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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 27.11.2007, RV/3144-W/07

Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung.


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Miterledigte GZ:
RV/2552-W/07


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/3144-W/07-RS1
Kinderbetreuungskosten stellen Unterhaltskosten dar und sind durch den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, auch wenn er durch den mit dem Steuerpflichtigen im gemeinsamen Haushalt lebenden (Ehe) Partner erfolgt, abgegolten. Eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung kommt somit nicht mehr in Betracht.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw, vertreten durch DSG Wirtschafstreuhand GesmbH, 8010 Graz, Heinrichstraße 97, gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf betreffend Einkommensteuer für den Zeitraum 2004 bis 2005 entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw) machte im Jahr 2004 einen Betrag in Höhe von 2.628,00 € und im Jahr 2005 einen Betrag in Höhe von 1.547,60 € unter dem Titel Kinderbetreuung als außergewöhnliche Belastung geltend.

Vom Finanzamt wurden die Aufwendungen für die Kinderbetreuung nicht anerkannt. In der Begründung führte das Finanzamt aus:

"Beaufsichtigungskosten (Kindergarten, Tagesheime) können nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn eine alleinstehende Person mit Kind einer Berufstätigkeit nachgehen muss, weil sie für sich keine ausreichenden Unterhaltsleistungen erhält und ein zwangsläufiges Erfordernis der Kinderbetreuung besteht. Da diese Voraussetzung in Ihrem Fall nicht zutrifft, konnte Ihrem Antrag insoweit nicht entsprochen werden."

In den frist- und formgerechten Berufungen wendet der Bw ein, das Finanzamt versage die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung mit der Begründung, dass Beaufsichtigungskosten nur dann berücksichtigt werden könnten, wenn eine alleinstehende Person mit Kind auf Grund der finanziellen Situation einer Berufstätigkeit nachgehen müsse und damit ein zwangsläufiges Erfordernis der Kinderbetreuung bestehe. Diese Rechtsansicht stütze sich ausschließlich auf Rz 898 LStR. Im vorliegenden Fall sei jedoch Rz 897 iVm Rz 901 LStR einschlägig, wonach Aufwendungen für Kinderbetreuung bei in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partnern dann zu einer außergewöhnlichen Belastung führten, wenn keiner der beiden Partner die Kinderbetreuung übernehmen könne, weil beide aus Gründen einer sonstigen Existenzgefährdung der Familie zum Unterhalt beitragen müssten. Im Fall des Bw könne sich keiner der beiden Partner tagsüber der Kinderbetreuung widmen, da zwangsläufig beide berufstätig seien, weil die Einkünfte des Bw zur Versorgung einer vierköpfigen Familie nicht ausreichten.

Die außergewöhnliche Belastung sei daher anzuerkennen.

Betreffend das Jahr 2004 erließ das Finanzamt eine abweisende Berufungsvorentscheidung (BVE) und begründete diese wie folgt:

"Unterhaltsleistungen je Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie den Kinderabsetzbetrag gem. § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a und c abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner Anspruch auf diese Beträge hat.

Die Belastungen durch Kinderbetreuung sind keinesfalls außergewöhnlich, sondern der geradezu typische Fall einer "gewöhnlichen", d.h. unter gleichen Umständen alle Steuerpflichtigen treffende Belastung.

Diese Belastung wird auch keineswegs dadurch zur außergewöhnlichen Belastung, wenn sie nicht durch Aufgabe der beruflichen Tätigkeit eines Elternteiles, sondern durch Betreuung der Kinder in einem Kindergarten bewältigt wird, weil dieser Weg der leichter gangbare und vor allem für die Eltern der wirtschaftlich vorteilhaftere ist.

Die Belastung ist nicht höher als jene der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Eine Existenzgefährdung, auch bei Aufgabe der beruflichen Tätigkeit, ist nicht erkennbar."

Im Vorlageantrag bringt der Bw vor, die Kosten für die Nachmittagsbetreuung der Kinder stelle eine außergewöhnliche Belastung dar, da weder er selbst noch seine Lebensgefährtin die Kindesbetreuung übernehmen könnten, weil beide aus Gründen einer sonstigen Existenzgefährdung der Familie zum Unterhalt beitragen müssten. In der BVE werde die Berufung mit Verweis auf das Erkenntnis des abgewiesen. Es sei jedoch zu bedenken, dass es in der betreffenden Entscheidung um die Betreuung eines Kindes einer Diplomatin gegangen sei, welche in den Streitjahren Einkünfte in Höhe von 23.700,00 € bzw. rd. 27.000,00 € erzielt habe, so dass deren Situation mit der des Bw nicht vergleichbar sei. Die in der BVE angeführten Zitate seien somit für den vorliegenden Sachverhalt nicht einschlägig. Sowohl die Rechtsprechung als auch die herrschende Lehre würden die die Kinderbetreuungskosten von Ehegatten bzw. in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partnern als außergewöhnliche Belastung anerkennen, wenn beide Partner wegen Gefährdung des Unterhalts zur Erwerbstätigkeit genötigt seien (; Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988 § 34 Anm 78; Doralt, EstG4 III § 34 Tz 78).

Da weder die Einkünfte des Bw noch jene seiner Lebensgefährtin für sich alleine genommen, ausreichten, um den Lebensunterhalt einer vierköpfigen Familie zu bestreiten und daher bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit durch einen der Ehegatten zweifellos eine Existenzgefährdung vorliege, werde nochmals beantragt, die außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2), 2. sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3), 3. sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung ist gemäß § 34 Abs. 2 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Die Belastung erwächst gemäß § 34 Abs. 3 dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Dass aus tatsächlichen, rechtlichen (elterliche Obsorgepflichten gemäß § 144 ff ABGB) und sittlichen Gründen eine Betreuung minderjähriger Kinder während der Zeit notwendig ist, in der beide Elternteile einer Beschäftigung nachgehen, steht außer Frage. Insofern ist davon auszugehen, dass im Berufungsfall eine Zwangsläufigkeit des Aufwandes der Kinderbetreuung für ein acht- und ein zehnjähriges Kind gegeben war.

Allerdings ist zu beachten, dass die Kinderbetreuung zu den Unterhaltsleistungen zählt, für welche in § 34 Abs. 7 EStG 1988 ua. folgende Sonderregelungen getroffen wurden:

1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a und c abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.

4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen getätigt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.

Zusammengefasst ergibt sich aus der Judikatur des VfGH zur Familienbesteuerung (vgl. Ruppe, "Familienbesteuerung und Verfassungsgerichtshof", ÖStZ 2003/241):

Die Unterhaltsverpflichtung gegenüber Kindern ist zumindest zur Hälfte keine Sache der privaten Lebensführung und muss daher insoweit steuerlich berücksichtigt werden. Die Steuermehrbelastung, die sich durch die generelle Nichtabzugsfähigkeit der Unterhaltsleistungen ergibt, kann aber anstelle einer steuerlichen Abzugsfähigkeit des Aufwandes auch durch Transferzahlungen (Kinder- und Unterhaltsabsetzbetrag, Familienbeihilfe) ausgeglichen werden.

Bei haushaltszugehörigen Kindern ist nach der Rechtslage aufgrund des Familienpaketes 2000, BGBl 1998/97, womit der Kinderabsetzbetrag und die Familienbeihilfe angehoben wurden, durch die Transferzahlungen eine hinreichende Entlastungswirkung von der Steuerbelastung der Unterhaltsleistungen gegeben. Im Hinblick auf die gemeinsame Haushaltsführung ist von einer hinreichenden Entlastungswirkung aus dann auszugehen, wenn die Transferzahlungen an den anderen Elternteil ausbezahlt werden (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1340/00 betreffend Geltendmachung von Unterhaltslasten für vier Kinder als außergewöhnliche Belastung).

Unterhaltsleistungen für Kinder sind somit gemäß § 34 Abs. 7 Z 1 und 2 EStG 1988 mit der Familienbeihilfe und dem Kinderabsetzbetrag (Unterhaltsabsetzbetrag) bzw. gegebenenfalls dem Alleinverdienerabsetzbetrag abgegolten und können daher nicht nochmals als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden (Doralt-Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts, Band 1, Wien 2000, S. 246; Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer EStG 1988, Kommentar, § 34 allgemein Tz 1 und § 34 Abs. 3 Tz 6).

Die Kindesmutter, mit der der Bw im gemeinsamen Haushalt lebt, bezieht für die Kinder Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge.

Vom Bw wurde nicht geltend gemacht, dass besondere Aufwendungen iSd § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 (z.B. Aufwendungen wegen Krankheit oder Behinderung) vorliegen.

Die geltend gemachten Aufwendungen sind daher gemäß § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.

Dem Einwand, dass Kinderbetreuungskosten eine außergewöhnliche Belastung darstellen, wenn beide Ehegatten aus Gründen einer sonstigen Existenzgefährdung der Familie zum Unterhalt beitragen müssen, ist entgegenzuhalten:

Diese Aussage entspricht den Lohnsteuerrichtlinien 2002 (LStR 2002). Darin wird in Rz 901 unter der Überschrift "Kindergartenkosten" ausgeführt, dass solche dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt würden, wenn allgemein die Voraussetzungen für eine als außergewöhnliche Belastung anzuerkennende Kinderbetreuung (siehe "Hausgehilfin bei Ehegatten", Rz 897; "Hausgehilfin bei allein stehenden Personen", Rz 898) gegeben sind. Unter Rz 897 wird ausgeführt, dass, sofern und soweit Aufwendungen Ausfluss der im Gesetz allgemein verankerten Verpflichtung der Eltern zur Beaufsichtigung ihres Kleinkindes sind, der geradezu typische Fall einer lediglich "gewöhnlichen" Belastung vorliege. Die Beschäftigung einer Hausgehilfin (Kindermädchen und Ähnliches) im Haushalt von Ehegatten könne nur zu einer außergewöhnlichen Belastung führen, wenn kein Ehegatte in der Lage ist, die notwendige Betreuung der Kinder sowie die Führung des Haushaltes zu übernehmen. Dies könne der Fall sein, wenn beide Ehegatten aus Gründen einer sonstigen Existenzgefährdung der Familie zum Unterhalt beitragen müssen (; ).

Die LStR 2002 sind als interne Weisungen des Bundesministeriums für Finanzen für den unabhängigen Finanzsenat, der gemäß § 271 BAO (Verfassungsbestimmung) an keine Weisungen gebunden ist, nicht bindend. Da die darin genannten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes die nicht mehr geltende Rechtslage des EStG 1972 (im Geltungsbereich des § 34 EStG 1972 existierte eine dem § 34 Abs. 7 EStG 1988 entsprechende einschränkende Bestimmung bezüglich Unterhaltszahlungen für Kinder noch nicht) bzw. die im Jahr 1990 noch anders lautende Bestimmung des § 34 Abs. 7 EStG 1988 betreffen, vermögen sie an der Beurteilung des unabhängigen Finanzsenates nichts zu ändern.

Es waren daher die Berufungen als unbegründet abzuweisen.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Kinderbetreuung
außergewöhnliche Belastung
zwangsläufig erwachsen
Unterhaltskosten
Zitiert/besprochen in

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at