Rückzahlung von aus Umsatzsteuerberichtigungen resultierenden Abgabengutschriften im Konkurs
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Karl Kittinger und die weiteren Mitglieder Hofrat Dr. Walter Mette, Kommerzialrat Gottfried Hochhauser und Gerhard Mayerhofer über die Berufung der I-GmbH, vertreten durch K-KG, gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Rückzahlung gemäß § 239 BAO und Abrechnung (§ 216 BAO) nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der Betrag von € 833,86 ist gemäß § 215 Abs. 4 BAO aufgrund des Antrages vom an MN als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der I-GesmbH zurückzuzahlen.
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom beantragte die Berufungswerberin (Bw), von dem durch die Veranlagung der Umsatzsteuer 2005 (gemeint wohl: 2007) und 2006 entstandenen Guthaben die Masseforderungen in Höhe von gesamt € 7.606,03 (Umsatzsteuer 2006: € 7.004,16 und Umsatzsteuer 2007: € 601,87) auf das Konto bei der E-AG lautend auf MN als Masseverwalter der Bw zu überweisen.
Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom teilweise ab.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung beantragte die Bw die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie die Durchführung der beantragten Rückzahlung unter Berücksichtigung des Betrages von € 5.979,32.
Im Rahmen des Vorhalteverfahrens bei der Veranlagung der Umsatzsteuer 2006 und 2007 sei dem Finanzamt die genaue Zusammensetzung der durch die erklärungsgemäße Veranlagung entstehenden Umsatzsteuergutschriften bekannt gegeben worden. Dabei sei auch dargelegt worden, dass es sich beim Betrag von € 5.979,32 um Umsatzsteuergutschriften gehandelt habe, die auf Forderungsabschreibungen und die Ausbuchung von umsatzsteuerpflichtigen Forderungen zurückzuführen seien. Das entsprechende Kontoblatt aus der Buchhaltung der Bw sei vorgelegt worden.
Nach Rz 2420 der Umsatzsteuerrichtlinie sei im Falle der Uneinbringlichkeit von Forderungen des Gemeinschuldners betreffend Leistungen , die vom (späteren) Gemeinschuldner vor Konkurseröffnung erbracht worden seien, die Umsatzsteuer des Gemeinschuldners zu berichtigen. Dieser Umsatzsteuer-Rückforderungsanspruch sei nach der Richtlinien-Meinung mit Masseforderungen des Finanzamtes aufrechenbar. Nur in den Fällen, in denen die Umsatzsteuer nicht abgeführt worden sei, sei der Rückforderungsanspruch zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse mit Konkursforderungen des Finanzamtes aufzurechnen (AÖF 2007/18).
Im konkreten Fall sei von der Bw bis zur Konkurseröffnung die Umsatzsteuer laufend beglichen worden. Die Ausbuchung der Forderung der Bw sei aufgrund der Uneinbringlichkeit erforderlich gewesen. Die daraus entstandenen Umsatzsteuergutschriften seien allerdings nicht - wie in der Begründung des Abweisungsbescheides vermeint werde - mit Konkursforderungen zu verrechnen, da sich die Uneinbringlichkeit erst im Laufe des Konkursverfahrens herausgestellt und vom Masseverwalter zur Kenntnis habe genommen werden müssen. Beispielsweise seien vom Masseverwalter Vergleiche abgeschlossen bzw. seien Gegenforderungen im Rahmen des Konkursverfahrens geltend gemacht worden, womit etwa eine Klagsführung durch den Masseverwalter aussichtslos erschienen sei. Eine Klage gegen eine Schuldnerin (GN) habe der Masseverwalter sogar verloren. Ein Schuldner (E-GmbH) sei nach der Insolvenz der Bw ebenfalls insolvent geworden, womit die Forderung uneinbringlich geworden sei.
Es sei einheitliche Judikatur (z.B. ) und Literaturmeinung, dass die Forderung hinsichtlich der zu berichtigenden Umsatzsteuer eine Forderung der Masse sei, wenn der Zeitpunkt des Eintritts der Uneinbringlichkeit nach Konkurseröffnung liege (z.B. Bertl u.a., Praxishandbuch der Konkursabwicklung², 615, und Kofler/Kristen, Insolvenz und Steuern², 146ff.).
Zusammenfassend sei im konkreten Fall der Umsatzsteuer-Rückforderungsanspruch in Höhe von € 5.979,32 mit Masseforderungen des Finanzamtes aufrechenbar und daher an die Bw rückzubezahlen.
Die Bw beantrage gemäß § 282 Abs. Z 1 BAO die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat und gemäß § 284 Abs. 1 BAO die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.
In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass die Uneinbringlichkeit der zugrunde liegenden Forderungen eindeutig nach Konkurseröffnung der I-GesmbH eingetreten sei und sich herausgestellt habe. Bei genauer Analyse dieser Forderungen werde beispielsweise klar, dass eine Uneinbringlichkeit der Forderung gegen die Firma E-GmbH erst durch die spätere Insolvenz dieses Verlages eingetreten sei. Hinsichtlich der anderen Forderungen sei durch Klage des Masseverwalters versucht worden, diese einbringlich zu machen, was im Zivilverfahren teilweise gescheitert sei. Über andere Forderungen hätten aus verfahrensökonomischen Gründen Vergleiche abgeschlossen werden müssen.
Trotz Aufgliederung der Umsatzsteuerschuldigkeiten in Konkurs- und Masseforderungen seien seitens der Abgabenbehörde keine entsprechenden Ermittlungen durchgeführt worden und bei Erledigung des Rückzahlungsansuchens die entsprechenden Umsatzsteuerberichtigungen als Konkursgutschriften angesehen worden. Dies ohne nähere Begründung. Der Masseverwalter habe den Vertreter persönlich den Auftrag zur Einbringung dieser Berufung erteilt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 215 Abs. 1 BAO ist ein sich aus der Gebarung gemäß § 213 unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie gemäß § 215 Abs. 4 BAO nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.
Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.
Gemäß § 20 Abs. 1 erster Satz KO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Konkursgläubiger erst nach der Konkurseröffnung Schuldner der Konkursmasse geworden oder wenn die Forderung gegen den Gemeinschuldner erst nach der Konkurseröffnung erworben worden ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (, 0008, 0009) ist der Gemeinschuldner nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Masseverwalters oder neben diesem Berufung gegen einen das zur Konkursmasse gehörige Vermögen betreffenden Bescheid zu erheben. Dies ändert aber nichts daran, dass die Abgabenbehörde zur Zurückweisung einer vom Gemeinschuldner selbst erhobenen Berufung erst dann berechtigt ist, wenn sie geklärt hat, dass eine Zustimmung des Masseverwalters zu der vom Gemeinschuldner gesetzten Prozesshandlung nicht vorliegt. Ob der Masseverwalter von der Tatsache der von der Gemeinschuldnerin selbst erhobenen Berufung innerhalb der Berufungsfrist Kenntnis erlangt hatte, ist für die die Berufungsbehörde treffende Obliegenheit zur Klärung der Frage einer Zustimmung des Masseverwalters zur Prozesshandlung des Gemeinschuldners dabei ebenso bedeutungslos wie die Frage, ob die Gemeinschuldnerin in ihrer Berufung auf die Person des Masseverwalters hingewiesen hatte und ob sie überhaupt in Kenntnis des bereits erfolgten Eintrittes der Wirkungen der Konkurseröffnung gewesen war (vgl. ).
Nach dem Vorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung wurde der Auftrag zur Einbringung der gegenständlichen Berufung durch den Masseverwalter persönlich erteilt.
Strittig ist nach den Ausführungen in der Berufung, ob die aus der Umsatzsteuerveranlagung für 2006 und 2007 resultierenden Gutschriften gemäß § 215 Abs. 1 BAO zur Tilgung der auf dem Abgabenkonto aushaftenden Abgabenschuldigkeiten (Körperschaftsteuer 2005 in Höhe von € 833,86) zu verwenden waren oder das dadurch entstandene Guthaben antragsgemäß zur Gänze zurückzuzahlen gewesen wäre. Da die aus der Umsatzsteuerveranlagung für 2006 und 2007 vom resultierenden Gutschriften mit einem Teilbetrag von € 833,86 am mit der zuvor genannten aushaftenden Abgabe verrechnet wurde und nach § 215 Abs. 4 BAO nur ein verbleibendes Guthaben zurückzuzahlen ist, wäre dem Rückzahlungsantrag hinsichtlich dieses Betrages schon mangels verbleibendem Guthabens der Erfolg zu versagen gewesen. Die Frage der Rechtmäßigkeit von Buchungen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () nicht im Rückzahlungsverfahren, sondern auf Antrag des Abgabepflichtigen im Abrechnungsbescheidverfahren (§ 216 BAO) zu klären. In Wirklichkeit besteht daher Streit über die Richtigkeit der Verbuchung am Abgabenkonto. Entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist der angefochtene Bescheid nach seinem materiellen Gehalt einer Deutung als Abrechnungsbescheid im Sinne des § 216 BAO zugänglich.
Nach dem in der Berufung erwähnten vorgelegten Kontoblatt aus der Buchhaltung der Bw über die Abschreibung von Forderungen (20% USt) wurden am Forderungen im Gesamtbetrag von € 31.896,70 abgeschrieben, sodass sich eine Umsatzsteuerberichtigung in Höhe von € 6.379,34 ergab, welche jedoch um die Erlöse aus der Betriebsverwertung S in Höhe von € 400,00 auf € 5.979,34 vermindert wurde. Warum dieser Betrag nach Ansicht des Finanzamtes eine Konkursforderung darstellen sollte, ist für den Unabhängigen Finanzsenat - auch mangels Darlegung in der Berufungsverhandlung - in Hinblick auf die Konkurseröffnung am und die Forderungsabschreibung wegen Uneinbringlichkeit am nicht nachvollziehbar, da entsprechend dem Vorbringen in der Berufung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () der die Abgabepflicht unmittelbar auslösende Sachverhalt im Falle von Umsatzsteuerberichtigungen nach § 16 Abs. 1 und 3 UStG 1994 jener ist, der abgabenrechtlich die Berichtigungspflicht auslöst, was im Falle der Umsatzsteuerberichtigung wegen Uneinbringlichkeit des Entgelts der Zeitpunkt des Eintritts der Uneinbringlichkeit ist. Jedenfalls kann dem in der Berufung erstattetem Vorbringen, wonach sich die Uneinbringlichkeit erst im Laufe des Konkursverfahrens herausgestellt habe, mangels entgegenstehender Feststellungen nicht entgegengetreten werden.
Entgegen dem Vorbringen der Bw betragen die aus der Umsatzsteuerveranlagung für 2006 und 2007 vom resultierenden Gutschriften € 6.833,43 und € 380,17, sodass sich unter Berücksichtigung des am Abgabenkonto der Bw am entstandenen Guthabens von € 5.820,24, welches mit diesem Betrag am zurückbezahlt wurde, und einer Rückzahlung in Höhe von € 1.256,57 am ein Guthaben in Höhe von € 11.777,27 ergab.
Entgegen der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde auch nicht der Betrag von € 5.979,34 gegen offene Konkursforderungen verrechnet, zumal laut Kontoabfrage an Konkursforderungen nur noch die Körperschaftsteuer 2005 in Höhe 833,86 unberichtigt aushaftete. Infolge des auf dem Abgabenkonto bestehenden Guthabens wurde am die ausgesetzte Einbringung der Körperschaftsteuer 2005 in Höhe von € 833,86 wieder aufgenommen und hiedurch die Körperschaftsteuer 2005 in Höhe von € 833,86 mit dem Guthaben verrechnet. Der Gesamtbetrag der Gutschriften in Höhe von € 7.213,60 wurde somit mit den Beträgen von € 1.256,57 (), € 4.100,00 () und € 1.023,17 () zurückbezahlt und mit einem Teilbetrag von € 833,86 mit der Körperschaftsteuer 2005 verrechnet.
Allerdings erweist sich die Verrechnung der der Konkursmasse zustehenden Gutschriften gemäß § 215 Abs. 1 BAO mit dieser Konkursforderung als rechtswidrig, weil während des Insolvenzverfahrens die Aufrechnung gemäß § 20 Abs. 1 erster Satz KO unzulässig ist, wenn - wie im gegenständlichen Fall - ein Konkursgläubiger erst nach der Konkurseröffnung Schuldner der Konkursmasse geworden ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () hat das Finanzamt eine der Rechtslage nicht entsprechende Buchung von Amts wegen richtigzustellen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | |
Schlagworte | Konkursforderungen Masseforderungen |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at