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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 20.12.2005, RV/0056-G/02

Mehrjährige kieferorthopädische Behandlungsleistungen - Leistungszeitpunkt

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0056-G/02-RS1
Länger dauernde ärztliche Behandlungsleistungen (hier: mehrjährige kieferorthopädische Behandlungsleistungen), die zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben, gelten unter Bedachtnahme auf Art. 10 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG jeweils mit Ablauf des Zeitraumes als bewirkt, auf den sich die Abrechnungen oder Zahlungen beziehen. Somit kann es dahingestellt bleiben, ob die kieferorthopädischen Leistungen ihrem Wesensgehalt nach aus jährlichen Teilleistungen bestehen oder ob sie eine Einheit bilden, die sich über einen mehrjährigen Zeitraum erstreckt, der erst mit der Herbeiführung des vereinbarten Erfolges beendet ist.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw.., Zahnarzt, G., vertreten durch Dr. Hans M. Slawitsch Wirtschaftstreuhandgesellschaft KEG, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, 8020 Graz, Strauchergasse 16, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt, vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 1997 sowie Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 1996 und 1997, vertreten durch OR Dr. Michael Ropposch, nach der am in 8018 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18, im Beisein der Schriftführerin VB Claudia Schmölzer durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 1997, Umsatzsteuer für das Jahr 1997 (Sachbescheid) und Einkommensteuer für die Jahre 1996 und 1997 wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1996 wird teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

UMSATZSTEUER 1) Institut "P.P." in Paris

Das Finanzamt hat im Streitjahr 1996 unter Bedachtnahme auf die Feststellungen der Betriebsprüfung die im Zusammenhang mit der Einrichtung dieses Institutes vom Berufungswerber (Bw.) geltend gemachten Vorsteuern in Höhe von S 8.911,00 nicht zum Abzug zugelassen, da Frankreich auf Grund des Doppelbesteuerungsabkommens alle Besteuerungsrechte habe und es daher in Österreich nicht zur Berücksichtigung von Vorsteuern kommen könne (vgl. Pkt. 3.6.3 und 5.1.1 der Niederschrift über die Prüfungsfeststellungen vom ).

2) Änderung der Umsatzsteuerberichtigung 1997

Die vom Bw. im Hinblick auf die mit eingetretene (unechte) Steuerbefreiung der Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt (§ 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994) in Höhe von S 4,880.955,60 vorgenommene gänzliche "Umsatzsteuerentlastung" der bis einschließlich vereinnahmten Honorare für kieferorthopädische Leistungen, deren Leistungszeitpunkt erst nach dem anzunehmen sei, wurde im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens nur mit einem Betrag in Höhe von S 934.369,25 anerkannt, da infolge der abschnittsweisen (jährlichen) Leistungserbringung nur die für den Leistungszeitraum 1996 bis 1997 im Jahr 1996 vereinnahmten und versteuerten Honorare der Steuerentlastung zuteil würden [vgl. Pkt. 3) der Niederschrift über die Prüfungsfeststellungen vom ].

EINKOMMENSTEUER

Das Finanzamt hat unter Hinweis auf das Besteuerungsrecht Frankreichs die im Zusammenhang mit der Einrichtung des Institutes in Paris in den Streitjahren 1996 und 1997 angefallenen Aufwendungen (Instandhaltungen, Rechtskosten, Reisekosten für Ordinationsadaptierungen und Miete) - davon entfallen S 328.218,00 (1996) und S 33.352,50 (1997) auf den Bw. - nicht als Betriebsausgaben anerkannt (vgl. Pkt. 5.1.1 der Niederschrift über die Prüfungsfeststellungen vom ).

Dagegen hat der Bw. mit folgender Begründung das Rechtsmittel der Berufung erhoben:

1) Institut "P.P." in Paris

Er sei bemüht in Graz als zweiten Unternehmenszweig neben der Patientenbehandlung eine Fortbildungseinrichtung für Kieferorthopäden aufzubauen. Sinn dieser Maßnahme sei eine langfristige Einnahmenabsicherung, da im Zuge des wirtschaftlichen Druckes und der allgemeinen Sparmaßnahmen immer mehr Personen auf die Inanspruchnahme kieferorthopädischer Leistungen verzichten müssten und daher der Umsatz in der derzeitigen Höhe keineswegs langfristig gesichert sei.

Allein die Zusendungen von Vortragsmaterial in allen Branchen würden beweisen, dass gerade Freiberufler durch Fortbildungs- und Vortragstätigkeit einerseits ihre Reputation erhöhten, andererseits aber durchaus auch neue Einnahmequellen erschließen würden. Dies gelte ja nicht zuletzt im juristischen und auch im steuerlichen Bereich, wo ganze Unternehmungen darauf aufgebaut seien und der "Fortbildungsmarkt" in den letzten Jahren enorme Ausmaße erreicht habe.

Im ärztlichen Bereich stehe diese Entwicklung in Österreich noch bevor, man müsse aber hier rechtzeitig handeln, um sozusagen von Anfang an dabei zu sein und Marktführer werden zu können. Die Vorbereitungsarbeiten und der Aufbau eines Fortbildungsinstitutes sei nun auf Grund der derzeitigen Marktsituation in Österreich nicht möglich, weshalb man bemüht sei, im Ausland ausländische Gäste für Vorträge zu gewinnen, wissenschaftliche Kontakte zu knüpfen bzw. zu intensivieren, um auf dieser Basis dann das Fortbildungsinstitut in Graz führen zu können. Es sei schon aus räumlichen und organisatorischen Gründen nicht daran zu denken, dass er als in Graz hauptberuflich tätiger Zahnarzt sozusagen eine weitere Betriebsstätte in Frankreich einrichte. Das Pariser Institut solle lediglich Vorstufe und Kontaktstelle eines Grazer Institutes bilden. Da demnach eine französische Betriebsstätte im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens nicht existiere, sei es seines Erachtens nicht zutreffend, die strittigen Aufwendungen in Österreich von der Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben auszuschließen und den diesbezüglichen Vorsteuerabzug zu versagen.

2) Änderung der Umsatzsteuerberichtigung 1997

Es stehe außer Streit, dass ärztliche Leistungen als sonstige Leistungen dann ausgeführt seien, wenn sie abgeschlossen sind. Außer Streit stehe weiters, dass es für die Anwendung des Umsatzsteuersatzes auf den Zeitpunkt der Leistungsvollendung ankomme. Strittig sei jedoch, ob eine kieferorthopädische Behandlungsleistung eine einheitliche ärztliche Leistung darstellt oder ob diese in abgrenzbare Teilleistungen zerlegt werden kann. Dies wäre nur dann zulässig, wenn

a) ein Zeitraum bezogenes Dauerschuldverhältnis vorliegt, das immer wieder zu konkreten Einzelleistungen Anlass gibt, ohne auf ein Ziel hin orientiert zu sein, mit dessen Erfüllung die Leistung abgeschlossen ist oder

b) soweit die abgrenzbaren Teilleistungen zu für sich erkennbaren Leistungserfolgen bzw. zu Mindesterfolgszielen führen.

Ruppe führe in seinem Kommentar Bezug nehmend auf die Rechtsprechung aus, dass eine sonstige Leistung erst dann bewirkt sei, wenn der Erfolg erbracht sei und zwar bei allen sonstigen Leistungen, die zwar Tätigkeiten durch eine bestimmte Zeit hindurch erforderten, letztlich aber, sowie im Regelfall auch die Krankenbehandlung die Erbringung eines bestimmten Erfolges zum Ziel hätten (vgl. Tz 121ff).

Auch das BMF scheine diesen Standpunkt zu teilen, wenn man die einschlägigen Erlässe zur Abgrenzbarkeit von Teilleistungen von freien Berufen betrachte. So sehe das BMF bei Rechtsanwälten in einzelnen Prozessabschnitten abgrenzbare Teilleistungen und bei Ziviltechnikern würden in einzelnen, sachlich abgegrenzten Leistungen ebenfalls abgrenzbare Teilleistungen (zB Planung, örtliche Bauaufsicht usw.) angenommen. Es gehe jedoch immer darum, dass nur dann eine abgrenzbare Teilleistung angenommen werden könne, wenn sozusagen ein Zwischenergebnis vorliege. Die bloße Abrechnung eines bestimmten Zeitraumes genüge jedoch nach herrschender Ansicht nicht für die Annahme einer abgrenzbaren Teilleistung.

Vor dem Hintergrund dieser rechtlichen Überlegungen erscheine es völlig willkürlich eine einheitliche ärztliche Behandlung in kalendermäßig und zwar jahresweise Abschnitte zu zerlegen, nur weil die Honorarverrechnung in einem bestimmten Zeitrhythmus erfolgt.

Aus der Möglichkeit des Patienten während der Behandlung diese abzubrechen oder den Arzt zu wechseln könne für die Lösung der Streitfrage überhaupt nichts gewonnen werden, wobei er als Arzt sehr wohl an den Heilkostenplan gebunden sei und die Behandlung grundsätzlich keinesfalls vor erfolgreichem Abschluss niederlegen könne.

Somit werde vom Finanzamt eine einheitliche sonstige Leistung ohne ausreichende Anhaltspunkte lediglich auf Grund des Abrechnungsrhythmus in Teilleistungen zerlegt, die aber in Wahrheit keinesfalls abgrenzbar seien und für deren Abgrenzbarkeit keine objektiven, geeigneten Kriterien gefunden werden könnten.

Mit Schreiben vom brachte der Bw. dem Finanzamt eine Anfragebeantwortung des BMF zur Kenntnis, wonach die abschnittsweise jährliche Leistungserbringung bei kieferorthopädischen Leistungen lediglich als Vereinfachungsregel zu verstehen sei. Wenn im Einzelfall eine jährliche Leistungserbringung nicht zutreffe, so müsse von der Vereinfachungsregel auch nicht Gebrauch gemacht werden und es könnten somit auch Leistungen, die länger als ein Jahr vor dem zurückliegen, deren Fertigstellung aber erst nach dem erfolge, hinsichtlich der Umsatzsteuer korrigiert werden. Da im vorliegenden Fall die Behandlungsverträge unbestrittenermaßen nicht jeweils nur für die Dauer eines Jahres abgeschlossen würden entspreche die Anwendung der Vereinfachungsregel nicht der Rechtsmeinung des BMF.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung wurde vom Finanzamt im Wesentlichen folgendermaßen begründet:

1) Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 1997

Da der Bw. in keiner Weise dargetan habe, weshalb die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 1997 zu Unrecht erfolgt wäre, müsse die dagegen eingebrachte Berufung als unbegründet abgewiesen werden.

2) Änderung der Umsatzsteuerberichtigung 1997

Das Finanzamt folge bezüglich des strittigen Leistungszeitpunktes bei kieferorthopädischen Behandlungsleistungen der Auffassung der Großbetriebsprüfung, wonach ein Dauerschuldverhältnis mit konkreten Einzelleistungen vorliege. Der Erfolg, der durch Zahnregulierungen eintreten könne, sei zu Beginn der Behandlungen nur äußerst bedingt vorhersehbar, er trete erst im Laufe von mehreren Behandlungsjahren sukzessive ein und es müsse in Betracht gezogen werden, dass ein einmal erreichtes Ergebnis nach Abschluss der Behandlung nicht vollständig erhalten bleibt.

Wie die Großbetriebsprüfung überzeugend dargestellt habe, habe der Bw. nach Behandlungsjahren exakt abgerechnet (Textierung in der Honorarnote zB "kieferorthopädische Behandlung von ...., 1. Behandlungsjahr: bis "). Soweit Kostenvoranschläge zu Beginn der Behandlung erstellt würden, weisen auch diese eine genaue betragliche Aufgliederung nach den zu erwartenden Behandlungsjahren auf. Die gewählte Vorgangsweise finde eine Entsprechung im Bewilligungsverfahren der Gebietskrankenkasse. Diese bewillige vorerst nur ein Jahr, weil nicht absehbar sei, ob und wie ein Erfolg in diesem Jahr eintreten werde. Danach sei um Verlängerung neuerlich anzusuchen. Eine Bewilligung für mehrere Jahre, eventuell sogar bis zum erfolgreichen Abschluss sei dem Finanzamt nicht bekannt. Es sei offenkundig, dass auch der Kieferorthopäde in klar abgrenzbaren Behandlungsschritten tätig werde und sich an der Aussicht auf Behandlungserfolg orientiere. Auf Grund der relativen Langfristigkeit der medizinischen Betreuung erscheine ein etwa jährlicher Betrachtungszeitraum auch als angemessen und den tatsächlichen Verhältnissen am ehesten entsprechend. Es sei daher auch kein Zufall, dass Abrechnungen in eben diesen Zeitabständen durchgeführt würden.

3) Institut "P.P." in Paris

Diesbezüglich werde auf die beigeschlossene Stellungnahme der Großbetriebsprüfung hingewiesen. Abgesehen von der Frage der Besteuerungshoheit liege durch die Unentgeltlichkeit der durchgeführten Fortbildungsveranstaltungen eine abgabenrechtlich relevante Einkunftsquelle nicht vor. Im Übrigen könnten französische Vorsteuern in Österreich nicht erstattet werden.

Dagegen hat der Bw. mit folgender Begründung den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt:

1) Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 1997

Die Nichtanerkennung von Umsatzsteuerberichtigungen im Ausmaß von S 3,948.843,00 sei die einzige Prüfungsfeststellung. Da er aber in Beilagen zu allen Umsatzsteuervoranmeldungen, in denen er Berichtigungen geltend gemacht habe (Februar, Mai und Dezember 1997) den Sachverhalt erläutert habe, sei dem Finanzamt dieser bei Erlassung des Erstbescheides für das Jahr 1997 bereits bekannt gewesen. Im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung habe er den Sachverhalt neuerlich geschildert, wobei dort ausdrücklich dargelegt worden sei, worauf sich die Umsatzsteuerberichtigungen stützten. Da demnach dem Finanzamt der Sachverhalt bei Erlassung des ursprünglichen Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 1997 vollkommen bekannt gewesen sei, seien keine zur Wiederaufnahme des Verfahrens berechtigenden neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen. In Wahrheit habe das Finanzamt gegenüber der Erstveranlagung diesbezüglich lediglich seine Rechtsansicht geändert, was aber nicht zur Wiederaufnahme des Verfahrens berechtige.

2) Umsatzsteuerberichtigung 1997

Wesentlicher Streitpunkt sei diesbezüglich die Frage, ob die kieferorthopädische Leistung in abgrenzbare Teilleistungen zu zerlegen sei, die sich mit den sogenannten "Behandlungsjahren" decken, was vom Finanzamt behauptet und von ihm aber bestritten werde.

Das Finanzamt verkenne bei seiner Argumentation den Kern der Sache, dass sich die "Behandlungsjahre" im kieferorthopädischen Bereich aus dem Abrechnungs- und Bewilligungsmodus durch die Gebietskrankenkasse ergeben. Die Leistungsabrechnung nach Behandlungsjahren sage jedoch nichts darüber aus

a) ob ein Dauerschuldverhältnis mit einzelnen abgrenzbaren Teilleistungen oder ein Zielschuldverhältnis vorliegt

b) auf welchen zivilrechtlichen Grundlagen die Behandlungsverträge für kieferorthopädische Leistungen beruhen

c) ob eine Leistung überhaupt "abgrenzbar" ist.

Würde eine Rechtsschutzversicherung die Prozessführung lediglich für ein Jahr lang finanzieren, so hätte dies nichts mit der Frage zu tun, in welche abgrenzbaren Teilleistungen ein anwaltliche Prozessführung zu zerlegen ist. Es komme hier auf die Vertragsgestaltung einerseits und auf das Wesen der erbrachten Leistung (objektive Kriterien) andererseits an. Die Parteien könnten nicht einheitliche Leistungen durch Vereinbarung eines Abrechnungsmodus zu abgrenzbaren Teilleistungen machen oder umgekehrt.

Aus diesem Grund sei es unverständlich, wenn das Finanzamt dem Bewilligungsverfahren der Gebietskrankenkasse derartige Bedeutung beimesse. Die Vertragsbeziehung bestehe zwischen Patient und Arzt und das Bewilligungsverfahren der Gebietskrankenkasse vermöge weder diese Vertragsbeziehung zu ersetzen noch am Wesen einer einheitlichen ärztlichen Behandlungsleistung etwas zu ändern.

Völlig unzutreffend sei der Vergleich eines Behandlungsjahres mit der Einzelleistung eines Rechtsanwaltes innerhalb eines Instanzenzuges bzw. mit den Einzelleistungen von Ziviltechnikern. Nach exakt einem Behandlungsjahr sei nämlich keineswegs ein abgrenzbarer und für sich als Ergebnis dieses Abschnittes zu Tage tretender Erfolg erkennbar. Natürlich trete der Erfolg mit jeder Woche und mit jedem Monat über Jahre hinweg zunehmend ein, es gebe aber in der kieferorthopädischen Behandlung nur einen Enderfolg, nämlich das regulierte Gebiss.

Ganz anders beim Instanzenzug des Anwaltes: Hier ende das Verfahren einer Instanz mit einem Urteil, also mit einem formalen, nach außen erkennbaren Zwischenakt. Das Gleiche gelte bei den abgrenzbaren Teilleistungen von Ziviltechnikern: Diese betreffen organisch für sich existierende selbständige Leistungen, die oft von unterschiedlichen Auftragnehmern erbracht werden und auch zu unterschiedlichen Zeiten des Baufortschrittes anfallen.

Wenn man die kieferorthopädische Leistung in Behandlungsjahre zerlegen könne, so könnte auch der Bauunternehmer bei Errichtung eines Hauses mit dem Bauherrn einen halbjährlichen Abrechnungsmodus festlegen und die Bauleistung "Errichtung des Gebäudes" wäre plötzlich in halbjährliche abgrenzbare Teilleistungen zerlegt. Die herrschende Auffassung über den Zeitpunkt der Leistungserbringung sonstiger Leistungen führe deutlich vor Augen, dass dieses Ergebnis unzutreffend wäre.

Insgesamt sei daher festzustellen, dass die Finanzverwaltung - offenbar aus finanziellen Überlegungen - im kieferorthopädischen Bereich hinsichtlich der Anwendbarkeit der Steuersatzänderung willkürlich auf ein Behandlungsjahr zurückgreife. Diese Betrachtungsweise sei letztlich entstanden, um ansonsten zu befürchtende größere Umsatzsteuerrückvergütungen an Kieferorthopäden zu verhindern. Derart fiskalisch motivierte Beurteilungen seien zwar verständlich, würden aber dem Gesetz bzw. dessen Auslegung durch die herrschende Lehre und Rechtsprechung widersprechen.

3) Institut "P.P."

Diesbezüglich scheine das Finanzamt den Standpunkt zu vertreten, dass zwar eine Vortragstätigkeit in Frankreich aufgebaut worden sei, Tagungen abgehalten werden, im Internet für die Fortbildungsveranstaltungen geworben werde, diese Tätigkeit aber im Ausland ausgeübt werde, sodass die Aufwendungen nicht der österreichischen Betriebsstätte zugerechnet werden könnten und dass außerdem Liebhaberei vorliege.

Dem sei zu entgegnen, dass der Bw. und sein Bruder auf dem Gebiet der Kieferorthopädie weltweit anerkannt seien. Es würden Vorträge in der Schweiz, in Frankreich usw., aber auch in Übersee (insbesondere intensive Kontakte mit Australien) gehalten werden. Ein besonders wichtiges Zentrum der Kieferorthopädie sei Genf, wo er lange Zeit, auch an der Universität tätig gewesen sei. Um das Fortbildungswesen als Zweig der inländischen Ordination erfolgreich zu etablieren, müsse Aufbauarbeit vom Ausland aus geleistet werden. Ausschließlich diesem Zweck diene das strittige Institut in Paris. Die Begründung einer französischen Betriebsstätte im Rahmen der selbständigen Tätigkeit sei damit nicht verbunden.

Die Annahme von Liebhaberei scheide aus, wenn auf Grund der Gesamtrentabilität in Teilbereichen Aufwendungen in Kauf genommen werden. Der Teilbereich Vortragstätigkeit sei nun von der selbständigen Tätigkeit als Arzt nicht so deutlich abzugrenzen, dass es sich um einen völlig anderen Betrieb handle, der gesondert zu beurteilen wäre.

Im Übrigen sei die Kürzung der Vorsteuer für das Institut im Ausmaß von S 8.911,00 (50% von insgesamt S 17.822,00) nicht nachvollziehbar, da lt. den vorliegenden Kontenausdrucken keine Vorsteuer herausgerechnet worden sei.

In der am abgehaltenen Berufungsverhandlung hat der bevollmächtigte Vertreter des Bw. ergänzend Folgendes ausgeführt:

Er werde zur jährlichen Abrechnung der Behandlungshonorare letztlich durch die Gebietskrankenkasse gezwungen, da diese die Behandlungszuschüsse nur unter dieser Voraussetzung gewähre. Eine kieferorthopädische Behandlung dauere aber in seiner Ordination mindestens sieben Jahre, in der Regel bis zu zehn Jahre. Dazu sei zu bemerken, dass ab dem vierten Behandlungsjahr weder der Patient noch die Gebietskrankenkasse ein Honorar bezahle, obwohl sich im Wesentlichen erst im fünften Behandlungsjahr ein Behandlungserfolg sichern lasse.

Der bevollmächtigte Vertreter des Bw. betonte, dass der Schwerpunkt der Leistungserbringung in der Praxis des Bw. etwa im fünften und sechsten Behandlungsjahr liege. In dieser Zeit erfolge die aufwändigste Behandlung, da festsitzende Brackets gesetzt würden. Es würden daher mit dem angefochtenen Bescheid bloße Vorauszahlungen für noch gar nicht erbrachte Leistungen jenem Steuersatz unterworfen, der im Zahlungszeitpunkt gegolten habe und nicht jenem Steuersatz, der im Zeitpunkt der Erbringung der Leistung oder Teilleistung gegolten habe. Selbst wenn man davon ausgehe, dass kieferorthopädische Leistungen zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben, müsste doch bei wesentlich unterschiedlicher Leistungsintensität untersucht werden, wann die Leistung im Wesentlichen erbracht wird. Der Honorierung in den ersten drei Behandlungsjahren stünden noch unwesentliche ärztliche Leistungen gegenüber. Die Praxis des Bw. sei diesbezüglich nicht vergleichbar mit vielen anderen kieferorthopädischen Praxen in Österreich, die sich dem von der Gebietskrankenkasse diktierten Verrechnungsmodus anpassen und ihre Leistung nach den drei bewilligten Behandlungsjahren tatsächlich abschließen würden.

Die Auffassung der Amtspartei, es handle sich bei kieferorthopädischen Leistungen um ein Dauerschuldverhältnis, werde nicht geteilt. Der Umstand, dass Patienten vor Erreichung des Behandlungserfolges die Behandlung abbrechen könnten, könne diese Qualifikation als Dauerschuldverhältnis nicht bewirken. Der angefochtene Bescheid besteuere gerade nicht nach Leistungsabschnitten, die zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben, sondern besteuere Anzahlungen für Leistungen, die noch gar nicht erbracht seien.

Hinsichtlich der mangelnden Berechtigung zur Wiederaufnahme des Verfahrens werde auf die Ausführungen im Vorlageantrag verwiesen und im Übrigen inhaltliche Rechtswidrigkeit aber auch mangelnde Sachverhaltsfeststellung behauptet. Wenn die österreichischen kieferorthopädischen Praxen hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Frage zur Leistungserbringung einheitlich zu beurteilen seien, so hätte das Finanzamt aus den Beilagen zu den Umsatzsteuervoranmeldungen und den Umsatzsteuererklärungen den kompletten Sachverhalt erkennen können und damit läge kein Wiederaufnahmsgrund vor. Wenn aber jede Praxis individuell zu beurteilen sei, so müsse festgestellt werden, dass dies, trotz des Hinweises auf spezielle Behandlungsgegebenheiten, nie erfolgt sei.

Zum Streitpunkt "P.P." werde bezüglich der Verlustverrechnung auf die jüngere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen. Bezüglich des strittigen Vorsteuerabzuges werde, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Vorhaltsbeantwortung vom verwiesen.

Über die Berufung wurde erwogen:

1) Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 1997

Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde in dem wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. ).

Ausgehend davon war im vorliegenden Fall die Frage des Neuhervorkommens erheblicher Sachverhaltselemente durch das Ergebnis der das Streitjahr 1997 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung in Gegenüberstellung mit dem Inhalt der Abgabenerklärung (Umsatzsteuererklärung 1997) zu beurteilen, weil das Finanzamt im Umsatzsteuerverfahren 1997 keine Ermittlungen gepflogen, sondern die Jahresveranlagung erklärungsgemäß vorgenommen hat.

Der Bw. hat in der "Beilage zur Umsatzsteuererklärung für 1997" vom unter "Erläuterung zu steuerfreien Umsätzen" Nachstehendes ausgeführt:

"Ab sind ärztliche Umsätze gem. § 6 Abs. 1 Ziffer 19 UStG umsatzsteuerfrei. Der Steuersatz für sonstige Leistungen richtet sich nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung. Eine sonstige Leistung gilt als ausgeführt, wenn sie abgeschlossen ist.

Kieferorthopädische Behandlungen erstrecken sich über mehrere Jahre und sind mit Fertigstellung der Behandlung abgeschlossen. Die Umsatzsteuerbefreiung ärztlicher Leistungen ab bewirkt somit eine sich nachträglich ergebende Umsatzsteuerberichtigung für jene Honorarteilzahlungen bis , die im Zeitpunkt ihres Zufließens aufgrund der damals gültigen Gesetzeslage der Umsatzsteuer zu unterziehen waren, wobei sich nunmehr herausstellt, dass diese Einnahmen umsatzsteuerfrei sind, sofern die Behandlungen nach dem abgeschlossen worden sind. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf die Beilagen zu meinen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Feber und Mai 1997.

Der Gesamtbetrag der sich daraus ergebenden Berichtigung beläuft sich nach vorliegender detaillierter Rechnungsaufstellung auf S 4,880.955,59".

Da der Bw. demnach ohne jegliche Differenzierung nach Behandlungs- bzw. Abrechnungszeiträumen [vgl. nachstehende Ausführungen unter 2)] sämtliche ("Gesamtbetrag") vor dem in Rechnung gestellten und vereinnahmten Honorare für kieferorthopädische Behandlungsleistungen, die erst nach dem vollendet worden sind, unter Hinweis auf die ab eingetretene Steuerbefreiung für Leistungen aus der Tätigkeit als Arzt einer Umsatzsteuerberichtigung unterzogen hat, wäre das Finanzamt in dem wieder aufzunehmenden Verfahren ohne weitere Ermittlungen keinesfalls in der Lage gewesen, die rechtlich richtige Entscheidung - lediglich die im Jahr 1996 vereinnahmten und versteuerten Honorare, die das Behandlungsjahr 1996/1997 betreffen sind zu berichtigen (vgl. , wonach der Beschwerdeführer im Anlassfall bei kieferorthopädischen Behandlungsleistungen, "die aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen unbestritten keinen längeren als einen einjährigen Zeitraum umfassen nicht dadurch in seinen Rechten verletzt worden ist, dass die belangte Behörde nicht auch hinsichtlich seiner vor 1996 begonnenen Leistungen die nach Maßgabe der vor dem Jahr 1997 erfolgten Zahlungen entstandene Umsatzsteuerschuld wieder rückgängig gemacht hat") - zu treffen. Dies war erst nach entsprechenden Ermittlungen des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes durch die Betriebsprüfung (vgl. Punkte 3.1 bis 3.5 der Niederschrift über die Prüfungsfeststellungen vom ) möglich. Somit handelt es sich bei der diesbezüglichen Sachverhaltsfeststellung der Betriebsprüfung (vom geltend gemachten Berichtigungsbetrag in Höhe von S 4,880.955,60 ist ein Betrag in Höhe von S 3,948.843,60 - der Betrag selbst wird vom Bw. nicht bestritten - nicht anzuerkennen, da er auf Behandlungen entfalle, die vor 1996 begonnen worden sind) sehr wohl um eine neue entscheidungswesentliche Tatsache, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung der Abgabenbehörde unbekannt war und deren Kenntnis einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

An dieser Beurteilung ändert auch der Hinweis des Bw. auf die Beilagen zu den Umsatzsteuervoranmeldungen Februar, Mai und Dezember 1997 nichts. Denn abgesehen davon, dass das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln nach herrschender Rechtsauffassung aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen ist und das Umsatzsteuerfestsetzungsverfahren nur eine zeitlich begrenzte Wirkung entfaltet, als mit der Erlassung des Umsatzsteuerjahresbescheides allfällige Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide außer Kraft gesetzt werden (vgl. Ruppe, UStG 1994, Kommentar, Wien 1999, Tz 22 zu § 21), stellt auch der Informationsgehalt der Beilagen (vgl. "Beilage zur Umsatzsteuervoranmeldung Dezember 1997" vom : "Erläuterung zur Umsatzsteuerberichtigung: Ab unterliegen ärztliche Leistungen nicht mehr der Umsatzsteuer. Laut Erlass des Bundesministeriums für Finanzen kommt es für die Frage, ob ein Honorareingang der Umsatzsteuer unterliegt oder nicht, darauf an, wann die der Honorarzahlung zu Grunde liegende Leistung erbracht wurde. Die bis zum heutigen Tag ermittelten, bis geleisteten Akontozahlungen von Patienten für Behandlungsleistungen, die erst nach dem fertiggestellt und damit erbracht sind, betragen brutto S 63,304.479,60. Davon wurden bereits S 29,083.322,80 in der Umsatzsteuervoranmeldung 12/96, 2/97 und 5/97 geltend gemacht. Vom verbleibenden Rest von 34,221.156,80 beträgt die darin enthaltene Mehrwertsteuer S 5,703.526,13. Diese wurde im Laufe der Jahre noch abgeführt, wobei diese Einnahmen aber nicht mehr umsatzsteuerpflichtig sind. Der auf mich entfallende Hälfteanteil beträgt S 2,851.763,07") keine derartige Offenlegung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes dar, dass die Abgabenbehörde ohne nähere Ermittlungen - vor allem Einsichtnahme in die Honorarnoten - in der Lage gewesen wäre, die einer Berichtigung tatsächlich zugänglichen Honorare des Behandlungszeitraumes 1996 bis 1997 in richtiger Höhe festzustellen.

Somit sind auch die diesbezüglichen Ausführungen in der mündlichen Berufungsverhandlung, wonach die Abgabenbehörde bereits aus den Beilagen zu den Umsatzsteuervoranmeldungen und zur Umsatzsteuererklärung 1997 "den kompletten Sachverhalt erkennen hätte können" keinesfalls geeignet, die Rechtmäßigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens in Zweifel zu ziehen. Denn der Bw. übersieht dabei, dass der im Einklang mit den unter Punkt 2) dargelegten Erwägungen stehende Umsatzsteuerbescheid, was die Höhe des Berichtigungsbetrages anlangt, erst nach entsprechenden Ermittlungen im Rahmen der Betriebsprüfung - die Höhe ist unbestritten - erlassen werden konnte.

Zur Ermessensübung, die im Übrigen vom Bw. nicht gerügt wird, ist Folgendes festzustellen:

Da der Normzweck des § 303 BAO in der Erzielung eines insgesamt rechtmäßigen Ergebnisses besteht, ist bei der Ermessensübung grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (der Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit (Rechtskraft) zu geben (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 1999, Rz 38 zu § 303). Da nähere Umstände, die die Erlassung eines rechtsrichtigen Bescheides als unbillig erscheinen ließen, vom Bw. nicht einmal ansatzweise ins Treffen geführt werden und für den unabhängigen Finanzsenat aus der Aktenlage auch nicht erkennbar sind, erweist sich die Wiederaufnahme des Verfahrens jedenfalls als rechtmäßig.

2) Änderung der Umsatzsteuerberichtigung 1997

"Nach § 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994 sind Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt (unter Ausschluss des Vorsteuerabzuges, sohin "unecht") steuerbefreit. Gemäß § 29 Abs. 5 UStG 1994 gilt diese Steuerbefreiung allerdings erst für Umsätze, die nach dem ausgeführt worden sind. Ärztliche Leistungen, die vor dem erbracht worden sind, sind umsatzsteuerpflichtig gewesen. Die Sechste Mehrwertsteuer-Richtlinie (77/388/EWG) sieht in Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. c für ärztliche Leistungen eine Steuerbefreiung vor. Das Hinausschieben der Inkraftsetzung dieser Steuerbefreiung in Österreich auf den beruht auf einer entsprechenden Regelung im Beitrittsvertrag Österreichs zur EU (Anhang XV des Beitrittsvertrages).

Gemäß § 17 Abs. 1 erster Satz UStG 1994 haben Unternehmer, die eine Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 1 EStG 1988 ausüben (wie etwa Ärzte), die Steuer für die mit diesen Tätigkeiten zusammenhängenden Umsätze nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen (Istbesteuerung).

Erstrecken sich länger währende ärztliche Leistungen (zB kieferorthopädische Behandlungen) über einen Zeitraum, der vor dem begonnen und nach dem geendet hat, und gelten diese Leistungen als nach dem bewirkt, sind sie umsatzsteuerbefreit (vgl. Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 6 Abs. 1 Z 19, Anm. 4e). Wenn die Steuerschuld auf Grund der Istbesteuerung vor dem Zeitpunkt der Bewirkung der Leistung entstanden ist, wird dem Umstand, dass die Leistung im Zeitpunkt ihrer Bewirkung - auf Grund einer mittlerweile eingetretenen Änderung der Rechtslage - als steuerbefreit gilt, durch eine Berichtigung Rechnung getragen (vgl. Ruppe, UStG2, § 17 Tz 31).

Nach Artikel 10 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG tritt der Steuertatbestand zu dem Zeitpunkt ein, in dem die Lieferung des Gegenstandes oder die Dienstleistung bewirkt wird. Daher ist, wenn sich zwischen Anzahlung und Leistungserbringung die Rechtslage ändert, für den einzelnen Umsatz die im Zeitpunkt der Leistung geltende Rechtslage maßgebend und die Anzahlung entsprechend zu korrigieren (vgl. Ruppe, UStG2, § 19 Tz 49).

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage ist bei kieferorthopädischen Leistungen von Bedeutung, welche vor dem bzw. nach dem bewirkt worden sind.

Das - in Umsetzung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG ergangene - UStG 1994 normiert in § 1 Abs. 1 Z 1, dass Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer "ausführt", der Umsatzsteuer unterliegen.

Der österreichische Gesetzgeber hat es nicht für erforderlich gehalten, ausdrückliche Regelungen dafür zu treffen, in welchem Zeitpunkt eine sonstige Leistung als ausgeführt gelten soll (vgl. Ruppe, UStG2, § 3a Tz 121). Solcherart unterliegt es keinem Zweifel, dass der Gesetzgeber bei Umsetzung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG im Wege der Erlassung des UStG 1994 vom Verständnis dieser Richtlinie über den Zeitpunkt der Leistungserbringung ausgegangen ist und dieses Verständnis den Normen des UStG 1994 betreffend die "Ausführung" sonstiger Leistungen in § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 zugrunde gelegt hat.

Die Sechste Richtlinie 77/388/EWG legt in Art. 10 Abs. 2 fest, dass - soweit Mitgliedstaaten nicht anderes vorsehen - "Dienstleistungen, die zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben", jeweils mit Ablauf des Zeitraums als bewirkt gelten, auf den sich die Abrechnungen oder Zahlungen beziehen. Von diesem Verständnis über den Zeitpunkt der Leistungserbringung ist bei Anwendung des UStG 1994 auszugehen.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kann es dahin gestellt bleiben, ob die kieferorthopädischen Leistungen ihrem Wesensgehalt nach aus jährlichen Teilleistungen bestehen oder ob sie eine Einheit bilden, die sich über einen mehrjährigen Zeitraum erstreckt, der erst mit der Herbeiführung des vereinbarten Erfolges beendet ist. Die Ausführungen des angefochtenen Bescheides sind insoweit unbestritten, als es um die Sachverhaltsfeststellungen geht, dass die in Rede stehenden Leistungen des Beschwerdeführers Dienstleistungen sind, die zu aufeinander folgenden Abrechnungen bzw. Zahlungen Anlass geben. Nach der oben dargestellten Rechtslage gelten aber Dienstleistungen, die zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben, jeweils mit Ablauf des Zeitraums, auf den sich die Abrechnungen oder Zahlungen beziehen, als bewirkt. Da im gegenständlichen Fall die aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen unbestritten keinen längeren als einen einjährigen Zeitraum umfassen, ist der Beschwerdeführer nicht dadurch in seinen Rechten verletzt worden, dass die belangte Behörde nicht auch hinsichtlich seiner vor 1996 begonnenen Leistungen die nach Maßgabe der vor dem Jahr 1997 erfolgten Zahlungen entstandene Umsatzsteuerschuld wieder rückgängig gemacht hat" [vgl. und Tumpel, Grundlegende Aussagen des VwGH zum Entfall der Vorsteuerberichtigung bei Ärzten und zum Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld bei Dauerleistungen, SWK 27/2005 (S 790)].

Unter Bedachtnahme auf die Ausführungen des vorhin zitierten, völlig einschlägigen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes konnte der Berufung in diesem Streitpunkt aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden sein:

Ob die gegenständlichen kieferorthopädischen Behandlungsleistungen ihrem Wesensgehalt nach aus jährlichen Teilleistungen bestehen oder ob sie, wie dies vom Bw. in der Berufung und im Vorlageantrag, sowie in der Vorhaltsbeantwortung vom und in der mündlichen Berufungsverhandlung argumentiert wird, eine Einheit bilden, die sich über einen mehrjährigen Zeitraum erstreckt, der erst mit der Herbeiführung des vereinbarten Erfolges beendet ist, kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes in dem vorhin zitierten Erkenntnis jedenfalls dahin gestellt bleiben. Denn nach dem im Geltungsbereich des UStG 1994 zu beachtenden Gemeinschaftsrecht (vgl. Art. 10 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG) gelten - soweit Mitgliedstaaten nicht anderes vorsehen - "Dienstleistungen, die zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben", jeweils mit Ablauf des Zeitraumes als bewirkt, auf den sich die Abrechnungen oder Zahlungen beziehen. Da die Ausführungen des Bw. diesen entscheidungswesentlichen gemeinschaftsrechtlichen Aspekt überhaupt nicht berücksichtigen, erübrigt es sich auf die Argumente im Einzelnen näher einzugehen. In Entsprechung dieser Rechtslage hat das Finanzamt im angefochtenen Bescheid zutreffend nur die aus den Abrechnungen des Behandlungsjahres 1996/1997 resultierende, auf vor dem vereinnahmten und versteuerten Zahlungen beruhende Umsatzsteuerschuld - die Höhe ist unbestritten - wieder rückgängig gemacht. Die vom Bw. geforderte Rückgängigmachung der Umsatzsteuerschuld auch bezüglich jener Leistungen, die vor dem begonnen worden sind und demgemäß auf Abrechnungen des Behandlungsjahres 1995/1996 beruhen, scheitert an der gemeinschaftsrechtskonformen Interpretation des Leistungszeitpunktes von sonstigen Leistungen, da derartige Dienstleistungen mit Ablauf des Zeitraumes, auf den sich die Abrechnungen oder Zahlungen beziehen, somit im Jahr 1996, als bewirkt gelten und in diesem Jahr noch von der Steuerpflicht ärztlicher Leistungen auszugehen ist.

An dieser Beurteilung vermag auch das vom Bw. vorgelegte Rechtsgutachten vom nichts zu ändern. Das Ergebnis des Gutachters in der entscheidenden Frage der Anwendbarkeit des Art. 10 Abs. 2 der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie 77/388/EWG - "Da der österreichische Gesetzgeber die Fiktion des zweiten Satzes des Art. 10 Abs. 2 leg.cit. nicht ins österreichische Umsatzsteuerrecht transformiert hat, kann daraus der (österreichische) Steuergläubiger auch keinen Rechtsanspruch ableiten" - steht im Widerspruch mit dem eingangs zitierten, nach Erstellung des Gutachtens ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes und ist daher als obsolet zu betrachten [vgl. auch Tumpel, Grundlegende Aussagen des VwGH zum Entfall der Vorsteuerberichtigung bei Ärzten und zum Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld bei Dauerleistungen, SWK 27/2005 (S 790)].

Auch die "Überlegungen zur Frage: Kann man die kieferorthopädische Behandlung in abgeschlossenen Teilabschnitten oder nur als Ganzes sehen", die der Bw. im Schriftsatz vom unter Bedachtnahme auf medizinische Aspekte anstellt, vermögen nichts an der obigen Beurteilung zu ändern, da die Lösung dieser Streitfrage mit Rücksicht auf das gemeinschaftsrechtlich gebotene Verständnis über den Zeitpunkt der Erbringung von Dienstleistungen, die zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben, jedenfalls dahin gestellt bleiben kann. Denn diese gelten, wie oben ausgeführt, jeweils mit Ablauf des Zeitraumes als bewirkt, auf den sich die Abrechnungen oder Zahlungen beziehen.

Auch die Ausführungen in der Vorhaltsbeantwortung vom , in der der Bw. in Auseinandersetzung mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2005/14/0024, behauptet, dass auf Grund der in der Praxis herrschenden Behandlungsmethoden die ärztlichen Leistungen keineswegs kontinuierlich erbracht würden, sondern der Großteil der Arbeiten vielmehr am Ende der Behandlung anfalle, weshalb es sich nicht um "Dienstleistungen handle, die zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben", vermögen dem Berufungsbegehren aus nachstehenden Erwägungen nicht zum Erfolg zu verhelfen:

Da es nach der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die Intensität der Behandlungen in den einzelnen Behandlungs- bzw. Abrechnungszeiträumen, sondern vielmehr auf die Tatsache, dass die strittigen Behandlungsleistungen (Dienstleistungen) tatsächlich zu aufeinander folgenden Abrechnungen bzw. Zahlungen Anlass geben, ankommt, bedarf es keiner weiteren Ermittlungen dahingehend, ob im Einzelfall tatsächlich die Leistungen nicht kontinuierlich, sondern zum Großteil erst am Ende der Behandlung erbracht worden sind.

In diesem Zusammenhang ist auch unter Bedachtnahme auf das diesbezügliche Vorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung, wonach der Schwerpunkt der Leistungserbringung etwa im fünften und sechsten Behandlungsjahr und damit nach Beendigung des Honorarzahlungszeitraumes - ab dem vierten Behandlungsjahr bezahle weder der Patient noch die Krankenkasse ein Honorar - liege, Folgendes zu bemerken:

Auch den Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes im vorhin zitierten Erkenntnis liegt die Sachverhaltsfeststellung zu Grunde, dass "der Ratenzahlungszeitraum zum Teil kürzer als der Behandlungszeitraum sei". Der Umstand, dass der Bw. nach Beendigung des Honorarzahlungszeitraumes noch einige Jahre Behandlungsleistungen ohne entsprechende Honorarverrechnung und damit unentgeltlich erbringt, ist für die umsatzsteuerliche Beurteilung der davor liegenden Zeiträume, in denen die Besteuerung unter Bedachtnahme auf das zwingende Gemeinschaftsrecht ausschließlich an den aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen anknüpft, ohne rechtliche Relevanz.

Soweit der Umsatzsteuerbescheid 1996 aus diesem Titel angefochten ist (vgl. Vorlageantrag: "Allerdings ist auch der Umsatzsteuerbescheid 1996 angefochten, nicht zuletzt für den Fall, als bei Stattgebung meiner Berufung die Umsatzsteuerfreiheit von Einnahmen dergestalt berücksichtigt wird, dass der gesamte Umsatz 1996 als unecht befreit veranlagt wird und nur die darüber hinausgehenden Berichtigungen als solche des Jahres 1997 behandelt werden") ist Folgendes festzustellen:

Unter Bezugnahme auf die obigen Erwägungen zum Streitjahr 1997 ist zu bemerken, dass die "Veranlagung des gesamten Umsatzes 1996 als unecht befreit" bereits daran scheitert, dass die Steuerfreiheit ärztlicher Leistungen erst mit wirksam geworden ist und demnach im Rahmen der Veranlagung der im Jahr 1996 vereinnahmten Entgelte keinesfalls zur Anwendung gelangen kann. Die im Jahr 1996 vereinnahmten, auf Abrechnungen des Behandlungsjahres 1995/1996 beruhende Zahlungen sind daher ebenso wie jene, die den Behandlungszeitraum 1996/1997 betreffen, im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung 1996 jedenfalls steuerpflichtig zu behandeln, während die Umsatzsteuerentlastung der den Behandlungszeitraum 1996/1997 betreffenden Zahlungen im Streitjahr 1997 vorzunehmen war.

3) Institut "P.P." in Paris

a) Vorsteuerkürzung 1996

Nach nachweislicher Kenntnisnahme der diesbezüglichen Stellungnahme des Betriebsprüfer - "1) Unter Hinweis auf die Beilagen und die dementsprechenden Ausführungen in der Niederschrift, Z 5.1.1 wird zum Vorsteuerabzug, bisher vorgenommen und von der Bp storniert, S 17.822,00 ausgeführt:

Hiebei handelt es sich um französische Vorsteuer (siehe Beilage 4), die außerdem nirgends aus einer "Rechnung" oder sonstigen schriftlichen Unterlage hervorgeht, vielleicht auch auf Grund eines Kontierungsfehlers überhaupt, weil für die restlichen Reparaturarbeiten im Objekt bisher kein Vorsteuerabzug erfolgte" - hat der Bw. im Vorlageantrag lediglich bemerkt, dass die strittige Kürzung der Vorsteuer nicht nachvollziehbar sei, da von den im Rahmen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung geltend gemachten Positionen [Instandhaltungen in Höhe von S 511.608,52; Raumkosten S 15.048,00 und Reisekosten (enthalten im Konto 7330) S 75.225,00] lt. vorliegenden Kontoausdrucken keine Vorsteuer herausgerechnet worden sei.

Das vom Bw. im Rahmen seiner Einnahmen-Ausgaben-Rechnung unter der Nr. 7242 geführte Konto mit der Bezeichnung "Instandhaltungen Ordinationswhg. Paris" weist folgendes Bild auf:


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Beleg
Gegkto
Text
Ust
SOLL
HABEN
KT
Kontostand alt
0,00
0,00
125
3210
Reparaturarb. Whg. Paris
E20
89.108,52
BK

Zu dem im SOLL mit S 89.108,52 gebuchten Betrag findet sich der handschriftliche Vermerk "x 20% = 17.821,70".

Dazu hat der Bw. in der Vorhaltsbeantwortung vom unter Vorlage des Umsatzsteuerjournals für den Kalendermonat Oktober 1996 im Wesentlichen Nachstehendes ausgeführt:

Zum Code "E20" in der Umsatzsteuerspalte sei festzustellen, dass diese Zahlung an einen EU-Lieferanten wie eine innergemeinschaftliche Lieferung mit der Konsequenz verbucht worden sei, dass Vorsteuer als Erwerbsteuer beansprucht und Umsatzsteuer als Erwerbsteuer geschuldet worden sei. Per Saldo sei daher keinerlei Vorsteuer in Anspruch genommen worden, sondern Umsatzsteuer und Vorsteuer hätten sich gegenseitig aufgehoben.

Für die übrigen Instandhaltungsarbeiten sei dann die Nachbuchung von 20 % Vorsteuer und Umsatzsteuer als Erwerbsteuer im Rahmen der Abschlussarbeiten erfolgt, weshalb in der Umsatzsteuererklärung auch entsprechende Positionen an Vorsteuer und Umsatzsteuer als Erwerbsteuer ersichtlich seien und sich jeweils aufheben würden. Somit beruhe der Vorsteuerabzug auf einem Irrtum des Prüfers, der angenommen habe, das Symbol "E20" beziehe sich auf die Geltendmachung eines Vorsteuerabzuges und er habe daher den handschriftlichen Vermerk "x 20% = 17.821,70" angebracht.

In diesem Streitpunkt war der Berufung aus nachfolgenden Erwägungen ein Erfolg beschieden:

Da die Instandhaltungsarbeiten des französischen Unternehmers als Bauleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück zufolge § 3a Abs. 6 UStG 1994 am Grundstücksort, somit in Paris erbracht worden sind, erweist sich die vom Bw. diesbezüglich vorgenommene Erwerbsbesteuerung als rechtlich unzutreffend (vgl. Ruppe, UStG 1994, Kommentar, Wien 1999, Tz 33 zu § 3a). Da jedoch die geschuldete Erwerbsteuer in derselben Höhe als Vorsteuer beansprucht worden ist, hat sich aus diesem Vorgang weder eine Zahllast noch eine Gutschrift ergeben. Damit erweist sich die vom Betriebsprüfer vorgenommene effektive Vorsteuerkürzung in Höhe von S 8.911,00 als ungerechtfertigt. Aus verwaltungsökonomischen Gründen wird auf eine entsprechende Korrektur der geschuldeten Erwerbsteuer und der aus diesem Titel beanspruchten Vorsteuer verzichtet.


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Gesamtbetrag der Vorsteuern lt. angefochtenem Umsatzsteuerbescheid 1996 (ohne EUSt und Vorsteuern aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb)
S
13.954,68
+ Verminderung der Vorsteuerkürzung (50 % von S 17.822,00)
S
8.911,00
Gesamtbetrag der Vorsteuern lt. Berufungsentscheidung (ohne EUSt und Vorsteuern aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb)
S
22.865,68

b) Betriebsausgabenkürzung 1996 und 1997

Dazu hat der Bw. über Vorhalt durch den unabhängigen Finanzsenat bezüglich der tatsächlich entfalteten Aktivitäten im Rahmen des Pariser Institutes während der seit dem Jahr 1996 vergangenen acht Jahre und des als zweites berufliches Standbein in Aussicht genommenen Fortbildungsinstitutes am Standort der inländischen Ordination im Schreiben vom im Wesentlichen Nachstehendes ausgeführt:

Auf internationaler Ebene würden große rein kieferorthopädisch tätige Lehrpraxen immer mehr in die Fortbildung einsteigen und da die Einstiegschancen in Österreich ungünstiger seien als zum Beispiel in Frankreich hätte er für die geplante Aktivität Paris als Standort ausgesucht. "Die hauptsächlich französischen und deutschen Zahnärzte, welche die Regulierungstechnik im Rahmen von Fortbildungsserien kennen lernen sollten, hätten dann einen Teil der technischen Vorbereitung an die inländische Praxis delegieren können, weil sie dadurch am schnellsten in die neue Behandlungsart eingestiegen wären. Der Aufbau eines derartigen Fortbildungsinstitutes erfordert nicht nur die Instandhaltung von Räumlichkeiten, sondern hätte über die Jahre 1996 und 1997 hinaus erhebliche Aufwendungen mit sich gebracht, insbesondere Fixkosten an Miete und Personalkosten für einen Betreuer. Diese Aufwendungen aus versteuertem Geld zu bezahlen (also ohne sie steuerlich geltend machen zu können) und andererseits dann die daraus fließenden Mehrgewinne in Österreich versteuern zu müssen, war verständlicherweise nicht zumutbar und hat auch die Finanzierungsmöglichkeiten eingeschränkt. Dazu kamen Schwierigkeiten mit der Erlangung der Genehmigung seitens der Gemeinde in Paris, da damals im selben Haus ein ehemaliger französischer Primärminister (gemeint wohl: Premierminister) wohnte und Sicherheitsbedenken seitens der Behörde geäußert wurden. Diese Umstände haben dazu geführt, dass der Bw. und Dr. Y. die Weiterentwicklung des Fortbildungsinstitutes gestoppt haben. Die Vereinbarung über die Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten ist insbesondere auf Grund eines zwischenzeitlichen Wechsels der Besitzverhältnisse nicht mehr aufrecht".

Diesem Streitpunkt konnte aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden sein:

Zur begehrten Berücksichtigung der strittigen Aufwendungen als Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung (fachärztliche Tätigkeit) ist zu bemerken, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Entscheidung über die Frage, ob ein Unternehmer verschiedene Tätigkeiten im Rahmen eines einheitlichen Betriebes entfaltet, objektive Grundsätze heranzuziehen sind, wobei ein einheitlicher Betrieb dann vorliegt, wenn die mehreren Betriebszweige nach der Verkehrsauffassung und nach den Betriebsverhältnissen als Teil eines Betriebes anzusehen sind, was bei engem wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Zusammenhang zutrifft und nach dem Ausmaß der objektiven organisatorischen, wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtung zwischen den einzelnen Betrieben im Einzelfall zu beurteilen ist. Im konkreten Zusammenhang handelt es sich bei der Ausübung ärztlicher Tätigkeit und der Durchführung von Seminaren und Vortragsreihen durch einen Arzt um Betätigungen, die nach der Verkehrsauffassung nicht notwendig gemeinsam ausgeübt werden (vgl. ).

Aber auch die Beurteilung der strittigen Aufwendungen im Rahmen einer eigenständigen Einkunftsquelle "Vortragstätigkeit im Rahmen des Institutes P.P." vermag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn es ist die beabsichtigte Betätigung einer steuerlichen Vorprüfung dahingehend zu unterziehen, ob überhaupt die Ernsthaftigkeit als erwiesen anzunehmen ist.

Dazu ist festzustellen, dass sich die diesbezüglichen in der Vorhaltsbeantwortung vom im Konjunktiv gehaltenen Ausführungen sowohl für die Streitjahre 1996 und 1997 als auch für die Nachjahre, wie das tatsächliche Geschehen eindrucksvoll beweist, lediglich als bloße Absichtserklärungen darstellen, die mangels entsprechender tatsächlicher Realisierung keine steuerliche Berücksichtigung finden können. Denn abgesehen davon, dass daraus während eines Zeitraumes von nunmehr über acht Jahren keinerlei Einnahmen (es hat lediglich in der Zeit von 10. bis eine einzige Fortbildungsveranstaltung stattgefunden) erzielt worden sind, ist die "Weiterentwicklung des Fortbildungsinstitutes mittlerweile gestoppt worden". Zur Behauptung, dass sich das ins Auge gefasste Objekt in Paris auf Grund von Sicherheitsbedenken der Behörden - in diesem Haus wohnte angeblich ein ehemaliger Premierminister - als untauglich erwiesen habe, ist Folgendes zu bemerken: Abgesehen davon, dass dafür keinerlei Beweismittel angeboten worden sind, spricht dieses Argument geradezu gegen die Ernsthaftigkeit der behaupteten Absicht. Denn es ist völlig unglaubwürdig, ja geradezu denkunmöglich, dass bei ernsthaftem Interesse in der Millionenstadt Paris kein einziges geeignetes Objekt gefunden werden konnte.

Da demnach die für die steuerliche Beachtlichkeit erforderliche Ernsthaftigkeit der Betätigung keinesfalls als erwiesen anzunehmen ist, erübrigen sich weitere Ausführungen zu zwischenstaatlichen Aspekten einer allfälligen Verlustverrechnung.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Kieferorthopädische Behandlungsleistungen
Leistungszeitpunkt
mehrjährige Behandlungsleistungen
Abrechnungen
Zahlungen
länger dauernde ärztliche Behandlungsleistungen
Verweise
Zitiert/besprochen in
UFSaktuell 2006, 26
taxlex-SRa 2006/58

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at