widerruf einer Schenkung aus familiären Gründen
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Helfried Stockinger, öffentlicher Notar, 1040 Wien, Rilkeplatz 1, gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , St. Nr. XY, betreffend Schenkungssteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Eltern der Berufungswerberin (Bw.), Herr O.F. und Frau A.F. waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 681. Mit Übergabsvertrag vom übergaben Herr O.F. und Frau A.F. ihrer Tochter, der Bw. und ihrem Schwiegersohn diese Liegenschaft je zur Hälfte. Dagegen räumten die Übernehmer den Übergebern am Vertragsobjekt das lebenslängliche und unentgeltliche Wohnrecht an sämtlichen Räumlichkeiten des Vertragsobjektes einschließlich Gartenbenützung ein.
Mit der in Form eines Notariatsaktes abgeschlossenen "teilweisen Aufhebung eines Übergabsvertrages" vom wurde der Übergabsvertrag vom hinsichtlich der Schenkung an den Schwiegersohn vollinhaltlich aufgehoben, sodass die Übergeber hinsichtlich dieser Hälfte des Vertragsobjektes wieder voll verfügungsberechtigt waren.
Demzufolge übergaben sodann Herr O.F. und Frau A.F. die gegenständliche Liegenschaftshälfte uno actu an ihre Tochter, die Bw. Dagegen räumte die Bw. den Übergebern das lebenslängliche und unentgeltliche Wohnrecht an sämtlichen Räumlichkeiten des Vertragsobjektes einschließlich Gartenbenützung ein.
Gemäß Punkt Viertens dieses Vertrages vom erfolgte die Übergabe und Übernahme der vertragsgegenständlichen Liegenschaftshälfte in den Besitz und Genuss der Übernehmerin mit Vertragsunterfertigung, welcher Zeitpunkt auch als Stichtag für die Verrechnung von Nutzungen und Lasten galt.
Mit Schreiben vom wurde dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien in der Folge zur Kenntnis gebracht, dass mit "Aufhebung eines Übergabsvertrages" vom sämtliche vorgenommenen Schenklungen wieder aufgehoben worden seien.
Für den Erwerb der zweiten Liegenschaftshälfte gegen Einräumung eines Wohnrechtes entsprechend dem Vertrag vom setzte das Finanzamt für die Erwerbe sowohl vom Vater als auch von der Mutter, da eine gemischte Schenkung vorlag, mit Bescheiden je vom sowohl Grunderwerbsteuer in Höhe von jeweils € 43,60 als auch Schenkungssteuer in Höhe von jeweils € 324,44 fest.
In der dagegen erhobenen Berufung wurde beantragt, die Schenkungssteuerbescheide aufzuheben und die bereits bezahlte Schenkungssteuer zurückzuerstatten, da die Geschenkgeber, nachdem sie den Schenkungsvertrag mit dem Schwiegersohn aufgehoben und auch die zweite Liegenschaftshälfte der Bw. übergeben hätten, die gesamte Schenkung an die Tochter widerrufen hätten.
Bezüglich der Bescheide betreffend Grunderwerbsteuer wurde ein Antrag auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer gemäß § 17 GrEStG gestellt. Diesem Antrag wurde mit Bescheiden je vom antragsgemäß stattgegeben.
Betreffend die Berufung gegen die Schenkungssteuerbescheide erließ das Finanzamt abweisende Berufungsvorentscheidungen und begründete diese wie folgt:
"Gemäß § 33 lit a ErbStG ist die Schenkungssteuer zu erstatten, wenn und insoweit eine Schenkung im Sinne der Bestimmung des § 947 ff ABGB oder auf Grund eines im Schenkungsvertrag ausdrücklich vereinbarten Grundes widerrufen wurde und deshalb das Geschenk herausgegeben werden musste.
Da im vorliegenden Fall ein einvernehmlicher Widerruf der Schenkung vorliegt, kann die Steuer nicht erstattet werden."
Die Bw. stellte daraufhin den Antrag auf Vorlage ihres Rechtsmittels zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Darin wurde abermals ausgeführt, dass die seinerzeitige Schenkung aus familiären Gründen von den Geschenkgebern widerrufen und der seinerzeitige Schenkungsvorgang wieder aufgehoben wurde.
Da die seinerzeitige Geschenknehmerin aus der Schenkung letztendlich nichts erhalten habe, stelle die Vorschreibung einer Schenkungssteuer eine steuerliche Unzumutbarkeit dar.
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach § 1 Abs. 1 Z 2 ErbStG unterliegen Schenkungen unter Lebenden der Schenkungssteuer. Als Schenkung im Sinne des Gesetzes gelten insbesondere jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes (§ 3 Abs. 1 Z 1 ErbStG) sowie jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG). Gegenstand der Steuer kann jede im Verkehr stehende Sache sein, sofern sie von wirtschaftlichem Wert ist ().
Strittig ist im Berufungsfall alleine die Frage, ob ein Widerruf der seinerzeitigen Schenkung durch die Geschenkgeber aus familiären Gründen und damit die Aufhebung des gesamten seinerzeitigen Schenkungsvertrages zu einer Rückerstattung der Schenkungssteuer führt.
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 ErbStG entsteht die Steuerschuld bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Darunter ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Zeitpunkt zu verstehen, in dem die Bereicherung im Vermögen des Beschenkten tatsächlich eintritt und der Beschenkte in den Besitz des Geschenkes kommt. Laut Punkt Viertens der Urkunde betreffend die "Teilweise Aufhebung eines Übergabsvertrages" vom erfolgte die Übergabe und Übernahme der vertragsgegenständlichen Liegenschaftshälfte in den Besitz und Genuss der Übernehmerin mit Vertragsunterfertigung, welcher Zeitpunkt auch als Stichtag für die Verrechnung von Nutzungen und Lasten gilt. Entsprechend dem eindeutigen Vertragsinhalt ist somit unbestrittener weise die Steuerschuld ebenfalls zu diesem Zeitpunkt entstanden.
Grundsätzlich kann eine auf Grund des Gesetzes einmal entstandene Steuerschuld durch eine nachträgliche privatrechtliche Vereinbarung, auch wenn dieser von den Parteien eine Rückwirkung beigelegt worden ist, nicht mehr beseitigt werden. Im Abgabenrecht, insbesondere aber im Verkehrsteuerrecht (zu dem auch die Schenkungssteuer zählt) gilt der Grundsatz, dass die einmal entstandene Steuerpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden soll ( und je vom , 2003/16/0008 und 2002/16/0271).
Ungeachtet ihrer zivilrechtlichen und handelsrechtlichen Zulässigkeit sind rückwirkende Rechtsgeschäfte für den Bereich des Steuerrechtes daher nicht anzuerkennen und haben keine Auswirkungen mehr auf die einmal entstandene Steuerpflicht. Spätere Änderungen können eine einmal entstandene Steuerschuld nur dann wegfallen lassen, wenn sie einen steuervernichtenden Tatbestand erfüllen. Das Erbschaftssteuergesetz kennt jedoch - anders als § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG keinen Tatbestand, wonach die nachträglich vereinbarte einvernehmliche Aufhebung des Rechtsgeschäftes zur Erstattung der (mit Bescheid rechtskräftig festgesetzten) Steuer führt oder es in den Fällen der noch nicht erfolgten Vorschreibung zur Nichtfestsetzung der Steuer auf Antrag (oder im Zuge einer Berufungserledigung bei einer vorliegenden Berufung gegen den Steuerbescheid) kommt.
Gemäß § 33 lit a ErbStG in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geltenden Fassung ist die Steuer zu erstatten, wenn und insoweit eine Schenkung widerrufen wurde und deshalb das Geschenk herausgegeben werden musste.
Voraussetzung für die Erstattung ist somit zunächst, dass die Schenkung widerrufen wurde. Diese Bestimmung ist jedoch nur in jenen Fällen anwendbar, in denen es sich um den Widerruf einer Schenkung im Sinne der § 947 ff ABGB oder auf Grund eines im Schenkungsvertrag ausdrücklich vereinbarten Widerrufsgrundes handelt (siehe ). Nach der ständigen Judikatur des VwGH kommt es dabei darauf an, dass im Schenkungsvertrag Widerrufsgründe ausdrücklich vereinbart werden (siehe u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom sowie die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III Erbschafts- und Schenkungssteuer unter Rz 9 Abs. 2 zu § 33 ErbStG referierte Rechtsprechung):
Nach dem Gesetz kann eine Schenkung wegen Dürftigkeit, groben Undanks, Verkürzung des schuldigen Unterhaltes, des Pflichtteiles, der Gläubiger , und im Falle, dass Kinder nachgeboren werden, widerrufen werden. Erfolgt die Herausgabe einer Schenkung aus einem anderen, in den vorgenannten Bestimmungen des ABGB nicht ausdrücklich bezeichneten Widerrufsgrund, dann kann eine Erstattung der Schenkungssteuer nicht begehrt werden, weil dann das Geschenk nicht auf Grund eines Widerrufes im Sinne der angeführten Rechtsvorschriften des ABGB hätte herausgegeben werden müssen (vgl. 1557 - 1559/67).
Eine erst nachträglich getroffene Vereinbarung über die Rückgabe des Geschenkgegenstandes erfüllt den Tatbestand nach § 33 lit. a ErbStG nicht ((vergl. ).
Da im Berufungsfall ein Widerrufsgrund vertraglich nicht vereinbart war und der Widerruf aus "familieninternen Gründen" erfolgte, liegen die Tatbestandsvorausetzungen des § 33 ErbStG nicht vor. Da wie bereits ausgeführt, mit Ausführung der gegenständlichen Schenkung die Steuerpflicht entstanden ist und diese, entgegen der Rechtsmeinung der Bw. durch die nachträglich vereinbarte einvernehmliche Aufhebung nicht mehr beseitigt wurde, konnte dem Berufungsbegehren nicht entsprochen werden.
Die Berufung war somit als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 12 Abs. 1 Z 2 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 § 33 lit. a ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
Schlagworte | Widerruf rückwirkendes Rechtsgeschäft Erstattung |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at