Aufwendungen eines Polizeidiensthundeführers für Trainingsfahrten mit seinem Diensthund als Werbungskosten
Entscheidungstext
Bescheid
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes A, vertreten durch B, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2012 entschieden:
Der angefochtene Bescheid und die Berufungsvorentscheidung werden gemäß § 289 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde I. Instanz aufgehoben.
Begründung
Der Berufungswerber (Bw.) ist Diensthundeführer im Polizeidienst.
Streit zwischen den Parteien des verwaltungsbehördlichen Verfahrens besteht darüber, ob die von ihm getragenen Aufwendungen für Trainingsfahrten mit seinem Diensthund in der Freizeit als Werbungskosten abzugsfähig sind.
Während das Finanzamt die Anerkennung dieser Ausgaben als Werbungskosten im Wesentlichen mit der Begründung verneint, "die sehr detaillierten Regelungen der Exekutive (Diensthunde- und Reisegebührenvorschrift) sehen neben den während der Dienstzeit zu absolvierenden und auch zu vergütenden Fortbildungsmaßnahmen keine weiteren Fortbildungsmaßnahmen vor", sodass die berufungsgegenständlichen Trainingsfahrten freiwillig, aus privater Veranlassung und vor allem deswegen erfolgten, weil es eine besondere Nahebeziehung zwischen Hundeführer und Hund gebe, argumentiert der Bw. im Wesentlichen damit, dass er für die 24-stündige Einsatzbereitschaft des Diensthundes verantwortlich sei (der Diensthund sei 24 Stunden pro Tag bei ihm), weshalb er zu unterschiedlichen Zeiten Trainingsfahrten zu verschiedenen Örtlichkeiten vorgenommen habe.
Dazu ist aus Sicht des Unabhängigen Finanzsenates folgendes festzuhalten:
Nach der neueren Rechtsprechung (; (ua. zur Abzugsfähigkeit von Fahrtkosten eines Diensthundeführers für Fahrten mit seinem Diensthund zum Hundeabrichteplatz); BFH , VI R 45/09) und Lehre (Fröhlich, Wer zahlt Kommissar Rex die Pension, und wie ist das ertragsteuerrechtlich zu würdigen?, UFSjournal Nr. 9/2011, S 318 ff; Renner, Aufwendungen für einen Diensthund als Werbungskosten - Keine Privatnutzung trotz persönlichen Naheverhältnisses zum Hund, SWK Nr. 30/2010, S 887 ff) stellen Aufwendungen eines Diensthundeführers für den ihm anvertrauten Diensthund (in vollem Umfang) Werbungskosten dar.
So hat der Bundesfinanzhof im oa. Beschluss BFH , VI R 45/09, folgendes ausgeführt (zitiert nach Renner, SWK Nr. 30/2010, S 888 f.):
"Auch wenn ein besonderes persönliches Verhältnis zwischen Diensthundeführer und Diensthund bestehe und das Tier "Teil des privaten Lebens" sei, seien die Aufwendungen des Polizisten - anders als bei privat veranlasster Hundehaltung - keine Kosten der privaten Lebensführung. Eine derartige Zurechnung würde die dienstliche Notwendigkeit und damit den vorhandenen Erwerbsbezug der Aufwendungen verkennen. Der erforderliche erhebliche Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis werde dadurch begründet, dass polizeiliche Diensthunde vom Diensthundeführer "nicht aus privaten Gründen, zum Vergnügen oder zur Unterhaltung gehalten, sondern zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben betreut und versorgt werden". Dass diese dienstlichen Aufgaben in der Freizeit und unter Aufwendung eigener finanzieller Mittel erfüllt würden, stehe einer solchen Beurteilung ebenso wenig entgegen wie ein privates Interesse an Hundehaltung. Vielmehr stünden private Motive dem Werbungskostenabzug nicht entgegen, wenn objektiv festgestellte Tatsachen die rechtliche Würdigung zuließen, dass Aufwendungen für ein Arbeitsmittel nahezu ausschließlich beruflich veranlasst seien. In einem solchen Fall seien die Aufwendungen in vollem Umfang zu berücksichtigen, und eine Aufteilung in beruflichen und privaten Aufwand sei nicht geboten."
Fröhlich, UFSjournal Nr. 9/2011, S 318 ff, führt zur Rechtslage während der "Aktivzeit" eines Diensthundes (die vor dem Verwaltungsgerichtshof derzeit anhängige Rechtsfrage betreffend die ertragsteuerliche Beurteilung der Aufwendungen für einen "pensionierten" Diensthund liegt im streitgegenständlichen Fall nicht vor) aus:
"Die Tätigkeit der Polizeidiensthundeführer ist im Detail in der Diensthundevorschrift (DHV) 2005 geregelt. Aus diesem Erlass des BMI geht unter anderem hervor, dass Diensthunde im Familienverband des Diensthundeführers zu betreuen und zu pflegen sind. Dadurch hat der Hundeführer rund um die Uhr Bezug zu seinem Diensthund. Eine starke Bindung zwischen Tier und Mensch gewährleistet eine optimale Einsatzleistung. [...]
Dem Diensthundeführer ist jede außerdienstliche, private Verwendung des Diensthundes untersagt (Pkt. 4.2. und 6.12. DHV). [...]" (S 318)
"Die Betreuung und die Pflege des Diensthundes im Haushalt des Diensthundeführers gehören zu dessen Berufspflichten. Durch die Diensthundehaltung im Haushalt des Arbeitnehmers wird im Auftrag des Arbeitgebers (DHV 2005) eine starke Bindung zwischen Hund und Hundeführer herbeigeführt, damit die höchste Einsatzqualität des Tieres erreicht werden kann. Dem Diensthundeführer ist eine private Verwendung des ihm vom Arbeitgeber zugewiesenen Diensthundes untersagt. Es lagen im Streitfall keine Anzeichen vor, dass die Berufungswerberin gegen diese Dienstvorschriften verstoßen hätte.
Es ist daher - ebenso wie beim Jagdhund des angestellten Berufsjägers - unzweifelhaft, dass die Ausgaben des Diensthundeführers für die häusliche Pflege des Diensthundes, soweit sie vom Arbeitgeber nicht ersetzt werden, Werbungskosten sind. Aufwendungen eines Diensthundeführers für den ihm anvertrauten Diensthund sind keine nicht abziehbaren Aufwendungen der privaten Lebensführung, sondern in vollem Umfang Werbungskosten." (S 320)
Daraus folgt, dass der im gegenständlichen Fall vertretenen Rechtsauffassung des Finanzamtes nicht gefolgt werden kann:
Aufwendungen eines Diensthundeführers für den ihm anvertrauten Diensthund stellen (in vollem Umfang) Werbungskosten dar, auch wenn diese dienstlichen Aufgaben in der Freizeit und unter Aufwendung eigener finanzieller Mittel erfüllt werden (BFH , VI R 45/09, siehe oben), zumal nach Punkt 6.11 DHV 2005 (zitiert in ) alle erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung der Einsatzfähigkeit bzw. Kondition und Gesundheit iSd Einsatzvorsorge vom Diensthundeführer laufend wahrzunehmen sind (Dienstpflicht des Diensthundeführers; Maßnahmen iSd Punktes 6.11 DHV 2005 - das regelmäßige Training am Hundeabrichteplatz stellt eine solche Maßnahme dar - sind von der Aufwandsentschädigung gemäß Punkt 6.14 der zitierten Vorschrift nicht umfasst: ). Für eine private Verwendung (dh. eine Verwendung für außerdienstliche Zwecke, was einen Verstoß gegen die Dienstvorschriften darstellen würde) des Diensthundes ergibt sich im gegenständlichen Fall, soweit aus dem dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegten Einkommensteuerakt ersichtlich, kein Anhaltspunkt.
Hinsichtlich der Höhe der vom Bw. im gegebenen Zusammenhang als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen ("Reisekosten" gemäß Kennzahl 721 der Steuererklärung von 2.082,36 €, "sonstige Werbungskosten" gemäß Kennzahl 724 von 27,47 €) ist folgendes festzuhalten:
Zwar hat das Finanzamt den Bw. mit Vorhalt vom aufgefordert, die Bezug habenden Unterlagen und Belege nachzureichen und ist die Vorhaltsbeantwortung durch den Bw. am bei der Abgabenbehörde I. Instanz eingelangt (gemäß Ausdruck aus der AIS-Datenbank der Finanzverwaltung, S 4 UFS-Akt); in dem dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegten Einkommensteuerakt befinden sich jedoch weder die Vorhaltsbeantwortung noch die Bezug habenden Unterlagen sowie Belege, und das Finanzamt hat sich im Vorlagebericht auch nicht zu den bisherigen und eventuell noch vorzunehmenden Ermittlungen geäußert, sodass die Abgabenbehörde II. Instanz nicht in der Lage ist, zu beurteilen, ob dem Bw. tatsächlich Aufwendungen in der von ihm beantragten Höhe erwachsen sind. Somit erweist sich aber die Sache als nicht entscheidungsreif; eine abschließende inhaltliche Erledigung der Berufung ist dem Unabhängigen Finanzsenat nicht möglich.
Die Entscheidung, ob der angefochtene Bescheid und die Berufungsvorentscheidung gemäß § 289 Abs. 1 BAO aufgehoben werden oder aber die Ermittlungen im Rahmen des Berufungsverfahrens geführt werden, liegt im Ermessen. Bei der Ermessensübung wurde abgewogen:
- Für die Zweckmäßigkeit der Aufhebung spricht, dass durch die Aufhebung voraussichtlich schneller ein Bescheid erlassen werden kann, der die dargestellten wesentlichen Ermittlungen berücksichtigen kann, als wenn die Berufungsbehörde selbst ermittelte und die Ermittlungsergebnisse dem Finanzamt (Amtspartei) zur Stellungnahme vorhielte (und eine allfällige Stellungnahme dem Bw. zur Kenntnis zu bringen wäre usw.) oder das Finanzamt im Auftrag der Berufungsbehörde gemäß § 279 Abs. 2 BAO die Ermittlungen vornähme, weil diesfalls das Finanzamt nach Abschluss der Ermittlungen die Ergebnisse erst an die Berufungsbehörde berichten müsste (anstatt sofort einen Bescheid erlassen zu können).
- Für die Aufhebung spricht, dass die Parteien vor Durchführung weiterer Ermittlungen die Rechtsfrage insbesondere an den Verwaltungsgerichtshof durch Erhebung einer Beschwerde durch den Bw. oder einer Amtsbeschwerde (§ 292 BAO) herantragen können.
Die Ermessensübung war somit zu Gunsten einer Aufhebung vorzunehmen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | BFH , VI R 45/09 Fröhlich, Wer zahlt Kommissar Rex die Pension und wie ist das ertragsteuerrechtlich zu würdigen?, UFSjournal Nr. 9/2011, S 318 ff Renner, Aufwendungen für einen Diensthund als Werbungskosten - Keine Privatnutzung trotz persönlichen Naheverhältnisses zum Hund, SWK Nr. 30/2010, S 887 ff |
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