Keine Bescheidaufhebung wegen Einbeziehung der NoVA in die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage
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Miterledigte GZ: |
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RV/2506-W/09 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., W., F.straßexx, vertreten durch Holztrattner Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs- GmbH, 1130 Wien, Fichtnergasse 10, vom 28. und gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom 13. und vertreten durch Mag. Georg Ullmann, mit denen die Anträge auf Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2008 abgewiesen wurden, entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die gegenständlichen Berufungen richten sich gegen die Abweisung der Anträge auf Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2008 gemäß § 299 BAO durch das zuständige Finanzamt.
Die Bw. führte sowohl in ihren Anträgen auf Aufhebung der in Rede stehenden Bescheide als auch in den vorliegenden Berufungen im Wesentlichen aus, dass sich aus dem gegen Österreich als Folge des Urteils des EuGH in der Rechtssache C-98/05 "De Danske Bilimportorer"eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren ableiten würde, dass die Einbeziehung der österreichischen Normverbrauchsabgabe in die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage bei der Lieferung von Fahrzeugen rechtswidrig sei.
Nach Ansicht der Europäischen Kommission entspreche die österreichische NoVA der dänischen Zulassungsabgabe, für die der EuGH ausgesprochen hat, dass diese aufgrund ihres Anknüpfens an die erste Zulassung im Inland wegen der bloßen Weiterverrechnung durch den Lieferer an den Käufer nicht in die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage miteinbezogen werden dürfe.
Das Finanzamt hat in den Abweisungsbescheiden auf die Rechtsansicht des BMF verwiesen, wonach die Einbeziehung der NoVA in die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage iSd § 4 UStG 1994 den gemeinschaftlichen Vorgaben entsprechen würde. Die NoVA sei als Agbabe iSd Art. 78 lit a der MwSt-RL 2006/112/EG und nicht als durchlaufender Posten iSd Art. 79 lit c der zitierten Richtlinie zu qualifizieren.
Über Vorhalt teilte die Bw. dem Unabhängigen Finanzsenat mit, dass bis dato noch keine Rechnungsberichtigungen durchgeführt worden seien.
Über die Berufung wurde erwogen:
Im Berufungsfall steht fest, dass die Bw. die NoVA bei Fahrzeugverkäufen, die der NoVA unterliegen, in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer einbezogen hatte. Die Abgabenbehörde erster Instanz hat die Umsatzsteuer erklärungsgemäß festgesetzt, eine Rechnungsberichtigung gegenüber den Kunden in der Weise, dass die Umsatzsteuer ohne Berücksichtigung der NoVA in der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage fakturiert wurde, ist nicht erfolgt.
Gemäß § 299 Abs. 1 BAO in der Fassung des AbgRmRefG, Bundesgesetzblatt I 2002/97 (BAO) kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Es liegt im Ermessen der Abgabenbehörde Bescheide gemäß § 299 BAO aufzuheben.
Gemäß § 20 BAO müssen Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei der Ermessensübung kommt dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung eine zentrale Bedeutung zu. Eine Aufhebung wird jedoch nur dann zu unterlassen sein, wenn die Rechtswidrigkeit bloß geringfügig ist bzw. wenn sie keine wesentlichen Folgen nach sich gezogen hat.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 299 BAO zu der in der vor dem Abgabenrechtsmittelreformgesetz gültigen Fassung kommt für den Bereich des § 299 BAO dem Prinzip der Rechtmäßigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit zu (, ).
Das eingeräumte Ermessen wird regelmäßig dann im Sinne des Gesetzes gehandhabt, wenn die Behörde bei Wahrnehmung einer nicht bloß geringfügigen Rechtswidrigkeit mit Aufhebung des bereits rechtskräftigen Bescheides vorgeht, gleichgültig ob zum Vorteil oder zum Nachteil des Abgabenpflichtigen.
Eine bloß geringfügige Rechtswidrigkeit liegt vor, wenn der gem. § 299 Abs. 2 BAO mit dem Aufhebungsbescheid zu verbindende Abgabenbescheid im Spruch lediglich geringfügig vom bisher im Rechtsbestand befindlichen Bescheid abweicht. Sind die Auswirkungen der Aufhebung der Bescheide geringfügig, so spricht der Grundsatz der Sparsamkeit gegen die Aufhebung des Bescheides.
Diese Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes sind auch auf die nach dem AbgRmRefG gültige Fassung des § 299 BAO anzuwenden (vgl. Ritz, BAO³, § 299, Tz 55).
Im konkreten Fall steht fest, dass die Bw keine Rechnungsberichtigungen vornahm, die Normverbrauchsabgabe somit Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer ist. Demnach bleibt bis zu einer allfälligen Rechnungsberichtigung die Höhe der festzusetzenden Umsatzsteuer, unabhängig davon, ob sie auf Grund der erfolgten Lieferung oder auf Grund der Rechnungslegung gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 geschuldet wird, unverändert.
Nach der Bestimmung des § 11 Abs. 12 UStG 1994 schuldet der Unternehmer einen in einer Rechnung gegebenenfalls zu hoch ausgewiesenen Steuerbetrag auf Grund der Rechnung, wenn er die Rechnung nicht gegenüber dem Abnehmer der Leistung entsprechend berichtigt.
Daraus folgt, dass im Falle einer Aufhebung der streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide die mit dem Aufhebungsbescheid zu verbindenden Abgabenbescheide im Spruch bzw. im Leistungsgebot nicht einmal geringfügig, sondern gar nicht von den bisher im Rechtsbestand befindlichen Bescheide abweichen würden, und aus diesem Grund vor dem Hintergrund oben zitierter Rechtsprechung eine Aufhebung der Bescheide zu unterlassen ist (vgl. ).
Auch ist die Bestimmung des § 11 Abs 13 UStG 1994 auf den konkreten Fall nicht anwendbar, wonach im Regelfall bei einer nachträglichen Entgeltsminderung eine Rechnungsberichtigung unterbleiben kann, zumal sie lediglich der Vereinfachung in jenen Fällen dient, in denen beiden Partnern des Leistungsaustausches aufgrund der tatsächlichen Zahlungsflüsse oder Umstände bekannt ist, dass sich das ursprünglich vereinbarte Entgelt durch zB Rabatt und Skonto tatsächlich vermindert hat. Auch sind in diesen Fällen die geschuldete Umsatzsteuer und die in Anspruch genommene Vorsteuer nach § 16 Abs 1 UStG 1994 erst im Veranlagungszeitraum der Entgeltsminderung zu berichtigen. Beiden Geschäftspartnern ist die Entgeltsminderung bekannt, der Käufer als Träger der Umsatzsteuer hat die zuviel bezahlte Umsatzsteuer zurückbekommen und eine Rechnungsberichtigung kann unterbleiben, ohne dass es zu einer Steuerschuld kraft Rechnungslegung kommt. Abgesehen davon, dass auch bei Vorliegen der angeführten Voraussetzungen, diese Vorgangsweise erst im Zeitraum der Rückzahlung möglich wäre, ist die Bestimmung des § 11 Abs 13 UStG 1994 ebenso nicht bei jenen Fällen anwendbar, bei denen eine Umsatzsteuer ursprünglich aufgrund eines Irrtums, Rechenfehlers oder auch einer unrichtig gewordenen Rechtsauffassung zu hoch ausgewiesen wurde (vgl. ).
Weiters setzt die Aufhebung die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus, die bloße Möglichkeit reicht nicht (siehe Ritz in BAO³, § 299 Tz 13).
Dazu hatte das Bundesministerium für Finanzen der Europäischen Kommission ausreichend Gründe genannt, warum sich die österreichische NoVA von der dänischen Zulassungssteuer, die Gegenstand des EuGH Verfahrens in der Rs C- 98/05 war, unterscheidet (vgl. ÖStZ 2008, 62). So stellt die NoVA nach den Ausführungen des Bundesministeriums für Finanzen keinen durchlaufenden Posten beim Händler dar, da dieser im Regelfall der Schuldner der NoVA ist. Art. 78 der MwSt-Richtlinie besagt ausdrücklich, dass weiterverrechnete Steuern ausgenommen die Mehrwertsteuer selbst in die Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage einzubeziehen sind.
Auch der Fachsenat für Steuerrecht hat in diesem Zusammenhang die Meinung vertreten, dass nicht gesichert davon ausgegangen werden kann, dass die Einbeziehung der NoVA in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer als gemeinschaftsrechtswidrig erkannt werden wird (s. ÖStZ 2008, 296).
Im Ergebnis ist im Berufungsfall davon auszugehen, dass weder die für eine Aufhebung geforderte Gewissheit der Rechtswidrigkeit vorliegt, noch eine - aus oben dargelegten Gründen - anzuwendende Ermessensübung aus oben dargelegten Gründen eine Aufhebung rechtfertigt, weshalb die Berufung abzuweisen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Anmerkung | Abweichend -I/09 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at