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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 21.09.2009, RV/0095-F/08

Teilbetriebseigenschaft einer Filiale im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines Verlustabzugs für Anlaufverluste

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber betrieb bis zum ein Geschäft in der HS in I. Gegenstand dieses Geschäfts war der Handel mit sog. "Lifestyle Accessoires".

Anlässlich der Betriebsveräußerung zum erklärte er einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von 35.039,50 €, der nach Verrechnung mit dem laufenden Jahresverlust in Höhe von -15.963,67 € zu Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 19.075,83 € führte. Diesen in der Steuererklärung 2006 erklärten Gewinn übernahm das Finanzamt in den Einkommensteuerbescheid 2006 vom .

Gegen diesen Bescheid erhob der Berufungswerber am Berufung und machte die Berücksichtigung eines Rest-Verlustabzuges aus dem Jahr 2003 in Höhe von -10.711,06 € als Anlaufverlust gemäß § 18 Abs. 7 EStG 1988 geltend machte. Zur Begründung führte er aus, er habe im Jahr 2000 das Geschäft L in der KG eröffnet und 28.082,09 € in die Geschäftsadaptierung investiert. Dieser Standort habe sich aber als ungünstig erwiesen, weshalb er sich gezwungen gesehen habe, seinen Betrieb zu erweitern. Er habe daher am ein Geschäftslokal in der viel stärker frequentierten HS angemietet. Die Geschäftsablöse für dieses Lokal habe 72.673 € betragen, zusätzlich habe er noch 1.410,12 € investiert. Schon an der Höhe der Investition sei ersichtlich, dass es sich hiebei um eine Teilbetriebseröffnung gehandelt habe, die zu Anlaufverlusten geführt habe.

Das Finanzamt lehnte diesen Antrag mit Berufungsvorentscheidung vom mit der Begründung ab, im gegenständlichen Fall habe kein Teilbetrieb, sondern lediglich eine örtliche Verlegung eines Geschäftslokales vorgelegen. Ein Anlaufverlust für das Jahr 2003 stehe daher nicht zu. Dabei stützte sich das Finanzamt auch auf ein mit dem Berufungswerber am geführtes und mit Aktenvermerk festgehaltenes Telefonat, wonach dieser für einige Monate zwei Geschäftslokale geführt habe, weil der Mietvertrag in der KG noch eingehalten habe werden müssen. Der Berufungswerber habe das Geschäft alleine betrieben, ein Hinweisschild im Geschäftslokal KG habe auf das neue Geschäftslokal in der HS verwiesen. Dieser Aktenvermerk wurde am durch den Vermerk ergänzt, der Berufungswerber sei ausdrücklich befragt worden, ob er beide Lokale habe weiterführen wollen. Dies habe er verneint. Nur die Einhaltung des Mietvertrages habe es notwendig gemacht, kurze Zeit zwei Geschäftslokale zu führen.

Mit Schreiben vom stellte der Berufungswerber den Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Gegen die Ausführungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung wandte er ein, er habe nach der Eröffnung des Teilbetriebs im Mai 2003 sein Unternehmen mit Unterstützung seiner damaligen Lebensgefährtin geführt, schließlich seien in beiden Geschäftslokalen Waren zum Verkauf angeboten worden. Zu den Betriebsräumlichkeiten in der KG hätte auch ein großer Lagerraum gehört, den er für sein umfangreiches Warenlager dringend benötigt habe. Auch aus diesem Grund habe er von vornherein geplant, beide Lokale weiterzuführen. Dies sei auch anhand des beiliegenden Kontenausdrucks aus seiner Buchhaltung ersichtlich. Darin würden im Jahr 2003 gleichzeitige Mietzahlungen an den Vermieter in der KG wie auch an die Vermieterin in der HS aufscheinen. Ende 2003 habe sich aber herausgestellt, dass die Betriebseinnahmen im neuen Teilbetrieb weit unter den Erwartungen geblieben waren. Die Öffnung beider Lokale sei daher aus finanziellen Gründen nicht weiter möglich gewesen, weshalb er den Mietvertrag in der KG gekündigt habe. Letztendlich habe ihn der unerwartet schlechte Geschäftsgang sogar zur gänzlichen Betriebsaufgabe im Jahr 2006 gezwungen.

Mit Schreiben vom forderte der Unabhängige Finanzsenat den Berufungswerber auf, zum Aktenvermerk des Finanzamtes vom Stellung zu beziehen.

Dieser beantwortete diesen Vorhalt mit Schreiben vom im Wesentlichen damit, er habe nach Durchführung der erforderlichen Adaptierungsarbeiten das neue Lokal Anfang Mai 2003 eröffnet und sechs Monate lang beide Geschäftslokale gleichzeitig geführt. Dabei habe ihn seine damalige Lebensgefährtin unterstützt, die auch von ihm angestellt worden sei. Es seien in beiden Lokalen Waren zum Verkauf angeboten worden, aus personellen Gründen hätten aber nicht beide Lokale durchgehend besetzt werden können. In der KG habe sich neben dem Verkaufsraum auch noch ein Lager- und Büroraum befunden, den er als Lager für sein umfangreiches Warensortiment benötigt habe. Er habe von Vornherein geplant, beide Geschäftslokale fortzuführen, was aber aufgrund des schlechten Geschäftsganges nicht möglich gewesen sei. Der Vermieter der Geschäftsräume in der KG sei ihm insoweit entgegen gekommen, als er nicht auf die Einhaltung der im Mietvertrag vereinbarten sechsmonatigen Kündigungsfrist bestanden habe. Er habe daher diesen Teilbetrieb bereits im Dezember 2003 aufgeben können. Der Aktenvermerk des Finanzamtes beinhalte folgende Unrichtigkeiten: 1. Es habe keine Geschäftsverlegung, sondern eine Betriebserweiterung vorgelegen. 2. Der Grund für die Öffnung zweier Geschäftslokale habe nicht im Mietvertrag und dessen sechsmonatiger Kündigungsfrist bestanden. 3. Er habe das Geschäft nicht alleine betrieben, das Lohnkonto 2003 beweise, dass seine Lebensgefährtin in dieser Zeit bei ihm angestellt gewesen sei.

Auch das Finanzamt wurde mit Schreiben vom zum Aktenvermerk vom befragt und darüberhinaus aufgefordert, Sachverhaltserhebungen durchzuführen, die ein Beurteilung erlaubten, ob es sich bei den fraglichen Geschäftslokalen um Teilbetriebe gehandelt habe oder nicht.

Das Finanzamt nahm in Entsprechung dieses Vorhaltes eine mit Niederschrift vom festgehaltene Befragung des Berufungswerbers durch. Laut dieser Niederschrift gab der Berufungswerber an, er habe von vornherein beide Geschäftslokale führen wollen, ansonsten er das Lokal in der KG sofort mit Beginn der Miete des Lokals in der HS aufgegeben hätte. Es seien in beiden Geschäftslokalen ausgefallene Kerzen und Wohnaccessoires verkauft worden, in beiden Geschäften sei das Warensortiment dasselbe gewesen. Das Lager für beide Geschäfte habe sich in der KG befunden, in der HS habe sich kein Platz für ein Lager gefunden. Für beide Geschäftslokale sei gemeinsam Werbung gemacht und seien die Auslagen dekoriert worden. Die Lebensgefährtin des Berufungswerbers und der Berufungswerber selbst hätten das Geschäft gemeinsam geführt und seien je nach Bedarf in beiden Geschäftslokalen tätig gewesen. Die Kiebachgasse sei eine Seitenstraße der Innsbrucker Altstadt, die Herzog-Friedrich-Straße befinde sich zentral in der Altstadt. In der KG habe ein Kundenstock aufgebaut werden können, das Geschäft in der HS hätte Touristen erreichen sollen. In beiden Lokalen sei auf das jeweils andere Lokal verwiesen worden. Die Betriebseinnahmen seien jedenfalls getrennt erfasst worden, da sich in jedem Geschäft eine Kasse befunden habe. Auch die Betriebsausgaben seien getrennt erfasst und erst am Jahresende in eine gemeinsame Einnahmen-Ausgaben-Rechung aufgenommen worden. Zum Aktenvermerk gab das Finanzamt an, die zuständige Sachbearbeiterin habe mit dem Zusatz nur eine Klarstellung des ersten Aktenvermerks erreichen wollen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Berufungswerber ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988.

Für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermitteln, war ein Verlustabzug bis einschließlich der Veranlagung für das Jahr 2006 nur für Anlaufverluste möglich (§ 18 Abs. 7 EStG 1988 idF vor dem KMU-FG 2996/BGBl I 2006/101).

Anlaufverluste waren gemäß § 18 Abs. 7 EStG 1988 Verluste, die in den ersten drei Veranlagungszeiträumen ab Eröffnung eines Betriebes entstehen.

Der Begriff "Betriebseröffnung" ist nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/14/0156, an Hand des Sinnes des § 18 Abs. 7 EStG 1988 auszulegen. Dabei gehe es um die Einräumung eines Verlustvortrages für typische Verlustsituationen des Beginnes einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit. Dies spreche dafür, den Verlustvortrag des § 18 Abs. 7 EStG 1988 analog all jenen Steuerpflichtigen einzuräumen, bei denen ein Beginn einer betrieblichen Betätigung im Sinne der Liebhabereiverordnung anzunehmen sei. Dies sei dann der Fall, wenn ein Betrieb neu begründet oder ein bestehender Betrieb übernommen (Kauf, Erbgang, Schenkung) und in völlig veränderter Form weitergeführt werde. Eine neue Betriebseröffnung sei auch dann anzunehmen, wenn zwar schon bisher eine betriebliche Tätigkeit ausgeübt worden sei, aber umgewandelt und sodann in einer nicht mehr vergleichbaren Form fortgeführt werde. Auch eine Teilbetriebseröffnung sei als Betriebseröffnung im Sinne des § 18 Abs. 7 EStG 1988 zu werten, zumal auch dabei typischerweise eine Anlaufphase gegeben sei.

Nach Meinung des Berufungswerbers handelte es sich beim Geschäftslokal in der HS um einen Teilbetrieb und war in der Eröffnung dieses Lokals eine (Teil)Betriebseröffnung zu sehen. Das Finanzamt hingegen sah in der Eröffnung dieses Lokals keine (Teil)Betriebseröffnung, sondern lediglich einen Geschäftverlegung, die zu keinen Anlaufverlusten im Sinne des § 18 Abs. 7 EStG 1988 führen könne.

Der Begriff des Teilbetriebes ist durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestimmt worden. Danach handelt es sich bei einem Teilbetrieb um einen organisch in sich geschlossenen, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten Teil eines Gewerbebetriebes, der es auf Grund seiner Geschlossenheit ermöglicht, die gleiche Erwerbstätigkeit ohne weiteres fortzusetzen. Um von einem Teilbetrieb sprechen zu können, müssen alle diese Voraussetzungen erfüllt sein. Er muss tatsächlich selbständig geführt sein. Eine nur betriebsinterne Selbständigkeit genügt nicht. Die Selbständigkeit muss vielmehr auch nach außen in Erscheinung treten (vgl. , 0157 und ).

Entscheidend für einen Teilbetrieb ist somit eine betriebsinterne Selbständigkeit, die auch nach Außen in Erscheinung tritt und die eine Fortsetzung der gleichen Erwerbstätigkeit ohne den Restbetrieb ohne weiteres ermöglicht.

Diese Merkmale lagen im Berufungsfall nicht ihrer Gesamtheit vor.

Zwar gab es zwei räumlich getrennte Geschäftslokale, die auch jedes für sich ohne das andere geführt werden konnten. Dies war aber nicht auf eine organisatorische Selbständigkeit dieser Geschäfte zurückzuführen, sondern vielmehr auf deren organisatorische Einheit. So trugen beide Geschäftslokale denselben Geschäftsnamen und boten dasselbe Warensortiment (ausgefallene Kerzen und Wohnaccessoires) zum Kauf an. Dementsprechend gab es auch nur einen gemeinsamen Wareneinkauf und nur ein gemeinsames Warenlager. Auch wurden beide Geschäftslokale von der angestellten Lebensgefährtin des Berufungswerbers und diesem selbst betreut, es verfügte somit kein Geschäftslokal über eigenes Personal. Zudem wurde für beide Geschäftslokale gemeinsam Werbung gemacht und wurde in beiden Geschäftslokalen auf das jeweils andere verwiesen.

Dass die Betriebseinnahmen der beiden Geschäftslokale auf getrennten Konten erfasst und einige Betriebsausgaben zwar auf einem gemeinsamen Konto, aber doch getrennt voneinander verbucht wurden, fällt demgegenüber ebensowenig ins Gewicht wie die Tatsache, dass es sich bei den fraglichen Geschäften um zwei räumlich voneinander getrennte Geschäftslokale handelte, befanden sich diese doch in der Innsbrucker Innenstadt in unmittelbarer Nähe zueinander (die Kiebachgasse ist eine Parallelstraße der Herzog-Friedrich-Straße). Auch das Argument, in der KG habe ein Kundenstock aufgebaut werden können, während im Geschäftslokal in der HS die Laufkundschaft erreichte werden sollte, ändert an der innerbetrieblichen Unselbständigkeit des Geschäftslokals in der KG nichts. Abgesehen davon ist bei zwei derart nah zueinander gelegenen Geschäftslokalen mit gleichem Wartensortiment und Personal ein eigener Kundenkreis nur schwer vorstellbar.

Nach Meinung des Unabhängigen Finanzsenates lagen somit nicht zwei Teilbetriebe, sondern lag ein Betrieb mit zwei organisatorisch unselbständigen Geschäftslokalen vor. Die Investitionen in das Geschäftslokal wurden daher nicht in Zusammenhang mit einer Teilbetriebseröffnung getätigt; sie sind nicht anders zu beurteilen als Investitionen in einen bereits bestehenden Betrieb, der ohne wesentliche Änderung weitergeführt wird. In beiden Fällen liegt keine typische Anlaufverlustphase vor. Die Frage, ob mit dem Geschäftslokal in der HS von Beginn an ein zweites Geschäftslokal neben jenem in der KG geplant war oder ob dieses nur bis zum Auslaufen des Mietvertrages weitergeführt werden sollte, war für die Beurteilung der Frage der Teilbetriebseigenschaft dieser Geschäfte daher ohne Belang und musste nicht weiter verfolgt werden.

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Feldkirch, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at