1. Erwerbsunfähigkeit nicht vor dem 21. Lebensjahr. 2. Kein Familienbeihilfenanspruch mangels Haushaltszugehörigkeit.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe und erhöhten Familienbeihilfe ab entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin stellte im März 2006 einen Antrag auf Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe für ihren Sohn J, geboren am xx. Der Sohn sei seit 1985 schwer körperbehindert und dauernd erwerbsunfähig. Das Finanzamt forderte auf Grund dieses Antrags einen Einkommensnachweis des Sohnes sowie einen Nachweis der Sozialversicherung über die Beschäftigungszeiten an. Dem Finanzamt wurde hierauf eine Mitteilung der Pensionsversicherungsanstalt über den Bezug einer Berufsunfähigkeitspension übermittelt, die im Februar 2006 644,37 € betrug, zuzüglich einer Ausgleichszulage und Pflegegeld der Stufe 3. Der Versicherungsdatenauszug zeigte folgende Beschäftigungszeiten auf: - Arbeiter bei u, - Arbeiter bei v, - und bis Arbeiter bei u , - Arbeiter bei v , - Arbeiter bei w, - Angestellter bei x, - Angestellter bei y. - Angestellter bei z, - Angestellter bei uu, - Angestellter bei vv, - Angestellter bei ww. Zwischen den beiden letzten Dienstverhältnissen bezog er Arbeitslosengeld, ab Arbeitslosengeld, Krankengeld und schließlich Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit.
In einem am erstellten Gutachten des Bundessozialamtes wurde die Diagnose paranoide Schizophrenie gestellt und ein Gesamtgrad der Behinderung von 90% bescheinigt sowie dauernde Erwerbsunfähigkeit. Die rückwirkende Bescheinigung des Grades der Behinderung erfolgte ab (Zeitpunkt der stationären Erstbehandlung). Der Beginn der Erkrankung und Eintritt der Erwerbsunfähigkeit vor dem 21. Lebensjahr wurde bescheinigt.
Eine Anfrage beim zentralen Melderegister ergab, dass der Sohn seit seinen Hauptwohnsitz in einer Einrichtung von Pro Mente zunächst in A, später in L hatte. Bei der Mutter war er mit Hauptwohnsitz lediglich im Zeitraum bis gemeldet, in den davorliegenden Jahren lebte er großteils in einer eigenen Wohnung.
Das Finanzamt wies hierauf den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe mit Bescheid ab und begründete dies damit, dass Anspruch auf Familienbeihilfe nur die Person habe, zu deren Haushalt das Kind gehöre. Da der Sohn seinen Hauptwohnsitz nicht bei der Mutter habe, sei deren Antrag abzuweisen.
In der dagegen eingebrachten Berufung führte die Berufungswerberin sinngemäß aus: Ihr Sohn wohne seit Lebenszeit auch in ihrem Haushalt und hätte dort immer den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen. Er hätte nur auf Anraten der Ärzteschaft auch einen eigenen Haushalt führen müssen, da er psychisch krank sei. Für diesen hätte sie auch teilweise aufkommen müssen. Sie hätte auch hohe Ausgaben und viel Zeitaufwand für ihn, da er ständig ihrer Hilfe bedürfe. Sie hätte nunmehr auch ihren Sohn wieder mit Hauptwohnsitz bei sich angemeldet.
In der Folge erließ das Finanzamt eine abweisende Berufungsvorentscheidung, die unter Hinweis auf die Gesetzesbestimmung des § 2 Abs. 1 lit.c FLAG 1967 folgendermaßen begründet wurde: Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerlege eine mehrjährige berufliche Tätigkeit eines Kindes die für den Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit.c FLAG notwendige Annahme, das Kind sei infolge seiner Behinderung dauernd außerstande gewesen, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Eine dauernde Erwerbsunfähigkeit sei zwar vom Bundessozialamt bescheinigt worden, der Sohn sei jedoch über Jahre hinweg immer wieder beschäftigt gewesen.
In ihrem Vorlageantrag führte die Berufungswerberin sinngemäß Folgendes aus: Der Sohn sei seit dem 17. Lebensjahr immer wieder krank gewesen. Im Herbst 1979 hätte er die Matura absolviert, davor hätte er in den Sommerferien jedes Jahr vier Wochen gearbeitet. Nach der Matura hätte er nicht einmal fünf Jahre arbeiten können. Hätte er nicht in den Sommerferien gearbeitet, würde er keine Pension bekommen. Der Sohn wollte Steuerberater werden. Im Frühjahr 1985 sei er jedoch arbeitsunfähig geworden und hätte daher diese Ausbildung nicht abschließen können. Ohne Ausgleichszulage zur Pension bekäme er nun nicht einmal das Existenzminimum. Sie als Eltern hätten auch immer sehr hohe Ausgaben wegen seiner Krankheit gehabt. 1986 sei ihm auch eine Lebertransplantation angeraten worden, nur durch ihre aufopfernde Pflege (Homöopatie, Hausmittel) sei seine Gelbsucht abgeklungen. In den letzten 1 ½ Jahren hätte sie mehr als 5.500 € für ihn ausgegeben. Sie ersuche daher um Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe, die sie dringend benötige, um ihn in dieser schweren Krankheit zu unterstützen. In der Folge legte die Berufungswerberin noch ihre eigene schwierige finanzielle und gesundheitliche Lage dar.
Im März 2007 erfolgte eine neuerliche Untersuchung des Sohnes beim Bundessozialamt. Im ärztlichen Sachverständigengutachten, das nach dieser Untersuchung erstellt wurde, wurden zum Krankheitsverlauf im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen: Akute Bauchspeicheldrüsenentzündung im Jahr 1975, die später chronisch wurde, und deretwegen er 1986 im Krankenhaus zwei Monate behandelt wurde. Nach dem letzten Arbeitsverhältnis hätte er "religiöse Offenbarungen" bekommen, psychiatrisch sei er jedoch nicht gleich behandelt worden, da er nicht glauben konnte, dass dies psychisch bedingt sei. Bis 1997 hätte er meist bei den Eltern gewohnt, dann kam es beim Versuch einer Einweisung ins j-Krankenhaus zu einer Auseinandersetzung mit der Gendarmerie. Es folgten Aufenthalte in der Krankenabteilung eines Gefängnisses, stationäre Behandlungen in der Landesnervenklinik in M und im j -Krankenhaus, dazwischen lebte er teilweise bei der Mutter, teilweise in einer eigenen Wohnung in B. Seit 2006 wird er von Pro Mente betreut und lebt in einer Garconniere in L . Seit dem Jahr 2000 müsse er sich regelmäßig in der forensischen Ambulanz in L melden und erhalte dort ein Neurolepticum gespritzt. Diagnostiziert wurde paranoide Schizophrenie (als führendes Leiden), chronische Pankreatitis, Diabetes mellitus, Gesamtgrad der Behinderung 90%, Dauerzustand. Der Untersuchte ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Beginn der Erkrankung wahrscheinlich nach dem 21. Lebensjahr, hat auch insgesamt 5 ½ Jahre bei verschiedenen Firmen nach der Matura gearbeitet, aus diesem Zeitraum wurden keine Befunde vorgelegt.
Im Zuge des weiteren Berufungsverfahrens wurde der Berufungswerberin durch den Unabhängigen Finanzsenat der Text dieses Gutachtens zur Kenntnis gebracht und mittels Vorhalt mitgeteilt, dass die Gewährung der Familienbeihilfe unter anderem nur dann möglich sei, wenn die Erwerbsunfähigkeit des Sohnes bereits vor dem 21. Lebensjahr eingetreten wäre. Dagegen spreche einerseits die mehrjährige Erwerbstätigkeit, andererseits die Feststellung im ärztlichen Gutachten.
Auf Grund dieses Vorhaltes sprach der Sohn der Berufungswerberin selbst beim Unabhängigen Finanzsenat vor und legte Befunde aus den Jahren 1984, 1985 und 1993 betreffend die Behandlungen seiner Bauchspeicheldrüsenerkrankung vor. Diese Befunde wurden dem Bundessozialamt mit dem Ersuchen um ergänzende Feststellung übermittelt, ob sich hiedurch an der gutachtlichen Feststellung, dass der Beginn der Erkrankung nach dem 21. Lebensjahr liege, etwas ändern könne.
Diese Anfrage wurde vom Bundessozialamt folgendermaßen beantwortet: Der Beginn der Bauchspeicheldrüsenerkrankung ist mit 1975 dokumentiert (17.Lj.), die Diagnose der psychischen Erkrankung ist erstmals 1984 (26.Lj.) erwähnt. Nach der biographischen Anamnese (nochmalige Rücksprache mit dem Gutachter) ist anzunehmen, dass auch die Persönlichkeitsstörung schon vor dem 21. Lebensjahr bestanden hat. Ein Hinweis sind auch die häufig wechselnden Arbeitsplätze und die Ausübung von Tätigkeiten unter dem Schulbildungsniveau. Nach der Matura bestanden verschiedenste Beschäftigungsverhältnisse über einen Zeitraum von ca. 5 Jahren. Sollten diese Erwerbszeiten ein Ausschließungsgrund für die Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe sein, ist dies keine medizinische Entscheidung.
Schließlich wurde auf Grund der in der Berufungsschrift getroffenen Aussage, dass der Sohn nunmehr wieder bei der Berufungswerberin mit Hauptwohnsitz gemeldet sei, eine Behördenabfrage durchgeführt, wobei festgestellt wurde, dass der Sohn lediglich für den Zeitraum bis bei der Mutter gemeldet war, anschließend wieder in seiner Wohnung in L . Es wurden daher an den Sohn mittels Vorhalt die Fragen gerichtet, ob er in den letzten Jahren im Haushalt seiner Mutter gewohnt habe, wenn ja, in welchem Ausmaß bzw. wie oft, und in welchem Ausmaß er von der Mutter finanziell unterstützt wurde, wie hoch sein eigener Unterhaltsaufwand war und wieviel die Mutter dazu beigetragen habe.
Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache beim Unabhängigen Finanzsenat gab der Sohn hierauf folgende Erklärungen ab: Er hätte sich im Zeitraum bis zu ca. einem Drittel im Haushalt der Mutter aufgehalten. Daneben hatte er stets einen eigenen Haushalt. Er bewahre jedoch auch seine Sachen in ihrem Haushalt auf. Bezüglich Unterstützung durch die Mutter: Im Durchschnitt könne man davon ausgehen, dass er von seiner Mutter mit ca. 150 € im Monat unterstützt werde. Zu seinen Arbeitsverhältnissen, insbesondere in der Steuerkanzlei: Seine Aufgaben in der Steuerkanzlei waren insbesondere Finanzbuchhaltung. Er sei in normalem Ausmaß bezahlt worden. Das Ausmaß seines Krankenstandes in dieser Zeit seien etwa alle paar Monate einige Tage gewesen. Er hätte das Arbeitsverhältnis beendet, da er etwas Urlaub wollte und ihm die Arbeit zu viel wurde. Bei seinem nachfolgenden und letzten Arbeitsverhältnis sei es ihm bereits schlecht gegangen - er hatte Halluzinationen. Bei den früheren Arbeitsverhältnissen hatte er meist Büroarbeiten zu erledigen, er wurde dort nicht sehr gefordert und die Arbeiten waren nicht sehr interessant. Bei der Firma uu wurde das Dienstverhältnis beendet, da diese in Konkurs ging. Zu seiner Erkrankung in der Jugend: Seiner Ansicht nach hatte seine Bauchspeicheldrüsenerkrankung bereits psychische Gründe - er hatte damals in der Schule Probleme mit einer Lehrerin.
Über die Berufung wurde erwogen:
Vorweg ist zu bemerken, dass nach § 10 Abs. 3 FLAG 1967 Familienbeihilfe für höchstens fünf Jahre rückwirkend vom Monat der Antragstellung gewährt wird. Auf den im entsprechenden Formular von der Berufungswerberin gestellten Antrag auf Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe "ab " braucht daher auf Grund dieser gesetzlichen Einschränkung für Zeiten vor dem nicht weiter eingegangen werden.
Im Übrigen sind für den gegenständlichen Fall folgende gesetzliche Regelungen des Familienlastenausgleichsgesetzes von Bedeutung:
§ 2 Abs. 1 lit.c FLAG 1967: Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
§ 2 Abs. 2 FLAG 1967: Anspruch auf Familienbeihilfe für ein in Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Nach Absatz 5 dieser Gesetzesstelle gehört zum Haushalt einer Person ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.
Im Sinn dieser zitierten gesetzlichen Regelungen konnten zunächst zur Frage, ob der Sohn der Berufungswerberin grundsätzlich die Voraussetzungen erfüllt, die einen Anspruch auf Familienbeihilfe vermitteln, folgende Feststellungen getroffen werden:
Außer Zweifel steht, dass der nunmehr im 49. Lebensjahr stehende Sohn der Berufungswerberin Bezieher einer Berufsunfähigkeitspension ist und auf Grund seines psychischen Leidens dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Wesentlich ist somit nur, ob das Leiden bereits vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist - in "Berufsausbildung" stand er unbestrittenermaßen nach diesem Zeitraum nicht mehr.
In den verschiedenen dem Unabhängigen Finanzsenat vorliegenden ärztlichen Gutachten wird nun die Frage, ob das Leiden, dessentwegen der Sohn erwerbsunfähig wurde, bereits vor dem 21. Lebensjahr vorhanden war, unterschiedlich beurteilt. Nach der im ersten Gutachten - ohne nähere Begründung - getroffenen Aussage "Eintritt der Erwerbsunfähigkeit vor dem 21. Lebensjahr" wurde im zweiten Gutachten die Feststellung getroffen "Beginn der Erkrankung wahrscheinlich nach dem 21. Lebensjahr". Diese Aussage wurde auf Grund des Ersuchens um ergänzende Feststellung nach Vorlage zusätzlicher Befunde wieder abgeändert, indem erklärt wurde: Nach der biographischen Anamnese ist anzunehmen, dass auch die Persönlichkeitsstörung schon vor dem 21. Lebensjahr bestanden hat. Auf Grund dieser widersprüchlichen und teilweise auch nicht schlüssig begründeten Aussagen ist es erforderlich, die sonstigen ärztlichen Feststellungen, insbesondere auch die erwähnte biographische Anamnese für die Klärung der Frage heranzuziehen, welche Einschätzung den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen kann.
Übereinstimmung besteht in sämtlichen ärztlichen Gutachten, dass die diagnostizierte Bauchspeicheldrüsenerkrankung erstmals im Jahr 1975 festgestellt wurde, eine psychische Erkrankung hingegen erstmals im Jahr 1985. Unzweifelhaft geht auch aus sämtlichen Feststellungen hervor, dass das diagnostizierte psychische Leiden (paranoide Schizophrenie) ursächlich für die dauernde Erwerbsunfähigkeit des Sohnes ist, nicht die Bauchspeicheldrüsenerkrankung. Betrachtet man nun die biographische Anamnese, die von den begutachtenden Ärzten erstellt wurde, so wurden für die Zeit bis zur Matura im Jahr 1979 keinerlei Feststellungen getroffen, die auf den Beginn einer Persönlichkeitsstörung schließen lassen. Allfällige Probleme mit Lehrern (die offensichtlich kein Hindernis für einen Schulabschluss mit Matura waren), oder ein Auszug aus der elterlichen Wohnung im letzten Schuljahr wegen Kontakten zu den Zeugen Jehovas können nicht als Hinweis hiefür angesehen werden. Im ersten Gutachten ist von "zunehmenden Konzentrationsstörungen" erst in den Arbeitsjahren nach der Matura (und nach dem 21. Lebensjahr) die Rede. Im zweiten Gutachten wird die psychische Erkrankung ("religiöse Offenbarungen", Ängste, von "Gott" verfolgt zu werden) erstmals während oder nach seiner letzten Arbeitsstelle erwähnt. Wenn der begutachtende Arzt im Ergänzungsschreiben vermeint, die wechselnden Arbeitsplätze oder die Ausübung von Tätigkeiten unter dem Schulbildungsniveau würden auf eine Persönlichkeitsstörung deuten, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Arbeitertätigkeit nur noch kurz nach der Matura ausgeübt wurde, der Sohn in der Folge Bürotätigkeiten verrichtete und diese seiner Aussage nach für ihn wenig interessant waren und ihn zu wenig forderten, was einerseits die Arbeitsplatzwechsel erklärt, andererseits auch für sein Interesse und eher für seine Arbeitskraft in diesen Jahren spricht.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände bieten die ärztlichen Gutachten keine schlüssig nachvollziehbare Begründung, die für ein bereits vor dem 21. Lebensjahr bestehendes Leiden im Sinn der maßgeblichen Gesetzesstelle sprechen würde.
Wesentliche Bedeutung kommt daher der unbestrittenen Tatsache zu, dass der Sohn noch nach seinem 21. Lebensjahr beinahe durchgehend für 5 ½ Jahre erwerbstätig war. Zuvor besuchte er die HAK in B , die er 1979 mit der Matura abschloss, in den Ferien war er jeweils in Ferialjobs tätig. Es besteht kein Grund zur Annahme, dass die Dienstverhältnisse, in denen der Sohn nach der Matura gestanden hatte, keine echten Dienstverhältnisse gewesen wären, in denen er nicht die erforderliche Leistung erbracht hätte. Wohl wechselte er zunächst die Arbeitsverhältnisse teilweise nach wenigen Monaten, jedoch begann er das neue Arbeitsverhältnis zunmeist lückenlos im Anschluss an das vorherige, was den Schluss zulässt, dass er weder durch Krankheit an der Arbeit gehindert war noch Probleme hatte, von den Arbeitgebern aufgenommen zu werden. Im vorletzten Dienstverhältnis (Steuerkanzlei) war er ca. 2 ½ Jahre durchgehend beschäftigt. Eine Befragung des früheren Arbeitgebers ist auf Grund der lange zurückliegenden Zeitdauer nicht mehr möglich, da die Kanzlei bereits von den Nachfolgern geführt wird, jedoch hat der Sohn selbst erklärt, er hätte die normale Bezahlung erhalten, sei lediglich alle paar Monate einige Tage im Krankenstand gewesen, was durchaus im Bereich des Normalen liegt.
Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerlegt eine mehrjährige berufliche Tätigkeit eines Kindes die für den Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit.c FLAG 1967 erforderliche Annahme, das Kind sei infolge seiner Behinderung dauernd außerstande gewesen, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen (vgl. z.B. , und die dort angeführte Vorjudikatur). Im Erkenntnis vom , 95/14/0125, stellte der Verwaltungsgerichtshof allerdings fest, dass von einer beruflichen Tätigkeit indes nicht gesprochen werden kann, wenn der "beruflich Tätige" keine Arbeitsleistungen erbringt, wenn also eine Einrichtung bereit ist, aus caritativen Überlegungen oder zu therapeutischen Zwecken eine Person ohne Erwartung einer Gegenleistung wie einen Dienstnehmer zu behandeln. Dass dies im gegenständlichen Fall zugetroffen wäre, wird nicht einmal seitens der Berufungswerberin behauptet, vielmehr wird in allen Eingaben darauf hingewiesen, dass der Sohn im Jahr 1985 arbeitsunfähig wurde.
Aus den angeführten Gründen sprechen daher die tatsächlichen Gegebenheiten dafür, dass das Leiden des Sohnes der Berufungswerberin, das zur Erwerbsunfähigkeit geführt hat, erst nach dessen 21. Lebensjahr eingetreten ist. Damit fehlen beim Sohn die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe.
Ungeachtet dieser zuvor getroffenen Feststellungen ist noch zum Anspruch der Berufungswerberin im Sinn des oben zitierten § 2 Abs. 2 FLAG 1967 zu bemerken:
Nach dieser Gesetzesstelle hat primär die Person Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe, zu deren Haushalt das anspruchsvermittelnde Kind gehört, bei Fehlen einer derartigen Person hat derjenige Anspruch, der die Unterhaltskosten überwiegend trägt. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung festgestellt hat, ist für die Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit eines Kindes ausschließlich die Tatsache einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von Bedeutung. Polizeiliche Meldebestätigungen stellen lediglich ein widerlegbares Indiz für das Bestehen einer Wohngemeinschaft dar, sind jedoch nicht geeignet, vollen Beweis über die tatsächlichen Verhältnisse zu liefern, ebenso wie das Unterbleiben einer Meldung kein unwiderlegbares Indiz dafür ist, dass das Kind nicht beim Anspruchswerber wohnt (). Haushaltszugehörigkeit bedeutet, dass das Kind bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit der Person teilt.
Im Sinn dieser Begriffsdefinition kann von Haushaltszugehörigkeit des Sohnes bei seiner Mutter im gegenständlichen Fall nicht die Rede sein. Der Sohn bewohnt bereits seit Jahren eine eigene Wohnung, zunächst in B . Im Zeitraum bis war er zwar mit Hauptwohnsitz bei der Mutter gemeldet, nach den Ausführungen in den ärztlichen Sachverständigengutachten (biographische Anamnes) war er in dieser Zeit jedoch tatsächlich zunächst in der Krankenabteilung des Gefängnisses W, anschließend in stationärer Behandlung im j -Krankenhaus, was jedenfalls die "einheitliche Wirtschaftsführung" ausschließt. Seither führt der Sohn wiederum einen eigenen Haushalt, kurze Zeit in A , anschließend in L .
Weder konnten die Ausführungen der Berufungswerberin in ihren schriftlichen Eingaben noch die mündlichen Ausführungen des Sohnes diese Feststellung entkräften, die alle im Wesentlichen vermitteln, dass der Sohn finanzielle und persönliche Unterstützung durch die Mutter erfährt, jedoch keine gemeinsame Haushaltsführung darlegen.
Es besteht auch kein Anlass für die Annahme, dass die Berufungswerberin die Unterhaltskosten für ihren Sohn "überwiegend" trägt. Der Sohn selbst schätzt die monatliche finanzielle Unterstützung durch seiner Mutter nur auf durchschnittlich 150 €. Die Berufungswerberin hat in ihrem Vorlageantrag erklärt, sie hätte in den letzten 1 ½ Jahren mit Belegen nachweisbar mehr als 5.500 € ausgegeben. Selbst wenn man diesen höheren von der Berufungswerberin genannten Betrag auf monatliche Beträge umrechnet, verbleibt dennoch nur eine monatliche Unterstützung von ca. 300 €. Bei dieser geringen noch unter dem halben Existenzminimum liegenden Höhe kann auch ohne genaue Nachprüfung der tatsächlichen Unterhaltskosten des Sohnes davon ausgegangen werden, dass diese damit nicht "überwiegend" (zu mehr als der Hälfte) gedeckt sind.
Unabhängig von der Frage, ob der Sohn auf Grund seines Leidens einen Anspruch auf Familienbeihilfe vermitteln kann, hat die Berufungswerberin auch mangels Vorliegen der in § 2 Abs. 2 FLAG 1967 genannten Voraussetzungen keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte | Erhöhte Familienbeihilfe Behinderung dauernde Erwerbsunfähigkeit Haushaltszugehörigkeit |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at