Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 06.06.2012, RV/0530-L/12

Verhängung einer Zwangsstrafe (Abgabengutschrift im Einkommensteuerbescheid)

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der VN gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Einkünfte der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw.) für das Jahr 2009 wurden seitens der Amtspartei mangels Abgabe einer Einkommensteuererklärung im Schätzungswege festgestellt (Bescheid vom ). Es kamen lediglich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zum Ansatz; der Bescheid wies eine Gutschrift von EUR 174,67 auf.

Für das berufungsgegenständliche Jahr 2010 wurden seitens der Amtspartei an Einkommensteuer iHv. EUR 700 festgesetzt (Bescheid vom ). In der Folge wurde die Bw. seitens der Amtspartei mit Bescheid vom daran erinnert, dass sie offenbar übersehen habe, die Einkommensteuererklärung für 2010 fristgerecht einzureichen und sie ersucht werde, dies bis nachzuholen.

Mit Bescheid vom wurde die Bw. seitens der Amtspartei neuerlich daran erinnert, die - noch immer nicht eingebrachte - Einkommensteuererklärung für 2010 bis zum einzureichen. Die Bw. wurde weiters darauf hingewiesen, dass gegen sie für den Fall, dass sie diesem Ersuchen nicht Folge leiste, eine Zwangsstrafe iHv. EUR 150 verhängt werden könne (Androhung iSd. § 11 Abs. 2 BAO).

Mit Bescheid vom wurde sodann gegenüber der Bw. gemäß § 111 BAO eine Zwangsstrafe iHv. EUR 150 festgesetzt und sie überdies aufgefordert, die - bislang noch immer nicht eingereichte - Einkommensteuererklärung für 2010 einzureichen. Zur Begründung verwies die Amtspartei darauf, dass die Festsetzung der Zwangsstrafe deshalb erforderlich gewesen sei, weil die Bw. die Einkommensteuererklärung nicht bis zum eingereicht hätte.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bw. am Berufung mit der Begründung, dass aus der angeschlossenen Steuererklärung für 2010 ersichtlich sei, dass ihre gewerblichen Einkünfte derart gering gewesen seien, dass sie unter den Veranlagungsfreibetrag des § 41 Abs. 3 EStG 1988 lägen.

In der angeschlossenen Einkommensteuererklärung erklärte die Bw. für das Jahr 2010 Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Branchenkennzahl 452) iHv. EUR 119,53.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies die Amtspartei das gegen die Verhängung der Zwangsstrafe eingebrachte Rechtsmittel mit der Begründung ab, dass gemäß § 111 Abs. 1 BAO die Abgabenbehörden berechtigt seien, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffener Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen ließen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Die Zwangsstrafe gehe als nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu treffende Ermessensentscheidung, wobei insbesondere auch das bisherige Verhalten des Abgabepflichtigen bei Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten zu berücksichtigen sei.

Die Zwangsstrafe sei erst nach mehrmaliger Aufforderung zur Erklärungsabgabe festgesetzt worden. Da die Bw. weder ein Ansuchen um Fristverlängerung noch die Steuererklärung eingereicht habe, seien zwei Mal Aufforderungen zur Nachreichung der Abgabenerklärung ergangen. Aufgrund der mehrmaligen Aufforderungen sei klar erkennbar gewesen, welcher Handlungen es seitens der Bw. bedurft hätte, un die gesetzlich vorgegebenen Aufgaben zu erfüllen.

Es sei bei Verhängung einer Zwangsstrafe nicht der Inhalt der - verspätet - abgegebenen Erklärung maßgeblich und somit unerheblich, dass die gewerblichen Einkünfte unter den Veranlagungsfreibetrag fielen. Zweck der Zwangsstrafe sei vielmehr, den Steuerpflichtigen zur Erfüllung abgabenrechtlicher Verpflichtungen zu verhalten. Nachdem auch die Erklärungen für 2009 nicht fristgerecht eingereicht worden seien, sei die Berufung abzuweisen. Auch erscheine die Höhe der Zwangsstrafe von lediglich 3% des möglichen Höchstbetrages als angemessen und ausreichend, um künftig ein gesetzmäßiges Verhalten herbeizuführen.

Im Einkommensteuerbescheid vom selben Tag sind die Einkünfte der Bw. aus Gewerbebetrieb mit EUR 104 ausgewiesen; der Bescheid weist eine Gutschrift iHv. EUR 139,24 auf.

Gegen die Berufungsvorentscheidung betreffend Abweisung der Berufung gegen die Verhängung einer Zwangsstrafe erhob die Bw. am einen Vorlageantrag mit der Begründung, ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien unter dem Veranlagungsfreibetrag gelegen, weswegen eine Arbeitnehmerveranlagung ausreichend sei. Sie hätte fünf Jahre Zeit, um diese Veranlagung durchzuführen. Sie sehe es daher als "reinen Willkürakt" an, dass ihr eine Zwangsstrafe vorgeschrieben worden sei, obwohl sie bereits nach zwei Jahren eine Arbeitnehmerveranlagung durchgeführt habe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 111 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Gemäß § 111 Abs. 2 leg.cit muss, bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen (Abs. 3).

Zweck der Zwangsstrafe ist, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen () und die Partei, zB einen Abgabepflichtigen, zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten ().

Zwangsstrafen dürfen nur zur Erzwingung auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffener Anordnungen angedroht und festgesetzt werden, wie zB. die Einreichung von Abgabenerklärungen (). Die Festsetzung einer Zwangsstrafe ist rechtswidrig, wenn die verlangte Leistung unmöglich oder unzumutbar wäre ().

Die Festsetzung der Zwangsstrafe liegt (dem Grunde und der Höhe nach) im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl ; Ryda/Kortus, FJ 1995, 227; ).

Bei der gemäß § 20 BAO vorzunehmenden Ermessensübung sind ua. das bisherige die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei (zB. -K/07), der Grad des Verschuldens der Partei (zB. ), die Höhe allfälliger Abgabennachforderungen bei Zwangsstrafe wegen Nichteinreichung der Abgabenerklärung (zB /W/09), die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen sowie die abgabenrechtliche Auswirkung der verlangten Leistung (daher etwa keine Höchststrafe bei Strittigkeit von Kleinbeträgen (Ritz/Rathgeber/Koran, Abgabenordnung neu, 105) zu berücksichtigen.

Im Rechtsmittelverfahren betreffend eine Zwangsstrafe festsetzende Bescheide sind nicht nur jene Umstände zu berücksichtigen, die bei der erstinstanzlichen Festsetzung der Behörde bekannt waren, sondern auch weitere, etwa erst in der Berufung geltend gemachte und von der Behörde in freier Beweiswürdigung als zutreffend beurteilte Umstände ().

Im gegenständlichen Fall war nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates das Finanzamt dem Grunde nach zur Androhung und sodann zur Festsetzung einer Zwangsstrafe grundsätzlich unzweifelhaft berechtigt, ist die Bw. doch ihren abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen. So hat sie es verabsäumt, den wiederholten Aufforderungen zur Einreichung ihrer einzubringenden Einkommensteuererklärung für 2010 Folge zu leisten, ohne dass sie hierfür einen nachvollziehbaren Grund anzugeben vermochte. Hinzuweisen ist auch darauf, dass angesichts des Umstandes, dass die Bw. auch bereits für 2009 keine Abgabenerklärungen abgegeben hat, dieses Vorgehen geradezu als durchgängiges Verhaltensmuster erscheint und klar gegen eine Beachtung der ihr als Abgabepflichtige obliegenden Erklärungspflichten spricht.

Aus Sicht der Amtspartei erschien die Aufforderung, eine Einkommensteuererklärung für 2010 abzugeben, insbesondere deshalb berechtigt, weil die Bw. für das Jahr Vorauszahlungen an Einkommensteuer zu leisten hatte und auch keinen diesbezüglichen Herabsetzungsantrag gestellt hat. Die Amtspartei konnte somit durchaus von der Möglichkeit ausgehen, dass die Bw. im Jahr 2010 steuerpflichtige gewerbliche Einkünfte erzielt hat, für welche eine Steuererklärungspflicht i.S.d. § 42 EStG 1988 besteht. Dass im Einkommensteuerbescheid letztlich keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb zum Ansatz kamen und dieser überdies auch eine Gutschrift aufwies, vermag an diesem Umstand und der Rechtmäßigkeit, die Bw. zur Abgabe einer Abgabenerklärung aufzufordern, nichts zu ändern.

Das Finanzamt hat im gegenständlichen Fall auch das ihm bei Festsetzung einer Zwangsstrafe auferlegte Ermessen pflichtgemäß i.S.d. § 20 BAO nach Billigkeit und Ermessen ausgeübt. So ist nochmalig darauf zu verweisen, dass die Bw. einerseits bereits im Jahr 2009 ihren abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist und insbesondere im berufungsgegenständlichen Jahr - vor Verhängung der Zwangsstrafe - wiederholt zur Abgabe der Erklärung aufgefordert wurde, ohne dass sie dem nachgekommen wäre. Überdies bewegt sich die Höhe der verhängten Zwangsstrafe von EUR 150 in einer Dimension von lediglich 3% der gemäß § 111 Abs. 3 BAO maximal zulässigen Höhe einer derartigen Strafe. Damit erscheint ausreichend berücksichtigt, dass der auf Grund der verspätet abgegebenen Einkommensteuererklärung erlassene Einkommensteuerbescheid zu keiner Abgabennachforderung geführt hat (vgl ). Von dem von der Bw. im Vorlageantrag behaupteten "reinen Willkürakt" kann somit keine Rede sein.

Im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren betreffend den die Zwangsstrafe festsetzenden Bescheid haben sich nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates auch keine weiteren Umstände ergeben, welche zu einer Neubeurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes bzw. einer Festsetzung in geänderter (geringerer) Höhe der Zwangsstrafe führen würden. Daran vermag - wie bereits erwähnt - auch der durch die Einreichung der Abgabenerklärung in der Tat neu aufgetauchte Umstand, dass es jedenfalls zu keiner Nachforderung an Einkommensteuer gekommen ist, nichts zu ändern, weil mit der Verhängung der Zwangsstrafe primär die - mögliche und zumutbare () - Nichtbefolgung einer behördlichen Anordnung pönalisiert wird. Überdies erscheint durch die geringe Höhe der festgesetzten Zwangsstrafe dieser neue Umstand bereits durch den Erstbescheid bzw. die Berufungsvorentscheidung ausreichend berücksichtigt.

Aus den genannten Gründen war die Berufung daher abzuweisen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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