Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSL vom 20.12.2005, FSRV/0013-L/05

Beschwerde gegen Einleitung eines Finanzstrafverfahrens wegen des Verdachts der vorsätzlichen Abgabenhehlerei von Zigaretten

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 7, Hofrat Dr. Alois Winklbauer, in der Finanzstrafsache gegen IS, derzeit ohne Beschäftigung, geb. XXX, wh. W, vertreten durch Dr.Franz Haunschmidt, Rechtsanwalt, 4020 Linz, Landstrasße 12/Arkade, über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen den Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) des Zollamtes Linz, vertreten durch HR Mag. Erich Jungwirth, vom , Zl.500/90038/2005 (zu StrNr 500/2005/00009-001),

zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Einleitungsbescheid aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom , Zl.500/90038/2005, hat das gem. § 58 Abs.1 lit.b) FinStrG zuständige Zollamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen die Beschwerdeführerin (Bf) zur StrNr. 500/2005/00009-001 ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass diese iam in Wien in gemeinsamen Zusammenwirken mit ihrem Gatten TS vorsätzlich insgesamt 98 Stangen (= 19.600 Stück) Filterzigaretten verschiedener Marken, also Gegenstände des Tabakmonopols im gem. § 9 Tabakmonopolgesetz amtlich kundgemachten Kleinverkaufspreis von € 3.020,00, im Gesamtwert von € 1.183,00 und darauf entfallenden Eingangsabgaben von € 3.756,21, hinsichtlich welcher bei der Einfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft von einer namentlich unbekannten Person die Finanzvergehen des Schmuggels gem. § 35 Abs.1 FinStrG und des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols begangen worden war, angekauft bzw. übernommen und dadurch das Finanzvergehen der vorsätzlichen Abgabenhehlerei gem. § 37 Abs.1 lit.a) FinStrG sowie in Tateinheit dazu das Finanzvergehen der Monopolhehlerei gem. § 46 Abs.1 lit.a) FinStrG begangen habe. Auf Grund einer Anzeige vom sei bekannt geworden, dass TS ausländische unverzollte Filterzigaretten nach Wels an die Wohnadresse des MS anliefere. Am sei TS dann tatsächlich bei der Übergabe von Zigaretten an MS betreten worden. Im Zuge der Durchsuchung dessen PKW seien überdies noch 20 Stangen ausländischer Zigaretten vorgefunden worden. Daraufhin seien noch am selben Tag in der Wohnung des TS in Wien, und zwar im Schlafzimmer, im Wohnzimmer und in einem Abstellraum, im Beisein dessen Ehegattin IS (= der Bf) von Organen des Zollamtes Wien insgesamt 98 Stangen Filterzigaretten verschiedener Marken beschlagnahmt worden. In der anschließenden Einvernahme habe die Bf vorerst angegeben, dass sie zwar wisse, dass ihr Ehegatte die Zigaretten weiterverkaufen habe wollen, jedoch habe er ihr gegenüber derartiges nie erwähnt. Erst über Vorhalt der vernehmenden Zollorgane habe sie schließlich eingestanden, über die näheren Umstände des "Zigarettengeschäfts" ihres Gatten Bescheid gewusst zu haben, weil sie ihn darüber befragt habe. Das Zollamt Linz gehe jedoch davon aus, dass es sich hiebei um eine Schutzbehauptung handle und die Bf den Zigarettenankauf gemeinsam mit ihrem Ehegatten vorgenommen habe. Auf Grund der im Zollstrafverfahren gewonnenen Erkenntnisse erscheine es sohin genügend festgestellt, dass die Bf die ihr zur Last gelegte Tat begangen habe, weshalb gegen sie nach §§ 82 f FinStrG als unmittelbare Täterin das Finanzstrafverfahren einzuleiten gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde der Beschuldigten vom , in welcher im Wesentlichen Nachstehendes vorgebracht wurde:

Der Bescheid werde zur Gänze angefochten. Es sei zwar richtig, dass im Zuge der am erfolgten freiwillig gestatteten Nachschau in der Wohnung des Ehepaares Sas in Wien im Schlaf-, Wohn- und Abstellzimmer insgesamt 98 Stangen unverzollte Filterzigaretten gefunden worden seien, über welche die Bf infolge Befragung ihres Ehegatten auch Bescheid gewusst habe und auch darüber informiert gewesen sei, dass diese zum Weiterverkauf bestimmt seien; allerdings habe sie sich nicht weiter um diese "Schmuggelzigaretten" gekümmert und sei weder bei deren Ein- noch beim Weiterverkauf beteiligt gewesen. Wenn das Zollamt in seinem Einleitungsbescheid davon ausgehe, dass es sich bei der Aussage der Bf, sie habe ihren Ehegatten zu den "Schmuggelzigaretten" lediglich gefragt, um eine bloße Schutzbehauptung handle und sie in Wahrheit gemeinsam mit ihrem Ehemann TS den Zigarettenankauf vorgenommen habe, so stelle dies lediglich eine Vermutung der bescheiderlassenden Behörde dar, für die keinerlei Beweis vorliege, zumal die Bf auch nicht durch Dritte belastet würde. Außerdem habe es bei ihrer Vernehmung am diesbezüglich auch keine Vorhalte gegeben. Der im angefochtenen Einleitungsbescheid festgestellt Sachverhalt gründe sich deshalb auf bloße Vermutungen der Zollbehörde, was nach der Judikatur des VwGH, insbesondere in dessen Erkenntnis vom , 98/08/0289, jedoch nicht ausreiche. Da die Bf die in Rede stehenden 98 Stangen Filterzigaretten weder angekauft noch sonst an sich gebracht habe, liege weder das Delikt der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs.1 lit.a) FinStrG noch das Delikt der vorsätzlichen Monopolhehlerei nach § 46 Abs.1 lit.a) FinStrG vor und werde demnach beantragt, das finanzstrafrechtliche Verfahren gegen die Bf einzustellen.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gem. § 37 Abs.1 lit.a) FinStrG macht sich der Abgabenhehlerei schuldig, wer vorsätzlich entweder eine Sache oder Erzeugnisse aus einer Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung, eine Verkürzung von Verbrauchsteuern oder von Eingangs -oder Ausgangsabgaben begangen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt.

Gem. § 46 Abs.1 lit.a) FinAStrG macht sich der Monopolhehlerei schuldig, wer vorsätzlich Monopolgegenstände (§ 17 Abs.4 leg.cit.) hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt.

Gem. § 82 Abs.1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gem. §§ 80 oder 81 leg.cit. zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung, vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen.

Dazu bestimmt der Abs.2 leg.cit: Ergibt die Prüfung gem. Abs.1 leg.cit, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichts fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz das Strafverfahren einzuleiten. Von der Einleitung eines Strafverfahrens hat sie nur dann abzusehen und darüber einen Aktenvermerk mit Begründung aufzunehmen, wenn entweder die Tat mangels ausreichender Anhaltspunkte voraussichtlich nicht erwiesen werden kann (lit.a)) oder wenn die Tat kein Finanzvergehen bildet (lit.b)) oder wenn der Verdächtige die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, welche die Tat rechtfertigen, die Schuld des Täters ausschließen, die Strafbarkeit ausschließen oder aufheben (lit.c)) oder wenn Umstände vorliegen, welche die Verfolgung des Täters hindern (lit.d) oder wenn die Tat im Ausland begangen und der Täter dafür schon im Ausland bestraft worden ist und nicht anzunehmen ist, dass die Finanzstrafbehörde eine strengere Strafe verhängen werde (lit.e)).

Zur Vorbereitung der Entscheidung über de Einleitung muss nicht nur die Tat-, sondern auch die Schuldfrage geprüft werden. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die finanzstrafrechtliche Untersuchung nicht auf ein bloßes Gerücht oder eine reine Vermutung hin eingeleitet werden darf, sondern erst dann, wenn wirklich ein Verdacht gegeben ist. Ein solcher kann nur auf Grund von Schlussfolgerungen aus Tatsachen entstehen (siehe dazu Reger/Hacker/Kneidinger "Das Finanzstrafgesetz", Band 2, Linde-Verlag, Rz.3 zu § 82). Er besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens strafbarer Umstände rechtfertigen (VwGH v., 2001/16/0263); ein Verdacht ist also stets mehr als eine bloße Vermutung oder ein Gerücht (vgl. ).

Im vorliegenden Fall liegt kein derartiger Anhaltspunkt dafür vor, dass die Bf -wie ihr im bekämpften Einleitungsbescheid vorgeworfenen wird- beim durch ihren Ehegatten TS durchgeführten Ankauf der in Rede stehenden "Schhmuggelzigaretten" in irgendeiner Weise aktiv mitgewirkt hat oder sich sonst daran beteiligt hat: Weder aus ihren eigenen Aussagen anlässlich ihrer Vernehmung am noch den Angaben ihres Ehegatten TS vom und noch aus den Einvernahmen anderer Personen (Zeugen, Verdächtigen) im Zusammenhang mit der Aufklärung der von TS begangenen Abgabenhehlereien ist zu entnehmen, dass die Bf die Zigaretten gekauft, zum Pfand genommen oder sonst an sich gebracht, verheimlicht oder verhandelt hat. Für den vom Zollamt Linz in seinem Einleitungsbescheid gezogenen Schluss, dass es sich bei ihren diesbezüglichen Angaben lediglich um eine Schutzbehauptung ihrerseits gehandelt habe, liegt jedenfalls kein einziges objektiv nachvollziehbares Beweismittel vor bzw. hat die genannte Finanzstrafbehörde erster Instanz darin durch nichts und damit keinesfalls schlüssig und für den Unabhängige Finanzsenat nachvollziehbar dargetan, warum es die diesbezügliche Aussage der Bf für eine unglaubwürdige Schutzbehauptung hält.

Fest steht hingegen und wird dieser Umstand von der Bf in deren Vernehmungsniederschrift auch ausdrücklich eingeräumt, dass sie vom Vorhandensein der glaubhaft im Eigentum ihres Ehemannes TS gestandenen und für den Weiterverkauf an dessen "Abnehmer" bestimmten "Schmuggelzigaretten" in de gemeinsamen Ehewohnung Bescheid gewusst hat. Es war demnach zu untersuchen, ob nicht bereits dieser Umstand einen finanzstrafrechtlichen Tatbestand erfüllt.

Dazu hat sich der OGH insbesondere in seinem Urteil vom , 11 Os 43/75, dahingehend geäußert, dass Hehler nur sein kann, wer in irgendeiner Weise aktiv tätig wird, also zB. die vom Schmuggler überbrachten Waren an sich nimmt und in seiner Wohnung verbirgt. Ein bloß passives Verhalten gegenüber dem Vorgehen des Vortäters erfüllt hingegen den Begriff des Verhehlens nicht. Derjenige, der beispielsweise bloß duldet, dass sein Ehegatte Diebsgut- bzw. wie hier Schmuggelgut- in die gemeinsame Wohnung bringt, verwirklicht sohin das Tatbild der Hehlerei nicht einmal in objektiver Hinsicht.

In Ansehung dieser oberstgerichtlichen Judikatur folgt für den gegenständlichen Fall, dass das bloße Wissen und allenfalls Dulden durch TS bewerkstelligten "Lagerung" der vorher von ihm von einem unbekannten Schmuggler erworbenen (und zum Weiterverkauf bestimmten) unverzollten ausländischen Zigaretten in der gemeinsamen Ehewohnung in Wien seitens der Bf (als dessen Ehegattin) allein jedenfalls nicht ausreicht, um den für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen sie erforderlichen Verdacht iS obzitierter einhelliger Rechtsauffassung zu begründen.

Da die der Bf vorzuwerfende Tat kein Finanzvergehen bildet, wäre demnach im gegenständlichen Fall gem. § 82 Abs.2 lit.b) FinStrG von der Einleitung eines Finanzvergehens abzusehen gewesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Abgabenhehlerei
Monopolhehlerei
Absehen von der Einleitung eines Strafverfahrens
Verdacht
Vermutung
Gerücht
tatsächliche Anhaltspunkte
Schutzbehauptung
Beweismittel
Hehler
aktive Mitwirkung
passives Verhalten
Begriff des verhehlens
bloßes Wissen
Dulden
Ehegatten
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at