TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 31.05.2012, RV/1501-L/08

Nicht im Übergabsvertrag angeführte weitere Gegenleistungen

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des RT, Adr, vertreten durch Wölflingseder & Partner WTH-Gesellschaft, Steuerberatungskanzlei, 4040 Linz, J.-W.-Kleinstraße 18, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Schenkungssteuer entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid betreffend Übergabe von ET wird wie folgt abgeändert.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
steuerpflichtiger Erwerb
481.006,43 €
Schenkungssteuer
58.419,16 €

Entscheidungsgründe

Übergabsvertrag vom

RT sen. und seine Gattin ET haben die in ihrem Hälfteeigentum befindlichen Liegenschaften X+Y, dem Sohn RT jun. übergeben. Als Gegenleistung hat RT jun. seinen Eltern im Wesentlichen ein Wohnungsgebrauchsrecht und ein Recht auf Verpflegung eingeräumt. Gemäß Punkt Siebtens des Übergabsvertrages übernimmt die übernehmende Vertragspartei die beiden Vertragsseiten bekannten Verbindlichkeiten.

Schenkungssteuerbescheid vom

Zur Berechnung von Grunderwerbsteuer und Schenkungssteuer (SchSt) hinsichtlich der Übergabe der ET hat das Finanzamt die Einheitswerte (EW) der Liegenschaften und den Rentenbarwert der ausbedungenen Rechte wie folgt ermittelt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
½ EW LuF - keine Schenkung
1.671,48 €
2,71 %
½ EW Grundvermögen
200.250,01 €
97,29 %
Wohnungsrecht
61.997,68 €
Verpflegung
25.186,37 €
87.184,05 €

Ausgehend von obigen Werten hat das Finanzamt die SchSt für die Übergabe von der Mutter auf den Sohn wie folgt berechnet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
3-facher EW Grundvermögen
600.750,03 €
minus anteilige Gegenleistung
- 84.823,97 €
515.926,06
Freibetrag
- 2.200,00 €
steuerpflichtiger Erwerb
513.726,06 €
davon 10 % (Steuerklasse I)
51.372,60 €
+ 2 % Äquivalent
10.318,52 €
festgesetzte SchSt
61.691,12 €

Berufung vom

RT jun., nunmehriger Berufungswerber, =Bw, hat gegen diesen Schenkungssteuerbescheid nach mehreren Fristerstreckungsansuchen rechtzeitig berufen. Bei Übertragung des Vermögens sei auch ein Kredit bei der Raiffeisenbank G im Gesamtbetrag von 90.084,30 € an den Bw übertragen worden, welcher zu 50 % ET betroffen habe. Überdies seien Zahlungen zur Pflichtteilsentfertigung an drei Schwestern G, S und H in Höhe von insgesamt 105.000,00 € ausbedungen gewesen.

Ermittlungsverfahren

Mit Ergänzungsersuchen vom hat das Finanzamt unter anderem folgende Fragen gestellt: Wann wurde die Übernahme weiterer Leistungen in Zusammenhang mit der ggst. Übergabe vereinbart? Warum wurden diese Leistungen nicht in den Übergabsvertrag aufgenommen? Wurde das Kreditkonto bei der Raiffeisenbank G bereits auf sie übertragen? Nachweis, dass die Tilgungen aus ihren Mitteln erfolgen.Ihre Schwestern haben bereits1991 einen Erb- und Pflichtteilsverzicht abgegeben. Wann wurden die weiteren Entfertigungsbeträge von je 35.000,00 € vereinbart? Bekanntgabe der Zahlungsmodalitäten.

Daraufhin hat der Bw eine Übergabsvertragsergänzung (Notariatsakt vom ) mit folgendem Punkt Zweitens vorgelegt: Irrtümlicherweise nicht mitbeurkundet wurde im Übergabsvertrag die von der übergebenden Vertragspartei ausbedungene und von der übernehmenden Vertragspartei bereits geleistete Zahlung von jeweils 30.000,00 € an die weichenden Kinder der übergebenden Vertragspartei, welche zu deren vollständiger Pflichtteilsentfertigung nach ihren Eltern erfolgte. Weiters irrtümlicherweise nicht in den angeführten Übergabsvertrag aufgenommen wurde das von der übernehmenden Vertragspartei als Gegenleistung in ihre weitere Zahlungsverpflichtung übernommene Darlehen der Raiffeisenbank G mit einem aushaftenden Saldo von rd. 90.084,30 €.

Mit Berufungsergänzung vom hat der Bw aufgrund einer Urgenz des Finanzamtes dargelegt, die Übernahme weiterer Leistungen an die Schwestern sei im Jahr 1994 anlässlich des Erwerbes der Liegenschaft Y zugesagt worden. Als Beilagen hat der Bw den Schenkungs- und Pflichtteilsverzichtsvertrag der Schwester G vom und hinsichtlich den Kredit bei der Raiffeisenbank G Umbuchungsbelege vom , Ausgang Konto RT jun. - Eingang Konto Eltern, vorgelegt.

Aufgrund von zusätzlichen Ergänzungsersuchen an die Schwestern hinsichtlich der weiteren Pflichtteilsentfertigungsbeträge hat der Bw außerdem dargelegt, er habe die Beträge bar bezahlt; der Schwester G habe er den Betrag von 30.000,00 € am bar auf ihr Konto eingezahlt, die Schwester S habe am einen Betrag von 29.000,00 € für den Ankauf eines Ladewagens verwendet, der Schwester H habe der Bw am eine Summe von 19.427,75 € auf ein Sparbuch einbezahlt, den Rest habe H für Investitionen verwendet.

Berufungsvorentscheidung vom

Das Finanzamt hat die Berufung des Bw als unbegründet abgewiesen, weil angesichts der Widersprüche im Berufungsvorbringen und der Erfahrungen des täglichen Lebens davon auszugehen sei, dass es sich um nachträglich vereinbarte Gegenleistungen handle.

Vorlageantrag vom

Der Bw hat die Entscheidung durch die Abgabenbehörde II. Instanz beantragt. Zur Begründung führt der Bw am näher aus, es würde den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechen, wenn im Zuge einer Liegenschaftsübergabe ein aushaftender Bankkredit, der ursächlich mit den Liegenschaften in Zusammenhang zu sehen sei, nicht als Gegenleistung für die Übergabe vereinbart werde. Der Kredit sei im Grundbuch mit EPU (einverleibungsfähiger Pfandurkunde) sichergestellt gewesen, sodass eine Übergabe der Liegenschaft ohne Übernahme des Kredites gar nicht möglich gewesen sei. Die Übergeber hätten als Pensionisten nach Übergabe auch gar keine Möglichkeit zur Rückführung des Kredites mehr gehabt. Außerdem habe das Finanzamt die Übernahme des Bankkredites lt. Übergabsvertragsergänzung der Grunderwerbsteuer unterworfen und somit als Gegenleistung angesehen. Nicht zuletzt würde es an jeder Plausibilität fehlen, hätte der Bw im Zuge der Vermögensübertragung die Zahlungen an die Schwestern ohne Vereinbarung übernommen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Schenkungen unter Lebenden unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Zif. 2 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG) idF vor dem BGBl. I Nr. 39/2007 der Schenkungssteuer.

Bei einer gemischten Schenkung wird eine Sache teils entgeltlich, teils unentgeltlich übertragen. In einem solchen Fall ist nur der Wert der gemischten Schenkung schenkungssteuerrechtlich relevant, der die Gegenleistung übersteigt.

Im vorliegenden Fall sind das Vorliegen einer gemischten Schenkung und die Art der Berechnung der SchSt unstrittig, hingegen wird die Höhe der abgezogenen Gegenleistung bestritten. Der Bw wendet ein, weitere Leistungen, welche irrtümlich nicht im Übergabsvertrag angeführt worden seien, als Gegenleistung erbracht zu haben. Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung (hier Übergabe) empfängt.

1. Entfertigungsbeträge an drei Schwestern

Für die Abzugsfähigkeit einer Schuld ist einerseits deren rechtlicher Bestand entscheidend und andererseits muss auch eine tatsächliche und wirtschaftliche Belastung des Leistungsverpflichteten vorliegen, dh. der Steuerpflichtige muss am Stichtag mit der Geltendmachung ernsthaft rechnen.

Als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ist insgesamt davon auszugehen, dass die behaupteten nachträglichen Entfertigungszahlungen durch den Bw an die drei Schwestern nicht nachgewiesen bzw. ausreichend glaubhaft gemacht werden konnten. Vor allem die widersprüchlichen Angaben über die vereinbarte Höhe (Berufung 35.000,00 €, dann Ergänzung vom 30.000,00 €) und der fehlende Nachweis des Zahlungsflusses zwischen dem Bw und seinen Schwestern sprechen gegen die tatsächliche Übernahme einer vertraglich eindeutig geregelten Schuld zum maßgeblichen Stichtag. Letztlich wurde lediglich die Verwendung von - überdies betragsmäßig abweichenden - Beträgen durch die Schwestern S und H nachgewiesen. Auch die Tatsache, dass die zusätzlichen Entfertigungsbeträge bereits 1994 zugesagt, aber während der nächsten 10 Jahre nicht geltend gemacht wurden, spricht gegen das ernsthafte Bestehen einer Schuld. Nicht zuletzt kann die Einzahlung von 30.000,00 € auf das Konto der Schwester G nach der Anforderung eines Nachweises über die erfolgte Zahlung durch das Finanzamt mit Telefonat vom nicht überzeugen. Das Finanzamt hat daher zu Recht den zusätzlichen Abzug von 45.000,00 € als Gegenleistung aus diesem Titel nicht gewährt.

2. Darlehen Raiffeisenbank G

Dagegen wird das strittige Darlehen aufgrund der zeitlichen Nähe der Umbuchung auf den Bw am und der vom Bw vorgebrachten, sonstigen stichhaltigen Argumente als weitere, zumindest mündlich vereinbarte Gegenleistung anerkannt. Letztlich kann die Übernahme des Kredites auch als vom Übergabsvertrag umfasst angesehen werden, da in seinem Punkt Sieben pauschal alle beiden Vertragsseiten bekannten Verbindlichkeiten angesprochen sind. Die Gegenleistung bei der Übergabe der Mutter erhöht sich somit um 45.042,15 €.

Von Amts wegen ist außerdem zu berücksichtigen, dass seit dem VwGH-Erkenntnis vom , 2007/16/0192, eine Verbindungsrente (Barwert der Rente insgesamt 101.178,50 €), welche gemeinsam ausbedungen wurde, je zur Hälfte beim Erwerbsvorgang jeder Liegenschaftshälfte anzusetzen ist. Hat sich nämlich jeder der Übergeberteile das Wohnrecht für sich und für den jeweils anderen Übergeberteil ausbedungen, dann hat sich jeder der Übergeberteile das Gleiche, nämlich das "gesamte" Wohnrecht, ausbedungen und ist der Wert des "gesamten" Wohnrechtes daher zu halbieren und diese Hälfte (im konkreten 50.589,25 €) anzusetzen.

Die SchSt hinsichtlich der Übergabe der ET errechnet sich daher wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
bisher
neu
½ Kredit
45.042,15 €
lt. Pkt. 2
Wohnrecht
61.997,68 €
50.589,25 €
Verpflegung
25.186,37 €
25.186,37 €
wie Bescheid
Gegenleistung
87.184,05 €
120.817,77 €
3-facher EW GV (ohne L+F)
600.750,03 €
600.750,03 €
abzgl. ant. Gegenleistung
84.823,97 €
117.543,60 €
97,29 % (ohne L+F)
abzgl. Freibetrag
2.200,00 €
2.200,00 €
513.726,06 €
481.006,43 €
davon 10 %
51.372,60 €
48.100,64 €
+ Äquivalent
10.318,52 €
10.318,52 €
wie Bescheid
Schenkungssteuer
61.691,12 €
58.419,16 €
3.271,96 €
Abgabengutschrift

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at