Liebhaberei bei Verlusten aus schriftstellerischer Tätigkeit eines pensionierten Steuerberaters
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Stadt, vertreten durch Dr. Susanne Fischer, vom betreffend Einkommensteuer 2001 bis 2007 entschieden:
Den Berufungen wird teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der in den Berufungsvorentscheidungen vom festgesetzten Einkommensteuer für 2001 bis 2007 bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2007 wurden aufgrund des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges in einer Berufungsentscheidung ausgefertigt.
Der im Jahre 1935 geborene Berufungswerber (kurz: Bw), ein Steuerberater sowie Sachverständiger im Ruhestand, erzielte im Streitzeitraum neben Pensionsbezügen der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft weitere nichtselbständige Einkünfte aus einer Teilzeitbeschäftigung.
Außerdem erklärte er Verluste aus einer schriftstellerischen Tätigkeit (Einkünfte aus selbständiger Arbeit).
In der Beilage zur Einkommensteuererklärung 2001 wurden die Einnahmen und Ausgaben aus "Belletristik" wie folgt dargestellt (in ATS): "Honorareinnahmen/Belletristik 0", "Habenzinsen/Belletristik 0,02", "Betriebsausgaben 30.108,22", ergibt einen Verlust von "-30.108,20". In den Erläuterungen wurde dazu vom Bw unter "Honorareinnahmen/Belletristik" ausgeführt:
" Viele Wirtschaftstreuhänder wie auch Finanzbeamte finden zur "trockenen" Arbeit in Steuerrecht und Betriebswirtschaft einen Ausgleich durch Sport oder ein Hobby. Mir hat diesen Ausgleich gemäß meiner persönlichen Neigung ab 1975 das Schreiben von Belletristik geboten.
Ich habe seitdem täglich eine frühe Morgenstunde geschrieben und bis zur Anschaffung meines ersten PC die handschriftlichen Manuskripte am späten Abend eine halbe Stunde lang mit Schreibmaschine in Reinschrift übertragen. Durch die Konsequenz, mit der ich diese Tätigkeit ausgeübt habe, haben die Texte einen beträchtlichen Gesamtumfang erreicht.
Einen Verlag konnte ich trotz unermüdlicher Bemühungen für diese Arbeiten bisher nicht finden. Das Haupthindernis dafür dürfte sein, dass ich weder einer zeitgenössischen Stilrichtung noch sonstigen zeitgenössischen Tendenzen mich anzupassen gewillt bin.
Den modernen technischen Möglichkeiten folgend, habe ich mich entschlossen, einen Teil der Texte und neue hiefür verfasste Texte, mit denen ich meine vielseitige Lebenserfahrung darstelle, in einer Homepage zu veröffentlichen. Ich verfolge damit auch den Zweck, Einnahmen zu erreichen. Dies ist aus Anhängen zu den meisten Texten ersichtlich, durch die ich um Überweisung eines Entgelts ersuche. Die Bedingung, die Texte wie Fachliteratur auf Websites nur gegen Entgelt zugänglich zu machen, ist leider nicht möglich. Damit sind bereits bekannte Autoren gescheitert.
Leider hat sich bisher (bis ) noch niemand entschlossen, meine Texte durch Zahlung anzuerkennen. Aber ich habe noch mehrere Ideen, meiner Homepage zu größerer Publizität zu verhelfen und zur Zahlung anzuregen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass sich irgendwann ein Verleger für die Texte interessieren könnte.
Ich bitte daher, die bis auf weiteres negativen Einkünfte aus dieser Tätigkeit im Rahmen des vorgesehenen Beobachtungszeitraumes zum Verlustausgleich anzuerkennen.
Ohne Anerkennung würden die Aufwendungen, falls dadurch erreichte Einnahmen einmal in die Gewinnzone führen würden, nicht wie vorgesehen berücksichtigt werden können.
Für den Fall, dass ich im Beobachtungszeitraum keine oder nicht ausreichende Einnahmen erreiche, spare ich entsprechende Beträge auf einem eigenen Konto an, so dass eine eventuell notwendige Steuernachzahlung gesichert sein wird.
In die Homepage www.xy.at kann natürlich für amtliche Zwecke Einsicht genommen werden. (Darüber hinaus lade ich Sie, sehr geehrte Damen und Herren der Abgabenbehörden, ein, bei Interesse und Gelegenheit auch privat zu prüfen, ob Sie an den Texten Gefallen finden.) "
Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer für 2001 gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig fest, da der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiß sei. Hiebei wurden die Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit Null angenommen.
Bei der Veranlagung 2002 ergab sich das gleiche Bild (Honorareinnahmen 0/Betriebausgaben € 2.129,68). In den Erläuterungen zur Einkommensteuererklärung ersuchte der Bw die Bescheide weiterhin vorläufig auszustellen.
Das Finanzamt erließ in den Folgejahren bis zur Einkommensteuerveranlagung 2006 vorläufige Bescheide, wobei die Einkünfte aus selbständiger Arbeit jeweils mit Null festgesetzt wurden.
Im Zuge der Veranlagung 2007 beendete das Finanzamt seine Beobachtung und setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom (endgültig) fest. Begründet wurde dies wie folgt:
" Betätigungen gem. § 1 (2) LiebVO, die in absehbarer Zeit keinen Gesamtgewinn erwarten lassen, stellen keine einkommensteuerlich beachtliche Einkunftsquelle dar. Der erklärte Verlust aus selbständiger Arbeit konnte daher nicht anerkannt werden. "
Mit gleichem Datum wurden die vorläufig festgesetzten Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2006 für endgültig erklärt.
Fristgerecht wurde gegen die Bescheide vom , jeweils mit gesonderten Schriftsätzen vom , Berufung erhoben. Der Bw wendet sich im Wesentlichen gegen die Dauer der Beobachtungsfrist betreffend Verlust aus Schriftstellerei. Das Finanzamt habe den Beobachtungszeitraum nur einmal auch für alle künftigen Veranlagungszeiträume angewendet. Darin sei aber nach dem Gesetz der Logik eine verfassungsrechtlich ungleiche Behandlung zu sehen. Bei nur anfänglicher Anwendung des Beobachtungszeitraumes würde nämlich zum Beispiel ein Schriftsteller, der gegen Ende des Beobachtungszeitraumes entsprechend positive Einkünfte erreicht, die bis dahin entstandenen Verluste voll angerechnet bekommen. Wenn dagegen ein Schriftsteller erst nach dem bereits abgelaufenen Beobachtungszeitraum entsprechend hohe positive Einkünfte erreicht, blieben die bis dahin entstandenen Verluste unberücksichtigt. Daraus sei zu folgern, dass der Beobachtungszeitraum jeweils neu zu beginnen habe und nur Verluste nicht zu berücksichtigen seien, die vor dem bis zum jeweiligen Veranlagungsjahr heranreichenden Beobachtungszeitraum liegen. Demnach wären jeweils nur jene Bescheide für endgültig zu erklären, für die die Beobachtungsfrist im Einzelnen abgelaufen ist. Es sei nicht auszuschließen, dass er doch noch Einkünfte erreichen könne. Seit vier Jahren werden Texte von ihm in einem Seniorenkalender veröffentlicht, wofür kein Honorar vorgesehen sei. Es sei besser, wenn einiges von seinem Schaffen bekannt werde. Daran würden sich die Hoffnung anschließen, dass sich daraus entgeltliche Veröffentlichungen ergeben könnten. Er habe außerdem erst vor zwei Jahren begonnen, Bühnenstücke zu schreiben. Auch damit könnten sich Einkünfte ergeben. Seit 2001 habe er zahlreiche Arbeiten auf seine Texte-Homepage veröffentlicht. Er habe zu vielen Texten die Bitte um Überweisung eines bestimmten Entgelts angefügt. Daraus seien bisher erst zwei Überweisungen im Gesamtbetrag von € 40,00 eingegangen, die in der Verlustermittlung berücksichtigt wurden.
Weiters machte er eine Erhöhung der Sonderausgaben geltend, da ein Zimmer der Wohnung als Arbeitsraum verwendet wird und folgerichtig die Sonderausgaben entsprechend gekürzt und den Betriebsausgaben zugezählt wurden.
Das Finanzamt erließ teilweise stattgebende Berufungsvorentscheidungen vom . Dem Berufungsbegehren hinsichtlich der Sonderausgaben wurde stattgegeben, im übrigen wurde die Berufung, was die Einkunftsquelleneigenschaft betrifft, als unbegründet abgewiesen. Im Beobachtungszeitraum 2001 bis 2007 seien keine positiven Einkünfte aus der selbständigen Arbeit erwirtschaftet worden. Dem Gesamtverlust stehe lediglich ein Gesamtumsatz von € 40,00 gegenüber. Da der Beobachtungszeitraum vom Einzelfall abhängig sei und die Ergebnisse aller Kalenderjahre zu berücksichtigen sind, sei davon auszugehen, dass auch in Zukunft mit keinem Gesamtüberschuss zu rechnen sei.
Dagegen wurden innerhalb offener Frist die Anträge gestellt, die Berufungen dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorzulegen. Ergänzend wurde vorgebracht, dass auf das Argument, die nur anfängliche Anwendung der Beobachtungsfrist bei Einkünften (Verlusten) eines Schriftstellers bedeute eine Ungleichbehandlung, in der Berufungsvorentscheidung nicht eingegangen worden sei. Er wiederhole daher noch einmal seine diesbezügliche Argumentation. Seine schriftstellerische Betätigung sei zwar nach seiner Einsatzbereitschaft Liebhaberei, dem stehe aber entgegen, dass er, sobald er wider Vermutung des Finanzamtes doch positive Einkünfte erreichen würde, Abgaben zu entrichten hätte. Und er bemühe sich natürlich weiterhin, seine Texte zu vermarkten. Zwar müsse er einräumen, dass seine Aussichten auf Einkünfte nicht besonders gut seien. Er setze sich nämlich mit seinen Texten für ethische Werte ein oder er biete damit harmlose Unterhaltung. In einer Zeit, in der Harry Potter oder Feuchtzonen als große Bestseller angekommen seien, seien die von ihm bevorzugten Themen natürlich nicht geschäftsträchtig.
Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Berufungen und den Verwaltungsakt an den Unabhängigen Finanzsenat vor.
Mit Bedenkenvorbehalt vom wurde der Bw unter Darstellung der Tätigkeit und der Einnahmen- bzw. Ausgabensituation eingeladen, zu dem vom Finanzamt angenommenen 7-jährigen Beobachtungszeitraum ergänzend Stellung zu nehmen und eine Prognoserechnung vorzulegen.
Der Bw teilte im Antwortschreiben vom Folgendes mit:
" Meine Tätigkeit als Schriftsteller weist eine objektive Ertragsfähigkeit auf. Ich habe nämlich im Lauf der vergangenen Jahrzehnte mehr als dreißig Buchmanuskripte geschaffen und setze diese kreative Tätigkeit weiterhin fort. (Die genaue Anzahl der Manuskripte vermag ich nicht anzugeben, da deren Aufteilung und Zusammenfassung für kommerzielle Zwecke nicht festliegt.)
Würde ich die Texte im Sinne von Liebhaberei lediglich in meinen Speichermedien verwahren, so wäre die Erzielung eines Gesamtgewinnes in einem absehbaren Zeitraum nicht zu erwarten. Wie in der Begründung meiner Berufung vom angeführt, werden aber Texte (Erzählungen, Kurzgeschichten, Essays) von mir seit fünf Jahren im ,Salzburger Seniorenkalender' veröffentlicht. Auf Empfehlung meiner Angehörigen habe ich vor einigen Monaten damit begonnen, meine Manuskripte auszudrucken und binden zu lassen, um den Erhalt der Werke zu sichern. Dies hatte nun auch zur Folge, dass die geeigneten meiner Bücher in der 50plus Bibliothek des Seniorenbundes zum Verleih angeboten werden. Der Verleih erfolgt - dem Rechsbegriff getreu - gratis, und ich erhalte daher auch dafür kein Honorar. Es ist aber nicht auszuschließen, dass ein Verleger auf meine Bücher aufmerksam wird.
Ich habe auch am Wettbewerb um den ,Salzburger Lyrikpreis 2008' und um den ,Rauriser Förderungspreis 2009' teilgenommen. Die Zuerkennung eines Preises würden die Aussichten auf Veröffentlichung fördern. Aber bei meiner konservativen Darstellungsart, mit der ich auch zeitgenössische Themen bearbeite, habe ich kaum Chancen auf einen Preis. Abgesehen davon, dass von einer größeren Zahl von Teilnehmern nur einer den Preis bekommen kann.
Andere Initiativen wären mit der Ausübung meines Berufes des Steuerberaters nicht vereinbar gewesen. Sie hätten zuviel Zeitaufwand und Ablenkung verursacht. Ich hatte jeweils nur einen genau abgrenzbaren Zeiteinsatz (eine frühe Morgenstunde für Konzepte und eine halbe Stunde am Abend nach Schluss der beruflichen Arbeit für das Tippen der Reinschriften - damals gab es noch keine dafür einsetzbaren Computer) dieser kreativen Tätigkeit widmen können. Und nach Pensionsantritt waren die Möglichkeiten altersbedingt eingeschränkt.
Trotzdem kann - die Aussichten sind zwar gering - nicht ausgeschlossen werden, dass Ertrag bringende Veröffentlichungen gelingen.
Während z.B. bei gewerblicher Nebentätigkeit oder Vermietung die wirtschaftlichen Ergebnisse einigermaßen zuverlässig prognostiziert werden können, ist dies bei künstlerischem Schaffen nicht möglich. Wenn Werke von größerer Quantität und positiv zu beurteilender Qualität verhanden sind, kann es jederzeit, auch überraschend, zu einem wirtschaftlichen Erfolg kommen.
Die Definition gem. § 1 Abs. 2 Z. 2 LVO, BGBl. Nr. 33/1993 idF BGBl. II Nr. 258/1997, dass Liebhaberei bei einer Betätigung anzunehmen ist, wenn Verluste entstehen aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind, trifft für mich nicht zu. Meine Neigung zu schriftstellerischer Betätigung ist keineswegs auf die Lebensführung zurückzuführen, sondern auf Begabung. Schon in der Kindheit entdeckte ich in mir eine Sensibilität für besonderen Ausdruck mittels der Sprache zunächst beim Lesen. Als ich meine berufliche Laufbahn in der Nachkriegszeit wegen finanzieller Beengtheit der Eltern als Handwerkslehrling und Handwerksgeselle beginnen musste, bestätigte mir ein Schriftsteller von lokalem Rang - immerhin ein Germanist mit Lehramtsprüfung - der sich meine Versuche ansah, 'für einen Mann des Handwerks eine erstaunliche Kompetenz der Feder'. Der Schriftsteller hätte sich vielleicht für mich als Mentor engagiert, verstarb aber leider zu früh. Als ich als 25-jähriger die Externistenmatura ablegte, bekam ich nicht nur auf den Maturaaufsatz ein Sehrgut, sondern als ich zufällig mit dem Prüfer zwei Jahre später in einem Imbisslokal zusammentraf, teilte er mir mit, dass er meinen Maturaaufsatz noch gut in Erinnerung hat.
Unter allen diesen Umständen dürfte die Entscheidung für einen 'für den Einzelfall tauglichen' langen Beobachtungszeitraum möglich sein.
Für die vor dem nach Gesetz bzw. Verordnung limitierten Teil des Beobachtungszeitraumes liegenden Jahre bleibt ja auf jeden Fall Liebhaberei wirksam. Die Verluste können nur begrenzt vorgetragen werden.
Würde aber der Beobachtungszeitraum wie in meinem Fall mit den Bescheiden vom geschehen absolut begrenzt, so könnte sich m.E. eine verfassungswidrige Ungleichheit ergeben. Wenn ein Autor das Glück hat, innerhalb der ,vorgesehenen' Beobachtungsfrist entsprechende Einkünfte zu erreichen, so werden die Verluste aus den vorangegangenen Jahren auf die Einkünfte angerechnet. Erreicht ein Autor aber nach dem Ende der zugestandenen Beobachtungsfrist für umso ausdauernde Arbeit Einkünfte, die den Freibetrag nach § 41 Abs. 1 Z. 1 EStG und die Verluste der Jahre, die dem Kollegen als Beobachtungszeitraum zugestanden wurden, übersteigen, so hat er insoweit eine höhere Abgabenlast zu tragen.
Der Gesetzgeber könnte m.E. gegen solche Ungleichheit vorsorgen, indem er für solche sicher nicht seltene Fälle (auch Komponisten und bildende Künstler betreffend) einen unbegrenzten Beobachtungszeitraum festlegt. Um die Bearbeitung zu vereinfachen, könnte nach meiner Meinung festgelegt werden, dass den vorläufigen Bescheiden, die die Vormerkung nicht zu berücksichtigender und nicht mehr vortragsfähiger Verluste enthalten, automatisch endgültige Rechtskraft zukommt.
In Fälle wie in meinem ergäben sich bei entsprechender gesetzlicher Regelung für den Fiskus sogar höhere Steuereinnahmen, weil der zur vorläufigen Verlanlagung auf den beruflich verwendeten Raum entfallende Teil der Darlehensrückzahlungen nach automatischer Rechtskraft des Bescheides nicht mehr als Sonderausgabe geltend gemacht werden könnte. Der Steuerpflichtige würde sich in solchem Fall selbst für die Verzichtsvariante entscheiden. "
Eine Prognoserechnung wurde nicht vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Der Begriff der Liebhaberei (Voluptuartätigkeit) kommt im EStG nicht vor, seine Ausformung erfolgte durch die Judikatur der vergangenen Jahrzehnte. Er bezeichnet eine Betätigung, die über einen längeren Zeitraum einen Gesamtverlust aufweist. Zwar sind auch negative Betriebsergebnisse im Gesamtbetrag der Einkünfte zu erfassen und im Rahmen des Verlustausgleichs mit positiven Ergebnissen zu saldieren. Von einer Einkunftsquelle ist aber nur dann auszugehen, wenn auf Dauer gesehen Gewinne bzw Überschüsse erzielt werden und die Eignung zur Erzielung eines Reinertrages vorliegt. Andernfalls sind Verluste aus solchen Betätigungen ertragsteuerlich unbeachtlich, damit zusammenhängende Ausgaben nach § 20 Abs 2 nicht abzugsfähig (vgl. Jakom/Laudacher EStG § 2 Rz 220).
Nach § 1 Abs. 2 LVO II ist bei einer Betätigung Liebhaberei anzunehmen, wenn Verluste entstehen
1. aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen oder
2. aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind.
Treten in den in § 1 Abs 2 LVO bezeichneten Fällen Verluste auf, ist grundsätzlich Liebhaberei zu vermuten. Soll die Betätigung dennoch als Einkunftsquelle anerkannt werden, muss ein Gesamtgewinn(überschuss) in einem absehbaren Zeitraum tatsächlich zu erwarten sein (objektive Ertragsfähigkeit und Widerlegung der Vermutung nach § 2 Abs 4 LVO). Andernfalls ist bis zur Änderung der Art der Bewirtschaftung von Liebhaberei auszugehen. Davon zu unterscheiden ist der Beobachtungszeitraum, der dazu dient festzustellen, wann mit der entsprechender Sicherheit eine Prognose für einen Gesamterfolg angestellt werden kann und sich nach der jeweiligen Lage des Einzelfalles richtet (vgl. Jakom/Laudacher EStG § 2 Rz 258).
Die Tätigkeit muss somit objektiv ertragfähig sein, d.h. innerhalb eines absehbaren Zeitraumes einen Gesamtgewinn bzw. Gesamtüberschuss ermöglichen, was der Steuerpflichtige nachzuweisen oder glaubhaft zu machen hat (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz, § 2 LVO, Tz 453).
Die Beurteilung der objektiven Ertragsfähigkeit ist eine vorausschauende (prognostizierende) Beurteilung zukünftiger Entwicklungen der Betätigung (Prognose). Für die Beurteilung der objektiven Ertragsfähigkeit tritt der rechnerische Nachweis des zu erwartenden Gesamtgewinnes mittels Prognoserechnung maßgeblich in den Vordergrund. Wird dieser Nachweis vom sich Betätigenden nicht erbracht oder kann er ihn nicht erbringen, so ist die Betätigung von Beginn an Liebhaberei (Insgesamt-Liebhaberei; vgl. Rauscher/Grübler, Steuerliche Liebhaberei², Rz 168f).
Der Beginn des absehbaren Zeitraumes ist der Zeitpunkt des erstmaligen Anfallens von Ausgaben (Aufwendungen). Die Länge eines absehbaren Zeitraumes hängt von der Art der Tätigkeit und den Besonderheiten der jeweiligen Verhältnisse ab. Die Beurteilung, ob innerhalb eines absehbaren Zeitraumes ein wirtschaftlicher Gesamterfolg erzielt werden kann, ist grundsätzlich erst nach Ablauf eines für den jeweiligen Einzelfall tauglichen Beobachtungszeitraumes möglich.
Tätigkeiten, die typischerweise auf eine in der Lebensführung begründete Neigung zurückgeführt werden (§ 1 Abs 2 Z 2 LVO), sind insbesondere solche, die ohne Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern in typisierender Betrachtungsweise mit der Lebensführung zu tun haben. Bei der Beurteilung ist nicht auf die konkrete Neigung des Steuerpflichtigen abzustellen, sondern darauf, ob die Tätigkeit bei Anlegen einer Durchschnittsbetrachtung einen Zusammenhang mit einer in der Lebensführung begründeten Neigung aufweist (vgl. Jakom/Laudacher EStG § 2 Rz 266 unter Hinweis auf ).
Diese Bestimmung gilt einerseits für typische Hobbytätigkeiten und Freizeitbeschäftigungen, andererseits auch für Tätigkeiten die ihrer Art nach typisch erwerbswirtschaftlich sind, jedoch im Hinblick auf den Umfang nicht erwerbstypisch ausgeübt werden (vgl. Rauscher/Grübler, Steuerliche Liebhaberei², Rz 157).
Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage ergibt sich nun für den gegenständlichen Berufungsfall Folgendes:
Der 1935 geborene Bw schreibt seit 1975 Belletristik "als Ausgleich" in der Freizeit gemäß seiner persönlichen Neigung. Laut Berufungsvorbringen war neben der hauptberuflichen Tätigkeit als Steuerberater dafür nur ein begrenzter Zeiteinsatz (eine frühe Morgenstunde für Konzepte und eine halbe Stunde am Abend nach Schluss der beruflichen Arbeit für das Tippen der Reinschriften) möglich und nach Pensionsantritt waren die Möglichkeiten altersbedingt eingeschränkt. Durch seine Konsequenz hat der Bw Texte in beträchtlichem Gesamtumfang geschaffen. Der Bw teilte mit, dass seine schriftstellerische Betätigung nach der Einsatzbereitschaft Liebhaberei sei, und seine Themen sowie die Darstellungsart eher nicht geschäftsträchtig und die Aussichten auf Einkünfte gering sind.
Im Jahr 1982 und im Jahr 1987 wurde je ein Text für eine Rundfunksendung verwendet und vom ORF honoriert. Ende 2000 wurde die berufliche Tätigkeit als Steuerberater und Sachverständiger beendet. Im Jahre 2001 wurden erstmals Verluste aus "Belletristik" erklärt.
Das Finanzamt hat die Tätigkeit mehrjährig beobachtet (Beobachtungszeitraum) und die Einkommensteuer 2001 bis 2006 zunächst vorläufig festgesetzt. Im Zuge der Veranlagung zur Einkommensteuer 2007 ist die Finanzbehörde erster Instanz zu dem Schluss gelangt, es liege keine Einkunftsquelle vor und hat die entsprechenden (endgültigen) - im gegenständlichen Berufungsverfahren angefochtenen - Bescheide für 2001 bis 2007 vom erlassen.
Der Bw hat seit dem Jahre 2001 aus der 'selbständigen Tätigkeit als Schriftsteller' nur Verluste von insgesamt € 19.207,96 erwirtschaftet, wobei anzumerken ist, dass lediglich im Jahre 2006 Einnahmen in Höhe von € 40,00 erklärt wurden.
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2001 | 2002 | 2003 | 2004 | 2005 | 2006 | 2007 | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Honorar-einnahmen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | +40,00 | 0 |
Verlust | -2.188,05 | -2.129,68 | -765,02 | -3.880,81 | -3.108,76 | -2.953,08 | -4.182,56 |
Der Bw führte seine 1975 begonnene Freizeitbeschäftigung nach Beendigung der beruflichen Tätigkeit fort. Im gegenständlichen Fall liegt eine typisch nebenberuflich betriebene schriftstellerische Tätigkeit vor. Der Bw war bereits seit 25 Jahren neben seinem Hauptberuf als Schriftsteller tätig und wird entsprechend der ständigen Rechtsprechung des VwGH eine solche Tätigkeit auch typischerweise nicht erwerbswirtschaftlich betrieben (vgl. , und vom , 2004/15/0128). Ein objektives Anzeichen für die Einordnung der Betätigung unter eine gemäß § 1 Abs. 2 Z 2 LVO ist weiters der Umstand, dass in all den Jahren de facto keine Einnahmen bzw. Honorare erzielt wurden.
Die schriftstellerische Tätigkeit des Bw ist unter § 1 Abs. 2 Z 2 LVO zu subsumieren. Da aus dieser Betätigung (nur) Verluste entstehen, liegt grundsätzlich die widerlegbare Vermutung der Liebhaberei vor.
Dem Bw wurde im Vorhalteverfahren die Gelegenheit gegeben, eine Prognoserechnung vorzulegen und damit die objektive Ertragsfähigkeit der Betätigung nachzuweisen. Der Bw hat diesen Nachweis nicht erbracht. Die bloße Behauptung, es könnte überraschend zu einem wirtschaftlichen Erfolg kommen, reicht dazu nicht aus.
Für die Frage, ob Liebhaberei im einkommensteuerlichen Sinn vorliegt, ist nicht die Begabung, der literarische Wert oder die Anzahl der Texte entscheidend, sondern die Eignung der Werke, nachhaltig einen Ertrag zu bringen. Das Letztere aber ist zufolge des Ausbleibens jedweder Einnahmen zu verneinen.
Der Bw wendet sich gegen den vom Finanzamt angewendeten Beobachtungszeitraum. Dieser dient dazu festzustellen, wann mit entsprechender Sicherheit eine Prognose für einen Gesamterfolg angestellt werden kann. Das Finanzamt hat die Betätigung seit der erstmaligen Geltendmachung von Verlusten, also 2001, auch unter Bedachtnahme der Erläuterungen des Bw beobachtet und ist im Jahre 2007 zu dem Schluss gekommen, dass eine Einkunftsquelle nicht vorliegt. Dieser Feststellung des Finanzamtes kann nicht mit Erfolg entgegentreten werden, zumal der Bw selbst vorbringt, dass die Tätigkeit eigentlich nach der Einsatzbereitschaft Liebhaberei darstellt. Das Finanzamt musste nicht einmal positive Einkünfte mit negativen abwägen, da Einnahmen bzw. Honorare schlichtweg nicht vorhanden sind. Es erscheint auch nicht verfassungswidrig, wenn das Finanzamt nach einem Zeitraum von 7 Jahren 'ohne Einnahmenerzielung' und in Kenntnis der Tatsache, dass aus dieser Tätigkeit in den 25 Jahren zuvor ebenfalls kaum Einnahmen erzielt wurden, zur Ansicht gelangt, dass eine Einschätzung der Tätigkeit möglich ist. Die Feststellung des Finanzamtes, dass Liebhaberei gegeben ist, hat zur Folge, dass für Zeiträume gleicher Bewirtschaftungsart eine Einkunftsquelle nicht vorliegt. Sollte es tatsächlich einmal zu Einnahmen kommen, wobei die Aussichten laut Berufungsvorbringen gering sind, so wird zu prüfen sein, ob sich die Bewirtschaftung geändert hat und wenn ja, ob ab der Änderung eine Einkunftsquelle entstanden ist.
Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist somit die Erzielung eines Gesamterfolges in einem absehbaren Zeitraum als von vornherein als aussichtslos zu beurteilen und die konkrete Tätigkeit als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei einzustufen.
Die Berufungsvorentscheidungen vom entsprechen daher der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 Abs. 2 Z 2 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at