abschließender Sachbescheid iSd. § 183 Abs. 4 BAO, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende Sofortmaßnahme, die dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, somit nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grund nach mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Tatbestandes (§ 4 BAO) entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind. Ob der Abgabenanspruch tatsächlich entstanden ist, ist nicht in einem Sicherstellungsverfahren zu entscheiden, sondern (erst) im Festsetzungsverfahren (vgl. ).

Sicherstellungsaufträge dürfen nur nach Entstehung des betreffenden Abgabenanspruchs und vor Vollstreckbarkeit erlassen werden. Das Ziel des Sicherungsverfahrens besteht darin, dem Abgabengläubiger bereits zu einem Zeitpunkt, in dem sein Anspruch zwar dem Grunde nach feststeht, er aber noch nicht realisierbar ist, wegen Drohung der Gefährdung oder Erschwerung der Einbringlichkeit ein Pfandrecht zu verschaffen.

Das Verfahren über eine Berufung gegen einen Sicherstellungsauftrag hat sich - als Ausnahme vom Grundsatz, wonach für Berufungsentscheidungen grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich ist - auf die Überprüfung der Frage zu beschränken, ob die diesbezüglichen Voraussetzungen im Zeitpunkt seiner Erlassung gegeben waren. Nach Ergehen des Sicherstellungsauftrages eingetretene Umstände sind im Rahmen der Rechtsmittelentscheidung daher nicht zu berücksichtigen (Ritz, BAO³, § 232 Tz. 11).

Zur monierten Verletzung des Parteiengehörs ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein Sicherstellungsauftrag kein abschließender Sachbescheid ist, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende "Sofortmaßnahme", die nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise gesetzt werden kann. § 183 Abs. 4 BAO, wonach den Parteien vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit zu geben ist, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahmen Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern, gilt im Sicherstellungsverfahren daher nicht uneingeschränkt. Allerdings ist dem Abgabepflichtigen zu den Beweisen, auf die die Abgabenbehörde ihre Sachverhaltsfeststellungen zum Entstehen des Abgabenanspruchs dem Grunde nach stützt, sehr wohl Gelegenheit zur Äußerung zu bieten.

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass der Prüfer mit Schreiben vom sowohl der Geschäftsführerin als auch der steuerlichen Vertretung der Bw. die beabsichtigte Nichtanerkennung von Vorsteuern im Umfang von 1.049.979,53 € für den Zeitraum 1 - 4/2006 zur Kenntnis gebracht hat. In einer umfangreichen Eingabe vom nahm der die Bw. vertretende Rechtsanwalt dazu Stellung und erhob diese Stellungnahme auch zu einem Bestandteil der Berufung vom . Weiters sind mehrmalige Akteneinsichten des einschreitenden Rechtsanwaltes - so vom 14. Juli, 2. Oktober oder - dokumentiert. Dass die angefochtenen Bescheide auf Feststellungen der Betriebsprüfung verweisen, die erst nach Erlassung der Sicherstellungsaufträge zum Abschluss gekommen ist, ist unbedenklich.

Eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die Abgabenbehörde erster Instanz wäre zudem im Berufungsverfahren sanierbar.

Der Bw. wäre unschwer möglich gewesen, bisher unterlassene Einwendungen entweder in ihrer Berufung, ihrer Berufungsergänzung oder im Vorlageantrag nachzutragen, sodass von der Sanierung einer allfälligen Verletzung des Parteiengehörs auszugehen ist. Sie führte aber weder in der Berufung noch in der Berufungsergänzung oder im Vorlageantrag aus, welches Vorbringen sie im Falle der Gewährung von Parteiengehör erstattet hätte.

Mit ihrem Einwand, der vorgehaltene Sachverhalt werde zur Gänze bestritten und die Abgabenbehörde stütze ihre Rechtsanschauung auf unbewiesene Behauptungen und Vermutungen und nicht auf stichhaltige Beweise und Tatsachen, bestreitet die Bw. im Wesentlichen die Entstehung des Abgabenanspruchs.

Zu prüfen ist daher, ob der Erstbehörde im vorliegenden Fall im Zeitpunkt der Erlassung der beiden Sicherstellungsaufträge ausreichend gewichtige Anhaltspunkte für die Entstehung des Abgaben(Rückforderungs)anspruches vorlagen.

Nach § 12 Abs. 1 Z 1 UStG kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Durch BGBl. I 99/2007, anzuwenden auf Umsätze, die nach dem ausgeführt werden (§ 28 Abs. 30 UStG), wurde eingefügt, dass das Recht auf den Vorsteuerabzug dann entfällt, wenn die Lieferung oder sonstige Leistung an einen Unternehmer ausgeführt wird, der wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht.

Nach § 11 Abs. 1 Z 1 UStG müssen Rechnungen den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers enthalten.

Die von den beiden angefochtenen Sicherstellungsaufträgen umfassten Abgabennachforderungen ergeben sich ausschließlich aus der Nichtanerkennung von Vorsteuern. Entgegen der Ansicht der Bw. ist unter einem Abgabenanspruch auch der Rückforderungsanspruch von zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorsteuerbeträgen zu verstehen ().

Im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung des VwGH, der es für die Nichtanerkennung von Vorsteuer als ausreichend erachtete, dass keine Lieferung von Waren, die den Fakturen entsprachen, stattgefunden hat oder dass auf den Fakturen eine unrichtige Anschrift angeführt war, wobei es auf ein Verschulden bzw. ein Wissen des Leistungsempfängers nicht ankam, erachtet der EuGH (vgl. die Urteile vom zu den Rs C-439/04 und C-440/04) als eine wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vorsteuerabzuges im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen, dass der betroffene Steuerpflichtige den betrügerischen Zweck weder kannte noch kennen konnte. Anzuwenden sei ein vertretbares Ausmaß an Sorgfalt. Die Mitgliedstaaten könnten den Händlern Verpflichtungen auferlegen, wachsam zu sein und sich über den Hintergrund der Gegenstände, mit denen sie handelten, zu informieren. Diese Verpflichtungen dürften die Händler aber nicht zu sehr belasten. Stehe auf Grund objektiver Umstände fest, dass die Lieferung an einen Steuerpflichtigen vorgenommen werde, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen gewesen sei, sei der Vorsteuerabzug zu verweigern.

Im Urteil vom , Rs C-384/04, umschrieb der EuGH dieses "Wissen-Müssen" mit dem "Bestehen hinreichender Verdachtsgründe".

Wenn die Bw. in ihren Eingaben - u.a. unter Hinweis auf das VwGH-Erkenntnis vom , 2002/15/0157, sowie das VfGH-Erkenntnis vom , G 141/99 - wiederholt darauf hinweist, dass die Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Haftung nach § 27 Abs. 9 UStG nicht vorlägen, ist darauf hinzuweisen, dass Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens die Nichtanerkennung von Vorsteuer und nicht die - darüber hinaus bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zusätzlich mögliche - Geltendmachung einer Haftung ist.

Aus der Aktenlage ergibt sich zu ZK, dass in dem für den Sicherstellungsauftrag maßgeblichen Zeitraum zwischen Ende Februar und Ende April 2006 zwischen ihm und der Bw. Umsätze im Gesamtausmaß von 502.879,13 € brutto getätigt wurden. Dennoch erfolgte in diesem Zeitraum - laut Stellungnahme der Bw. vom - lediglich ein einziges Mal am eine Überprüfung der MwSt-Nummer und datierte der Gewerberegisterauszug vom .

Trotz der im gesamten Prüfungszeitraum überschaubaren Anzahl der Belege (S. 3 des Anhangs 2 zur Niederschrift vom sowie S. 3 und 4 der Niederschrift) blieben der verantwortlichen Geschäftsführerin der Bw. erheblich differierende Unterschriften auf dem Belegmaterial offenbar verborgen (S. 10 der Niederschrift). ZK war darüber hinaus an der auf den Einkaufsgutschriften aufscheinenden Adresse nur bis zum gemeldet (S. 10 der Niederschrift), ein Umstand, der durch eine bloße Abfrage des Zentralen Melderegisters (ZMR) unschwer hätte festgestellt werden können.

Zu MB ist festzuhalten, dass die Bw. (laut Stellungnahme vom ) trotz der Vielzahl der Geschäftskontakte im Wesentlichen lediglich zu Beginn (die erste Rechnung datiert vom ; vgl. S. 4 des Anhangs 2 zur Niederschrift) und einmalig überprüfte, ob dieser an der angegebenen Adresse auffindbar war und über eine gültige UID verfügte. Auch auf dem MB zuzuordnenden Belegmaterial fand der Prüfer ebenfalls differierende Unterschriften vor, von denen keine mit der Unterschrift übereinstimmte, die MB unter die mit ihm am aufgenommene Niederschrift gesetzt hatte (S. 4 des Anhangs 2 der Niederschrift).

Ungereimtheiten ergeben sich auch daraus, dass IM im Zuge einer niederschriftlichen Befragung durch die Steuerfahndung am angegeben hatte, sämtliche Schrottlieferungen von MB an die Bw. seien zwischen ihr und MB persönlich abgewickelt worden und dieser habe alle Bargeldbeträge selbst im Empfang genommen (im geprüften Zeitraum Jänner bis Juni 2006 immerhin 2.336.472,36 € brutto), wogegen Nachforschungen des Zollamtes Wien ergaben, dass MB tatsächlich nur acht Eigenimporte mit einem Wert von 43.330,00 € vorgenommen hatte, sodass der Import der restlichen Waren mit Millionenwert ungeklärt blieb.

In Übereinstimmung mit den Erhebungen des Zollamtes hatte MB im Zuge einer niederschriftlichen Vernehmung am zugestanden, in den rund drei Monaten seiner Tätigkeit etwa fünf bis sechs Kauf- bzw. Verkaufsgeschäfte vorgenommen zu haben.

Nicht zuletzt ergeben sich aus den Angaben der Geschäftsführerin der Bw. selbst Widersprüche: Im Zuge einer Besprechung mit dem Prüfer am gab sie an, zu den meisten Lieferanten (u.a. auch zu MB) keinen persönlichen Kontakt gepflogen zu haben (S. 9 der Niederschrift), wogegen in der Stellungnahme vom die Rede davon ist, dass MB ihr gegenüber persönlich aufgetreten sei.

Zu HK stellte der Prüfer nicht nur fest, dass dieser an der auf den Einkaufsrechnungen angegebenen Adresse nicht auffindbar war (S. 6 des Anhangs 2 der Niederschrift), sondern fand darüber hinaus zwei Vollmachten des Vollmachtgebers HK vor, die gänzlich verschiedene Unterschriften aufwiesen (S. 10 der Niederschrift), sodass es sich zumindest bei einer dieser Vollmachten um eine Fälschung handeln muss, sowie wiederum differierende Unterschriften auf dem Belegmaterial des HK.

Diverse Zahlungen für angebliche Lieferungen des HK seien durch Überweisungen an die Fa. O, erfolgt, obwohl diesbezüglich keine konkreten Vereinbarungen hätten vorgelegt werden können (S. 7 des Anhangs 2 der Niederschrift).

Für den Zeitraum zwischen 15. März und listete der Prüfer zwar mehr als 50 Eingangsrechnungen auf (S. 7 und 8 des Anhangs 2 der Niederschrift), während die Bw. in diesem Zeitraum lediglich einmal am (lt. Stellungnahme vom ) eine MwSt-Nummernabfrage tätigte.

Auch auf den Belegen des BM und des SM fand der Prüfer zum Teil erheblich differierende Unterschriften vor (S. 11 der Niederschrift). In dem für den Sicherstellungsauftrag maßgeblichen Zeitraum (die Belege des BM datieren zwischen 3. März und , die des SM zwischen 3. Februar und ) tätigte die Bw. für BM lediglich am und für SM am 8. Februar und eine MwSt-Nummernabfrage (S. 9 und 10 der Stellungnahme vom ), was zur Folge hatte, dass auch nach Begrenzung der UID-Nummer für SM mit noch Einkaufsabrechnungen mit Umsatzsteuerausweis ausgestellt wurden.

Eine die Fa. S GmbH im Firmenbuch eingetragene Adressänderung blieb der Bw. ebenso verborgen wie eine im ZMR vorgenommene Adressänderung des SS (S. 13 des Anhangs 2 der Niederschrift). Zu welchem Zeitpunkt die Bw. eine Firmenbuch- und MwSt-Nummernabfrage die Fa. S GmbH betreffend tätigte bzw. welches Datum der Bescheid über die Erteilung der UID SS betreffend trägt, ist aus den vorgelegten Akten nicht ersichtlich.

Zur Fa. VV schließlich fielen dem Prüfer Unterschriften auf, die mit einigen Unterschriften auf den HK zuzurechnenden Belegen ident waren (S. 11 der Niederschrift). Mit der Abgabepflichtigen sei eine Kontaktaufnahme an der im ZMR aufscheinenden Adresse nicht möglich gewesen; Rsb-Sendungen seien an den Absender retourniert worden.

Auffallend und ungewöhnlich sind weiters die Verbindungen (bedingt durch Vollmachten und Vertretungen) der angeblich liefernden Scheinfirmen zueinander (S. 15 der Niederschrift). So trat SM sowohl für sein eigenes Unternehmen als auch als Bevollmächtigter der Firmen HK und VV auf. Ein Tätigwerden als Unternehmer und gleichzeitig - in Konkurrenz zum eigenen Unternehmen! - Als Bevollmächtigter für andere Unternehmer in der gleichen Branche ist mehr als ungewöhnlich anzusehen.

Die Bw. führte dazu in ihrer gegen die Sachbescheide erhobenen Berufung vom , auf die sie im Vorlageantrag verweist, aus, dass es in der Branche üblich und leicht erklärbar sei, dass Bevollmächtigte teilweise für mehrere Firmen auftreten würden. Diese seien zum Einen Provisionsempfänger und daher bemüht, für mehrere Vollmachtgeber Provisionen zu erwirtschaften, zum Anderen sei die Zweisprachigkeit dieser Personen und deren Kenntnis des früheren Jugoslawien für die Vollmachtgeber von Bedeutung. Inwieweit der Bw. diesbezüglich Versäumnisse oder mangelnde Wachsamkeit vorzuwerfen sei, sei nicht nachvollziehbar.

Zu den differierenden Unterschriften brachte die Bw. in der Berufung vor, dass die Handlungsbevollmächtigten bzw. die Firmeninhaber auf Grund der täglichen Lieferungen an verschiedene Unternehmer nicht ständig vor Ort hätten sein können und daher weitere Vertreter, die telefonisch angekündigt worden seien, entsendet hätten. Diese ebenfalls in der Branche übliche Vorgangsweise habe bei der Bw. ebenfalls keine Bedenken wecken müssen.

Dem ist zu entgegnen, dass im Berufungsverfahren gegen einen Sicherstellungsauftrag auf den Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages abzustellen und für diesen Zeitpunkt zu prüfen ist, ob nach dem Wissensstand der Abgabenbehörde erster Instanz die Abgabenschuld dem Grunde nach entstanden ist. Später eingetretene Tatsachen oder Beweise sind daher nicht zu berücksichtigen.

Die angeführten Einwendungen der Bw. werden daher Gegenstand im Berufungsverfahren gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide und dort zu würdigen sein.

In Anlehnung an die o.a. EuGH-Rechtsprechung vertreten Tumpel/Prechtl, Vorsteuerabzug und EG-rechtlicher Gutglaubensschutz, SWK 32/2006, S. 872, die Auffassung, dass ein gutgläubiger Erwerber davon ausgehen kann, dass Unternehmereigenschaft gegeben ist, wenn jemand vorgibt, dass er Leistungen erbringt oder in diese in seinem Namen erbracht werden. Für den Gutglaubensschutz komme es darauf an, dass der Wirtschaftsteilnehmer alle Maßnahmen treffe, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden könnten, um sicherzustellen, dass sein Umsatz nicht zu einer Lieferkette gehöre, die mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet sei. Zwar sei dem Unternehmer nicht zumutbar, bei jeder Leistung eines Lieferanten Nachforschungen anzustellen, ohne dass nur irgendwelche Verdachtsgründe vorlägen, doch werde die objektive und leicht zugängliche Nachprüfbarkeit allgemein den Maßstab für die Beurteilung dafür bilden, ob der Steuerpflichtige die ihm zumutbaren Nachforschungen angestellt habe. Die in öffentlichen Registern zugänglichen Daten könnten ohne besondere Schwierigkeiten ermittelt werden. Um festzustellen, ob die Adresse des leistenden Unternehmers richtig sei, müssten in der Regel eine Firmenbuchabfrage oder eine Abfrage beim Finanzamt, ob die angegebene Steuernummer mit der in der Rechnung angegebenen Adresse übereinstimme, als ausreichend betrachtet werden. Der EuGH habe das Gebot der Rechtssicherheit und Verhältnismäßigkeit hervorgehoben.

Liegen Widersprüchlichkeiten oder ungewöhnliche Verhältnisse vor, trifft den Steuerpflichtigen ein erhöhtes Maß an Sorgfaltspflicht.

Selbst unter diesem für Steuerpflichtige günstigen Blickwinkel wäre der Bw. anzulasten, dass - insbesondere in Anbetracht der hohen Rechnungsbeträge und der dargestellten, durch die Betriebsprüfung aufgezeigten Ungereimtheiten - die im günstigsten Fall zu den einzelnen Lieferanten monatlich durchgeführten MwSt-Nummernabfragen, welche überdies nur über die Gültigkeit der UID Auskunft gaben und zur Adresse des Abgefragten keinerlei Angaben enthielten, nicht ausreichend gewesen wären und gerade bei Vorliegen von ungewöhnlichen Begleitumständen eine intensivere Überprüfung ihrer Lieferanten geboten gewesen wäre. Alleine schon auf Grund der vielen differierenden Unterschriften wäre es für die Bw. erforderlich und nicht unverhältnismäßig gewesen, eingehendere Erkundigungen über ihre Lieferanten anzustellen. Dass mit den Nachforschungen der Bw. generell bei weitem nicht das Auslangen gefunden werden konnte, zeigt sich umso deutlicher darin, dass sie Geschäftsbeziehungen zu einer Mehrzahl von "missing tradern" unterhielt und ihre Überprüfungen nicht nur im Einzelfall, sondern im Allgemeinen nicht ausreichend waren. Trotz der aufgezeigten Auffälligkeiten, die zu Zweifeln Anlass geboten hätten, und der daraus resultierenden erhöhten Anforderungen reagierte sie nicht auf die in der Berufungsvorentscheidung bereits ausführlich geschilderten Verdachtsmomente (zumindest teilweise gefälschte Vollmachten, Auffälligkeiten in Bezug auf differierende Unterschriften, gleichzeitiges Auftreten angeblich bevollmächtigter Personen für verschiedene Lieferanten bzw. das Auftreten von Personen als Unternehmer und gleichzeitig als Bevollmächtigte für andere) und ließ damit das Notwendige und ihr zumutbare Ausmaß an Sorgfaltspflicht vermissen.

Die Auszahlung hoher Geldbeträge an angeblich bevollmächtigte Personen erfolgte ohne Überprüfung der Echtheit der Vollmachten und ohne persönlichen Kontakt zum Vollmachtgeber, die Identität der Empfänger der durchwegs hohen Geldbeträge wurde nicht überprüft (S. 12 der Niederschrift).

Trotz unübersehbarer Auffälligkeiten richtete die Bw. ihr Augenmerk ausschließlich auf die Erfüllung gewisser Formalvorschriften und unterließ jegliche eingehendere Überprüfung ihrer Lieferanten. So erfolgte offenbar keinerlei Kontrolle, ob der jeweilige Lieferant im fraglichen Zeitraum an der angegebenen Adresse tatsächlich eine Geschäftstätigkeit entfaltete.

Hätte die Geschäftsführerin der Bw. auf Grund der aufgelisteten Ungewöhnlichkeiten beispielsweise versucht, mit den auf den Einkaufsabrechnungen angeführten Leistenden persönlich Kontakt aufzunehmen oder den Telefonanschluss zu überprüfen, wäre in manchen Fällen bereits zu Tage getreten, dass an der angeführten Geschäftsadresse entweder tatsächlich keine Tätigkeit ausgeübt wurde, der angebliche Lieferant sich an der angegebenen Adresse in Wahrheit nicht aufhielt oder dort nicht mehr gemeldet war.

Die Geschäftsführerin der Bw. gab anlässlich einer Besprechung am an, mit den meisten Schrottlieferanten (beispielsweise mit ZK, MB oder HK) keinen persönlichen Kontakt gehabt zu haben und konnte großteils keine konkreten Auskünfte darüber erteilen, wer die vorgelegten Belege tatsächlich unterfertigt hatte (S. 9 und 12 der Niederschrift).

Eine - oftmals bloß einmalige - Überprüfung der formalen Voraussetzungen (Abfrage der UID, Abfrage des Firmenbuchs und des Gewerberegisters) ist bei Vorliegen ungewöhnlicher Umstände, die bei Anwendung der entsprechenden Sorgfalt den Verdacht der Bw. hätten erregen müssen, keinesfalls ausreichend, weil, worauf die Erstbehörde bereits zutreffend hingewiesen hat, jedes Unternehmen, das beabsichtigt, Umsatzsteuerbetrügereien zu begehen, danach trachten wird, sämtliche Formalvoraussetzungen zu erfüllen und die formelle Erfüllung dieser Voraussetzungen die Bw. in der Folge nicht davon befreite, bei Vorliegen hinreichender Verdachtsgründe weitere Überprüfungen anzustellen.

ZK (Niederschrift vom ), MB (Niederschrift vom ), BM (Niederschrift vom ) oder SS (Sachverhaltsdarstellung des Finanzamtes 8/16/17 vom ) bezeugten, die in den betreffenden Einkaufsgutschriften ausgewiesenen Leistungen nicht erbracht haben.

Zuzustimmen ist den grundsätzlichen Ausführungen der Bw. zur Stellvertretung. Unabdingbare Voraussetzung für die Zurechnung einer durch einen Vertreter ausgestellten Rechnung zum betreffenden (Einzel)Unternehmer ist jedoch, dass der Vertreter im Einverständnis mit dem Unternehmer handelt.

Gerade dieses Einverständnis fehlte aber im vorliegenden Fall (vgl. die Niederschriften mit ZK oder BM) bzw. war bereits die Vollmacht gefälscht (so zumindest eine der angeblich von HK unterfertigten Vollmachten).

Ist aber eine Rechnung der als leistendem Unternehmer genannten Person nicht zuzurechnen, ist der Rechnungsadressat auch aus diesem Grund nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Vom Rechnungsaussteller hat er keine Leistung erhalten, und vom Leistenden keine Rechnung.

ZK gab im Wesentlichen an, von Notstandshilfenbezug zu leben, obdachlos und ohne Beschäftigung zu sein. Er sei seit rund sechs Jahren arbeitslos. Er habe auf Verlangen des BC beim Finanzamt um eine Steuernummer und UID angesucht und einen Gewerbeschein gelöst; im Gegenzug habe er des Öfteren 100,00 € erhalten. Am habe er beim öffentlichen Notar C bestätigen lassen, dass er mit dem von ihm gelösten Gewerbe nichts zu tun habe.

Der ebenfalls niederschriftlich einvernommene MB gab zwar an, seit rund drei Monaten An- und Verkäufe von Schrott zu tätigen; in diesem Zeitraum habe es aber nur fünf bis sechs Kauf- bzw. Verkaufsvorgänge gegeben. Wer die Abnehmer seiner Waren seien, könne er nicht sagen; dazu müsse er mit Herrn A Rücksprache halten.

BM wiederum, mit einem Konvolut angeblich von ihm erstellter Rechnungen konfrontiert, sagte aus, bis zu diesem Zeitpunkt von deren Erstellung keine Ahnung gehabt zu haben. Er habe BC zwar notariell bevollmächtigt, Geschäfte in seinem Namen zu tätigen, doch habe dieser in der Folge ohne sein Wissen Schrottgeschäfte abgewickelt. Woher die Ware gekommen sei, wisse er nicht.

Zu einer bei SS beabsichtigten USO-Prüfung findet sich eine Sachverhaltsdarstellung in den vorgelegten Akten, wonach es den Erfahrungen des täglichen Lebens widerspreche, dass dieser insbesondere keine Kenntnis hinsichtlich des tatsächlichen Geschäftsumfanges sowie des Namen einer bedeutenden Kundin habe, über die er etwa die Hälfte seines Jahresumsatzes abgewickelt habe.

HK, SM und VV waren nicht auffindbar (S. 16, 17 und 19 der genannten Niederschrift) und konnten daher nicht befragt werden.

Die Fa. S GmbH betreffend hatte die Abgabenbehörde festgestellt, dass die Bw. keinen persönlichen Kontakt zum Geschäftsführer der GmbH, Herrn GV, gehabt habe und darüber hinaus die Unterschrift des Vollmachtgebers betreffend Bevollmächtigung von AR nicht mit der Unterschrift auf dessen Reisepasskopie übereinstimmte.

Das Finanzamt stützte den Sicherstellungsauftrag auf Feststellungen des Prüfers, denen umfangreiche Recherchen vorangegangen waren. Daraus ergaben sich die dargestellten, ausreichend gewichtigen Anhaltspunkte für die Entstehung des Abgaben(Rückforderungs)anspruches auf Grund der ungerechtfertigten Geltendmachung von Vorsteuerbeträgen.

Soweit die Bw. sich gegen die Prüfungsfeststellungen wendet, ist zu wiederholen, dass der Sicherstellungsauftrag kein abschließender Sachbescheid iSd. § 183 Abs. 4 BAO ist. Es reicht daher aus, wenn das Finanzamt jene Feststellungen, die auf das Entstehen der Abgabenschuld hinweisen, entsprechend anführt. Das Erfordernis einer bereits im Sicherstellungsverfahren gesicherten Beweislage widerspräche den Intentionen des Gesetzgebers, der mit dem Sicherstellungsverfahren ein wirksames Instrument zur Vermeidung von Abgabenausfällen schaffen wollte. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Einwendungen gegen die Feststellungen der Betriebsprüfung hat (erst) im Zuge des Berufungsverfahrens gegen die Abgabenfestsetzungsbescheide zu erfolgen.

Waren im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages sämtliche dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, bliebe dieser selbst dann rechtmäßig, wenn sich im Berufungsverfahren gegen die Umsatzsteuerfestsetzung auf Grund weiterer Ermittlungen oder Beweisaufnahmen herausstellen sollte, dass der Abgaben(Rückforderungs)anspruch tatsächlich nicht entstanden wäre.

Im gegenständlichen Berufungsverfahren ist dagegen entscheidend, dass der Abgabenbehörde auf Grund der getätigten Erhebungen die o.a. gewichtigen Anhaltspunkte für die Entstehung des Abgaben(Rückforderungs)anspruches vorlagen. Bei ausreichend genauer Durchsicht der Belege und unter Anwendung eines vertretbaren Maßes an Sorgfalt hätten bei der Bw. bzw. deren verantwortlichen Vertreterin alleine auf Grund der Vielzahl der differierenden Unterschriften Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Umsätze entstehen müssen, sodass auch ausreichende Verdachtsgründe für ein "Wissen-Müssen" vorlagen. Umso stärker aber die vorliegenden Verdachtsgründe waren, desto höher waren die Anforderungen an die zu erwartende Sorgfalt der Bw.

Zu bedenken ist zudem, dass der Unabhängige Finanzsenat in seinen Überlegungen die ohnedies für die Bw. günstigere Rechtsprechung des EuGH einfließen ließ, wogegen der VwGH und auch der UFS der Frage der Gutgläubigkeit im Zusammenhang mit der Zulässigkeit des Vorsteuerabzuges bisher keine Bedeutung beimaßen und stets auf eine formal ordnungsgemäße Rechnung, die sowohl den richtigen Namen als auch die richtige Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten musste, abstellten (vgl. jüngst Laudacher, Gutgläubigkeit versus fehlende Rechnungsadresse in: UFSjournal, Nr. 1/2008, S. 21 ff).

Neben der Entstehung der Abgabenschuld (§ 19 UStG) dem Grunde nach und des Vorliegens gewichtiger Anhaltspunkte für ihre Höhe (die im Berufungsverfahren nicht strittig ist) ist weitere Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Sicherstellungsauftrages das Vorliegen gewichtiger, für eine Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung der Einbringung der Abgabenschuld sprechender Anhaltspunkte. Diese liegen vor, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinhebung voraussichtlich gesichert erscheint.

Derartige Gefährdungen oder Erschwerungen werden u.a. bei drohendem Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht oder Vermögensverschleppung, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte sowie bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben sein (vgl. Ritz, BAO³, § 232 Tz. 5). Auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Abgabepflichtigen ist Bedacht zu nehmen.

Der objektive Tatbestand einer Gefährdung oder Erschwerung reicht aus; nicht erforderlich sind vom Abgabenschuldner selbst gesetzte Gefährdungshandlungen.

Das Finanzamt nahm auf Grund der beiden Sicherstellungsaufträge eine Reihe von Forderungspfändungen vor.

Den Feststellungen der Abgabenbehörde, dass die Bw. nach den vorgelegten Unterlagen und Ermittlungsergebnissen über kein ausreichendes Vermögen verfüge, die vorzuschreibende Abgaben zu begleichen, woraus sich eine drohende Konkursgefahr ergebe, trat die Bw. nicht entgegen.

Weder in der Berufung noch im Vorlageantrag konkretisierte die Bw., weshalb entgegen dem Dafürhalten der Abgabenbehörde keine wirtschaftliche Situation gegeben gewesen wäre, die eine Gefährdung oder zumindest wesentliche Erschwerung der Einbringlichkeit der hohen Abgabenschulden rechtfertigte. Vielmehr gestand sie in der Stellungnahme vom , S. 16, selbst zu, dass das gegenständliche Verfahren für sie äußerst existenzbedrohend sei.

Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages liegt im Ermessen (§ 20 BAO) der Abgabenbehörde. Bei der Ermessensübung sind berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgabe unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände abzuwägen. Aus der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringlichkeit ergibt sich, dass nur durch die Sofortmaßnahme dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben Rechnung getragen werden kann, sodass berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen grundsätzlich in den Hintergrund treten. Umstände, wie etwa die Geringfügigkeit des zu sichernden Betrages oder der zu erlangenden Sicherheit, die eine Abstandnahme von der Erlassung eines Sicherstellungsauftrages rechtfertigen könnten, liegen gegenständlich nicht vor.

Da nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung des angefochtenen Sicherstellungsauftrages vorlagen, war die Berufung spruchgemäß abzuweisen.

Der Spruch des Bescheides vom war insoweit zu konkretisieren, als im Sicherstellungsauftrag eine Aufgliederung sowohl nach Abgabenarten als auch Zeiträumen vorzunehmen ist; die Anführung eines einheitlichen Betrages genügt nicht, weil diese Vorgangsweise nicht erkennen lässt, für welchen Abgabenanspruch in welcher Höhe im folgenden Sicherungsverfahren Pfandrechte begründet werden ().

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 232 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 232 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Schlagworte
Sicherstellungsauftrag
Umsatzsteuerbetrug
Vorsteuer
unrichtige Rechnungsadresse
missing trader
Gutglaubensschutz
Wissen-Müssen
Verweise




Tumpel/Prechtl, Vorsteuerabzug und EG-rechtlicher Gutglaubensschutz, SWK 32/2006, S. 872
Laudacher, Gutgläubigkeit versus fehlende Rechnungsadresse, UFSjournal Nr. 1/2008, S. 21 ff

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at