Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 08.05.2013, RV/0149-F/13

Pendlerpauschale - Werbungskostenabzug?

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die am elektronisch eingelangte Berufung des Bw., Gde Z, H-Straße xx, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2011 entschieden:

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Die Einkommensteuer für das Jahr 2011 wird festgesetzt mit:Das Einkommen im Jahr 2011 beträgt:
14.519,00 €53.574,01 €
Berechnung der Einkommensteuer:
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit: Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug Pendlerpauschale lt. Lohnzettel Pendlerpauschale lt. VeranlagungWerbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte Sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag
68.826,89 € 0,00 € - 696,00 €- 307,78 € - 10.742,23 €
57.080,88 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
57.080,88 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988): Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen, Wohnraumschaffung und -sanierung, Genussscheine und junge Aktien (Topf-Sonderausgaben) eingeschliffen nach folgender Formel: (60.000,00 - 57.080,88) * (730,00 - 60) / 23.600 + 60
- 142,87 €
Außergewöhnliche Belastungen: Pauschbetrag nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen der Behinderung eines Kindes Kinderfreibetrag für ein haushaltszugehöriges Kind gem. § 106 Abs. 1 EStG 1988t
- 3.144,00 € - 220,00 €
Einkommen
53.574,01 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt: (53.574,01 - 25.000,00) * 15.125,00 / 35.000,00 + 5.110,00
17.458,05 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
17.458,05 €
Verkehrsabsetzbetrag
- 291,00 €
Arbeitnehmerabsetzbetrag
- 54,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
17.113,05 €
Gem. § 67 (1) u. (2) EStG 1988
6,00% von 9.311,67
558,70 €
Einkommensteuer
17.671,75 €
Ausländische Steuer
- 3.152,26 €
- 0,49 €
Festgesetzte Einkommensteuer
14.519,00 €

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerber (in der Folge kurz: Bw.) bezog im Berufungsjahr nichtselbständige Einkünfte aus seiner Tätigkeit bei der Fa. C AG, Gd Y, B-Straße yy. Sein Wohnsitz befand sich im Berufungsjahr unstrittig in Gde Z, H-Straße xx.

Mit seiner am beim Finanzamt elektronisch eingelangten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2011 begehrte der Bw. ua. unter dem Titel "Pendlerpauschale - tatsächlich zustehender Betrag" die Berücksichtigung von 1.476,00 € [jährlicher Pauschbetrag (sog. großes Pendlerpauschale) für eine einfache Fahrtstrecke ab 20 km] als Werbungskosten.

Nachdem der Bw. mit Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom ua. ersucht wurde, neben Belegen betreffend Arbeitsmittel, Wohnraumschaffung/-sanierung und Kirchenbeitrag auch eine Bestätigung seines Arbeitgebers über seine überwiegenden (überwiegend = 11 Tage im Monat) Dienstzeiten, dh. Dienstbeginn und Dienstende für das Jahr 2011 vorzulegen und bekannt zu geben, ob eine Gleitzeitregelung bestehe, und dieser Vorhalt in der Folge unbeantwortet blieb, wurde der Bw. mit Bescheid vom insofern zur Einkommensteuer 2011 veranlagt, als es dabei ua. neben den geltend gemachten Kosten für Arbeitsmittel, Wohnraumschaffung und Kirchenbeitrag auch das geltend gemachte Pendlerpauschale unberücksichtigt ließ (vgl. dazu auch die diesbezügliche Bescheidbegründung des Finanzamtes).

Dagegen erhob der Bw. am elektronisch Berufung, beantragte 1. die Berücksichtigung des Pendlerpauschales, 2. die Berücksichtigung der Werbungskosten lt. Rechnungen und 3. die Anerkennung der Rückzahlungen für die Wohnraumschaffung ebenfalls lt. Bestätigung. Gleichzeitig legte der Bw. Rechnungen betreffend PC, Rückzahlungsbestätigungen der XY-Bank sowie eine Bestätigung seiner Arbeitgeberin vom vor, wonach der Bw. als S der Fa. C AG in Y für die BS und alle damit zusammenhängenden Aufgaben verantwortlich sei. Weiters erklärte die Arbeitgeberin, dass im Mehrschichtbetrieb gearbeitet werde, was auch Einsätze außerhalb der gewöhnlichen Arbeitszeiten erforderlich mache; speziell bei Betriebsunfällen jeglicher Art sei die rasche Anwesenheit des Bw. gefordert und seien aus diesem Grund spezielle Mobilitätsanforderungen gegeben.

Nach einem weiteren Vorhalteverfahren (vgl. Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom ), in dem der Bw. das Kumulativjournal 2011 vorlegte, änderte das Finanzamt mit Einkommensteuerbescheid 2011 (Berufungsvorentscheidung gemäß § 276 BAO) vom den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2011 vom insofern ab, als es Kosten für Arbeitsmittel als Werbungskosten bzw. für Wohnraumschaffung als (Topf-)Sonderausgaben anerkannte, gleichzeitig aber das geltend gemachte Pendlerpauschale weiterhin unberücksichtigt ließ [auf die zusätzliche Bescheidbegründung (Verf67) vom wird an dieser Stelle verwiesen].

Mit Anbringen (FinanzOnline) vom beantragte der Bw., die gegenständliche Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen, berief gegen die Abweisung der Pendlerpauschale und brachte vor, dass es ihm auf Grund seiner Arbeitszeiten und seinen Verantwortungsbereichen als S nicht möglich sei, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Das Finanzamt legte die Berufung schließlich der Abgabenbehörde zweiter Instanz (Unabhängiger Finanzsenat) zur Entscheidung vor.

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung erwogen:

Uneinigkeit besteht im konkreten Fall allein (noch) darüber, ob und in welcher Höhe unter dem Titel "Pendlerpauschale" ein Werbungskostenabzug vorgenommen werden kann.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach Z 6 dieser Gesetzesstelle zählen zu den Werbungskosten die Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Intention des Gesetzgebers des EStG 1988 war es, durch Neuregelung der Absetzbarkeit von Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte den bis dahin steuerlich begünstigten, aus umweltpolitischer Sicht aber unerwünschten Individualverkehr einzudämmen und die Bevölkerung zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen (, 0003). Vor diesem Hintergrund wurde § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 geschaffen und ist diese Bestimmung daher so zu verstehen und auszulegen.

Die Kosten der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Arbeitsweg) sind grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten, der allen aktiven Arbeitnehmern unabhängig von den tatsächlichen Kosten zusteht.

Werbungskosten in Form des Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 stehen grundsätzlich nur dann zu, wenn

- entweder der Arbeitsweg eine Entfernung von mindestens 20 Kilometer umfasst (sog. kleines Pendlerpauschale) oder

- die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich des halben Arbeitsweges nicht möglich oder nicht zumutbar ist und der Arbeitsweg mindestens zwei Kilometer beträgt (sog. großes Pendlerpauschale).

In zeitlicher Hinsicht müssen die entsprechenden Verhältnisse im Lohnzahlungszeitraum überwiegend (dh. an mehr als der Hälfte der Arbeitstage im Lohnzahlungszeitraum) gegeben sein.

Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 Kilometer und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann sind die in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b iVm § 124b Z 182 EStG 1988 genannten Pauschbeträge zu berücksichtigen. Danach beträgt das sog. kleine Pendlerpauschale:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Entfernung
PAUSCHBETRÄGE ab
jährlich
monatlich
täglich
ab 20 km
696,00 €
58,00 €
1,93 €
ab 40 km
1.356,00 €
113,00 €
3,77 €
ab 60 km
2.016,00 €
168,00 €
5,60 €

Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c iVm § 124b Z 182 EStG 1988 an Stelle der Pauschbeträge nach lit. b leg. cit. folgende Pauschbeträge (sog. großes Pendlerpauschale) berücksichtigt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Entfernung
PAUSCHBETRÄGE ab
jährlich
monatlich
täglich
ab 2 km
372,00 €
31,00 €
1,03 €
ab 20 km
1.476,00 €
123,00 €
4,10 €
ab 40 km
2.568,00 €
214,00 €
7,13 €
ab 60 km
3.672,00 €
306,00 €
10,20 €

Was unter dem Begriff der "Zumutbarkeit" iSd lit. c des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zu verstehen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. "Unzumutbarkeit" ist jedenfalls (auch und vor allem) anzunehmen, wenn Massenbeförderungsmittel für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte entweder gar nicht oder nicht zu den erforderlichen Zeiten zur Verfügung stehen (Unzumutbarkeit wegen tatsächlicher Unmöglichkeit, vgl. ). Die Unzumutbarkeit kann sich außerdem auch aus einer Behinderung ergeben. Ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte solcherart möglich, ist nach den amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 (621 BlgNR XVII. GP, 75) die Frage der Zumutbarkeit auf Grund der Fahrtzeiten zu prüfen. Unzumutbar sind nach den Gesetzesmaterialien jedenfalls im Vergleich zu einem Kfz mehr als drei Mal so lange Fahrtzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit dem Massenbeförderungsmittel als mit dem eigenen Kfz; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrtzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrtzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen. Die Benützung von Massenverkehrsmitteln ist demnach auch dann unzumutbar, wenn die Fahrt mit diesen einerseits im Nahbereich 90 Minuten überschreitet und andererseits die Fahrt mit den Massenverkehrsmitteln mehr als drei Mal so lang dauert wie mit dem PKW (vgl. ; ; -F/11, mit zahlreichen Verweisen). Darüber hinaus hat der Unabhängige Finanzsenat in mehreren Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass eine Wegzeit von 90 Minuten in eine Richtung, unabhängig von der Wegstrecke, allgemein als Zumutbarkeitsgrenze anzunehmen sei (vgl. ua mit ausführlicher Begründung -F/07; -G/08; F/09; -G/08; ; -F/10; siehe dazu auch ; sowie Doralt, EStG13, § 16 Tz 107; Wanke, "Großes" Pendlerpauschale, wenn die Fahrt mit Massenverkehrsmitteln mehr als drei Mal so lang wie die Fahrt mit dem Pkw dauert, in: UFS aktuell 2006, Seiten 306 ff; Ryda/Langheinrich, Behandlung der Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie zwischen einem an der Arbeitsstätte begründeten Wohn- und dem Familienwohnsitz, FJ 2006, Seiten 271 ff). In diesem Sinne wurde nunmehr auch die von der Verwaltungspraxis bisher angewandte entfernungsabhängige Zeitstaffel (danach wurde bei einer Fahrtstrecke von unter 20 km eine Zeitdauer von 1,5 Stunden, für eine Fahrtstrecke von 20 bis 40 km eine Zeitdauer von 2 Stunden und bei einer Fahrtstrecke von mehr als 40 km eine Zeitdauer von 2,5 Stunden als Grenze erachtet) wie folgt abgeändert (vgl. LStR 2002, Rz 255, Unzumutbarkeit wegen langer Anfahrtszeit): - Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel nicht mehr als 90 Minuten beträgt. - Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls unzumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 2,5 Stunden beträgt. - Beträgt die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 90 Minuten aber nicht mehr als 2,5 Stunden, ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lange dauert als die Fahrtzeit mit dem Kfz (vgl. dazu auch Bernold/Mertens, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2012, Seiten 184 und 242 f).

Die Wegstrecke bemisst sich im Falle der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels nach den Tarifkilometern zuzüglich Anfahrts- oder Gehwege zu den jeweiligen Ein- und Ausstiegsstellen. Im Falle der Unzumutbarkeit ist grundsätzlich die kürzeste Straßenverbindung heranzuziehen.

Ist die Wegzeit bei der Hin- oder Rückfahrt unterschiedlich lang, dann gilt die längere Wegzeit. Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Geh- oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrtzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten (bei Anschlüssen) usw. Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen. Darüber hinaus ist eine optimale Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (zB Park and Ride) zu unterstellen (siehe dazu auch weiter unten). Im Falle des Bestehens einer gleitenden Arbeitszeit berechnet sich die Wegstrecke nach der optimal möglichen Anpassung von Arbeitsbeginn und Arbeitsende an die Ankunfts- bzw. Abfahrtszeit des Verkehrsmittels; dementsprechend bleiben damit zB Wartezeiten zwischen der Ankunft bei der Arbeitsstätte und dem Arbeitsbeginn unberücksichtigt. Liegen Wohnort und Arbeitsstätte innerhalb eines Verkehrsverbundes, wird Unzumutbarkeit infolge langer Reisedauer im Allgemeinen nicht gegeben sein [vgl. Bernold/Mertens, a.a.O., Seiten 184 und 240 ff; Schuch, Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Pendler-Pauschale), in: ÖStZ 1988, Seiten 316 ff].

Die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels ist im Übrigen auch dann zumutbar, wenn man einen Teil der Wegstrecke zB mit einem eigenen Fahrzeug zurücklegen muss. Nur wenn dieser Anfahrtsweg (zB mit dem Pkw) mehr als die Hälfte der Gesamtfahrtstrecke beträgt, ist die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels unzumutbar. Einer derartigen Aufteilung der einfachen Fahrtstrecke in Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel und privater Verkehrsmittel ist daher vor dem Hintergrund des Gesetzeswortlautes "der halben Fahrtstrecke" nicht entgegen zu treten; die Unterstellung einer optimalen Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel entspricht damit durchaus der Anordnung des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 [vgl. Doralt, EStG13, § 16 Tz 108 ff; Bernold/Mertens, a.a.O., Frage 16/12 zu § 16 EStG 1988; Lohnsteuerrichtlinien (LStR) 2002, Rz 257; zur Kombination eines privaten Verkehrsmittels mit Massenbeförderungsmitteln siehe auch ; ].

Unter Zugrundelegung der obigen rechtlichen Überlegungen sind im gegenständlichen Fall für die Zurücklegung des Arbeitsweges "Wohnung - Arbeitsstätte" (der Rückweg stellt sich im Übrigen ähnlich dar) eine Fahrt mit dem (Privat-)Pkw zwischen der Wohnung des Bw. (Z, H-Straße xx) und dem Bahnhof Z (nach Routenplaner "ViaMichelin": 1,5 km, 2 min), weiters eine Zugfahrt (4 Tarif km, 4 min) mit der ÖBB vom Bahnhof Z nach Bahnhof K (alternativ stünde etwa auch der Landbus, Linie yx, zur Verfügung), eine Fahrt mit dem L-Bus (Linie yz; nach Routenplaner "ViaMichelin": 17 km; Fahrzeit: 30 min) von K Bahnhof (Vorplatz) über SW, Eh, Bn nach Y Bd-Straße./C (alternativ stünde zB auch der Landbus, Linie xz, ab K Ze/Bahnhof ebenfalls über SW, Eh bzw. Bn zur Verfügung) und ein Fußweg (ca. 200 m, 2 min; vgl. unter http://map.search.ch/) von der Bushaltstelle Y Bd-Straße./C zur Arbeitsstätte des Bw. (Y, B-Straße yy) zu unterstellen. Alternativ könnte zwischen dem Bahnhof K und der Arbeitsstätte des Bw. auch eine Zugfahrt (16 Tarif km, 19 min) mit der ÖBB vom Bahnhof K zum Bahnhof Y-Uz und ein Fußweg (nach Routenplaner "ViaMichelin": 1,3 km; Gehzeit: 19 min) vom Bahnhof Y-Uz angenommen werden.

Der Bw. hat trotz entsprechender Urgenz (in diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass den entsprechenden Feststellungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung Vorhaltswirkung zukommt) weder bekannt gegeben, wie seine Arbeitszeiten im Berufungsjahr (überwiegend) konkret gelagert waren bzw. ob er gleitende Arbeitszeit hatte, noch entsprechende Unterlagen, wie zB einen Ausdruck aus dem Zeiterfassungssystem seiner Arbeitgeberin, dafür beigebracht. Er ist damit seiner - gerade bei einem Auslandssachverhalt erhöhten - Offenlegungs- bzw. Mitwirkungspflicht nicht hinreichend nachgekommen. Der Abgabenbehörde war es dadurch aber unmöglich, hinreichend abzuklären, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer großen Pendlerpauschale, im Konkreten die Unzumutbarkeit der Benutzung eines Massenbeförderungsmittels, erfüllt waren und war daher dem diesbezüglichen Berufungsbegehren ein Erfolg zu versagen.

Beispielhaft war im konkreten Fall von folgendem Arbeitsweg des Bw. (Wohnung-Arbeitsstätte-Wohnung) bzw. von folgenden Abfahrts- und Ankunftszeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt) auszugehen [vgl. die Kursbücher des Verkehrsverbundes Vorarlberg, Fahrplan 11 (gültig vom bis ) sowie Fahrplan 12 (gültig vom bis ); siehe auch unter http://www.vmobil.at/ sowie unter http://fahrplan.oebb.at/bin/query.exe/dn]:

Hinfahrt: zB- Pkw (ca. 2 min) von der Wohnung zum Bahnhof Z ab ca. 5.48 Uhr, Park-, Umsteige- bzw. Wartezeit (5 min), ÖBB-Regionalzug Bahnhof Z ab 5.55 Uhr/Bahnhof K an 5.59 Uhr, Umsteigezeit, L-Bus (Linie  yz) K Bahnhof (Vorplatz) ab 6.15 Uhr/ YBd-Straße./ C an 6.45 Uhr, Fußweg (ca. 2 min) zur Arbeitsstätte, Arbeitsstätte an 6.47 Uhr; - Pkw (ca. 2 min) von der Wohnung zum Bahnhof Z ab ca. 5.18 Uhr, Park-, Umsteige- bzw. Wartezeit (5 min), ÖBB-Regionalzug Bahnhof Z ab 6.25 Uhr/Bahnhof K an 6.29 Uhr, Umsteigezeit, L-Bus (Linie  yz) K Bahnhof (Vorplatz) ab 6.45 Uhr/ YBd-Straße./ C an 7.15 Uhr, Fußweg (ca. 2 min) zur Arbeitsstätte, Arbeitsstätte an 7.17 Uhr; - Pkw (ca. 2 min) von der Wohnung zum Bahnhof Z ab ca. 6.55 Uhr, Park-, Umsteige- bzw. Wartezeit (5 min), ÖBB-Regionalzug Bahnhof Z ab 7.02 Uhr/Bahnhof K an 7.06 Uhr, Umsteigezeit, L-Bus (Linie  yz) K Bahnhof (Vorplatz) ab 7.15 Uhr/ YBd-Straße./ C an 7.45 Uhr, Fußweg (ca. 2 min) zur Arbeitsstätte, Arbeitsstätte an 7.47 Uhr.

Rückfahrt: zB- Fußweg (ca. 2 min) zur Bushaltestelle YBd-Straße./ C ab 16.34 Uhr, Wartezeit (5 min), L-Bus (Linie  yz) YBd-Straße./ C ab 16.41 Uhr/ K Bahnhof (Vorplatz) an 17.14 Uhr, Umsteige- bzw. Wartezeit, ÖBB-Regionalzug Bahnhof K ab 17.31 Uhr/Bahnhof Z an 17.35 Uhr, Umsteigezeit (ca. 5 min), Pkw (ca. 2 min) vom Bahnhof Z zur Wohnung, Wohnung an 17.42 Uhr; - Fußweg (ca. 2 min) zur Bushaltestelle YBd-Straße./ C ab 17.04 Uhr, Wartezeit (5 min), L-Bus (Linie  yz) YBd-Straße./ C ab 17.11 Uhr/ K Bahnhof (Vorplatz) an 17.44 Uhr, Umsteige- bzw. Wartezeit, ÖBB-Regionalzug Bahnhof K ab 18.01 Uhr/Bahnhof Z an 18.05 Uhr, Umsteigezeit (ca. 5 min), Pkw (ca. 2 min) vom Bahnhof Z zur Wohnung, Wohnung an 18.12 Uhr; - Fußweg (ca. 2 min) zur Bushaltestelle YBd-Straße./ C ab 17.34 Uhr, Wartezeit (5 min), L-Bus (Linie  yz) YBd-Straße./ C ab 17.41 Uhr/ K Bahnhof (Vorplatz) an 18.14 Uhr, Umsteige- bzw. Wartezeit, ÖBB-Regionalzug Bahnhof K ab 18.31 Uhr/Bahnhof Z an 18.35 Uhr, Umsteigezeit (ca. 5 min), Pkw (ca. 2 min) vom Bahnhof Z zur Wohnung, Wohnung an 18.42 Uhr.

Angesichts der günstigen Verkehrsverbindungen auf dem Arbeitsweg des Bw. gelangte der Unabhängige Finanzsenat zur Überzeugung, dass ihm im streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend (an mehr als der Hälfte seiner Arbeitstage) auf weit mehr als dem halben Arbeitsweg zur erforderlichen Zeit ein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung stand und damit im konkreten Fall Unzumutbarkeit der Benützung von Massenverkehrsmitteln wegen tatsächlicher Unmöglichkeit nicht vorliegt. Notwendig wäre die Feststellung gewesen, dass an mehr als der Hälfte seiner Arbeitstage tatsächlich die Arbeitszeit so geartet war, dass die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht möglich, somit nicht zumutbar war. Gegenständlich wurde vom Bw. jedoch nicht entsprechend nachgewiesen, dass ihm überwiegend die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels bei der An- bzw. Heimfahrt unmöglich gewesen wäre.

Dem Vorbringen des Bw. (Bestätigung seiner Arbeitgeberin), wonach im Mehrschichtbetrieb gearbeitet werde, was auch Einsätze außerhalb der gewöhnlichen Arbeitszeiten erforderlich mache, dass speziell bei Betriebsunfällen jeglicher Art seine rasche Anwesenheit gefordert sei und daher aus diesem Grund spezielle Mobilitätsanforderungen gegeben seien, ist zu entgegnen, dass damit einerseits allein schon auf Grund des Überwiegensgrundsatzes nichts gewonnen ist und andererseits auch eine derartige Auslegung des Begriffes der Unzumutbarkeit nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates dem Gesetz nicht entnommen werden kann. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Ausführungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung verwiesen, wonach der Bw. lt. Kumulativjournal im Berufungsjahr keine Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 EStG 1988 erhalten habe und er damit auch nicht zu Nachtzeiten im steuerlichen Sinne gearbeitet habe. Die Gewährung des sog. großen Pendlerpauschales ist im Übrigen ausschließlich nach objektiven Kriterien der Benützungsmöglichkeit des öffentlichen Verkehrsmittels zu beurteilen. An dieser Stelle wird nochmals darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber des EStG 1988 grundsätzlich für Fahrten des Dienstnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht den Individualverkehr und die Benützung eines Kfz, sondern die Benützung eines Massenbeförderungsmittels steuerlich berücksichtigt wissen will.

Die Prüfung, ob Unzumutbarkeit wegen Behinderung vorliegt, erübrigt sich gegenständlich, da der Bw. laut Aktenlage nicht behindert ist und Derartiges auch nicht behauptet hat.

Zur Frage, ob gegenständlich von Unmöglichkeit wegen langer Anfahrtszeit auszugehen ist oder nicht, ist Folgendes zu sagen: Da im vorliegenden Fall die Gesamtwegzeit (unter Einschluss von Park-, Umsteige- bzw. Wartezeiten während der Fahrt) bei kombinierter Benützung privater und öffentlicher Verkehrsmittel für die einfache Strecke - wie oben dargelegt - maximal 68 Minuten beträgt, kann - bezogen auf die oben dargestellte Rechtslage bzw. auf die der einheitlichen Verwaltungsübung dienenden Verwaltungspraxis - von einer auf Grund langer Wegzeit verwirklichten "Unzumutbarkeit" der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausgegangen werden, zumal diese weder 90 Minuten überschreitet noch mehr als drei Mal so lang ist wie jene mit dem Pkw [mittels Routenplaner "ViaMichelin" (empfohlene Strecke) ermittelt sich als maßgebliche Vergleichsgröße eine (einfache) Fahrtdauer mit dem Pkw von 29 Minuten].

Angesichts dieser Ausführungen kann im Berufungsfall von der Erfüllung des Tatbestandes "Unzumutbarkeit", den der Gesetzgeber für die Zuerkennung des "großen" Pendlerpauschales voraussetzt, keine Rede sein und war daher im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung aller Steuerpflichtigen - entgegen der Vorgehensweise des Finanzamtes - das sog. kleine Pendlerpauschale für eine einfache Fahrtstrecke ab 20 km in Höhe von 696,00 € als Werbungskosten zu berücksichtigen (nachdem von der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels auszugehen war, wurden die Wegstrecken anhand der oben angegebenen Tarifkilometer zuzüglich Anfahrts- oder Gehwege zu den jeweiligen Ein- und Ausstiegsstellen nach Aufrundung bemessen; dabei ergab sich eine einfache Fahrtstrecke von 24 km). Gleichzeitig schließt sich der Unabhängige Finanzsenat auch den zu Gunsten des Bw. vorgenommenen, unbestritten gebliebenen Änderungen des Finanzamtes im Einkommensteuerbescheid 2011 (Berufungsvorentscheidung gemäß § 276 BAO) vom an.

Gesamthaft war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at