Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSK vom 07.12.2004, RV/0233-K/04

Ausländerin hat bei fehlendem Dienstverhältnis keinen FB-Anspruch

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0233-K/04-RS1
Adressat/in der Leistungen nach dem FLAG ist (grundsätzlich) eine vom Kind verschiedene Person. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass für ein Kind, welches die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, die FB nicht gewährt wird, wenn die Eltern die Voraussetzungen für die Gewährung der FB nicht erfüllen (vgl. ).

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Mag. Henriette Miklau, AVS-Betreuerin, 9020 Klagenfurt, Edmund-Eysler-Gasse 2, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe vom entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Bw. beantragte mit die Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind P.A. (P. A., österr. Staatsbürgerin, geb. , Vater: J.A., J. A., österr. Staatsbürger, Vorbezieher der Familienbeihilfe). Die Bw. ist gambanesische Staatsbürgerin und hat J. A. am geheiratet.

Nach dem im Akt befindlichen Unterlagen lebt die Bw. derzeit von ihrem Gatten getrennt und ist laut Meldezettel seit gemeinsam mit ihrer Tochter P. A. im Mutter-Kind-Wohnheim A. (A.) gemeldet.

Laut dem Schreiben der Kärntner Gebietskrankenkasse vom bezog die Bw. Kinderbetreuungsgeld beginnend vom bis .

In der Zeit vom bis war die Bw. als Hilfskraft bei der Caritas beschäftigt.

Am langte beim unabhängigen Finanzsenat eine Berufung ein, die sich auf ein (nicht aktenkundiges) Schreiben des Finanzamtes vom bezog (Anm.: Mitteilung über die Nichtgewährung der Familienbeihilfe).

In der Folge übermittelte der unabhängige Finanzsenat die Berufung dem Finanzamt.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Bw. vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind P. A. beginnend ab August 2004 ab. Begründend wurde auf die §§ 2a Abs 1, 3 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 FLAG 1967 verwiesen.

In der Berufung vom führte die Bw. aus, dass ihr Kind österreichische Staatsbürgerin sei und ihm deshalb Familienbeihilfe zustünde. Sie lebe mit ihrer Tochter P. seit Mai 2004 im Mutter-Kind-Wohnheim der AVS und verfüge derzeit über kein eigenes Einkommen. Sie empfinde es als überaus ungerecht, dass ihr die Familienbeihilfe nicht zustehe, obwohl sie nachweislich für ihre Tochter sorge.

Am erging eine abweisende Berufungsvorentscheidung, die sich wiederum auf die oben angeführten §§ 2 Abs. 1, Abs 2 und 3 FLAG 1967 stützte. Ein ausländischer Elternteil, der zwar den Haushalt überwiegend führe, selbst aber die Anspruchsvoraussetzungen zum Bezug der Familienbeihilfe nicht erfülle, könne vom anderen, mit ihm und dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebenden Elternteil einen Anspruch auf Familienbeihilfe nur ableiten, wenn der gemeinsame Familienhaushalt sich im Bundesgebiet befinde. Ein abgeleiteter Anspruch auf Familienbeihilfe sei nur möglich, wenn ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern gehöre. Da die Bw. aber seit Mai 2004 getrennt vom Manne lebe, sei die Berufung als unbegründet abzuweisen gewesen.

Dagegen wurde ohne weitere Begründung der Vorlageantrag an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist der Familienbeihilfenanspruch der vom Ehegatten getrennt lebenden Bw., die nicht österreichischen Staatsbürgerin ist und in der Zeit vom bis beschäftigt war.

Gemäß § 3 Abs 1 FLAG 1967 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.

Abs 1 gilt gemäß § 3 Abs. 2 FLAG 1967 nicht für Personen, die sich seit mindestens 60 Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Flüchtlinge im Sinne des Art. I des Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge vom , BGBl 55/1955 und des Protokolls über die Rechtstellung der Flüchtlinge, BGBl 78/1974.

Ist ein Elternteil, der den Haushalt überwiegend führt (§ 2 a Abs 1), nicht österreichischer Staatsbürger, genügt für dessen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn der andere Elternteil österreichischer Staatsbürger ist oder die Voraussetzungen nach Abs 1 oder 2 erfüllt (§ 3 Abs. 3 FLAG 1967).

Den Erläuterungen zu den Regierungsvorlagen (636 BlgNr. 14. GP und 126 BlgNr. 18. GP) ist zu § 3 FLAG 1967 folgendes zu entnehmen:

zu Abs 1 und 2:

"Durch die Neufassung des § 3 wird in Bezug auf die Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe zwischen österreichischen Staatsbürgern, die unter den im § 2 vorgesehenen Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe haben, und den Personen unterschieden, die nicht österreichische Staatsbürger sind. Bei letzteren begründet ein inländischer Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt im Inland allein noch keinen Anspruch auf Familienbeihilfe; sie sollen vielmehr die Familienbeihilfe nur dann erhalten können, wenn sie im Inland einer erlaubten Beschäftigung nachgehen und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehen oder wenn sie Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Inland beziehen. Ausländer, die sich bereits sechzig Kalendermonate im Inland aufhalten sowie Staatenlose und Flüchtlinge sollen aber den österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt werden.".

zu Abs 3:

"Führt ein Elternteil, der nicht österreichischer Staatsbürger ist, den gemeinsamen Haushalt in Österreich, dem das Kind angehört, soll sichergestellt werden, dass diesem Elternteil die Familienbeihilfe zu gewähren ist, auch wenn nur der andere Elternteil Österreicher ist oder die Anspruchsvoraussetzungen nach § 3 Abs 1 und 2 erfüllt sind. Die Führung des Haushaltes im Ausland hingegen kann für den haushaltsführenden Elternteil keinen Anspruch auf die Familienbeihilfe begründen, weil die Grundvoraussetzung, nämlich ein Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt in Österreich, nicht gegeben ist. In diesen Fällen ist nach wie vor der im Inland erwerbstätige Arbeitnehmer anspruchsberechtigt."

Im Streitfall ist zunächst zu prüfen, ob der zum Anspruch führende Tatbestand des § 3 Abs 1 FLAG 1967 gegeben ist. Unbestritten ist, dass die Bw. im Zeitpunkt der Antragstellung zwar bei einem österreichischen Dienstgeber beschäftigt war und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit bezogen hat. Da die Beschäftigung aber nicht länger als drei Monate gedauert hat, ist ein Anspruch auf Familienbeihilfe aus diesem Tatbestand nicht ableitbar.

Da nach § 3 Abs 1 FLAG 1967 kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, verbleibt zu prüfen, inwieweit die Staatsbürgerschaft des Ehegatten (J. A.) der Bw. gemäß dem oben zitierten § 3 Abs 3 FLAG 1967 zu einer Familienbeihilfe verhilft. Diese Bestimmung verweist auf § 2 a Abs 1 FLAG 1967, die von einem gemeinsamen Haushalt der Eltern ausgeht.

Nach § 2 a Abs 1 FLAG 1967 geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteils vor, wenn ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern gehört. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt.

Nach ständiger und auch jüngster Rechtsprechung des VwGH setzt der gemäß § 3 Abs 3 FLAG 1967 bestehende Anspruch des haushaltsführenden Elternteils, der nicht österreichischer Staatsbürger ist, voraus, dass die Eltern samt Kind in einem gemeinsamen Haushalt leben. Leben die Eltern getrennt, sind sie geschieden oder ist auch nur ein Elternteil gestorben, kann von einem gemeinsamen Haushalt nicht mehr gesprochen werden und steht dann dem Elternteil, der nicht österreichischer Staatsbürger ist eine Familienbeihilfe nicht zu (, , 99/14/0312).

Da im Berufungsfall die Bw. unbestrittenermaßen seit November 2003 bzw. Mai 2004 von ihrem Gatten getrennt lebt, trifft auf sie diese zu einer Abweisung des begehrten Familienanspruches bestehenden Judikatur vollinhaltlich zu. Aus den §§ 3 Abs 3 iVm 2 a Abs 1 FLAG 1967 ist ein Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht ableitbar.

Soweit die Bw. einwendet, dass ihr die Familienbeihilfe zustehe, da ihr Kind die österreichische Staatsbürgerschaft besitze, ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof B 2965/95 vom , zu verweisen. Darin heißt es auszugsweise:

"Adressatin des angefochtenen Bescheides (gemeint: Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe) ist - wie auch im Hinblick auf die Leistungen nach dem FLAG 1967 - die Beschwerdeführerin. Nach dem Wortlaut des § 2 FLAG 1967 hat eine vom Kind verschiedene Person Anspruch auf Familienbeihilfe. Aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Stammfassung des FLAG 1967 (549 BlgNr. 11. GP) ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit den Leistungen nach dem FLAG 1967 einen Ausgleich der finanziellen Mehrbelastung, die Ernährung, Bekleidung und Erziehung von Kindern verursacht, zwischen denjenigen, die die Lasten im Interesse der gesamten Gesellschaft tragen, und jenen, die solche Lasten nicht zu tragen haben, jedoch bewusst oder unbewusst daraus Nutzen ziehen, dass es andere für sie tun, schaffen wollte. Der Gesetzgeber verfolgt mit dem FLAG 1967 nach wie vor den Zweck, die Last, welche die Betreuung der Kinder verursacht, abzugelten. Das Kind fungiert - abgesehen von den hier nicht zu behandelnden Fällen, bei welchen das Kind selbst anspruchsberechtigt ist (vgl. zB § 6 FLAG 1967) - als Vermittler für den Anspruch auf Familienbeihilfe (vgl. die Erläuterungen zur RV 126 BlgNr. 18. GP, 8). Die Familienbeihilfe gebührt nicht dem Kind, sondern der Person, die die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt (vgl. das zum Kinderbeihilfengesetz ergangene Erkenntnis des Zl 149/57). Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Judikatur davon aus, dass die Familienbeihilfe eine Betreuungshilfe darstellt, die - da sie gemäß § 2 FLAG für Kinder gewährt wird - ausschließlich für jene Personen, für die sie bezahlt wird, zu verwenden ist (VfSlg. 13052/1992, 13933/1994; vgl. auch ). Aus dem Umstand, dass die Familienbeihilfe zweckgebunden zu verwenden ist, kann jedoch nicht geschlossen werden, dass im Fall der Gewährung der Familienbeihilfe an eine vom Kind verschiedene Person in die Rechte des anspruchsvermittlenden Kindes eingegriffen wird.

Das FLAG 1967 normiert im § 3 für den Anspruch auf Familienbeihilfe von Personen, welche die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen, neben einem inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (vgl. §2 Abs 1 FLAG 1967) weitere Voraussetzungen. Ein Anspruch besteht für diese Personen nur dann, wenn die im § 3 Abs 1 leg. cit. angeführten qualifizierten Voraussetzungen vorliegen, während gemäß § 3 Abs 2 leg. cit. Ausländer, die sich seit fünf Jahren im Bundesgebiet aufhalten, sowie Staatenlose und Flüchtlinge österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind.

Darüber hinaus hat der Ausländer, der den gemeinsamen Haushalt überwiegend führt, gemäß § 3 Abs 3 FLAG 1967 einen Anspruch auf Familienbeihilfe auch dann, wenn er die im § 3 Abs 1 und Abs 2 leg. cit. normierten qualifizierten Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Regelung des § 3 Abs 3 FLAG 1967 steht mit § 2 a Abs 1 FLAG 1967 (diese Bestimmung regelt den vorrangigen Anspruch des haushaltsführenden Elternteils bei gemeinsamem Haushalt der Eltern) in Zusammenhang. Bei einer Zusammenschau der beiden Regelungen wird klar, dass der gemäß § 3 Abs 3 FLAG 1967 gewährte Anspruch gewisse Voraussetzungen erfordert".

Weiters führt der VfGH aus:

"Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, Beihilfen in unbeschränkter Weise zu gewähren (vgl. VfSlg. 5972/1969). Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber bei Verfolgung familienpolitischer Ziele frei ist (vgl. VFSlg. 8541/1979). Der dem Gesetzgeber grundsätzlich zustehende Gestaltungsspielraum wird durch das Gleichheitsgebot nur insofern beschränkt, als es ihm verwehrt ist, Regelungen zu treffen, für die eine sachliche Rechtfertigung nicht besteht (vgl. VfSlg. 8073/1977).

Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, dass eine Regelung, die für den Anspruch auf Familienbeihilfe von Ausländern Einkünfte aus einer seit mindestens drei Monat währenden, erlaubten Beschäftigung im Inland oder den Bezug von Leistungen aus einer gesetzlichen Sozialversicherung im Inland oder einen seit mindestens 60 Kalendermonaten währenden Aufenthalt im Inland verlangt, unsachlich sei. Es liegt vielmehr im Gestaltungssprielraum des Gesetzgebers, die Gewährung von Beihilfen an derartige Voraussetzungen zu knüpfen.

Der Verfassungsgerichtshof hegt vor dem Hintergrund der Motivation des Gesetzgebers betreffend die Gewährung der Leistungen nach dem FLAG 1967 keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass für ein Kind, welches die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, die Familienbeihilfe nicht gewährt wird, wenn dessen Eltern die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe nicht erfüllen".

Vor dem Hintergrund dieser ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes geht das Vorbringen der Bw., wonach die österreichische Staatsbürgerschaft ihres Kindes P. A., zum Bezug der Familienbeihilfe legitimiere, ins Leere.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten: im Streitfall leitet sich ein Anspruch auf Familienbeihilfe weder aus dem § 3 Abs 1 FLAG 1967 noch aus den §§ 3 Abs 3 iVm 2 a Abs 1 FLAG 1967 noch aus dem Umstand, dass P. A. österreichische Staatsbürgerin ist, ab.

Die Berufung war als unbegründet abzuweisen.

Klagenfurt, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Familienbeihilfe
Haushaltszugehörigkeit
Adressat der Leistungen
nicht österreichische Staatsbürgerin
Gatte und Kind österreichische Staatsbürger
kein Dienstverhältnis
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at