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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 18.09.2009, RV/2158-W/07

Erbschaftssteuerfreiheit für ausländisches Kapitalvermögen - Erwerbsvorgang vor dem 21.8.2003

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2158-W/07-RS1
Bei zwischen dem (Inkrafttreten der durch BGBl. I 71/2003 novellierten Fassung des § 37 Abs. 8 EStG) und dem (Inkrafttreten der ebenfalls durch BGBl. I 71/2003 geänderten Bestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG) kommt es für die Steuerfreiheit von ausländischem Kapitalvermögen darauf an, ob die Erträgnisse beim Erblasser tatsächlich in das "KeSt-Ersatzsystem" einbezogen wurden
Folgerechtssätze
RV/2158-W/07-RS1
wie RV/0607-I/03-RS1
Hatte der am verstorbene Erblasser die Zinserträge aus ausländischen Kapitalanlagen in seine Einkommensteuererklärungen nicht aufgenommen, waren folglich die ausländischen Kapitalanlagen in das "Kest-Ersatzsystem" (Anwendung eines dem KeSt-Satz entsprechenden besonderen Steuersatzes auf die ausländischen Zinserträge in den jeweiligen Einkommensteuerbescheiden) nicht eingebunden, so konnte auch keine Abgeltungswirkung in Bezug auf die Erbschaftssteuer eintreten. Die gemeinschaftsrechtlich gebotene Gleichbehandlung des inländischen und des ausländischen Kapitalvermögens erfordert nicht, auch in solchen Fällen von einer (hypothetischen) Endbesteuerng auszugehen. Der Erwerb von Todes wegen der betreffenden ausländischen Kapitalanlagen unterlag daher der Erbschaftssteuer.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des BW, Adr, vertreten durch Schaler und Authrid Steuerberatung OEG, 1040 Wien, Wohllebeng. 7, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Erbschaftssteuer zu ErfNr.xxx.xxx/2003 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid insofern abgeändert, als die Erbschaftsteuer insgesamt mit € 584.953,05 festgesetzt wird. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Abgabe werden am Ende der Entscheidungsgründe dargestellt und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches. Das darüber hinausgehende Berufungsbegehren wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

1. Erbanfall

In der Verlassenschaft nach der am verstorbenen Frau ERBL war deren Sohn Herr BW (der nunmehrige Berufungswerber, kurz Bw.) auf Grund des Gesetzes zum Alleinerben berufen. Die von ihm zum gesamten Nachlass abgegebene unbedingte Erbserklärung wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes D vom zu Gericht angenommen. Mit Einantwortungsurkunde vom wurde der Nachlass zur Gänze dem Bw. eingeantwortet.

2. Verfahren vor dem Finanzamt:

2.1. Erstbescheid:

Mit Erbschaftssteuerbescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien gegenüber dem Bw. Erbschaftssteuer in Höhe von € 869.415,00 fest. Bei Berechnung der festgesetzten Erbschaftssteuer ging das Finanzamt von einem steuerpflichtigen Gesamterwerb in Höhe von € 12.772.963,00 aus, wobei darin ausländisches Kapitalvermögen in Höhe von € 2.638.870,00 berücksichtigt wurde - im Bescheid bezeichnet als "sonstige Wertpapiere (erbschaftsteuerpflichtig)". Unter Anwendung eines Steuersatzes von 15 % wurde die Steuer gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG mit € 1.915.944,45 errechnet, sodass sich zuzüglich der Steuer gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG von € 264,52 und nach Abzug der Steuer gemäß § 11 ErbStG für frühere Erwerbe von € 1.046.793,97 der festgesetzte Betrag von € 869.415,00 ergab. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung, in der die Berücksichtigung weiterer Verbindlichkeiten in Höhe von € 29.820,00 für Gerichtsgebühren beantragt worden war, gab das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom Folge und setzte die Erbschaftssteuer mit € 864.942,00 (ausgehend von einem steuerpflichtigen Gesamterwerb von nunmehr € 12.743.143,00) fest. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

2.2. Bescheid vom :

Mit Schreiben vom teilte der steuerliche Vertreter des Bw. dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien gemäß § 120 BAO mit, dass sich die Finanzamtsverbindlichkeiten resultierend aus den Einkommensteuerveranlagungen 2002 und 2003 von € 101.219,00 auf einen Betrag von € 87.166,53 reduziert habe und ersuchte um Neufestsetzung der Erbschaftssteuer. In der Folge nahm das Finanzamt das Erbschaftssteuerverfahren gemäß "§ 303 Abs. 1 lit. BAO" wieder auf und setzte mit Bescheid vom die Erbschaftssteuer mit € 2.107,80 fest. In der Begründung des Bescheides wurde die Erbschaftssteuer für den Erwerb von Todes wegen des Bw. nach Frau ERBL. mit € 1.913.843,77 errechnet (ausgehend von einem steuerpflichtigen Gesamterwerb von nunmehr € 12.757.195,00) und ausgeführt, dass sich dadurch eine Nachforderung an Erbschaftssteuer von € 2.107,80 ergebe.

Gegen den Erbschaftssteuerbescheid vom erhob der Bw. Berufung und beantragte, aus der Summe des steuerpflichtigen Erwerbes von € 12.757.195,93 den Betrag in Höhe von € 2.638.870,00 für "sonstige Wertpapiere (erbschaftsteuerpflichtig)" auszuscheiden und einen neuen Bescheid zu erlassen. Es handle sich dabei um folgende Positionen:


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C
*****-Depot
23.672,00
C
****-Konto
3.329,00
X-Monaco.
****** Festgeld, Bankguthaben
2.611.869,00
Summe
2.638.870,00

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass für die Erblasserin seit dem in Österreich unbeschränkte Einkommensteuerpflicht bestanden habe und die in den Einkünften enthaltenen Einkünfte aus ausländischem Kapitalvermögen, trotz unterschiedlicher innerstaatlicher Rechtsvorschriften, für beide Jahre mit der Sondersteuer von 25%, wie nunmehr in § 37 Abs. 8 EStG vorgesehen, versteuert worden seien. Für den Zeitraum bis sei der Sondersteuersatz von 25 % unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes angewandt worden (vgl. zB , Rs Anneliese Lenz gegen Finanzlandesdirektion Tirol). Für den Zeitraum bis zum Todestag seien die zugeflossenen ausländischen Kapitalerträge entsprechend § 37 Abs. 8 idF BGBl. 71/2003 mit der Sondersteuer von 25% besteuert worden. Diese Gesetzesbestimmung, welche gemäß § 124 b Z 83 EStG erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden sei, die nach dem zufließen, solle die gleiche Wirkung für ausländische Kapitalerträge herstellen, wie dies mit dem KESt-Abzug und der Wirkung der Endbesteuerung für inländische Kapitalerträge bestehe. Zum Todestag sei somit bereits nach innerstaatlichem Recht für den Bereich der Einkommensteuer die Wirkung der Endbesteuerung gegeben gewesen. Mit BGBl 71/2003 habe § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG einen neuen Wortlaut erhalten. Die bisher bestehende Steuerbefreiung sei auf "vergleichbares Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der besonderen Einkommensteuer gemäß § 37 Abs. 8 EStG unterliegen" ausgedehnt worden. Für die Neufassung des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG enthalte aber das BGBl 71/203 keine Inkrafttretensbestimmung. Daher sei die Bestimmung am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt, somit mit in Kraft getreten. Entsprechend den Einführungsbestimmungen zu § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG (entspricht Artikel 46 Z 2 des BGBl 71/2003) sei es Sinn dieser gesetzlichen Bestimmung, eine Erbschaftssteuerbefreiung für die einkommensteuerlich nach Art einer Endbesteuerung erfassten ausländischen Kapitalanlagen zu schaffen. Auf Grund der fehlenden Inkrafttretensbestimmung im Erbschaftssteuergesetz seien im Zeitpunkt es Todes einkommensteuerrechtlich die Wirkungen der Endbesteuerung gegeben gewesen, doch habe der Sinn der Neuregelung nicht auf die Erbschaftssteuer übertragen werden können. Da § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG in seinem Wortlaut auf § 37 Abs. 8 EStG verweise, und beide Bestimmungen mit dem gleichen BGBl. beschlossen worden seien, seien diese Bestimmungen eng miteinander verbunden, und könne somit das Fehlen einer Inkrafttretensregelung für § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG als eine ungewollte Lücke im Gesetz verstanden werden. Entsprechend den Grundlagen der österreichischen Rechtsordnung seien ungewollte Lücken durch Interpretation zu schließen. Aus den schon zitierten Einführungsbestimmungen, sowohl zu § 37 Abs. 8 EStG als auch § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG gehe hervor, dass der Gesetzgeber für beide Rechtsvorschriften eine weitestgehende Gleichstellung mit vergleichbaren inländischen Kapitalerträgen bzw. Kapitalvermögen schaffen wollte. Ungewollte Lücken seien durch entsprechende Interpretation zu schließen. Durch das Bestehen einer Inkrafttretensbestimmung zu § 37 Abs. 8 EStG, der Interpretation des Sinnes der beiden gesetzlichen Bestimmungen, könne ein Analogieschluss nur zu dem Ergebnis führen, dass § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG auch ab anzuwenden sei. Dieser Analogieschluss werde auch durch das VfGH-Erkenntnis vom , G 278/01 ganz wesentlich unterstützt. Dieses Erkenntnis des VfGH, welches auf Basis eines EuGH-Urteils über die EU-Widrigkeit der unterschiedlichen Besteuerung von in- und ausländischen Kapitalerträgen ergangen sei, habe dem Gesetzgeber für eine entsprechende Neuregelung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften eine Frist bis zum auferlegt.

Weiters wurde die Berufung gegen die Erbschaftsteuerpflicht von ausländischen Bankguthaben damit begründet, dass die österreichische Regelung des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG, wie sie bis zum bestanden hat, dem europäischen Gemeinschaftsrecht widerspreche. Art 56 des EG-Vertrages, welcher als Teil der Rechtsakttypen der obersten Kategorie mit direkter Wirkung ausgestattet sei, bestimme, dass alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten seien. Gegen diesen Artikel verstoßende nationale Rechtsvorschriften müssten von den Verwaltungsbehörden so angewendet werden, dass keine vertragswidrigen Auswirkungen entstehen. Die unterschiedliche erbschaftssteuerliche Behandlung von in- und ausländischen Bankguthaben können nun dazu führen, dass auf Grund von steuerlichen Überlegungen Geldbeträge eher bei österreichischen Banken als bei ausländischen Baken veranlagt würden. Daraus ergebe sich aber unmittelbar, dass österreichische Kreditinstitute diesbezüglich gegenüber ausländischen Kreditinstituten bevorzugt seien. Auch wenn zahlreiche Urteile des Europäischen Gerichtshofes, wie schon angeführt beispielsweise Urteil vom in der Rechtssache C-315/02, zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von ausländischen Einkünften aus Kapitalvermögen ergangen seien, würden sich daraus wesentliche Argumente für den Bereich der Erbschaftssteuer ergeben. So führe der Europäische Gerichtshof zur Besteuerung von Dividenden aus, dass "die hier in Rede stehende Steuerregelung in Österreich ansässige Steuerpflichtige im Ergebnis davon abhält, Kapital in Gesellschaften anzulegen, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind". Auch habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2003/13/0011 aus dem angeführten EuGH-Urteil wie folgt zitiert: "Die Weigerung, den Beziehern von Kapitalerträgen aus einem anderen Mitgliedstaat dieselben Steuervorteile wie den Beziehern österreichischer Kapitalerträge zu gewähren, lässt sich nicht damit rechtfertigen, dass die Einkünfte der in einem anderen Mitgliedstatt ansässigen Gesellschaften dort einem niedrigeren Besteuerungsniveau unterliegen" Führen an und für sich gleiche Sachverhalte nur deswegen zu unterschiedlichen steuerlichen Ergebnissen, weil sie einmal im Inland und einmal im Ausland gesetzt werden, so sei von einer unzulässigen Beschränkung des freien Kapitalverkehrs gemäß Art 73b Abs. 1 EG-Vertrag auszugehen. Es werde daher um positive Erledigung der Berufung ersucht.

2.3. Bescheide vom :

Mit Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom hob das Finanzamt den Wiederaufnahmebescheid vom betreffend Erbschaftssteuer wegen Rechtswidrigkeit gemäß § 299 BAO auf und stellte fest, dass durch die Aufhebung der seinerzeitige Erbschaftssteuerbescheid in der Fassung der Berufungsvorentscheidung vom wieder in den Rechtsbestand tritt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Wiederaufnahmebescheid insoweit als rechtswidrig anzusehen sei als im Spruch des Wiederaufnahmebescheides die festgesetzte Abgaben mit einem falschen Betrag ausgewiesen werde und der Tatbestand, an den die Wiederaufnahme geknüpft werde, nicht präzisiert worden sei. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass in der Sache selbst eine neue Sachentscheidung in Form einer amtswegigen Wiederaufnahme unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Bw. ergehen werde. Ebenfalls mit Bescheid vom wurde die Berufung des Bw. gegen den Wiederaufnahmebescheid vom zurückgewiesen, "da der angefochtene Bescheid aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde."

2.4. Wiederaufnahme und neuer Sachbescheid vom :

Mit Bescheid vom nahm das Finanzamt sodann eine amtswegige Wiederaufnahme des Erbschaftssteuerverfahrens vor und hob den Erbschaftssteuerbescheid vom auf. Gleichzeitig erging eine neuerliche Sachentscheidung und setzte das Finanzamt die Erbschaftssteuer nunmehr mit € 862.999,79 fest. Bei Berechnung des steuerpflichtigen Gesamterwerbes mit nunmehr € 12.730.194,93 wurden die Guthaben bei der C (€ 23.672,00 und € 3.329,00) steuerfrei belassen, nicht jedoch das Guthaben bei der X-Monaco von € 2.611.869,00. Zur Begründung verwies das Finanzamt darauf, dass die deutschen Konten gemäß § 15 (1) 17 ErbStG befreit seien. Die Ausdehnung des § 15 (1) 17 ErbStG auf "vergleichbares Kapitalvermögen" sei ab anzuwenden. Das Erbschaftssteuergesetz enthalte materielles Recht und nicht Verfahrensrecht. Während Änderungen im Verfahrensrecht ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens generell anzuwenden seien, seien Änderungen des materiellen Rechtes immer auf den Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches abzustellen. In der Verlassenschaft nach der am verstorbenen ERBL sei daher diese Erweiterung nicht anwendbar. Das befasse sich mit ausländischen Einkünften aus Kapitalvermögen innerhalb der EU. Auf Vermögen in Drittstaaten sei dieses Urteil daher nicht anzuwenden.

2.5. Berufung gegen den Erbschaftsteuerbescheid vom

In der gegen den Bescheid "im gemäß § 303 BAO wiederaufgenommenen Verfahren vom " eingebrachten Berufung beantragte der Bw., dass aus der Bemessungsgrundlage für die Berechung der Erbschaftssteuer der Betrag von € 2.611.869,00 ausgeschieden wird. Zur Begründung wiederholte der Bw. im Wesentlichen seine bisherigen Argumente. Ergänzend vorgebracht wurde noch, dass für das gegenständliche Guthaben bei der X-Monaco in der Einkommensteuererklärung für unbeschränkt Steuerpflichtige für die Zeit bis und bis Zinsen in Höhe von € 41.153,61 bzw. € 8.355,88 der inländischen Besteuerung unterzogen worden seien und dazu Kopien der Beilagen zur Einkommensteuererklärung 2002 und 2003 sowie der Einkommensteuerbescheide vorgelegt. Weiters wurde noch unter Hinweis auf UFS RV/2547-W/02 vom und RV/2106-L/02 vom ausgeführt, dass es auf Grund Artikel 56 des EG- Vertrages völlig irrelevant sei, ob es sich um ausländisches Kapitalvermögen in Mitgliedstaaten der EU oder Drittstaaten handle. § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG bestimme in seiner am Todestag gültigen Fassung, dass außerdem steuerfrei bleiben "Erwerbe von Todes wegen von Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz sowie § 97 Abs. 2 erster bis dritter Satz des Einkommensteuergesetzes 1988, in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 12/1993 unterliegen". § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG verweise ausdrücklich auf eine bestimmte, feststehende Fassung, die somit zu seinem eigenen Inhalt werde. Für die Beurteilung der Steuerpflicht bzw. der Steuerfreiheit im Erbschaftssteuerverfahren sei daher nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen, ob die maßgeblichen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz sowie § 97 Abs. 2 erster bis dritter Satz EStG unterliegen. Durch das Urteil des europäischen Gerichtshofes vom , C-315/02 (Rs Lenz) sei klargestellt worden, dass die unterschiedliche einkommensteuerrechtliche Behandlung von ausländischen und inländischen Kapitalerträgen im Widerspruch zur gemeinschaftsrechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit stehe. Dieser Widerspruch könne nur dadurch beseitigt werden, dass der Verweis des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG auf § 97 Abs. 1 erster Satz sowie § 97 Abs. 2 erster bis dritter Satz in der Fassung BGBl. Nr. 12/193 konform dem Gemeinschaftsrecht auszulegen und anzuwenden sei. Die in § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG geforderte einkommensteuerrechtliche Steuerabgeltung durch eine Abzugsbesteuerung stelle für die Steuerverwaltung ein einfaches System dar. jedoch könne dies nicht dazu führen, dass eine der wesentlichen Grundfreiheiten des EG Vertrages, nämlich die des freien Kapitalverkehrs, behindert werde (vgl. Urteil/Kommission/Frankreich).

2.6. Berufungsvorentscheidung vom

Dem erwiderte das Finanzamt in der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom Folgendes:

"§ 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG wurde durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl 71 geändert. Durch diese Änderung wurde die Befreiung auf vergleichbare Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der besonderen Einkommensteuer gemäß § 37 Abs. 8 EStG 1988 unterliegen, ausgedehnt. Die Ausdehnung der Abgabenbegünstigung auf ausländische Kapitalvermögen trat mit Wirksamkeit in Kraft.Die Novelle 2003/71 findet Anwendung auf Rechtsvorgänge, für die die Steuerschuld nach dem entsteht (Dorazil-Taucher, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, § 15, 20.22.4). Der Umstand, dass § 37 Abs. 8 EStG erstmals auf Einkünfte anzuwenden ist, die nach dem zufließen, hat keinen Einfluss auf das In-Kraft-Treten der erbschaftssteuerrechtlichen Bestimmung (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, § 15 RZ 78b).Maßgebend für die Wertermittlung ist der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld, d.i beim Erwerb von Todes wegen der Todestag des Erblassers. Die Folge der "Stichtagsregelung" ist, dass nach dem Anfall entstehende Änderungen der Wertverhältnisse bei der Steuerberechnung unbeachtlich sind. Ebenso ist die Berücksichtigung von Änderungen des materiellen Rechtes, die zu einem nach dem Stichtag liegenden Zeitpunkt in Kraft treten, ausgeschlossen. Derartige Änderungen sind auf das Entstehen des Abgabenanspruches abzustellen.Das in der Berufungsbegründung zitierte Urteil des EuGH in der Rechtssache Lenz ist zur Einkommensteuer ergangen und findet auf die Erbschaftssteuer keine Anwendung. Zu bemerken ist aber, dass der Gerichtshof in diesem Urteil lediglich auf Kapitalerträge aus einem anderen Mitgliedstaat Bezug nimmt.Die nachlassgegenständlichen Guthaben bei der X-Monaco. stellen keine Vermögenswerte in einem Mitgliedstaat dar.Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen."

2.7. Vorlageantrag

Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz wiederholte der Bw. sein bisheriges Vorbringen und beantragte gemäß § 284 BAO die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

3. Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat:

3.1. Ermittlungen seitens des UFS

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde der Bw. vom Unabhängigen Finanzsenat um Vorlage von Belegen, aus denen sich nähere Details zum Konto Nr. ****** bei der X-Monaco (wie Verzinsung und Art der Kapitalanlage) ergeben, gebeten. In Entsprechung dieses Ersuchens übermittelte der Bw. mit Schriftsatz vom dem Unabhängigen Finanzsenat eine Ertragsaufstellung für den Zeitraum bis des gegenständlichen Kontos und brachte dazu vor, dass daraus einerseits die Höhe der Verzinsung und anderseits die Art der Veranlagung - Festgeld - ersichtlich sei.

Weiters erhob der Unabhängige Finanzsenat noch Beweis durch Einsicht in den Veranlagungsakt der Erblasserin zur xxx/xxxx des Finanzamtes XXX.

3.2. mündliche Verhandlung

Bei der am abgehaltenen mündlichen Verhandlung teilte die Referentin den Parteien mit, dass sich auf Grund der eingesehenen Unterlagen sowie dem Vorbringen des Bw. der entscheidungsrelevante Sachverhalt für die Referentin des Unabhängigen Finanzsenates derzeit wie folgt darstelle:

"Die Erblasserin war österreichische Staatsbürgerin. Bis zum hatte sie ihren Hauptwohnsitz in Monaco. Von bis zu ihrem Tod am hielt sich die Erblasserin wieder ständig in Österreich auf und bestand in diesem Zeitraum für sie unbeschränkte Einkommensteuerpflicht in Österreich.

Zum Vermögen der Erblasserin gehörte im Zeitpunkt ihres Todes folgendes ausländisches Kapitalvermögen (alle Wertangaben in Euro):


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Wertpapierdepot bei der C, Deutschland
23.672,00
Konto bei der C, Deutschland
3.329,00
Konto bei der X-Monaco., KontoNr. ******
2.611.869,00
Summe
2.638.870,00

Auf dem Konto bei der X-Monaco. wurde Festgeld veranlagt und erhielt die Erblasserin im Zeitraum bis hierfür Zinsen in Höhe von € 41.153,61 und im Zeitraum bis Zinsen in Höhe von € 8.355,88 sowie USD 1.989,92 auf das Konto gutgeschrieben. Im Zeitraum bis zum Todestag der Erblasserin erfolgten keine weiteren Zinsgutschriften.

Im Einkommensteuerbescheid für 2002 (Berufungsvorentscheidung) vom wurde bei Berechnung der Einkommensteuer für ausländische Kapitalerträge im Gesamtbetrag von € 56.990,15 (€ 15.363,68 Dividenden aus ausländischen Aktien laut Aufstellung der Bank Austria Creditanstalt AG + € 472,86 Gutschriften C + € 41.247,54 Zinsen UBS Monaco - entsprechend der Einkommensteuererklärung) unter Anwendung eines Steuersatzes von 25 % eine Steuer von € 14.247,54 berücksichtigt. Im Einkommensteuerbescheid für 2003 vom wurden bei Berechnung der Einkommensteuer für ausländische Kapitalerträge im Gesamtbetrag von € 9.016,18 (€ 660,58 aus Aktien Großbritannien + € 8.355,88 Zinsen UBS Monaco - entsprechend der Einkommensteuererklärung) unter Anwendung eines Steuersatzes von 25 % eine Steuer von € 2.254,12 berücksichtigt. Demnach wurden die Erträge der auf dem Konto bei der X-Monaco. veranlagten Gelder im Zeitraum bis zum Todestag der Erblasserin lediglich hinsichtlich der in Euro erfolgen Zinsgutschriften mit einem Steuersatz von 25% der Einkommensteuer unterzogen, hingegen wurden die in US Dollar erhaltenen Zinsgutschriften von USD 1.989,92 nicht bei der Einkommensteuer erfasst."

Zum vorgetragenen Sachverhalt wurde vom steuerlichen Vertreter des Bw (kurz PV) angemerkt, dass er derzeit nicht beantworten könne, weshalb die Erträge in USD nicht in der Steuererklärung für 2003 enthalten sind. Er werde innerhalb einer Frist von einem Monat Kontoauszüge zu diesem Konto bzw. eine Bestätigung der X-Monaco vorlegen, damit nachvollzogen werden könne, wie viel in € und wie viel in USD veranlagt wurde.

Abschließend erklärte der PV auf eine weitere Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu verzichten und erklärte er sich damit einverstanden, dass nach Vorlage der Kontoauszüge bzw. Bestätigung der X-Monaco eine schriftliche Entscheidung ergehen wird.

3.3. Vorhalteverfahren des UFS

Da der angekündigte Nachweis bis dahin vom Bw. nicht vorgelegt worden war erging am ein Vorhalt an den Bw. (der in Kopie auch dem Finanzamt übermittelt wurde), in dem ua. mitgeteilt wurde, dass auf Grund der bisherigen Aktenlage davon ausgegangen werde, dass die Erträgnisse aus dem Kapitalvermögen der Erblasserin bei der UBS Monaco mit einem Wert zum Todestag von € 2.611.869,00 nur zum Teil der "besonderen" Einkommensteuer iSd § 37 Abs. 8 EStG 1988 unterzogen wurde und nach dem Verhältnis der Erträgnisse von 82,77 % zu 17,23 % jener Teil, der in das "Kest-Ersatzsystem" eingebunden wurde, mit € 2.161.834,97 geschätzt werde und davon ausgegangen werde, dass für das restliche Kapitalvermögen von € 450.025,03 keine Abgeltungswirkung der Einkommensteuer zum Tragen kommen könne.

Das Finanzamt betonte in seiner Stellungnahme vom abermals, dass die mit BGBl. I 2003/71 eingefügte Erweiterung der Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG mit in Kraft getreten sei und beantragte die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Der Bw. übermittelte mit Schreiben vom eine Bestätigung der X-Monaco aus der ersichtlich ist, dass vom Gesamtbetrag des Guthabens zum Todestag von € 2.611.869,84 70,97%, das sind € 1.853.644,03 auf Euro und der Restbetrag von € 758.225,81 oder 29,03% auf US-Dollar Veranlagungen entfallen.

Über die Berufung wurde erwogen:

I. innerstaatliche Rechtslage:

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 ErbStG entsteht die Steuerschuld bei Erwerben von Todes wegen grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers. Dies war im gegenständlichen Fall der .

Im Abgabenrecht gilt der Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben, sodass die im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches geltende Rechtslage heranzuziehen ist (vgl. Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 3 zu § 1 ErbStG). Die Wirkung einer Gesetzesänderung vermag Sachverhalte, die vor dem In Kraft Treten eines neuen Gesetzes verwirklicht worden sind, nicht zu ergreifen, es sei denn, der Gesetzgeber ordnet die Rückwirkung auf in der Vergangenheit liegende Fälle ausdrücklich an (siehe die in Fellner, wie oben, in Rz 3 zu § 1 ErbStG referierte VwGH Judikatur).

Die vom Bw. angesprochene Novellierung der Bestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG durch BGBl. 71/2003 enthält keine Regelung über das In-Kraft-Treten, weshalb die Bestimmung erst am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt, somit am in Kraft getreten ist. Auch nach Fellner hat der Umstand, dass § 37 Abs. 8 EStG erstmals auf Einkünfte anzuwenden ist, die nach dem zufließen (§ 124b Z 83 EStG 1988), keinen Einfluss auf das In-Kraft-Treten der erbschaftsteuerrechtlichen Bestimmung (vgl. Fellner, wie oben, RZ 78b zu § 15 ErbStG). Gegen das Vorliegen einer planwidrigen Lücke spricht zunächst, dass die gleichzeitig beschlossenen Änderungen im Bereich der Einkommensteuer ausdrücklich Inkrafttretensregelungen aufweisen. Weiters umschreibt § 15 Abs. 1 Z. 17 erster Teilstrich ErbStG das steuerfreie Vermögen durch eine statische Verweisung auf das EStG 1988 idF BGBl 1993/12 (vgl. ua ua; ) und zeigt sich daran der Wille des Gesetzgebers, dass Änderungen des Einkommensteuergesetzes nicht auch "automatisch" eine Auswirkung auf den Bereich der Erbschaftsteuer haben sollen (vgl. dazu auch das Stenographische Protokoll (RV 1237) zum Steuerreformgesetz 1993, BGBl. I Nr. 818/1993, das die erste Novellierung des Endbesteuerungsgesetzes und des § 97 EStG beinhaltete).

Nach rein innerstaatlicher Rechtslage bezog sich die Abgeltungswirkung der "besonderen" Einkommensteuer iSd § 37 Abs. 8 EStG am Stichtag nur auf die Einkommensteuer und war vergleichbares ausländisches Kapitalvermögen von der Erbschaftsteuerbefreiung nach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG ausgeschlossen.

Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken ist festzuhalten, dass der unabhängige Finanzsenat nach Art. 18 Abs. 1 B-VG in seiner Entscheidungsfindung die bestehenden Gesetze anzuwenden hat. Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes liegt in der ausschließlichen Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes. Die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Bestimmung steht nicht dem UFS zu, sondern ist dem Verfassungsgerichtshof im Rahmen eines Gesetzesprüfungsverfahrens vorbehalten. Der unabhängige Finanzsenat ist auch nicht dazu legitimiert, ein Gesetzesprüfungsverfahren zu beantragen, weshalb im gegenständlichen Berufungsverfahren eine Auseinandersetzung mit den von der Bw. geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzliche Bestimmung auch nicht unter diesem Aspekt geboten ist.

II. Gemeinschaftsrecht

Nach Artikel 56 EG (ex-Artikel 73b EG-V) sind Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten, soweit nicht die Vorbehalte des Artikel 58 EG (ex-Artikel 73d EG-V) oder, im Verhältnis zu Drittstaaten, des Artikel 57 EG (ex-Artikel 73c EG-V) Differenzierungen zulassen.

Artikel 56 bis 58 EG lauten wie Folgt:

Artikel 56:

"(1) Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten.

(2) Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten.

Artikel 57 EG:

"(1) Artikel 56 berührt nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen auf dritte Länder, die am aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestehen. Für in Estland und Ungarn bestehende Beschränkungen nach innerstaatlichem Recht ist der maßgebliche Zeitpunkt der .

(2) Unbeschadet der anderen Kapitel dieses Vertrags sowie seiner Bemühungen um eine möglichst weit gehende Verwirklichung des Zieles eines freien Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern kann der Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit Maßnahmen für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten beschließen. Maßnahmen nach diesem Absatz, die im Rahmen des Gemeinschaftsrechts für die Liberalisierung des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern einen Rückschritt darstellen, bedürfen der Einstimmigkeit.

Artikel 58:

"(1) Artikel 56 berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten,

a) die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln,

b) die unerlässlichen Maßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechts und der Aufsicht über Finanzinstitute, zu verhindern, sowie Meldeverfahren für den Kapitalverkehr zwecks administrativer oder statistischer Information vorzusehen oder Maßnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind.

(2) Dieses Kapitel berührt nicht die Anwendbarkeit von Beschränkungen des Niederlassungsrechts, die mit diesem Vertrag vereinbar sind.

(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen und Verfahren dürfen weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 56 darstellen."

Durch die Rechtsprechung des EuGH ist seit der Rs Barbier (Urteil vom , C-364/01) klargestellt, dass es sich beim Erwerb von Todes wegen, gleichviel, ob er Geldbeträge, unbewegliche Güter oder bewegliche Güter betrifft, um Kapitalverkehr im Sinne des Art 56 EG handelt; ausgenommen sind die Fälle, die mit keinem ihrer wesentlichen Elemente über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausweisen (vgl. ua. zuletzt , Rs Block). Da im gegenständlichen Fall das von Todes wegen erworbene Vermögen in Monaco gelegen ist, liegt kein rein innerstaatlicher Vorgang vor, sondern hat ein Kapitalverkehrs mit einem Drittstaat stattgefunden.

Im Urteil in der Rechtssache Jäger (, RandNr. 35) hat der EuGH ausgesprochen, dass es eine durch Artikel 73b EG-V (jetzt Artikel 56 EG) grundsätzlich verbotene Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt, wenn die Gewährung von Steuervergünstigungen auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer davon abhängig gemacht wird, dass der von Todes wegen erworbene Vermögensgegenstand im Inland belegen ist. Es ist allerdings zu prüfen, ob die Beschränkung des freien Kapitalverkehrs nach den Bestimmungen des Vertrages gerechtfertigt werden kann.

Die Regelung des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG bestand bereits zum , weshalb hierfür der Vorbehalt des Artikel 57 EG grundsätzlich in Betracht käme. Der Vorbehalt setzt jedoch weiters voraus, dass der Kapitalverkehr im Zusammenhang mit einer sog. "Direktinvestition" steht. Nach dem Holböck, C-157/05 sind unter Direktinvestitionen Beteiligungen zu verstehen, die zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter und unmittelbarer Wirtschaftsbeziehungen zwischen dem Anteilseigner und der betroffenen Gesellschaft erworben wurden und die es dem Anteilseigner ermöglichen, sich tatsächlich an der Verwaltung dieser Gesellschaft oder deren Kontrolle zu beteiligen. Das gegenständliche Festgeldkonto vermittelte der Erblasserin weder eine Beteiligung noch konnte sie einen entsprechenden Einfluss ausüben, weshalb hier kein Fall einer Direktinvestition vorliegt und eine Einschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit nicht auf Art 57 EG gestützt werden kann.

Der Vorbehalt des Art 58 gilt - anders als jener nach Art 57, der nur im Verhältnis zu Drittstaaten maßgeblich ist - sowohl für den Kapitalverkehr mit Drittstaaten als auch für den Kapitalverkehr mit Mitgliedsstaaten. Dies ergibt sich aus dem im Art 58 Abs. 3 enthaltenen Verweis auf Art 56, in dem ausdrücklich auch dritte Länder genannt werden. Der in der Berufungsvorentscheidung getätigte Feststellung des Finanzamtes, dass die nachlassgegenständlichen Guthaben bei der X-Monaco keine Vermögenswerte in einem Mitgliedsstaat darstellen, ist deshalb nicht entscheidungsrelevant.

Art 58 Abs. 1 Buchstabe a) EG (ex Art 73d Abs. 1 Buchststabe a EG-Vertrag) erlaubt zwar grundsätzlich steuerliche Regelungen, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln. Als Ausnahme vom Grundprinzip ist diese Bestimmung allerdings eng auszulegen. Die Ausnahme wird nämlich ihrerseits durch Art 58 Abs 3 EG (ex Art 73d Abs. 3 EG-Vertrag) eingeschränkt, als die nationale Maßnahme weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Kapitalverkehrs darstellen darf. Außerdem ist die unterschiedliche Behandlung nur dann gerechtfertigt, wenn sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des mit der betreffenden Regelung verfolgten Zieles erforderlich ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist zwischen erlaubter Ungleichbehandlung und verbotener willkürlicher Diskriminierung zu unterscheiden. Eine nationale Steuerregelung ist nur dann mit den Vertragsvorschriften über den freien Kapitalverkehr vereinbar, wenn die unterschiedliche Behandlung Situationen betrifft, die nicht objektiv vergleichbar sind, oder wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. ua. , RS Eckelkamp oder , Rs Jäger).

Das Erfordernis, die Wirksamkeit der Steueraufsicht zu gewährleisten, ist zwar ein zwingender Grund des Allgemeininteresses, der eine Beschränkung der vom Vertrag garantierten Verkehrsfreiheiten rechtfertigen kann. Jedoch kann eine beschränkende Maßnahme nur dann gerechtfertigt sein, wenn sie dem Grundssatz der Verhältnismäßigkeit genügt, also geeignet ist, die Erreichung der mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das Erforderliche hinausgeht (vgl. ua. , Kommission/Frankreich).

Soweit § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG in der im Berufungsfall maßgeblichen Fassung die Erbschaftssteuerbefreiung durch Verweis auf Bestimmungen des EStG 1988 idF BGBl. Nr. 12/1993 nur beim Erwerb inländischer Bankeinlagen bzw. beim Erwerb von Forderungswertpapieren mit inländischer kuponauszahlender Stelle zulässt und vergleichbares ausländisches Vermögen von der Begünstigung generell ausnimmt, ist auf den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts Bedacht zu nehmen (siehe auch hiezu die Ausdehnung der Befreiungsbestimmung durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I Nr. 71/2003).

Bei der Beantwortung der Frage, ob bestimmten ausländischen Kapitalvermögen noch vor der Inkraftsetzung des BGBl. 71/2003 mit , das erstmals ausdrücklich ausländische Kapitalanlagen anführt, eine Steuerbefreiung nach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG zukommen kann, ist auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in Hinsicht auf die einkommensteuerlichen Bestimmungen Bedacht zu nehmen. So ergibt sich aus dem Urteil vom , C-315/02, Anneliese Lenz, dass die Verweigerung der einkommensteuerlichen Endbesteuerungswirkung für ausländische Kapitalerträge mit der gemeinschaftsrechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit in Widerspruch steht. EUGH Urteile wirken zeitlich unbeschränkt zurück und sind bei offenen Fällen zu berücksichtigen. Das hat zur Folge, dass § 97 Abs. 1 erster Satz und § 97 Abs. 2 erster bis dritter Satz EStG idF BGBl. 12/1993 hinsichtlich der in anderen Mitgliedstaaten der EU erzielten Erträge gemeinschaftsrechtskonform anzuwenden ist. Der gesetzliche Verweis auf einkommensteuerliche Bestimmungen bedingt, dass im Erbschaftssteuerverfahren auch einkommensteuerliche Grundsätze zu beachten sind und ist daher auch das genannte Urteil zu beachten (vgl. UFSW RV/1001-W/06 vom sowie UFSG RV/0107-G/03 vom ).

Aus diesem Grund wurde das in Deutschland befindliche Kapitalvermögen der Erblasserin (Guthaben bei der C in Höhe von € 23.672,00 sowie € 3.329,00) bereits vom Finanzamt steuerfrei belassen.

Wie bereits oben ausgeführt, ist die Kapitalverkehrsfreiheit aber nicht nur im Verhältnis zu anderen Mitgliedstaaten der EU, sondern auch im Verhältnis zu Drittstaaten zu beachten.

Nach der vom Unabhängiger Finanzsenat ua. in seiner Entscheidung vom , RV/2547-W/02 vertretenen Rechtsansicht können Kapitalerträge, die einer rechtzeitigen Einkommensbesteuerung entzogen wurden, ungeachtet dessen, ob es sich um ausländische oder inländische Kapitalerträge handelt, keiner Steuerabgeltung nach § 97 Abs. 2 EStG in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 12/1993 unterliegen, und können daher Erwerbe von Todes wegen von Kapitalvermögen, aus welchem diese Erträge flossen, auch nicht unter die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG fallen. Bemerkt wird, dass da die zu GZ. 2005/16/0116 bis 0118 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig gewesenen Fälle Anlassfälle wurden und daher bis dato keine höchstgerichtliche Judikatur dazu vorliegt, unter welchen Voraussetzungen ausländischen Kapitalvermögen die Erbschaftsteuerfreiheit des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG zukommt.

Auf Grund der nunmehr vorgelegten Bestätigung der X-Monaco entfiel vom Gesamtbetrag des Guthabens zum Todestag von € 2.611.869,84 70,97%, das sind € 1.853.644,03 auf Veranlagungen in Euro und der Restbetrag von € 758.225,81 oder 29,03% auf Veranlagungen in US-Dollar. Die Erträge der Veranlagungen in US-Dollar wurde bei der Erblasserin nicht der Einkommensteuer unterzogenen und somit nicht in das "KeSt-Ersatzsystem" (Anwendung eines dem KeSt-Satz entsprechenden besonderen Steuersatzes auf die ausländischen Zinserträge in den jeweiligen Einkommensteuerbescheiden) eingebunden, weshalb für das Kapitalvermögen in Höhe von € 758.225,81 keine Abgeltungswirkung der Einkommensteuer zum Tragen kommen kann. Die gemeinschaftsrechtlich gebotene Gleichbehandlung des inländischen und des ausländischen Kapitalvermögens erfordert nicht, auch in solchen Fällen von einer (hypothetischen) Endbesteuern auszugehen, weil dies einer Begünstigung ausländischer Kapitalanlagen gegenüber dem in den KeSt-Abzug an der Quelle eingebundenen inländischen Kapitalvermögen gleichkäme.

Der Erwerb von Todes wegen des in US-Dollar veranlagten Kapitalvermögens von € 758.225,81 unterlag daher der Erbschaftssteuer. Im Gegensatz dazu ist das in Euro veranlagte Kapitalvermögen in Höhe von € 1.853.644,03 auf Grund der aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen gebotenen sinngemäßen Anwendung der Bestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG auf vor dem verwirklichte Erwerbsvorgänge von der Erbschaftsteuer befreit.

Es war daher der Berufung teilweise Folge zu geben und die Erbschaftsteuer wie Folgt neu zu berechen:


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steuerpflichtiger Erwerb bisher
12.730.194,93
frei gemäß § 15 (1) 17 ErbStG
-
1.853.644,03
steuerpflichtiger Erwerb
10.876.550,90
Bemessungsgrundlage gerundet
10.876.550,00
davon 15 % Erbschaftsteuer gemäß § 8 (1) ErbStG
1.631.482,50
zuzüglich Erbschaftsteuer gemäß § 8 (4) ErbStG - unverändert
+
264,52
abzüglich Erbschaftsteuer für Vorerwerbe gemäß § 11 ErbStG
-
1.046.793,97
Erbschaftsteuer neu
584.953,05

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955
§ 37 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 56 EGV, EG-Vertrag, ABl. Nr. C 325 vom S. 1
Art. 57 EGV, EG-Vertrag, ABl. Nr. C 325 vom S. 1
Art. 58 EGV, EG-Vertrag, ABl. Nr. C 325 vom S. 1
Schlagworte
Endbesteuerung
Kapitalvermögen
Kapitalverkehrsfreiheit
Drittstaaten
Abgeltungswirkung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at