Wechselseitige Schenkung
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der bfadr, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt, 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufungsführerin und ihr Ehegatte MT haben bei der Bank Austria Creditanstalt AG mit Kreditvertrag vom 28.3./ einen Kredit über 250.000,00 € aufgenommen. Sinn und Zweck dieses Darlehens war eine Umschuldung von der Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank AG zur Bank Austria Creditanstalt AG. Die Umschuldung hat dazu geführt, dass die Berufungsführerin die Hälfte der Schuld, die bisher allein MT zuzurechnen war, als Kreditnehmerin übernommen hat. Zur Absicherung dieses Darlehen wurde die berufungsgegenständliche, damals im Alleineigentum des MT stehende, Liegenschaft mit einer Hypothek in Höhe von 325.000,00 € belastet. Diese Hypothek wurde am ins Grundbuch eingetragen.
Mit Schenkungsvertrag vom übergab MT der Berufungswerberin die Hälfte der Liegenschaft in EZ [...], bestehend aus GST-NR [...] in deren Eigentum und nahm die Berufungswerberin diese Schenkung dankend an.
Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom hat das Finanzamt Feldkirch der Berufungsführerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 2.500,00 €, das sind 2% von 125.000,00 € vorgeschrieben.
In der Berufung vom brachte die Berufungsführerin im Wesentlichen vor:
"Durch Mitunterfertigung des Kreditvertrages ist die Berufungswerberin seit Anfang 2008 bereits Kreditnehmerin bei der Bank Austria Creditanstalt AG. Dadurch, dass die Berufungswerberin bereits seit Anfang des Jahres 2008 Kreditnehmerin der Bank Austria Creditanstalt AG war bzw. ist, hat sich zum Zeitpunkt der Schenkung am keinerlei Änderung ihrer finanziellen Situation ergeben. Es liegt keine Gegenleistung im Sinne des § 4 Grunderwerbsteuergesetz 1987 vor.
Der Begriff der Gegenleistung wird nach ständiger Judikatur des VwGH (vgl. Zl 91/16/0053) als Summe dessen definiert, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält und ist jede nur denkbare Leistung, die vom Käufer für den Erwerb des Grundstücks versprochen wird; oder, mit anderen Worten, alles, was der Käufer einsetzen muss, um das Grundstück zu erhalten. Gegenleistungen, die der Erwerber nicht für den Erwerb des Grundstückes, sondern für andere Leistungen des Verkäufers erbringt, gehören nicht zur Bemessungsgrundlage, dies allerdings nur dann, wenn solche Gegenleistungen mit dem Grundstück in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen (vgl. auch GZ RV/1367-L/02).
Bei der Feststellung, was als Gegenleistung anzusehen ist, sind die wirtschaftlichen Merkmale des Erwerbsvorganges zu berücksichtigen (vgl. GZ RV/0172-G/02; oder Arnold/Arnold, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987 I, § 5 Tz 4 mwN).
"Übernommene sonstige Leistungen" im Sinne dieser Bestimmung wären auch Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer obliegen, aber aufgrund der Parteienabrede zum Erwerber getragen werden müssen, die sich also im Vermögen des Verkäufers und zu dessen Gunsten auswirken (vgl. Zl 93/16/0121 oder Zl 95/16/0334).
Die Berufungswerberin als Erwerberin hat keinerlei Gegenleistung erbracht. Es handelte sich um eine reine Schenkung.
Im Zeitpunkt der Schenkung hat die Berufungswerberin keinerlei Verpflichtungen oder Schulden übernommen. In Bezug auf die Schulden hat sich an ihrer Situation gar nichts geändert. Vielmehr war sie schon vor dem gegenständlichen Schenkungsvertrag Kreditnehmerin und Mithaftende für das Darlehen, sodass sie durch die Schenkung keinerlei Begünstigung erhalten hat.
Umgekehrt hat auch ihr schenkender bzw. veräußernder Ehegatte, MT, keinerlei Gegenleistung erhalten.
Die Schenkung hat sich in seinem Vermögen nicht ausgewirkt. Er war vor der Schenkung bereits (zusammen mit der Berufungswerberin) Kreditnehmer und ist dies nach wie vor.
Die Berufungswerberin war schon vor dem Schenkungsvertrag vom gemeinsam mit ihm (gleichgestellte) Kreditnehmerin, weshalb seiner Schenkung keinerlei Gegenleistung gegenüber steht.
Es handelt sich daher eindeutig um eine klassische und direkte Schenkung (ohne Gegenleistung), die an der vorigen Situation der Berufungswerberin, nämlich der Haftung als Kreditnehmerin, nichts ändert.
Im April 2008, als das Pfandrecht der Bank Austria Creditanstalt AG im Grundbuch eingetragen wurde, stand noch gar nicht fest, dass MT der Berufungswerberin die Hälfte der Liegenschaft schenken wird. Wäre das bereits im April 2008 ein Thema gewesen, hätte man damals schon alles unter einem gemacht. Erst geraume Zeit später hat sich das EhepaarT entschieden, dass MT der Berufungswerberin die Hälfte schenkt und sie ins Grundbuch eingetragen wird.
Völlig unzutreffend ist daher, dass das Finanzamt Feldkirch von einer Gegenleistung in Höhe von 125.000,00 € ausgeht. Die Schuldübernahme bestand bereits vor Abschluss des Schenkungsvertrages und war die Berufungswerberin bereits vor Abschluss des Schenkungsvertrages Kreditnehmerin bzw. Mithaftende. Dies hat weder etwas mit dem Schenkungsvertrag bzw. mit der Schenkung im September 2008 zu tun, noch hat dies einen Einfluss darauf.
Im Hinblick auf diese Umstände ist die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer in Höhe von EUR 2.500,00 zu Unrecht erfolgt, da es sich um eine klassische und direkte Schenkung ohne Gegenleistung gem. § 5 Grunderwerbsteuergesetz 1987 handelt."
Die Berufung wurde vom Finanzamt Feldkirch mittels Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:
"In der Berufung wird im Wesentlichen eingewendet, Gegenleistungen, die der Erwerber nicht für den Erwerb des Grundstücks, sondern für andere Leistungen des Verkäufers erbringe, gehörten nicht zur Bemessungsgrundlage, dann nämlich, wenn solche Gegenleistungen mit dem Grundstück in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen (mit Verweis auf UFS RV/1367/L/02).
Im Zeitpunkt der Schenkung habe die Berufungswerberin (idF kurz Bw.) keinerlei Verpflichtungen oder Schulden übernommen. Im Bezug auf die Schulden hätte sich an der Situation nichts geändert. Sie sei bereits vorher Kreditnehmerin und Mithaftende für das Darlehen gewesen, sodass sie durch die Schenkung keinerlei Begünstigung erhalten habe.
Die Bw. wäre schon vor dem Schenkungsvertrag vom gemeinsam mit ihm gleichgestellte Kreditnehmerin gewesen, weshalb seiner Schenkung keinerlei Gegenleistung gegenüberstehe.
An der vorigen Situation der Bw., nämlich der Haftung als Kreditnehmerin, hätte diese "klassische, direkte Schenkung" nichts geändert. Im April 2008 bei Eintragung des Pfandrechtes sei noch gar nicht festgestanden, dass MT der Bw. die Hälfte der Liegenschaft auch schenken werde.
Dem Berufungsbegehren kann nicht gefolgt werden.
Wie bereits im Vorfeld der Festsetzung festgestellt wurde, hat die Umschuldung dazu geführt, dass die Bw. die Hälfte der Schuld, die bisher allein dem Geschenkgeber zuzurechnen war, als Kreditnehmerin übernommen hat. Der Geschenkgeber war bisher auch Alleineigentümer der Liegenschaft und schon die umgeschuldete Kreditverbindlichkeit war auf dem Grundstück sichergestellt. Nach dem Grundbuch (TZ 4859/2D08) erfolgte gleichzeitig mit der Sicherstellung des neuen Kredites die Löschung des bisherigen.
Der Kreditvertrag datiert nach den Angaben in der Pfandurkunde vom 28.3./. Der Schenkungsvertrag datiert vom , dabei war eine tatsächliche Übergabe bereits erfolgt (Punkt III. des Vertrages).
Damit liegt zwischen Schuldübernahme zur Hälfte und dem Schenkungsvertrag nur eine kurze Zeitspanne von höchstens 1/2 Jahr oder kürzer in Bezug auf die tatsächliche Übergabe. Wenn nun eingewendet wird, die Schuldübernahme zur Hälfte habe nichts mit der Übergabe der Hälfte der Liegenschaft zu tun, so kann dieser Beurteilung nach Ansicht des Finanzamts nicht gefolgt werden.
In der Berufung wird zwar eingewendet, Leistungen, die der Erwerber für andere Leistungen des Verkäufers (bzw. hier Geschenkgebers) erbringe, gehörten nicht zur Bemessungsgrundlage.
Es wird aber kein anderer Grund für die Schuldübernahme angeführt und es wäre auch keiner ersichtlich. Aus der angef. Entscheidung des UFS RV/1367/-L/02 ist idZ ebenfalls nichts zu gewinnen, wurde dort doch die Berufung gegen die Festsetzung der GrESt abgewiesen und die Einbeziehung von Schulden (1/2 Schulden) bestätigt, trotzdem dort bei Vertragsabschluss schon die ganzen Schulden vom Übernehmer getilgt wurden. Zudem wurde auch dort eine einheitliche Regelung zweier urkundlich getrennter Vorgänge, nämlich eines Schenkungsvertrages und einer nachfolgenden Scheidung konstatiert und auch die Schuldübernahme eben als in der Übernahme der Liegenschaftshälfte begründet beurteilt.
Getrennt abgeschlossene Verträge sind dann als Einheit aufzufassen, wenn die Beteiligten trotz mehrerer (in einer oder mehreren Urkunden enthaltene) getrennter Verträge eine einheitliche Regelung beabsichtigen und wenn zwischen mehreren Verträgen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Bd. II, Grunderwerbsteuer, § 1 GrEStG 1987, Rdz 114 unter Hinweis auf die st. Rspr. des VwGH). Und Leistungen, die in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder "inneren" Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks stehen, sind als Gegenleistungen im Sinne des Gesetzes anzusehen (Fellner, aaO, § 5 GrEStG 1987, Rdz. 9).
Zudem würde eine Schuldübernahme der Bw. über den Betrag von 125.000 €, ohne dass dem eine Leistung des Ehegatten, eben die spätere Übergabe der Liegenschaftshälfte, gegenüber stünde, selbst eine steuerpflichtige Zuwendung an den Ehegatten im Betrag von 125.000 € darstellen, wobei die Schenkung mit Schuldübernahme mit Kreditvertrag vom / ausgeführt wäre.
(Nur) Aufgrund des inneren Zusammenhangs mit der urkundlich später erfolgten Schenkung, ist davon aber nicht auszugehen, zumal auch nach der Rechtsprechung des VwGH wechselseitige Schenkungen als entgeltliche Geschäfte zu beurteilen sind (im Fall der wechselseitigen Schenkung zweier Grundstücksanteile: Tausch), s.a. ), wobei hier in Entsprechung der obigen Beurteilung die Schenkung des Geldwertes (Schuldübernahme) als Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücksanteils zu beurteilen ist.
Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass nach Überzeugung des Finanzamts die Schuldübernahme hinsichtlich der halben Schulden im inneren, wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Übertragung der Liegenschaftshälfte stand, zumal der wirtschaftliche Bezug durch Sicherstellung und Belastung des erworbenen Grundstücks gegeben ist und ein anderer Grund für die Übernahme der doch nicht unbeträchtlichen Belastung auch nicht ersichtlich wäre. Daran ändert auch nichts, dass bei Abschluss des formellen Schenkungsvertrages die Schuldübernahme bereits ca. 1/2 Jahr vorweg erfolgt war."
Durch den Vorlageantrag vom gilt die Berufung wiederum als unerledigt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge und andere Rechtsgeschäfte im Hinblick auf inländische Grundstücke, die den Anspruch auf Übereignung begründen. Nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 ist bei einem Kauf die Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Der Begriff der Gegenleistung wird in ständiger Judikatur des VwGH (siehe auch , 91/16/0053) wie folgt definiert:
Gegenleistung ist die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält, ist jede nur denkbare Leistung, die vom Käufer für den Erwerb des Grundstückes versprochen wird; oder, mit anderen Worten, alles, was der Käufer einsetzen muss, um das Grundstück zu erhalten. Gegenleistungen, die der Erwerber nicht für den Erwerb des Grundstückes, sondern für andere Leistungen des Verkäufers erbringt, gehören nicht zur Bemessungsgrundlage, dies allerdings nur dann, wenn solche Gegenleistungen mit dem Grundstück in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Steht hingegen die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder "inneren" Zusammenhang mit der Erwerbung des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung iSd Gesetzes anzusehen. Bei der Beurteilung dieses Zusammenhanges ist vom wahren wirtschaftlichen Gehalt des Erwerbsvorganges auszugehen.
Im vorliegenden Fall ist das grundsätzliche Vorhandensein einer Gegenleistung strittig.
§ 942 ABGB lautet:
"Sind Schenkungen vorher dergestalt bedungen, dass der Schenkende wieder beschenkt werden muss, so entsteht keine wahre Schenkung im Ganzen, sondern nur in Ansehung des übersteigenden Wertes."
Unter "bedungen" ist keineswegs eine förmliche Bedingung i.S.d. § 696 ABGB, sondern vielmehr eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung zu verstehen. § 942 ABGB ist somit als eine Regelung der (für eine Schenkung erforderlichen) Unentgeltlichkeit zu sehen. Wenn das Gegengeschenk "bedungen" war, so fehlt eine solche Unentgeltlichkeit; es liegt "eine Art" Tauschgeschäft vor.
Gerade dieser Tatbestand des § 942 ABGB wurde aber in den Beschwerdefällen in Wahrheit erfüllt. Nach Ansicht des UFS hat die Berufungsführerin sich nur deswegen zur Kreditaufnahme verpflichtet, weil bereits damals festgestanden ist, dass der Berufungsführer ihr die Hälfte der Liegenschaft übereignet. Wie das Finanzamt bereits in der Berufungsvorentscheidung ausgeführt hat, ist kein anderer Grund ersichtlich. Dieser Feststellung in der Berufungsvorentscheidung wurde seitens der Berufungsführerin nicht widersprochen. Getrennt abgeschlossene Verträge sind dann als Einheit aufzufassen, wenn die Beteiligten trotz mehrerer getrennter Verträge eine einheitliche Regelung beabsichtigen und wenn zwischen mehreren Verträgen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht. Leistungen, die in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder inneren Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstückes stehen, sind als Gegenleistung iSd § 5 GrEStG zu sehen. Im gegenständlichen Fall besteht sohin ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Schenkungsvertrag hinsichtlich der Liegenschaft und der Kreditaufnahme durch die Berufungsführerin (diese hat dadurch die Hälfte der Schulden des MT übernommen). Daran ändert auch nichts, dass bei Abschluss des formellen Schenkungsvertrages die Schuldübernahme bereits ca ½ Jahr vor dem gegenständlichen "Schenkungsvertrag" erfolgte. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung verwiesen. Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 5 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at