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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 30.05.2012, RV/0821-G/10

Kompostierung fremder Abfälle - land- und forstwirtschaftliche Nebentätigkeit?


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Miterledigte GZ:
RV/0822-G/10

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Rein & Schreck Steuerberatung GmbH, 8230 Hartberg, Grazer Straße 13, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Oststeiermark vom betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2008 und 2009 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) hat - wie aus den Beilagen zu den Einkommensteuerklärungen für EinzelunternehmerInnen mit pauschalierten Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft für die Jahre 2008 und 2009 ersichtlich ist - von ihrem Ehegatten landwirtschaftlich genutzte Flächen gepachtet (Einheitswerte für 2008: € 17.200 und 2009: € 18.700).

In dem Ihren Abgabenerklärungen beigelegten Ergänzungsschreiben vom führte die Berufungswerberin aus, dass sie die Umsatzerlöse "aus der land- und forstwirtschaftlichen Kompostierung" (2008: € 34.112,68 und 2009: € 53.728,91) sowie die (laut Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen) daraus resultierenden Gewinne (2008: € 16.478,90 und 2009: € 32.988,32) "zur Gänze als Teil der vollpauschalierten Land- und Forstwirtschaft" behandelt habe. Dies deshalb, da die aus der Kompostierung von organischen Materialien gewonnenen Dünger zur Gänze auf den eigenen Feldern verwendet würden.

Mit den angefochtenen Bescheiden schrieb das Finanzamt für die aus der Kompostierung erzielten Umsätze eine Umsatzsteuer von 10% vor und unterwarf die daraus lukrierten Gewinne als gewerbliche Einkünfte der Einkommensteuer. Das Sammeln und Kompostieren von fremden Abfällen mit den in der Landwirtschaft üblichen Methoden stelle einen Nebenerwerb dar, der nur bei Unterordnung unter den Haupterwerb zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führe. Da im vorliegenden Fall auf Grund der erzielten Umsätze keine Unterordnung gegeben sei, lägen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.

Die dagegen erhobene Berufung richtet sich gegen die "Versteuerung außerhalb der landwirtschaftlichen Pauschalierung". Laut Rz 4229 der EStR stelle die Verwertung organischer Abfälle durch Kompostierung keinen Nebenbetrieb dar, sondern sei Teil des landwirtschaftlichen Hauptbetriebes, wenn - wie auch im vorliegenden Fall - die Verwertung überwiegend zum Zwecke der Düngerbeschaffung für die Urproduktion in der Landwirtschaft erfolge. Würden überwiegend fremde Abfälle verwertet, läge grundsätzlich ein Gewerbebetrieb vor. Allerdings erblicke § 2 Abs. 4 Z 4 lit. b GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, darin eine (nicht schädliche) Nebentätigkeit, wenn das Sammeln und Kompostieren von fremden, kompostierbaren Abfällen mit den in der Land- und Forstwirtschaft üblichen Methoden erfolge.

Ein daraufhin vom Finanzamt durchgeführtes Vorhalteverfahren ergab, dass die Bw. eine Fläche von 16,20 ha bewirtschaftet, auf der eine Menge von 810 m3 (2008) und 720 m3 (2009) Kompost aufgebracht wurde. Weiters legte die Bw. ihren mit der XY-KG abgeschlossenen Liefervertrag vor. Diesem Vertrag zufolge verfügt die XY-KG über biogene Abfälle zur Kompostierung - hergestellt aus Bioabfall aus Haushalten und ähnlichen Einrichtungen, organischen Abfällen aus dem Garten- und Grünflächenbereich und sonstigen biogenen Abfällen - sowie über gesondert erfassten Grünschnitt. Die Bw. verpflichtete sich mit diesem Vertrag, von diesen Abfällen jährlich 1.600 t zu übernehmen und in ihrer Kompostieranlage zu verarbeiten. Dafür stellt die Bw. ein Entgelt von € 34,11/t (biogene Abfälle) und € 13,09/t (Grünschnitt) in Rechnung.

In den Berufungsvorentscheidungen hielt das Finanzamt die Ansicht aufrecht, dass es sich bei der Kompostierung fremder Abfälle durch einen vollpauschalierten Landwirt um einen eigenständigen Gewerbebetrieb handle, wenn - wie im Berufungsfall - die jährlichen Umsätze aus der Kompostierung den Betrag von € 24.200 überschreiten. Dabei sei es ohne Belang, ob der dabei erzeugte Dünger ausschließlich auf eigenen Feldern aufgebracht werde oder nicht.

Im Vorlageantrag wird - im Wesentlichen unter Hinweis auf die Rz 4229 EStR - nochmals beantragt, die Erlöse aus der Kompostierung dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb zuzuordnen und diese als im Rahmen der Pauschalierung abgegolten zu behandeln.

In der dazu abgegebenen, dem Vorlagebericht beigelegten Stellungnahme wies das Finanzamt darauf hin, dass im Jahr 2008 (2009) 1.389 t (1.440 t) zur Kompostierung angeliefert und auf eine Fläche von 16,20 ha 810 m3 (720 m3) aufgebracht worden wären. Laut einem Artikel des Kompostgüteverbandes Österreich über "Kompost in der Landwirtschaft" würden jedoch die maximal möglichen Aufwandmengen auf Acker und Grünland 8 t Trockenmasse pro ha und Jahr im 5-jährigen Durchschnitt ca. 12 - 15 t bzw. 20 - 25 m3 Frischmasse betragen. Daraus sei abzuleiten, dass die laut Bw. auf den eigenen Feldern aufgebrachte Kompostmenge "weitaus höher" sei, als dies nach den Ausführungen des Kompostgüterverbandes möglich wäre.

Darüber hinaus sei auch auf der Homepage der Arge Kompost Biogas festgehalten: "Üblich ist auch die Abgabe an Forstämter und Kleingartenvereine. Ein weiterer Teil des Kompostes wird von den Kommunal-Verwaltungen in den eigenen öffentlichen Grünanlagen (Gärten, Parks, Friedhöfen, Sportanlagen, ua.) und teilweise in Privatgärten oder im Landschaftsbau verwendet."

Die gänzliche Aufbringung des erzeugten Kompostes auf den eigenen Feldern erscheine daher nach den statistischen Ausführungen nicht möglich bzw. die Weitergabe an Dritte "üblich".

Dazu komme - so das Finanzamt abschließend in seiner Stellungnahme - dass die wesentlichen Gewinne aus der Betätigung klar aus der Kompostierung erzielt" würden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung ergibt, ist im gegenständlichen Fall die Frage zu klären, ob die von der Bw. aus der Kompostierung fremder Abfälle erzielten Umsätze sowie die daraus resultierenden Gewinne von der steuerlichen Pauschalierung erfasst sind oder nicht. Die Bw. führt für ihren Standpunkt im Wesentlichen ins Treffen, der aus der Kompostierung gewonnene Dünger werde zur Gänze auf den (von ihr gepachteten Feldern) verwendet.

Sowohl das Umsatzsteuerrecht (§ 22 UStG 1994) als auch das Einkommensteuerrecht (für die Streitjahre gilt die zu § 17 Abs. 4 und 5 EStG 1988 ergangene Pauschalierungsverordnung BGBl. II Nr. 258/2005) sehen für Land- und Forstwirte die Möglichkeit einer Besteuerung nach Durchschnittssätzen vor. Diese Durchschnittssatzbesteuerung gilt für alle Umsätze, die im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführt bzw. erzielt werden.

Der Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes iSd § 22 UStG 1994 entspricht dem des EStG bzw. des BewG (Ruppe, UStG3, § 22 Tz 19, mwN).

Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören auch die Einkünfte aus einem Nebenbetrieb. Der land- und forstwirtschaftliche Nebenbetrieb ist ein Gewerbebetrieb, der auf Grund seiner wirtschaftlichen Zweckbestimmung und seiner wirtschaftlichen Bedeutung dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft im Sinne eines Hilfsbetriebes untergeordnet ist. Ausschlaggebend ist das Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls, wobei Umsatz und Gewinn Anhaltspunkte sein können, ob ein Nebenbetrieb oder ein selbständiger Gewerbebetrieb vorliegt (zB Jakom/Baldauf EStG, 2011, § 21 Rz 51f., mwH; s. bezüglich der Umsatzsteuer auch Ruppe, aaO, § 22 Tz 24f.).

Nach § 6 Abs. 4 der oa., für die Streitjahre maßgeblichen Pauschalierungsverordnung liegt nun eine wirtschaftliche Unterordnung unter den land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb dann vor, wenn die Einnahmen aus Be- und/oder Verarbeitung den Betrag von € 24.200 jährlich (einschließlich Umsatzsteuer) nicht übersteigen (s. zB Jakom/Baldauf, aaO, § 21 Rz 61).

Ebenfalls von der land- und forstwirtschaftlichen Pauschalierung erfasst sind so genannte Nebentätigkeiten (Nebenerwerb). Dabei handelt es sich um an sich gewerbliche Tätigkeiten, die wegen ihres engen Zusammenhanges mit der Haupttätigkeit und wegen ihrer untergeordneten Bedeutung gegenüber dieser nach der Verkehrsauffassung in dieser gleichsam aufgehen, sodass die gesamte Tätigkeit als land- und forstwirtschaftlich anzusehen ist. Die wirtschaftliche Unterordnung ist auch hier nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Sie muss hinsichtlich der Zweckbestimmung und auch hinsichtlich des wirtschaftlichen Umfangs vorliegen (Jakom/Baldauf aaO, § 21 Rz 66).

Hinsichtlich des wirtschaftlichen Umfangs stellt das Ausmaß der aus der Nebentätigkeit erzielten Umsätze, insbesondere deren Verhältnis zu den Gesamtumsätzen des Hauptbetriebes, ein geeignetes Beurteilungskriterium der Unterordnung dar. Beträgt der Umsatz aus der Nebentätigkeit weniger als 25% des Gesamtumsatzes, kann eine wirtschaftliche Unterordnung angenommen werden. Überwiegen jedoch die Umsätze aus der Nebentätigkeit, dann liegt ein selbständiger Gewerbebetrieb vor (Jakom/Baldauf, aaO, § 21 Rz 67).

Betragen die Einnahmen aus der Nebentätigkeit mehr als € 24.200 so ist die wirtschaftliche Unterordnung nachzuweisen (siehe die 25%-Regelung im oa. Absatz). Ohne Nachweis des Umsatzes aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb kann dieser mit 150% des land- und forstwirtschaftlichen Einheitswertes geschätzt werden; vereinfacht kann die Obergrenze für die zulässigen Einnahmen aus dem Nebenerwerb auch mit 50% des land- und forstwirtschaftlichen Einheitswertes angesetzt werden (Doralt, EStG, 9. Auflage, § 21 Tz 91/1 unter Hinweis auf Rz 4203a EStR).

Die Verwertung fremder organischer Abfälle ist grundsätzlich keine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit (s. Jakom/Baldauf, aaO, § 21 Rz 80 und die dort angeführte Judikatur); sie kann uU. aber - wirtschaftliche Unterordnung unter den Hauptbetrieb vorausgesetzt - als Nebentätigkeit bzw. Nebenerwerb im oben beschriebenen Sinne (Erbringung von Dienstleistungen) angesehen werden (s. dazu zB Trauner/Wakounig, Praxis-HB der Land- und Fortswirtschaft2, 274).

Wird bei Verwertung fremder Abfälle die für Nebenbetriebe und Nebentätigkeiten geltende Freigrenze von € 24.200 pro Jahr überschritten, so führen die daraus resultierenden Einkünfte im Regelfall zu Einkünften aus Gewerbebetrieb (Bruckner in SWK 30/2009, S 881).

Angesichts der dargestellten Rechtslage kommt es im Berufungsfall also entscheidend auf die Höhe der aus der Kompostierung erzielten Erlöse an. Diese betrugen in den Streitjahren € 34.112,68 (2008) und € 53.728,91 (2009) und liegen somit weit über dem oa. Grenzbetrag von € 24.200. Damit ist eine wirtschaftliche Unterordnung im vorliegenden Fall zweifelsohne nicht gegeben:

Setzt man nämlich die Kompostierungsumsätze in Relation zu den an Hand der Einheitswerte geschätzten Umsätzen des land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetriebes (2008: 150% der Einheitswerte von € 17.200 geschätzte Umsätze somit € 25.800 und 2009: 150% der Einheitswerte von € 18.700 geschätzte Umsätze somit € 28.050), so ergibt sich, dass die Umsätze aus der Kompostierung weitaus überwiegen. Ein Nachweis, dass die Umsätze des Hauptbetriebes allenfalls höher wären (und die Umsätze aus der Nebentätigkeit bei Weitem übersteigen würden) oder, dass trotz Überschreitens dieser Umsatzgrenzen eine wirtschaftliche Unterordnung der Nebentätigkeit gegeben wäre, wurde von Seiten der Bw. nicht erbracht.

Die Bw. stützt sich primär darauf, dass sie den aus der Kompostierung erzeugten Dünger ausschließlich auf ihren eigenen Feldern aufbringen würde. Wie das Finanzamt bereits zutreffend aufgezeigt hat, ist dieser Umstand - im Falle des Überschreitens der Grenze von € 24.200 - nicht geeignet, das Vorliegen einer wirtschaftlichen Unterordnung zu indizieren.

Dazu kommt, dass - worauf das Finanzamt in seiner dem Vorlagebericht beigefügten Stellungnahme hingewiesen hat - die von der Bw. lt. ihren eigenen Aufzeichnungen (zur Gänze) auf den eigenen Feldern aufgebrachten Kompostmengen weitaus höher sind, als dies nach den Ausführungen des Kompostgüteverbandes möglich ist. Dies sei - so das Finanzamt weiter - ebenso wie der "Verwendungshinweis" des Kompostes lt. Homepage der Arge Kompost Biogas (s. o.) als Indiz dafür zu werten, dass zumindest ein Teil des Düngers in den Streitjahren 2008 und 2009 offenbar auch an Dritte weitergegeben worden ist. Seitens der Bw. wurde dieser Annahme der Abgabenbehörde erster Instanz nichts entgegengehalten.

Wenn in der Berufung zudem (unter Hinweis auf die keine allgemein verbindliche Rechtsvorschrift darstellenden EStR) § 2 Abs. 4 Z 4 lit. b GewO ins Treffen geführt wird, wonach - für gewerberechtliche Zwecke - im Kompostieren fremder Abfälle mit den in der Land- und Forstwirtschaft üblichen Methoden eine nicht schädliche Nebentätigkeit zu erblicken sei, so sei nochmals darauf hingewiesen, dass es demgegenüber jedoch für die steuerliche Beurteilung eben maßgeblich auf die Höhe der aus der Nebentätigkeit resultierenden Umsätze bzw. deren Verhältnis zu den Umsätzen des Hauptbetriebes ankommt.

Auf Basis dieser Sach- und Rechtslage konnte daher - wie im Spruch ersichtlich - der Berufung kein Erfolg beschieden sein.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 22 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 17 Abs. 4 und 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 LuF-PauschVO 2011, Durchschnittssätze für die Gewinnermittlung Land- und Forstwirtschaft, BGBl. II Nr. 471/2010
§ 21 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at