Absetzbarkeit von Fahrtkosten zwischen mehreren Arbeitsstätten bei Identität von Wohnung und Arbeitsstätte
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Miterledigte GZ: |
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RV/1932-W/05 |
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/1605-W/05-RS1 | Der Tatbestand des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG ist erfüllt, wenn Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte des Steuerpflichtigen durchgeführt werden. Die Ausgaben hierfür sind zwingend, pauschal durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten. Auch wenn der Steuerpflichtige von seiner mit der Wohnung identischen Arbeitsstätte zu einer weiteren Arbeitsstätte fährt, wird der Tatbestand des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG verwirklicht, weil die Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zurückgelegt wird. Der vom VwGH aufgezeigt Umstand, dass keine zusätzlichen Fahrtkosten hierbei anfallen, ist eigentlich nur ein Ergebnis der Tatbestandsverwirklichung. Nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gilt daher, dass die Rechtsfolge (Pauschalabgeltung) des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG auch dann eintritt, wenn zur Verwirklichung des Tatbestandes noch weitere Sachverhaltsumstände – wie z.B. das Vorliegen einer Arbeitsstätte in der Wohnung – hinzutreten. Dadurch wird zwar auch der allgemeine Werbungskostentatbestand des § 16 Abs. 1 EStG verwirklicht, sodass eine Normenkonkurrenz vorliegt. Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass der § 16 Abs. 1 Z 6 EStG (Verkehrsabsetzbetrag/Pendlerpauschle) als lex spezialis dem allgemeinen Werbungskostentatbestand gemäß § 16 Abs. 1 EStG vorgeht, sodass diese Bestimmung nicht zur Anwendung gelangen kann. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige
Finanzsenat hat über die Berufung der H.H. , W1. whft., vertreten durch
Sch., Steuerberatungsgesellschaft, M., vom und
gegen die Bescheide des Finanzamtes XX vom
und betreffend Einkommensteuer
(Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2000 bis 2003
entschieden:
Spruch:
Die
Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die
angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (in der
Folge Bw. genannt) bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und
zwar einerseits eine Witwenpension aus der gesetzlichen Sozialversicherung und
andererseits Arbeitslohn auf Grund ihrer Beschäftigung in der, im
Familienbesitz stehenden H-Unternehmensgruppe. Im gleichen Gebäude, in dem
die Bw. wohnt, befindet sich auch der Sitz der H.., W1 . Die Bw. hat in diesem
Gebäude einen Büroarbeitsplatz (Schreibtisch), und erledigt für
dieses Unternehmen diverse Büroarbeiten, wie insbesondere Führen des
Kassabuches, Lieferschein- und Rechnungskontrolle sowie Postdienste von und zur
Konzernzentrale, W2. Dafür ist nach eigenen Angaben ein täglicher
Zeitaufwand von einigen Stunden notwendig. Weiters ist die Bw. für die
gesamte Abwicklung der Privatzimmervermietung im sogenannten "Hotel W.", in W3
zuständig. Die Privatzimmervermietung umfasst 18 Betten. Im Rahmen ihrer
Vollbeschäftigung entfallen laut Angaben der Bw. geschätzte 20
Wochenstunden auf Tätigkeiten für die Zimmervermietung. Die Arbeiten
sind zum Teil vor Ort im Hotel zu verrichten (z.B. Mieterkontakte,
Mietenabrechnung mittels handschriftlicher Kassenbelege, Hotelreinigung,
Austausch der Bettwäsche und Handtücher, zum Teil im Büro- und
Wohngebäude, W1 (z.B. waschen, trocknen und bügeln der
Hotelwäsche, am PC zu erstellende Gästerechnungen) und zum Teil auch
auswärts (z.B. Einkäufe von Reinigungsmaterial). Zudem ist die Bw.
für die Betreuung des Mietzinsobjektes in Mistelbach, M1 zuständig.
Weshalb sie nach ihren Angaben auch dorthin immer wieder zu Verrichtungen fahren
müsse.
Die Veranlagung der Einkommensteuer für das Jahr 2003
erfolgte vom Finanzamt mit Bescheid vom
erklärungsgemäß. Mit Schriftsatz vom erhob die Bw.
durch ihren steuerlichen Vertreter gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 form-
und fristgerecht Berufung. Bei den Einkünften aus nichtselbständiger
Tätigkeit seien Werbungskosten angefallen, die die Bw. bisher noch nie
geltend gemacht habe. Daher werde in der Berufung beantragt, für die laut
dem beiliegenden Fahrtenbuch angefallenen, dienstlich gefahrenen Kilometer
(gesamt 2.541 km) das Kilometergeld in Gesamthöhe von € 904,60
als Werbungskosten in Abzug zu bringen.
Die Aufzeichnungen im Fahrtenbuch, die sich im Wesentlichen
jeden Monat gleichen, sind beispielsweise im Monat Jänner 2003
Folgende:
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Datum | Reiseroute
und Zweck der Reise | Gefahrene
km dienstl. |
Hotel
W. | 6 | |
Hotel
W. | 6 | |
Hotel
W. | 6 | |
Bank Austria,
Merkur-Mb., Hotel W. | 23 | |
Hotel
W. | 6 | |
Hotel
W. , Josef Dunkl Str., Mb. | 20 | |
Hotel
W. | 6 | |
Hotel
W. | 6 | |
Hotel
W. , Josef Dunkl Str., Mb. | 20 | |
Hotel
W. | 6 | |
Hotel
W. | 6 | |
Hotel
W. | 6 | |
Hotel
W. | 6 | |
Hotel
W. | 6 | |
Hotel
W. , Josef Dunkl Str., Mb. | 20 | |
Hotel
W. | 6 | |
Hotel
W. | 6 | |
Bank Austria,
Merkur-Mb., Hotel W. | 23 | |
Hotel
W. | 6 | |
Hotel
W. | 6 | |
Hotel
W. | 6 | |
202 |
Mit Vorhalt vom teilte das Finanzamt der Bw.
mit, dass die Aufschreibungen im vorgelegten Fahrtenbuch unvollständig und
unrichtig seien und daher keinen tauglichen Nachweis zur Berücksichtigung
von Kilometergeld bilden würden. Unter anderem würden die im
Fahrtenbuch angegebenen Kilometer nicht der tatsächlichen Länge der
zurückgelegten Wegstrecke entsprechen. Die Fahrtstrecke von der Wohnung, W1
zum Hotel W. hin und zurück betrage nicht wie im Fahrtenbuch angegeben 6
km, sondern lediglich 2,2 km. Die Bw. wurde aufgefordert die behaupteten
beruflich gefahrenen Kilometer (2.541) durch Vorlage eines
ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuches oder anderer geeigneter
Aufzeichnungen nachzuweisen. Der Nachweis habe Datum, Kilometerstand zu Beginn
und am Ende der Fahrt, Ausgangspunkt und Zielpunkt (genaue Anschrift) sowie
Zweck der einzelnen Fahrt zu enthalten. Privatfahrten müssten im Einzelnen,
ohne Angabe des Reiseweges, aufgezeichnet sein.
In der Vorhaltsbeantwortung vom (Ergänzung
der Berufung und Anregung auf Wiederaufnahme für die Jahre 2000 bis 2002)
nahm die Bw. zu dem Nachweisverlangen wie folgt Stellung: "Die Feststellung des
Finanzamtes, dass die Fahrtstrecke von der W.1 zum Hotel W. und retour nicht
- wie im Fahrtenbuch angeführt 6 km - sondern nur 2,2 km
beträgt, sei sachlich richtig. Allerdings sei die Eintragung im Fahrtenbuch
- Reiseroute und Reisezweck: Hotel W. - so zu verstehen, dass Frau H.H.
diese Strecke zweimal täglich zurücklege. Sie sei für die
Reinigung des Hotels zuständig, weshalb es unumgänglich sei vormittags
ein Durchgang zu machen und nachmittags nochmals zu kontrollieren oder den Rest
zu erledigen. Außerdem fahre sie vormittags von der W.1 noch zum Betrieb,
(gemeint ist damit offensichtlich die 80 Meter entfernte Konzernzentrale in der
W.2) um eventuelle Bankaufträge oder Poststücke mitzunehmen. Aus
diesem Grunde kämen normalerweise ca. 6 km für diese Fahrt
zustande.
Außerdem sei ein ordnungsgemäßes
Fahrtenbuch in seiner ausführlichen Form nur notwendig, wenn ein
Unternehmer seinen Anteil an Privat- und Betriebsfahrten trennen wolle. Im
diesem Fall sei natürlich die Aufzeichnung von Privatfahrten notwendig. Im
Fall der Bw. handle es sich lediglich um Fahrten, die ein Dienstnehmer für
seinen Dienstgeber durchführe. In diesem Fall sei ein detailliert
geführtes Fahrtenbuch nicht notwendig. Es finde sich auch nirgends ein
Hinweis, wie ein Fahrtenbuch tatsächlich auszusehen habe. Es sei lediglich
immer die Rede davon, dass die Fahrten glaubhaft zu machen seien. Wenn nun aber
feststehe, dass eine betriebliche Fahrt von einem Punkt zu einem anderen eine
gewisse Strecke betrage, sei der Kilometerstand dafür gänzlich
irrelevant.
Aus den beigelegten Versicherungsbelegen sei zu ersehen,
dass die Bw. im Berufungszeitraum einen Mercedes 190E und ab 9.2004 einen BMW
besessen habe.
Zur Stellenbeschreibung werde noch mitgeteilt, dass die Bw.
für die Betreuung der Mietzinsobjekte (das sind das so genannte "Hotel" in
W3 und das Mietzinshaus, in Mistelbach, M1) zuständig sei. Die Bw. sei
unter anderem für die Reinigung bzw. die Beaufsichtigung des
Reinigungspersonals zuständig. Weiters sei sie im Hotel auch für die
Anmeldung und das Kassieren der Mieten und für die notwendigen Reparaturen
sowie die Anschaffung von Reinigungsmittel und anderer Artikeln des laufenden
Bedarfes verantwortlich.
Zudem habe die Bw. auch jeden Tag die Post des
Dachdeckerbetriebes (W.1 ) in die Zentrale (W.2) zu bringen und die dort
eingehende Post für den Dachdeckerbetrieb abzuholen. Weiters seien die
kassierten Mieten auf der Bank (Mistelbach, Hauptplatz) einzuzahlen. Dies
geschehe immer gleich bei den Fahrten nach Mistelbach zum Mietzinsobjekt, M1,
sodass dann nur noch die zusätzliche Fahrt zwischen M1 und Hauptplatz
notwendig sei.
Aus dieser Beschreibung sei nun ersichtlich, dass die Bw.
bei ihrer Berufsausübung oft unterwegs sei. Dies führe dazu, dass die
im Fahrtenbuch ausgewiesene Kilometerleistung gegeben sei auch wenn meistens nur
sehr kurzen Strecken zurückgelegt worden seien."
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der
Berufung teilweise stattgegeben. Vom Finanzamt wurden lediglich die Fahrtkosten
für jene Fahrten berücksichtigt, die nicht die Wegstrecke zwischen der
Wohnung, W.1 und dem Hotel W3, betrafen. In einer ausführlichen,
ergänzenden Bescheidbegründung vom wurde der Bw.
erläutert, dass die Kosten für die Fahrten, die die Fahrtstrecke
Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung betreffen, bereits durch den
Verkehrsabsetzbetrag gemäß
§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG abgegolten
seien. Eine Arbeitsstätte werde an dem Ort begründet, an dem der
Arbeitnehmer für den Arbeitgeber regelmäßig tätig werde
(LStR 2002, RZ 291).
Im gegenständlichen Fall seien daher die Fahrten von
der Wohnung (W1) zum Hotel (W3) mit dem Verkehrsabsetzbetrag abgegolten. Der
zusätzliche Umstand, dass sich am Wohnort auch eine Arbeitsstätte der
Bw. befindet, ändere nichts an diesem Ergebnis, weil der Tatbestand des
Verkehrsabsetzbetrages - Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
- vollständig erfüllt sei und dieser als elx spezialis dem
allgemeinen Werbungskostentatbestand des § 16 Abs. 1 EStG vorgehe.
Fahrten, die nicht die Wegstrecke Wohnung -
Arbeitsstätte - Wohnung betreffen, sondern von einer weiteren
Arbeitsstätte aus angetreten werden, seien nicht von der Abgeltungswirkung
des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG erfasst. Kilometergeld steht daher für die
Fahrten von der Wohnung zur ersten Arbeitsstätte (Hotel W.) und von der
letzten Arbeitsstätte zurück zur Wohnung nicht zu. Wie bereits
ausgeführt, vermag die Identität von Wohnung und Arbeitsstätte
nichts an der Tatbestandserfüllung des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG
ändern. Die Kosten für die Fahrten zwischen zwei Arbeitsstätten
(soweit es sich nicht gleichzeitig auch um die Wohnung handelt) führen zu
Werbungskosten gemäß
§ 16 Abs. 1 EStG.
Im gegenständlichen Fall seien daher 7 Kilometer
für die Fahrten zwischen der Arbeitsstätte im Hotel W. , W3 und der
weiteren Arbeitsstätte in Mistelbach, M1, sowie die Fahrten nach Mistelbach
zur Bank und für Einkäufe zu berücksichtigen gewesen. Von dem
begehrten Abzug von Kilometergeld in Höhe von € 904,60 konnten
daher nur € 281,95 anerkannt werden.
Die Bw. brachte gegen die Berufungsvorentscheidung
betreffend Einkommensteuer 2003 fristgerecht einen Vorlageantrag (vom )
ein und führte zu ihrem Anbringen ergänzend Folgendes aus:"Das
Finanzamt habe angenommen, das der Betriebsort bzw. der regelmäßige
Arbeitsplatz der Bw. das Hotel W. und auch das Mietzinsobjekt in Mistelbach, M1
sei. Zu dieser Annahme habe vielleicht auch die Vorhaltsbeantwortung vom
geführt. Hier sei offensichtlich beim Arbeitgeber zu wenig
hinterfragt worden, wo sich der genaue Einsatzort der Bw. befinde. Nach
nochmaliger Nachfrage stelle sich die Situation wie folgt dar: Die Bw. wohne in
W1. Dort befinde sich auch der Sitz der H.. für welche die Bw. diverse
Büroarbeiten mit einem täglichen Zeitaufwand von einigen Stunden
erledige. Dazu gehöre es auch, die Post vom Betrieb in der W.1 in die
Konzernzentrale, W.2 (Anmerkung: Entfernung ca. 80 Meter) zu bringen bzw. von
dort zu holen. Zusätzlich sei die Bw. auch für die Betreuung der
Mietzinsobjekte (Hotel W. und Mistelbach, M1) zuständig. Beispielsweise
fahre die Bw. von der W.1 in die W.2 um die Post zu überbringen und
eingegangene Schriftstücke oder Bankaufträge gleich mitzunehmen. Dann
fährt sie in das Hotel W., W.3 (Entfernung: ca. 1,2 km) bzw. zur Bank, zum
Merkur oder zum Mietzinsobjekt nach Mistelbach. Je nach Bedarf fahre sie dann
wieder In die Zentrale (W.2) oder zum Betrieb (W.1 ) Die Reihenfolge könne
natürlich je nach anfallender Arbeit variieren.
Das Finanzamt sei in der angefochtenen BVE davon
ausgegangen, dass der Einsatzort (die Arbeitsstätte) der Bw. das Hotel W.
sei und daher nur Fahrten zwischen den Einsatzorten, also von W3 nach Mistelbach
auf Basis des Kilometergeldes als Werbungskosten zu berücksichtigen seien.
Danach werde offensichtlich Mistelbach der neue Einsatzort, sodass die Fahrt von
Mistelbach nach Wilfersdorf wiederum als Fahrt zwischen Arbeits- und
Wohnstätte zu werten sei.
Diese Rechtsansicht halte die Bw. für nicht richtig.
Auf Grund ihres Büroarbeitsplatzes in der W.1 sei dort ihr
Arbeitsstätte. Sämtliche Fahrten zu den anderen
Dienstverrichtungsorten seien Entsendungen durch den Arbeitgeber, für
welche die Bw. Werbungskosten geltend machen könne.
Zudem sei darauf hinzuweisen, dass aus dem Fahrtenbuch die
konkrete von der Bw. zurückgelegte Fahrtstrecke überhaupt nicht
eingetragen sei. Es könne daher gar nicht festgestellt werden, ob sie bei
der Rückfahrt von Mistelbach direkt zur Wohn- und Arbeitsstätte, W.1
oder zuerst noch in das Hotel gefahren sei. Nach Ansicht der Bw. sei es nicht
notwendig die einzelnen in Wilfersdorf angefahrenen Ort konkret und
nachvollziehbar im Fahrtenbuch anzuführen."
In einem mit der Vorhaltsbeantwortung vom 4.7..2005 regte
die Bw. die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkommensteuer der
Jahre 2000 bis 2002 zur nachträglichen Berücksichtigung ihrer
beruflichen Fahrtkosten an. Das Finanzamt kam dieser Anregung nach und nahm von
Amts wegen gemäß
§ 303 Abs. 4 BAO die Einkommensteuerveranlagung
für die Jahre 2000 bis 2002 wieder auf. Die gleichzeitig zu erlassenden
neuen Sachbescheide entsprachen hinsichtlich der Anerkennung der Fahrtkosten
sowie der Bescheidbegründung der Berufungsvorentscheidung betreffend
Einkommensteuer 2003 vom .
Die Bw. erhob gegen die Einkommensteuerbescheide 2000 bis
2002 form- und fristgerecht Berufung, die vom Finanzamt ohne Erlassung einer
Berufungsvorentscheidung gemeinsam mit der Berufungsvorlage betreffend
Einkommensteuer 2003 dem UFS vorgelegt wurde. Der Sachverhalt sowie das gesamte
Parteienvorbringen sind mit den vorstehenden Ausführungen zum
Einkommensteuerbescheid 2003 identisch, sodass eine weitere Darlegung zur
Vermeidung von Wiederholungen unterbleiben kann.
Die Bw. erteilte dem Referenten am im Zuge einer
telefonischen Nachfrage sinngemäß folgende
Sachverhaltsauskünfte: "Erst im Gespräch mit dem Steuerberater im
Zusammenhang mit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 sei man
draufgekommen, dass sie berufliche Fahrten als Werbungskosten geltend machen
könne. Laufende Aufzeichnungen über ihre Fahrten habe sie bis zu
diesem Zeitpunkt noch keine geführt. Aus diesem Grunde habe sie dann aus
dem Gedächtnis rückwirkend für die Jahre 2000 bis 2003 die
beruflichen Fahrten zusammengeschrieben. Das der Abgabenbehörde vorgelegte
Fahrtenbuch habe ihre Tochter am PC erstellt. Grundlage dafür seien die
handschriftlichen Aufzeichnungen der Bw. gewesen. Diese handschriftlichen
Aufzeichnungen von ihr, die sozusagen der Entwurf für die
Fahrtenbücher 2000 bis 2003 sind, könne sie der Behörde nicht
mehr vorlegen. Der handschriftliche Entwurf erschien ihr bedeutungslos und sei
daher schon weggeschmissen worden.
Es sei richtig, dass in den Fahrtenbüchern keine
urlaubs- oder krankheitsbedingte Abwesenheit festzustellen sei. Sie sei nie mehr
als acht Tage im Jahr auf Urlaub. Dabei bleibe sie meistens auch zu Hause und
besorge die anfallende Arbeit weiter. Auch kleinere Beschwerden hätten sie
nie davon abgehalten, ihre Arbeit zu verrichten. Die Fahrtenbuchaufschreibungen
seien insoweit zutreffend.
Die Bw. gab zu, dass die nachträglichen
Aufschreibungen der Fahrten nur ein schematisches und pauschales Bild abgeben
würden und im Detail die wirklich zurückgelegten Wegstrecken nicht
mehr angegeben werden könnten. An einzelnen Arbeitstagen werde
beispielsweise die Wegstrecke zwischen W.1 (Wohnung, Büro) und dem Hotel
(W.3) unterschiedlich oft zurückgelegt. Manchmal fahre sie nur einmal hin-
und her, an anderen Arbeitstagen wiederum könne es sein, dass sie bis zu
viermal das Hotel anfahren müsse. So sei etwa montags der Wäschetag im
Hotel. Die Wäsche werde in die W.1 zum waschen, trocknen und bügeln
transportiert und in mehreren Fuhren wieder zurück ins Hotel gebracht,
sodass sie montags im Regelfall drei- bis viermal das Hotel anfahre. Die im
Fahrtenbuch gleich bleibend angegebenen 6 km für die Fahrten von der W.1
zum Hotel entsprechen zwar nicht der real zurückgelegten Fahrtstrecke,
wären aber insgesamt ein vertretbarer Schätzwert.
Über
die Berufung wurde erwogen:
1. Nachweis beruflich
veranlasster Fahrtkosten
Gemäß
§ 138 Abs. 1 BAO haben die
Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung ihrer
Offenlegungspflicht zur Beseitigung von Zweifel den Inhalt ihrer Anbringen zu
erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann
ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt
die Glaubhaftmachung.
Beweisen heißt, ein behördliches Urteil
über die Gewissheit des Vorliegens einer entscheidungswesentlichen Tatsache
herbeizuführen. Ein Sachverhalt ist glaubhaft gemacht, wenn die
Umstände des Einzelfasses dafür sprechen, der vermutete Sachverhalt
habe von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte
Wahrscheinlichkeit für sich.
Mit Vorhalt vom wurde der Bw. dargelegt, dass das
vorgelegte Fahrtenbuch inhaltlich unrichtig und unvollständig ist und sie
wurde zu einem Nachweis der behaupteten Fahrten aufgefordert, der es
ermöglicht nachzuvollziehen, wann und wohin jede einzelne Fahrt zu welchem
Zweck durchgeführt wurde und welche Wegstrecke dabei tatsächlich
zurückgelegt worden ist.
Das Vorbringen der Bw. erweist sich in mehreren Punkten als
unwahr und unrichtig, was im Ergebnis dazu führt, dass das Vorliegen von,
das Werbungskostenpauschale übersteigenden, beruflichen Fahrtkosten nicht
glaubhaft ist.
Von der Bw. wurde zunächst der Anschein erweckt, dass
laufend Fahrtenbücher geführt worden seien und lediglich vergessen
worden sei, diese dem Steuerberater vorzulegen, sodass dieser die Werbungskosten
erst im Berufungsverfahren geltend machen konnte. Es wurde damit eine
Glaubhaftigkeit der Aufzeichnungen vorgegeben, die diesen überhaupt nicht
zukommt. Dieser Umstand spricht aber schon gegen die Glaubhaftigkeit der
behaupteten Fahrten, weil es eines solch listigen Vorgehens bei einem wahrhaft
vorliegenden Sachverhalt nicht bedarf.
Es ist evident, dass die Fahrten nicht so durchgeführt
wurden wie im vorgelegten Fahrtenbuch eingetragen. Zum einen, weil sich niemand
über längere Zeit zurück erinnern kann, wann er welche Fahrten zu
welchem Zweck gemacht hat, zum anderen, weil die Bw. selbst erklärt, anders
gefahren zu sein, als im Fahrtenbuch eingetragen. Zur Rechtfertigung
überhöhter Kilometerangaben erklärt die Bw., die
unmissverständliche Eintragung "Hotel W. - 6 km" sei so zu verstehen,
dass der Ort täglich zweimal und die Konzernzentrale (W.2 ) angefahren
worden sei. Im weiteren Verfahren widerspricht sie auch dieser Behauptung und
erklärt, dass die täglichen Fahrten zum Hotel unterschiedlich oft bis
zu viermal erfolgt seien.
Den nachträglichen und widersprüchlichen
Sachverhaltserklärungen zu der Fahrtenangabe "Hotel W. - 6 km" kommt
nach allgemeiner Lebenserfahrung keine Glaubwürdigkeit zu. Vielmehr muss
die ursprüngliche Erklärung unter Berücksichtigung der gesamten
Umstände in ihrem objektiven Erklärungsgehalt so verstanden werden,
dass bezweckt war durch überhöhte Kilometerangaben ein möglichst
hohes Kilometergeld steuermindernd in Abzug zu bringen.
Auch die Art wie die Aufschreibungen erstellt wurden, nimmt
den behaupteten Fahrten die Glaubwürdigkeit. So sind die angeblich,
handschriftlichen Grundaufzeichnungen der Bw. nicht mehr vorhanden. Das
vorgelegte Fahrtenbuch wurde von der Tochter am PC erstellt.
Berücksichtigt man die gesamten Umstände muss die
Sachverhaltsbehauptung insgesamt als unglaubwürdig gewertet werden. Die
bloße, mögliche Behauptung für bestimmte berufliche Zwecke
Fahrten mit dem eigenen Pkw durchgeführt zu haben, bildet keine
hinreichende Grundlage für die Anerkennung von Werbungskosten, zumal sich
die nachträglich erstellten Aufschreibungen als unrichtig und unwahr
erwiesen haben.
2. Abgeltung durch den
Verkehrsabsetzbetrag
Im Hinblick auf die fehlende Glaubhaftigkeit des
Vorbringens der Bw. berufliche Fahrten in einem das Werbungskostenpauschale
übersteigenden Umfang durchgeführt zu haben, wäre es entbehrlich,
auf die strittige Rechtsfrage einzugehen, ob Fahrten von der W.1, wo sich
Wohnung und Büroarbeitsplatz der Bw. befindet, zu weiteren
Arbeitsstätten der Bw. mit dem Verkehrsabsetzbetrag abgegolten sind. Die
Ausführungen erfolgen auch um Klarstellung für künftige
Veranlagungen zu geben.
Gemäß
§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG sind
Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser
Aufwendungen gilt:
a) diese Ausgaben sind bei einer
einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km
grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten.
In ständiger Rechtsprechung entscheidet der VwGH zur
strittigen Rechtsfrage Folgendes: Sollte eine Arbeitsstätte mit dem
Wohnsitz eines Dienstnehmers identisch sein, so ist die Fahrt zur weiteren
Arbeitsstätte als solche zwischen Wohnsitz und Arbeitsstätte
anzusehen, weswegen die Aufwendungen nur nach Maßgabe des § 16
Abs. 1 Z 6 EStG 1988 steuerlich berücksichtigt werden
können. Diese Ansicht findet ihre Rechtfertigung darin, dass keine
zusätzlichen Aufwendungen anfallen, wenn Fahrten zur weiteren
Arbeitsstätte nicht vom Wohnsitz, sondern von der mit dem Wohnsitz identen
Arbeitsstätte aus angetreten werden. Die Fahrten eines Dienstnehmers von
der mit seinem Wohnsitz identen Arbeitsstätte zu einer anderen
Arbeitsstätte sind somit als Fahrten zwischen Wohnsitz und
Arbeitsstätte anzusehen, was zum Ansatz eines Sachbezuges bei der
Berechnung der lohnabhängigen Abgaben führt. Hinsichtlich weiterer
Ausführungen wird gemäß
§ 43 Abs. 2 zweiter Satz
VwGG auf das genannte Erkenntnis verwiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die
Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht veranlasst, von dieser,
bereits im hg Erkenntnis vom , 94/14/0121,
dargelegten Ansicht abzuweichen (zuletzt in E. vom , 97/14/0173 sowie
Doralt, EStG zu § 16 RZ 119/1 mwH.).
Zu dem Argument des VwGH ist noch ein weiteres Argument
hinzuzufügen. Der Tatbestand des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG ist
erfüllt, wenn Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte des
Steuerpflichtigen durchgeführt werden. Die Ausgaben hierfür sind
zwingend, pauschal durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten. Auch wenn der
Steuerpflichtige von seiner mit der Wohnung identischen Arbeitsstätte zu
einer weiteren Arbeitsstätte fährt, wird der Tatbestand des § 16
Abs. 1 Z 6 EStG verwirklicht, weil die Wegstrecke zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte zurückgelegt wird. Der vom VwGH aufgezeigt Umstand, dass
keine zusätzlichen Fahrtkosten hierbei anfallen, ist eigentlich nur ein
Ergebnis der Tatbestandsverwirklichung. Nach den allgemeinen
Rechtsgrundsätzen gilt daher, dass die Rechtsfolge (Pauschalabgeltung) des
§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG auch dann eintritt, wenn zur Verwirklichung des
Tatbestandes noch weitere Sachverhaltsumstände - wie z.B. das
Vorliegen einer Arbeitsstätte in der Wohnung - hinzutreten. Dadurch
wird zwar auch der allgemeine Werbungskostentatbestand des § 16 Abs. 1 Z 6
EStG verwirklicht, sodass eine Normenkonkurrenz vorliegt. Es bedarf keiner
weiteren Begründung, dass der § 16 Abs. 1 EStG
(Verkehrsabsetzbetrag/Pendlerpauschle) als lex spezialis dem allgemeinen
Werbungskostentatbestand gemäß
§ 16 Abs. 1 EStG vorgeht, sodass
diese Bestimmung nicht zur Anwendung gelangen kann.
Diese rechtsdogmatische Begründung ist der
ergebnisorientierten und argumentationslosen Kritik von PÜLZL, in SWK,
13/2004, S 471, an der Judikatur des VwGH zur Absetzbarkeit von Fahrtkosten bei
Identität von Wohnung und Arbeitsstätte entgegenzustellen.
3.
Zusammenfassung
Die gegenständliche Berufung konnte daher sowohl auf
Grund der Tatsachenlage als auch auf Grund der Rechtslage zu keinem Erfolg
führen. Ein Abänderung der angefochtenen Bescheide zum Nachteil der
Bw., in dem Umfang als vom Finanzamt Fahrtkosten berücksichtigt wurden,
unterbleibt, weil unter Abwägung aller Kriterien (kontradiktorisches
Verfahren, Überraschungsverbot, Parteiengehör,
Verwaltungsökonomie, geringfügige Ergebnisauswirkung) dem
Effizienzgebot Vorrang eingeräumt wurde.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Fahrtkosten Verkehrsabsetzbetrag Beweiswürdigung Glaubhaftigkeit des Vorbringes Identität von Wohnung und Arbeitsstätte |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | UFSaktuell 2006, 23 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
NAAAD-12845