Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 22.01.2008, RV/2706-W/07

Ein Umsatzsteuerjahresbescheid tritt als eigenständiger Bescheid neben die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide hinsichtlich der kürzeren Voranmeldungszeiträume mit der Rechtswirkung, dass die Festsetzungsbescheide außer Kraft gesetzt werden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des A.S., W., Mpl.X, vertreten durch Dr. Wilhelm Kryda, Steuerberater, 1170 Wien, Jörgerstraße 37/2, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 2. und 20. Bezirk, vertreten durch Höfrätin Dr. Edith Satovitsch, vom betreffend die Gegenstandsloserklärung einer Berufung (§§ 256 Abs. 3 und 274 BAO) für das Jahr 2004 entschieden:

Der Gegenstandsloserklärungsbescheid war aufzuheben.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) war im Jahr 2004 im Bereich Import und Export tätig. Das Finanzamt hat nach einem Betriebsprüfungsverfahren den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid vom betreffend die Monate Jänner bis April 2004 erlassen und eine Umsatzsteuer in Höhe von 127.158,21 € vorgeschrieben.

Auf Grund der am gegen den oben bezeichneten Bescheid erhobenen Berufung hat das Finanzamt am dem Bw. im Wege einer Bewilligung der Aussetzung der Einhebung den genannten Betrag gutgeschrieben.

Die Abgabenbehörde erster Instanz erließ in der Folge am einen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2004, in dem es die Umsatzsteuer in Höhe von 114.058,72 € festsetzte. Eine Gegenüberstellung dieser Umsatzsteuerfestsetzung mit dem bisher vorgeschriebenen Betrag in Höhe von 151.308,18 € hat eine Gutschrift im Ausmaß von 37.249,46 € ergeben.

Am erklärte das Finanzamt die Berufung vom gegen den Bescheid betreffend die Festsetzung der Umsatzsteuer gemäß § 274 BAO als gegenstandslos, da dem darin geäußerten Begehren durch den Umsatzsteuerbescheid vom für das Jahr 2004 entsprochen worden wäre.

Im dagegen erhobenen Rechtsmittel vom führte der Bw. vertreten durch seinen steuerlichen Vertreter aus, dass das Finanzamt die Umsatzsteuer doppelt vorgeschrieben habe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde erster Instanz unter anderem die oben angeführte Berufung gemäß § 276 BAO vollinhaltlich ab und führte im Begründungsteil der Entscheidung aus, dass dem Berufungsbegehren im Umsatzsteuerjahresbescheid 2004 vom vollinhaltlich Rechnung getragen worden sei, sodass die Berufung gemäß § 274 Abs. 1 BAO als gegenstandslos zu erklären gewesen wäre. Die in der Berufung vorgebrachte Doppelvorschreibung der Umsatzsteuer in Höhe von 127.158,51 € entspreche nicht den auf dem Steuerkonto ausgewiesenen Belastungen. Die tatsächliche Umsatzsteuerbelastung für das Jahr 2004 beträgt 114.058,72 €. Der am dem Konto angelastete Betrag in Höhe von 127.158,51 € wäre auf Grund der Aussetzung der Einhebung gutgeschrieben worden und daher wieder anzulasten gewesen, sodass sich per Saldo keine zusätzliche Belastung ergeben würde.

Im Vorlageantrag führte der Bw. aus, dass das Finanzamt im entsprechenden Buchungsprotokoll die Umsatzsteuer für die Monate Jänner bis April 2004 sowohl am als auch am belastet habe und dies somit zu Unrecht eine zweifache Belastung bedeuten würde.

Über die Berufung wurde erwogen:

Mit dem Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid vom für die Monate Jänner bis April 2004 folgte die Abgabenbehörde erster Instanz den Ergebnissen einer Umsatzsteueraußenprüfung betreffend den Zeitraum Februar 2003 bis April 2004.

In der Zwischenzeit hat das Finanzamt für den gesamten Veranlagungszeitraum 2004 am einen Umsatzsteuerjahresbescheid erlassen.

Gemäß § 274 BAO gilt, wenn ein Bescheid an die Stelle eines mit Berufung angefochtenen Bescheides tritt, die Berufung als auch gegen den späteren Bescheid gerichtet.

Der Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlungen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar in vollem Umfang anfechtbar, hat aber nur eine zeitlich begrenzte Wirkung, wonach er mit der Erlassung des Umsatzsteuerjahresbescheides außer Kraft gesetzt wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes würden nach Wirksamwerden des Jahresbescheides ergehende Berufungserledigungen hinsichtlich des Vorauszahlungsbescheides keine Rechtswirkungen entfalten und somit ins Leere gehen ().

Daraus ist für den konkreten Fall abzuleiten, dass der Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Zeitraum Jänner bis April 2004 infolge der Erlassung des Umsatzsteuerjahresbescheides 2004 gemäß § 21 Abs. 4 UStG 1994 nicht mehr dem Rechtsbestand angehört. Aus der Sicht, dass der Umsatzsteuerjahresbescheid ein weitergehender Bescheid ist () fehlt es an der Zeitraum- und damit verbundenen Sachidentität, sodass dieser nicht an die Stelle eines einen kürzeren Zeitraum betreffenden Umsatzsteuerfestsetzungsbescheides treten kann (vgl. , ). Ein Bescheid bildet nur dann im Verhältnis zu einem anderen einen ändernden Bescheid iSd § 274 Abs 1 BAO, wenn er dieselbe Sache betrifft wie der geänderte Bescheid (vgl. ).

Der Umsatzsteuerjahresbescheid ist ein Erstbescheid, der als eigenständiger Bescheid neben die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide hinsichtlich der kürzeren Voranmeldungszeiträume mit der Rechtswirkung tritt, dass die Festsetzungsbescheide außer Kraft gesetzt werden. Er tritt aber nicht an deren Stelle und kann insoweit die Bestimmung des § 274 BAO idF des AbgRmRefG, BGBl I 2002/97, die eine Weitergeltung der Berufung gegen einen Bescheid auch gegen einen an dessen Stelle tretenden spätern Bescheid normiert, auf Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide und weitergehende Umsatzsteuerveranlagungsbescheide nicht angewendet werden.

Aus diesem Grund hätte das Finanzamt die Berufung gegen den Bescheid betreffend die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Monate Jänner bis April 2004 gemäß § 273 Abs. 1 lit a BAO als unzulässig zurückweisen müssen, da diese gegen einen nicht mehr dem Rechtsbestand angehörenden Bescheid gerichtet war.

Der Gegenstandsloserklärungsbescheid, der auf Basis der Bestimmung des § 274 BAO ergangen ist, wonach eine noch unerledigte Berufung, die gegen einen früheren Bescheid erhoben wurde, als gegen den nachfolgenden späteren Bescheid gerichtet gilt, war somit mangels Anwendbarkeit dieser Bestimmung nicht zu Recht ergangen und daher gemäß § 289 Abs. 2 BAO aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 274 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Zurückweisung
Gegenstandsloserklärung
Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid
Verweise
Zitiert/besprochen in
SWK 11/2008, S 403

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at