Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 15.12.2005, RV/1291-W/05

Zivilprozess- und Rechtsanwaltskosten eines Facharztes für innere Medizin im Zuge eines Segeltörns sind keine Betriebsausgaben

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1291-W/05-RS1
Zivilprozess- und Rechtsanwaltskosten eines Facharztes für innere Medizin stellen keine Betriebsausgaben im Rahmen der Ordination dar, wenn der Prozessgegenstand ursächlich durch das Mitnehmen der Bordkassa beim vorzeitigen Beenden des unternommenen Segeltörns infolge von Meinungsverschiedenheiten begründet ist. In typisierender Betrachtungsweise ist dieses Verhalten offensichtlich durch das Berufsbild des Facharztes der inneren Medizin nicht mitumfasst.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw., vertreten durch Wirtschaftstreuhänder, gegen die Bescheide des Finanzamtes ABC betreffend Einkommensteuer für den Zeitraum 2002 bis 2003 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) erzielt als niedergelassener Facharzt der inneren Medizin Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Den Gewinn ermittelt der Bw. gemäß § 4 Abs. 3 EStG.

Mit Bescheiden vom und vom wurde der Bw. erklärungsgemäß zur Einkommensteuer 2002 und 2003 veranlagt.

Im Zuge einer Betriebsprüfung nahm das Finanzamt mit Bescheiden vom die Einkommensteuerverfahren 2002 und 2003 wieder auf und setzte mit Bescheiden gleichen Datums die Einkommensteuer für die betreffenden Jahre in Anlehnung an die Betriebsprüfung neuerlich fest.

Mit Schriftsatz vom erhob der Bw. gegen die Einkommensteuerbescheide 2002 und 2003 Berufung, da während des Betriebsprüfungsverfahrens beantragte Rechtsanwalts-und Prozesskosten - für 2002 in Höhe von € 551,00 und für 2003 in Höhe von € 848,00 - als Betriebsausgaben bei den selbständigen Einkünften nicht anerkannt wurden.

Im die Berufung (näher) begründenden Schriftsatz vom führt der Bw. aus, dass der "Goodwill" eines Unternehmens ein vermögenswertes Recht sei, welches durch den wirtschaftlichen Ruf entscheidend beeinflusst werde. Dieses absolute Recht sei nach § 1330 Abs. 2 ABGB geschützt, sodass ein Vermögensschaden durch Kreditschädigung ersatzfähig sei.

Keine Regelungen enthalte des Einkommensteuergesetz über die Behandlung von Rechtskosten. Entschädigungen gemäß § 32 Abs. 1 EStG als Ersatz für entgehende und entgangene Einnahmen würden den Einkünften gemäß § 2 Abs. 2 EStG zugehören für die sie zugesprochen würden. In diesem Zusammenhang stellen sämtliche Ausgaben, die mit diesen Entschädigungen zusammenhängen, Betriebsausgaben dar.

Im vorliegenden Fall werde dem Kläger aus Mangel an Beweisen nicht Recht gegeben. In der Rz 1088 der Einkommensteuer-Richtlinien werde jedoch ausdrücklich festgehalten, dass der Nichteintritt des angestrebten wirtschaftlichen Erfolges die betriebliche Veranlassung nicht verhindere.

Aus dem Sachverhalt ergebe sich das vorrangige Ziel der Vermeidung bzw. Begrenzung der Schädigung des "Goodwill" der Ordination des Bw., weshalb die betriebliche Veranlassung sicherlich als überwiegend zu beurteilen sei. "Negative Feststellungen in der oben dargestellten Konstellation (Krankenhaus, Patienten und Krankenschwester) haben doppeltes Gewicht, wenn keine Schritte zum Schutz des ´Goodwill` unternommen werden. Eine Kreditschädigung erfordert immer eine Verbindung zu einer ´Einkunftsquelle`."

Der Bw. beantrage unter Anschluss seiner Sachverhaltsdarstellung der Berufung stattzugeben.

Mit Schreiben vom übermittelte der Bw. dem Finanzamt die gegenständliche Klage wegen Unterlassung (ESt-Akt 2003, AS 50 - 53), die diesbezüglichen Urteile des Bezirksgerichtes G (GZ 123, ESt-Akt 2003, AS 54 - 63) sowie des Landesgerichtes H (GZ 987, ESt-Akt 2003, AS 66 - 72).

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab, da der geführte Prozess keinen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb des Bw. aufweist. Die von der beklagten Partei getätigte Aussage, wonach der Bw. auf einem Segeltörn die Bordkassa mitgenommen habe, steht objektiv betrachtet in keinem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Bw. als Facharzt. Die beantragten Kosten stellen somit keine Betriebsausgaben dar.

Mit Schriftsatz vom beantragt der Bw. die Berufung der Abgabenbehörde II. Instanz zur Entscheidung vorzulegen. "Jedenfalls hängt der zu GZ 123 geführte Prozess am Bezirksgericht G objektiv mit meinem Betrieb zusammen und wurden in keinster Weise von irgendwelchen persönlichen Faktoren unterbrochen. Gerade in dem Umstand, dass die damalig beklagte Partei [...] im Krankenhaus G die Äußerung getätigt haben soll, dass ich Geld gestohlen hätte war dazu geneigt, meinen Erwerb und mein Fortkommen im Betrieb der eigenen Arztpraxis zu gefährden zumal gerade diese Aussagen das Vertrauen meiner Patienten in meine Person jedenfalls nachhaltig schädigen konnte. ... Gerade diese Aussagen, welche in der Öffentlichkeit getätigt wurden, trüben das Verhältnis zu meinen Patienten, folglich ein ausschließlich betrieblicher Zusammenhang besteht. Zusammengefasst stellen die in diesem Streitfall angefallenen Kosten jedenfalls Betriebsausgaben dar."

Der Bw. beantrage der Berufung vollinhaltlich stattzugeben.

Über die Berufung wurde erwogen

Mit der zu GZ 123 protokollierten Klage begehrte der Bw. das Urteil, dass die beklagte Partei schuldig ist, die Behauptung zu unterlassen, der Bw. hätte beim Segeltörn im September 2001 durch Ansichnehmen der Bordkassa Geld gestohlen.

Nach dem vor Gericht durchgeführten Beweisverfahren wurde dem das Klagebegehren abweisenden Urteil vom folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

"... Im Jahr 2001 nahmen [der Bw.] und seine Lebensgefährtin ... , die Beklagte und ihr Ehegatte, sowie M an einer Segelreise teil. Im Zuge dieser Segelreise kam es zu Unstimmigkeiten zwischen [dem Bw.], seiner Lebensgefährtin und M. Aufgrund dieser Unstimmigkeiten ist beim Bezirksgericht G ein [Anm. des Ref.: weiteres] Verfahren zu GZ 456 anhängig.

Im Rahmen dieser genannten Segelreise verwaltete [der Bw.] die angelegte Bordkasse, in die sowohl er und seine Lebensgefährtin, als auch die Beklagte und ihr Ehegatte einbezahlt hatten, um laufende Unkosten zu decken. Vor Beendigung der Segelreise gingen [der Bw.] und seine Lebensgefährtin von Bord. [Der Bw.] nahm dabei sowohl das zu diesem Zeitpunkt in der Bordkasse befindliche Bargeld, als auch die Abrechnungsunterlagen mit. Beim Abgang von Bord wurde [der Bw.] von der Beklagten aufgefordert, den ihr und ihrem Ehegatten zustehenden Anteil an der Bordkasse auszuhändigen. [Der Bw.] lehnte dies ab und kündigte an, nach der Rückkehr in Österreich eine Abrechnung vorzunehmen.

Im genannten Verfahren [GZ 456] wurde die Beklagte als Zeugin einvernommen. Sie gab unter anderem an, dass [der Bw.] bei seinem Abgang von Bord die Bordkassa mitgenommen hat.

[Der Bw.] ist Arzt und führt eine Praxis in G.

Die Beklagte ist Lehrerin der Gesundheits- und Krankenpflege.

PP befand sich in der Zeit vom bis zum stationär im Krankenhaus G, da eine Knieoperation durchgeführt wurde. Nach ihrer Entlassung verspürte sie weiter Schmerzen in beiden Knien. Durch [den Bw.] wurde sie am dem Krankenhaus G zugewiesen. Dort wurde sie am gleichen Tag stationär aufgenommen.

Am wurde sie wieder entlassen. Im Laufe des frühen Vormittages des unterrichtete die Beklagte die Krankenschwesternschülerin AW. Im Zuge dieses Unterrichtes suchten beide das Krankenzimmer auf, in dem sich auch PP aufhielt. Bei diesem Zimmer handelt es sich um ein 6-Bett-Zimmer. Zum Zeitpunkt des Unterrichtes waren auch andere Patienten anwesend, wobei nicht festgestellt werden kann, wieviele Betten belegt waren. Andere Krankenschwesterschülerinnen oder -schüler waren neben AW nicht anwesend.

AW war während des Unterrichtes damit beschäftigt, die anwesenden Patienten zu betreuen. ...

Die Beklagte hielt sich mit AW ca. von 7.30-9.30 Uhr in diesem Zimmer auf. Während dieser Zeit wurde PP[pflegetechnisch betreut]. ...

Die Beklagte kannte PP von einigen privaten Veranstaltungen im Hause [des Bw.]. PP war bei diesen Gelegenheiten auch anwesend.

Zwischen der beklagten und PP entwickelte sich ein Gespräch. ...

PP erzählte der Beklagten, dass sie auch im Haus, in dem [der Bw.] ... gelebt hatte, geputzt hat. PP fragte die Beklagte, ob von ihrer Seite ein Kontakt mit [dem Bw.] besteht. Die Beklagte verneinte dies und erwähnte die letzte gemeinsame Segelreise, bei der es eben Meinungsverschiedenheiten gab. Bei dieser Erzählung führte die Beklagte gegenüber PP auch aus, dass [der Bw.] beim Abgang von Bord die Bordkassa mitgenommen hat. Sie sagte gegenüber PP nicht, dass [der Bw.] die Bordkassa gestohlen hätte.

Es kann nicht festgestellt werden, ob im Zimmer aufhältige Patienten das Gespräch zwischen der Beklagten und PP mitgehört haben. Die anwesende Krankenschwesterschülerin AW hörte lediglich, dass die Beklagte gegenüber PP den Begriff ´Bordkassa` verwendete. ...

PP ist mit der Großmutter [des Bw.] befreundet. Sie übernachtet auch des öfteren bei der Großmutter [des Bw.], da diese sehr pflegebedürftig ist.

[Der Bw.] besuchte gemeinsam mit seiner Großmutter PP während des Aufenthaltes im Krankenhaus G.

Am Tag der mündlichen Streitverhandlung vom war PP zu Besuch [beim Bw.]. Dabei war auch die Großmutter [des Bw.] anwesend. ..."

In rechtlicher Hinsicht führte das Gericht aus, "hat das Beweisverfahren nicht ergeben, dass die Beklagte dritten Personen gegenüber behauptet hätte, [der Bw.] hätte aus einer Bordkassa Geld gestohlen. Die Beklagte hat gegenüber PP lediglich ausgeführt, dass [der Bw.] bei seinem Abgang die Bordkassa mitgenommen hat. ... Bei dieser Äußerung handelt es sich weder um eine Ehrenbeleidigung, noch um eine Tatsache, die geeignet ist, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen zu gefährden."

Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Bw. gab das Landesgericht H keine Folge und hielt in seinem Urteil (ESt-Akt 2003, AS 66 ff) zusammenfassend fest, "dass die Beklagte in der Tat nur von einem Mitnehmen der Bordkassa gesprochen hat, was die Zeugin [des Bw.] subjektiv als Diebstahl verstand bzw. im Nachhinein so interpretierte."

Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Aufwendungen bzw. Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Kosten eines Zivilprozesses sind unabhängig von der Art der Beendigung Betriebsausgaben, wenn der Prozessgegenstand objektiv mit dem Betrieb zusammenhängt (Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 4 Anm 82 "Prozesskosten"). Entscheidend für die Abziehbarkeit von Aufwendungen im Zusammenhang mit einem vom Abgabepflichtigen geführten Zivilprozess als Betriebsausgaben ist, welcher Anspruch im Prozess strittig ist (; Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, Band III, Tz 36 zu § 4 Abs.4).

Aufwendungen sind demnach betrieblich veranlasst, wenn die Leistung, für die die Ausgaben erwachsen, ausschließlich oder doch vorwiegend aus betrieblichen Gründen (im Interesse des Betriebes) erbracht wird. Die Frage der betrieblichen Veranlassung ist unter Bedachtnahme auf die Verkehrsauffassung zu beurteilen. Ein bloß mittelbarer Zusammenhang mit dem Betrieb genügt, um betriebliche Veranlassung annehmen zu können. Wird der mittelbare Zusammenhang allerdings von einem in erster Linie die persönliche Sphäre betreffenden Faktor überlagert, so wird der Veranlassungszusammenhang unterbrochen. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen; es gilt die typisierende Betrachtungsweise (; vgl. auch Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuerhandbuch, 36.2 und 36.3 zu § 4).

Betrachtet man den berufungsgegenständlichen Sachverhalt im Lichte obiger Ausführungen, so ergibt sich für den Unabhängigen Finanzsenat zweifelsfrei, dass das Klagebegehren des Bw., somit der den geführten Zivilprozess prägende Prozessgegenstand, eindeutig dem privaten Bereich und nicht der betrieblichen bzw. beruflichen Sphäre des Bw. zuzuordnen ist. In typisierender Betrachtungsweise bleibt festzustellen, dass eben die Mitnahme der Bordkasse beim vorzeitigen Beenden des Segeltörns durch den Bw. infolge von Meinungsverschiedenheiten mit den anderen Mitreisenden, offensichtlich nicht vom Berufsbild eines Facharztes der inneren Medizin mit umfasst ist. Eine beruflichen Veranlassung, des durch diese (private) Handlung des Bw. resultierenden Prozesses, wird somit nicht erkannt.

Festzuhalten bleibt weiters, dass der Bw. im gegenständlichen Abgabenrechtsmittelverfahren auch keinerlei Nachweise darüber erbrachte, dass seine Kreditwürdigkeit beeinträchtigt wurde bzw. worin der diesbezügliche Schaden am "Goodwill des Unternehmens" des Bw. - der Ordination für innere Medizin - konkret denn bestehen soll. Auch damit erweist sich die diesbezügliche Prozessführung als nicht durch den Betrieb des Bw. veranlasst, verbleibt doch der Vorlageantrag zu diesem Thema auch nur auf der Behauptungsebene.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Betriebsausgaben
Zivilprozess
Rechtsanwaltskosten
Zivilprozesskosten
Prozessgegenstand
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at