Anteilsvereinigung vor Verschmelzung durch Auflösung der Treuhandschaft
VfGH-Beschwerde zur Zl. B 698/2013 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/16/0188 eingebracht. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/3100118/2015 erledigt.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der X-AG, Adr, vertreten durch Steuerberater, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Grunderwerbsteuer im fortgesetzten Verfahren entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Grunderwerbsteuer wird mit
3,5 v. H. von € 12.429.000, sohin im Betrag von € 435.015, festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Dem Finanzamt angezeigt wurde der am 24./ abgeschlossene Verschmelzungsvertrag, worin ua. vereinbart wurde:
"§ 1 Verschmelzung
Das Vermögen der seit länger als zwei Jahren bestehenden H-GmbH. mit dem Sitz in X wird als Ganzes einschließlich der Schulden unter Ausschluss der Abwicklung im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme gemäß
§ 234 Aktiengesetz und Artikel I Umgründungssteuergesetz auf die X-AG mit dem Sitz in A im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übertragen.
§ 2 Verschmelzungsbilanz, Rechtsübergang
(1) Der Verschmelzung wird die Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum 31. ... Dezember 2009 ... zugrundegelegt.
(2) Die Übertragung des Vermögens der übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende Gesellschaft erfolgt mit Wirkung zum 31. ... Dezember 2009 ... Ab diesem Verschmelzungs-stichtag gelten alle Handlungen der übertragenden Gesellschaft als für Rechnung der übernehmenden Gesellschaft vorgenommen. Mit Eintragung der Verschmelzung in das Firmenbuch bei der übernehmenden Gesellschaft erlischt die übertragende Gesellschaft. ...
§ 3 Anteilsgewähr und Gegenleistung
(1) Die X-AG und die B-AG mit dem Sitz in A sind Gesellschafter und Inhaber sämtlicher Geschäftsanteile der übertragenden Gesellschaft, wobei die B-AG ihren Geschäftsanteil im Nennbetrag von € 726,73, entsprechend einer Beteiligung im Ausmaß von 2 % des Stammkapitals, im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der X-AG hält.
(2) Die X-AG besitzt daher sämtliche Anteile der übertragenden Gesellschaft im Sinne des § 224 Absatz (1) und (4) AktG. Bei der übernehmenden Gesellschaft unterbleibt gemäß den §§ 234 Absatz (2) und 224 Absatz (1) Ziffer 1 Aktiengesetz eine Erhöhung des Grundkapitals zur Anteilsgewähr und eine Gegenleistung.
§ 4 Besondere Rechte und Vorteile
(1) Die übernehmende Gesellschaft gewährt weder den Aktionären noch sonstigen Personen im Zusammenhang mit der Verschmelzung besondere Rechte im Sinne des § 220 Absatz 2 Ziffer 6 Aktiengesetz. ...
§ 5 Grundverkehr, Aufsandung
Die Parteien erklären, dass im Eigentum der übertragenden Gesellschaft H-GmbH Liegenschaftsvermögen steht, das dem Tiroler Grundverkehrsgesetz unterliegt und zwar ein Superädifikat auf der Liegenschaft in EZ1. ..."
Sämtliche Kosten und Abgaben trägt die übernehmende Gesellschaft X-AG (= Berufungswerberin, Bw); es werden die Begünstigungen nach dem Umgründungssteuergesetz in Anspruch genommen.
Der zuletzt zum festgestellte Einheitswert der Liegenschaft der übertragenden H-GmbH (Fabriksgrundstück, Superädifikat) beträgt erhöht € 1,242.900.
Der Verschmelzungsvertrag wurde am bei der Bw im Firmenbuch eingetragen.
Im Rahmen einer bei der Bw durchgeführten Betriebsprüfung ist der Prüfer lt. Schlussbericht vom , AB1, zu folgenden Feststellungen gelangt:
"Tz 6
Laut Verschmelzungsvertrag vom wurde die Fa. H-GmbH als übertragende Gesellschaft mit der Fa. X-AG als aufnehmende Gesellschaft verschmolzen.
Laut § 2 (2) des Vertrages erlischt mit Eintragung der Verschmelzung in das Firmenbuch (Eintragung am ) die übertragende Gesellschaft.
Bereits vor diesem Zeitpunkt muss es jedoch zur Auflösung des Treuhandverhältnisses (2 % der Anteile wurden treuhändig von der Fa. B-AG gehalten) gekommen sein.
Hinsichtlich des im Vermögen der übertragenden Gesellschaft befindlichen Superädifikates (Liegenschaft in EZ1) wurde ein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang (§ 1 Abs. 3 GrEStG) bewirkt (Bemessungsgrundlage 3facher Einheitswert).
Auf Grund der Verschmelzung liegt ein weiterer grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang (gem. § 1 Abs. 1 GrEStG) vor.
Unter Hinweis auf die Umgründungssteuerrichtlinien Rzn 344 - 346 fällt für diesen Rechtsvorgang jedoch keine Steuer an, da Bemessungsgrundlage der zweifache Einheitswert wäre.
Tz. 7 Berechnung Steuer:
Vereinigung aller Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers (Bemessungsgrundlage gemäß
§ 6 Abs. 1 lit b GrEStG 3facher Einheitswert)
Einheitswert € 1.242.900,00 x 3 = € 3.728.700 x 3,5% = € 130.504,50"
Das Finanzamt hat sich dem Ergebnis der Außenprüfung angeschlossen und der Bw mit Bescheid vom , StrNr, ausgehend vom dreifachen Einheitswert der Liegenschaft (Superädifikat) die 3,5%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 130.504,50 vorgeschrieben. Auf den Prüfbericht wurde verwiesen.
In der dagegen erhobenen Berufung wird eingewendet, die B-AG sei an der H-GmbH bis zu deren Erlöschen (durch die Verschmelzung) mit 2 % beteiligt gewesen. Die Verschmelzung habe zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung durch Beschluss der Generalver-sammlung der übertragenden H-GmbH bedurft, welcher Gesellschafterbeschluss am gefasst worden sei. Auf Basis der Bestimmung nach § 224 Abs. 1 AktG sei eine Anteilsgewährung an die B-AG, welche den 2%igen Anteil treuhändig für die Bw gehalten habe, nicht zulässig gewesen. Aufgrund der zwingenden Bestimmungen im Aktiengesetz seien die Geschäftsanteile, die die B-AG und die Bw an der H-GmbH gehalten hätten, infolge der Verschmelzung entschädigungslos untergegangen und keineswegs vorher auf einen einzigen Rechtsträger übergegangen. Der vom Finanzamt angenommene Tatbestand der "Vereinigung aller Anteile in einer Hand" könne daher nicht vorliegen, weil die Anteile nicht vereinigt worden seien, sondern ohne vorhergehende Vereinigung ex lege durch das Erlöschen der Gesellschaft untergegangen seien. Eine Verschmelzung sei im Übrigen auch nicht von einer 100%igen Beteiligung der übernehmenden Gesellschaft abhängig; Bedeutung habe die Beteiligung nur im Hinblick auf das Ausmaß der Gegenleistung, welche insoweit unterbleibe. Verwiesen werde auf die Ergebnisse der Bundessteuertagung Gebühren und Verkehrsteuern 2007 (, BMF-010206/0167-VI/5/2009), worin unter Punkt 4.4. ausgeführt werde, dass bei Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 3 GrEStG die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausgeschlossen sei und es sich um eine rein an das Zivilrecht anknüpfende Bestimmung handle. Zudem sei der dort vorliegende Sachverhalt mangels Treuhandschaft auf gegenständlichen Sachverhalt nicht anzuwenden. Eine Anteilsgewährung an den Treuhänder sei aktienrechtlich unzulässig. Aus diesen Gründen sei daher die Grunderwerbsteuer zufolge Verschmelzung nach § 6 Abs. 6 UmgrStG lediglich auf Basis des zweifachen Einheitswertes festzusetzen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.
Die Berufung wurde dem UFS ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung direkt zur Entscheidung vorgelegt.
In der am abgehaltenen Berufungsverhandlung wurde im Wesentlichen nochmals das Berufungsvorbringen ausgeführt und insbesondere darauf verwiesen, dass bei der vorliegenden Treuhandschaft eine Anteilsgewährung unzulässig sowie das unter Punkt 4.4. der Bundessteuertagung angeführte Beispiel samt Lösung aus diesem Grund nicht anwendbar sei. Es gebe keinen Vertrag über die Beendigung der Treuhandschaft. Das sei offenbar gesellschaftsrechtlich nicht erforderlich, weil aufgrund des Aktiengesetzes der Treugeber so behandelt werde, als ob er alle Anteile halten würde.
Der UFS hatte die Berufung mit Entscheidung vom , RV/0317-I/11, als unbegründet abgewiesen.
Dagegen wurde von der Bw Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben. Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 21. Feber 2013, B 1149/12, den angefochtenen Bescheid des UFS wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes aufgehoben und in der Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der VfGH habe mit Erk. vom , G 77/12, die Bestimmung nach § 6 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), BGBl 1987/309, idgF, als verfassungswidrig aufgehoben. Da gegenständliche Beschwerde, beim VfGH eingelangt am , zu Beginn der Beratung des VfGH bereits anhängig gewesen sei, sei der zugrunde liegende Fall einem Anlassfall gleichzuhalten. Die Aufhebung eines Gesetzes wirke auf den Anlassfall zurück. Es sei daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört habe.
Im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens hat nunmehr der UFS mit Vorhaltschreiben vom (per Fax, versendet und nachweislich zugekommen am ) - nach Darlegung des weiteren Verfahrensganges - in Konsequenz des obg. VfGH-Erkenntnisses um Bekanntgabe des gemeinen Wertes/Verkehrswertes der Liegenschaft ersucht, andernfalls dessen Schätzung in Höhe (zumindest) des 10-fachen Einheitswertes beabsichtigt sei, und wurde dazu um Stellungnahme binnen zwei Wochen gebeten.
Das Vorhaltschreiben blieb bis dato ohne jede Reaktion.
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach § 1 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), BGBl 1987/309, idgF, unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.
§ 1 Abs. 3 GrEStG lautet:
"(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer außerdem:
1. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein oder in der Hand von Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (herrschende und abhängige Unternehmen) vereinigt werden würden,
2. die Vereinigung aller Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Z 1 vorausgegangen ist,
3. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung aller Anteile der Gesellschaft begründet,
4. der Erwerb aller Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Z 3 vorausgegangen ist."
Bei der Vereinigung aller Anteile einer Gesellschaft ist - nach derzeit in Geltung stehender Rechtslage - die Steuer vom Wert des Grundstückes, di. der dreifache Einheitswert, zu bemessen (§ 4 Abs. 2 Z 3 GrEStG).
Nach § 1 Abs. 4 GrEStG unterliegt ein im Abs. 1 bezeichneter Rechtsvorgang der Steuer auch dann, wenn ihm einer der in den Abs. 2 und 3 bezeichneten Rechtsvorgänge vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als beim späteren Rechtsvorgang eine Gegenleistung vereinbart wird, deren Wert den Betrag übersteigt, von dem beim voraus-gegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.
Werden aufgrund einer Verschmelzung nach § 1 des Umgründungssteuergesetzes (UmgrStG), BGBl 1991/699 idgF, Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 oder 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 verwirklicht, so ist die Grunderwerbsteuer vom Zweifachen des Einheitswertes zu berechnen (§ 6 Abs. 6 UmgrStG).
Zu den Rechtsgeschäften, die einen Anspruch auf Übereignung eines Grundstückes im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG begründen, zählen sohin auch die Verträge über Verschmelzungen von Gesellschaften, sofern sich im Vermögen der untergehenden Gesellschaft Grundstücke im Sinne des § 2 GrEStG (das sind Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts, weiters Baurechte und Gebäude auf fremdem Boden/Superädifikate) befinden.
Im Zuge einer Verschmelzung kann auch eine grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung iSd § 1 Abs. 3 GrEStG erfolgen. Grunderwerbsteuerpflicht tritt sowohl dann ein, wenn zum Vermögen der übertragenden Körperschaft alle Anteile einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft gehören als auch dann, wenn die übertragende und übernehmende Körperschaft an derselben grundstücksbesitzenden Gesellschaft beteiligt sind und es durch die Verschmelzung zur zivilrechtlichen Vereinigung aller Anteile an der Gesellschaft in der Hand der übernehmenden Körperschaft kommt.
Bei der Grunderwerbsteuer als einer Verkehrsteuer ist an die äußere zivilrechtliche durch die Umgründungsvorgänge bewirkte Gestaltung anzuknüpfen. Daher sind die in einer gemeinsamen Urkunde nacheinander vereinbarten, rechtlich verschiedenen Umgründungsschritte jeweils gesondert der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen, weil durch sie jeweils Grunderwerbsteuervorgänge im Sinne des § 1 Abs. 1 GrEStG verwirklicht werden.
Bei der gleichzeitigen Vereinbarung einer Anteilsvereinigung und einer Verschmelzung handelt es sich um zwei selbständige Rechtsvorgänge. Jeder Erwerbsvorgang löst selbständig die Grunderwerbsteuerpflicht aus (vgl. ; ; ).
Wenn bereits bei Gründung der Gesellschaft ein Anteil von einem Treuhänder des anderen Gesellschafters gehalten wurde und nunmehr durch die Übertragung dieses Treuhandanteiles an die Treugeber eine Anteilsvereinigung herbeigeführt wird, findet eine Anteilsvereinigung iSd § 1 Abs. 3 Z 1 GrEStG durch die rechtliche Anteilsübertragung statt ().
Im Gegenstandsfalle wurde nunmehr die H-GmbH zur Gänze nach Artikel I UmgrStG auf die Bw (AG) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge verschmolzen. Gesellschafter und Inhaber sämtlicher Geschäftsanteile der übertragenden GmbH waren die Bw zu 98 % sowie die B-AG zu 2 %, wobei dieser 2%-Anteil treuhändig, dh. im eigenen Namen aber für Rechnung der Bw als Treugeberin gehalten wurde.
Nach Ansicht der Bw sei sie deshalb im Sinne der Bestimmungen nach § 224 Abs. 1 und 4 Aktiengesetz (AktG) als Besitzerin sämtlicher Geschäftsanteile der GmbH anzusehen und hätte die Gewährung von Anteilen/Aktien an der übernehmenden AG (Bw) für die Treuhänderin als nach AktG unzulässig zu unterbleiben. § 224 AktG lautet:
"(1) Die übernehmende Gesellschaft darf keine Aktien gewähren, soweit
1. sie Aktien der übertragenden Gesellschaft besitzt ...
(4) Dem Besitz durch eine Gesellschaft steht der Besitz durch einen im eigenen Namen, jedoch für Rechnung dieser Gesellschaft handelnden Dritten gleich...."
Im , GZ 010206/0167-VI/5/20009 (Bundessteuertagung Gebühren und Verkehrsteuern-Ergebnisse 2007) ist unter Punkt 4.4. folgendes vergleichbare Fallbeispiel aufgeführt:
"§ 1 GrEStG 1987 - Grunderwerbsteuer bei Anteilsvereinigung
Sachverhalt:
Die A-Gesellschaft ist Alleingesellschafterin einer Holding (B-GmbH), die ihrererseits wiederum zwei Töchter hat. An der ersten Tochter (C-GmbH) ist die Holding zu 100 % beteiligt, an der zweiten Tochter (D-GmbH) zu 98 %, die restlichen 2 % hält eine Privatperson. Die D-GmbH hat in ihrem Gesellschaftsvermögen Grundstücke. Die D-GmbH wird mit der C-GmbH als aufnehmende Gesellschaft verschmolzen. Die mit 2 % an der D-GmbH beteiligte Privatperson wird nicht Gesellschafter der C-GmbH.
Die Grunderwerbsteuer für den Verschmelzungsvorgang vom zweifachen Einheitswert steht außer Frage.
Fragestellung:
Kommt es neben der Grunderwerbsteuerpflicht für die Verschmelzung gemäß
§ 1 Abs. 1 GrEStG 1987 iVm den Bestimmungen des UmgrStG vom zweifachen Einheitswert auch zu einer Grunderwerbsteuerpflicht auf Grund einer Anteilsvereinigung gemäß
§ 1 Abs. 3 GrEStG 1987 ?
Lösung:
Ja. Da der 2%-Gesellschafter (Privatperson) nach Verschmelzung nicht Gesellschafter der aufnehmenden Gesellschaft ist, erfolgt eine Anteilsvereinigung bei der D-GmbH vor der Verschmelzung mit der C-GmbH. Die Anteilsvereinigung gemäß
§ 1 Abs. 3 GrEStG 1987 geht dem Erwerb durch Verschmelzung (§ 1 Abs. 1 GrEStG 1987) voraus, daher ist § 1 Abs. 4 GrEStG bei der Versteuerung der Verschmelzung zu berücksichtigen. ...
Bei Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 3 GrEStG ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausgeschlossen, es handelt sich dabei um eine rein an das Zivilrecht anknüpfende Bestimmung (vgl. Slg. 4764; ; ; ; ; )."
Im Gegenstandsfalle muss nun analog zu Obigem, nachdem nach Verschmelzung die 2%-Gesellschafterin der übertragenden Gesellschaft (GmbH), nämlich die B-AG, nicht Anteilseigner der aufnehmenden AG (Bw) geworden ist, davon ausgegangen werden, dass zu einem Zeitpunkt noch vor der Verschmelzung durch Auflösung des Treuhandverhältnisses es zu einer Anteilsvereinigung bei der Bw iSd § 1 Abs. 3 GrEStG gekommen ist. Da offenbar dem kein schuldrechtliches Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, liegt eine Anteilsvereinigung iS d § 1 Abs. 3 Z 2 GrEStG vor.
Daran ändert auch nichts die Bestimmung nach § 224 Abs. 1 und 4 AktG deshalb, weil - wie oben dargelegt und auch im Berufungsvorbringen ausdrücklich eingewendet - bei Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 3 GrEStG eine rein formal-rechtliche Betrachtung anzustellen ist. Demnach liegt im Falle des Erwerbes eines Gesellschaftsanteiles von einem Gesellschafter, dessen Anteil seinerzeit nur treuhändig erworben wurde, eine grunderwerbsteuerpflichtige Vereinigung aller Anteile deshalb vor, weil ein Treuhänder formal Eigentum im eigenen Namen erwirbt und nach außen hin als Eigentümer seines Gesellschaftsanteiles auftritt (). Zivil/Formalrechtlich ist sohin der treuhändig gehaltene Anteil sehr wohl dem Treuhänder zuzurechnen. In dem Fall, dass ein Anteil von einem Treuhänder des anderen Gesellschafters gehalten wurde und nunmehr durch Übertragung dieses Treuhandanteils an den Treugeber eine Anteilsvereinigung herbeigeführt wird, findet die Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 1 GrEStG durch die rechtliche Anteilsübertragung oder aber - wie hier - nach § 1 Abs. 3 Z 2 GrEStG ohne vorhergehendes Rechtsgeschäft durch die tatsächliche Anteilsübertragung statt. Dem Umstand der von Anfang an bestehenden wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Treugebers über diesen Gesellschafter wird daher kein rechtlichesGewicht beigemessen (vgl. ; siehe zu vor in: Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, Rz 321 zu § 1 mit einer Vielzahl an weiterer Judikatur).
Des Weiteren trifft es auch nicht zu, wie in der Berufung eingewendet, dass es deshalb nicht zu einer Anteilsvereinigung kommen könne, weil die sämtlichen Geschäftsanteile an der übertragenden GmbH untergehen würden und daher nicht auf einen Rechtsträger vereinigt werden könnten. Vielmehr kommt es im Zuge der Verschmelzung nämlich, wie auch im Vertrag unter § 1 vereinbart, zu einer Übertragung der Anteile im Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Die übertragende Gesellschaft erlischt erst mit Eintragung der Verschmelzung in das Firmenbuch bei der übernehmenden Gesellschaft. In der Berufung selbst wird darauf verwiesen, dass die B-AG an der übertragenden H-GmbH bis zu deren Erlöschen (durch die Verschmelzung) mit 2 % beteiligt gewesen war.
Nach derzeit (noch) in Geltung stehender Rechtslage wäre daher im Berufungsfalle die Grunderwerbsteuer gemäß
§ 4 Abs. 2 Z 3 GrEStG (bei Vereinigung aller Anteile) vom Wert des Grundstückes, di. der dreifache Einheitswert gemäß
§ 6 Abs. 1 lit. b GrEStG, zu bemessen.
Der VfGH hat allerdings - wie eingangs dargelegt - mit Erkenntnis vom 21. Feber 2013, B 1149/12, gegenständlich dahin entschieden, dass die Beschwerde der X-AG im Hinblick auf das bei Einbringung behängende Gesetzesprüfungsverfahren G 77/12 des VfGH einem Anlassfall gleichzuhalten war. Mit Erkenntnis vom , G 77/12, wurde § 6 GrEStG 1987 als verfassungswidrig aufgehoben. Der UFS hatte demnach bei Bescheiderlassung ein verfassungswidriges Gesetz angewendet; der Bescheid vom , RV/0317-I/11, war daher aufzuheben.
Laut VfGH wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte. Wie aus Punkt 2.5. des VfGH-Erk. vom , G 77/12, hervorkommt, resultiert daraus Folgendes:
"Bei Entfall dieser Bestimmung (= § 6 GrEStG) ist, weil dann "nähere Regelungen" im Sinn des § 1 Abs. 2 BewG 1955 im GrEStG 1987 fehlen, als Wert des Grundstückes im Sinn des § 4 Abs. 2 GrEStG 1987 der gemeine Wert (§ 10 BewG 1955) anzusetzen".
Im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens ist daher die Grunderwerbsteuer, da bei gegenständlichem Anlassfall die Bestimmung nach § 6 GrEStG nicht mehr in Rechtsbestand ist, ausgehend vom gemeinen Wert/Verkehrswert der Liegenschaft (Superädifikat) zu bemessen. Mangels Stellungnahme zum Vorhaltschreiben des geschweige denn der Bekanntgabe des gemeinen Wertes des Grundstückes, sieht sich der UFS veranlasst, im Wege der Schätzung iSd § 184 BAO den Verkehrswert der Liegenschaft nach Erfahrungswerten mit dem 10-fachen des zuletzt festgestellten Einheitswertes anzusetzen. Die Grunderwerbsteuer bemißt sich sohin mit 3,5 % ausgehend von der Bemessungsgrundlage von € 12.429.000, das sind € 435.015.
Nach obiger Sach- und Rechtslage konnte daher der Berufung kein Erfolg beschieden sein und war spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 Abs. 3 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 4 Abs. 2 Z 3 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 6 Abs. 1 lit. b GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 6 Abs. 6 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 224 AktG, Aktiengesetz 1965, BGBl. Nr. 98/1965 |
Schlagworte | Verschmelzung Anteilsvereinigung Vereinigung aller Anteile Treuhandschaft Treuhandanteil Gesamtrechtsnachfolge Anlassfall Verkehrswert |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | StExp 2013/290 Pinetz/Schaffer in ÖStZ 2013/977 Wurm in GeS 2013, 404 Wurm in GES 2015, 190 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at