Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 24.04.2013, RV/1215-W/11

Vorsteuerabzug bei Verkehrsbeitrag (iZm verkehrsmäßiger Erschließung eines Gewerbeparks)

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch A-GmbH, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer 09/2010 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Bei der Berufungswerberin (Bw.), einer deutschen Kapitalanlagegesellschaft, wurde im Zuge einer Nachschau gemäß § 144 BAO betreffend Umsatzsteuer und zusammenfassende Meldungen 2009 bis 2010 von der Betriebsprüfung (BP) die folgende, in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom dargestellte, berufungsgegenständliche Feststellung getroffen:

Im Zuge der Errichtung der Autobahnanschlussstelle XX an den Gewerbepark sei von der XY-ErrichtungsGmbH. den dort angesiedelten Firmen ein Kostenbeitrag, genannt "Verkehrsbeitrag" mit Umsatzsteuer fakturiert worden. Nach Ansicht der BP stelle der geleistete Verkehrsbeitrag einen reinen Finanzierungsbeitrag dar. Es werde dadurch keine gesonderte Berechtigung erworben, diese Straße zu benutzen, da es sich um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handle. Folglich handle es sich bei diesem Verkehrsbeitrag nicht um das Entgelt einer für das geprüfte Unternehmen erbrachten Lieferung oder Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Es komme umsatzsteuerlich zu keinem Leistungsaustausch. Deshalb sei der geltend gemachte Vorsteuerabzug iHv € 99.636,00 zu versagen. Auf Wunsch des geprüften Unternehmens und aus verfahrensökonomischen Gründen werde die Vorsteuerkürzung aus den betreffenden 4 Teilbetragsrechnungen und der Schlussrechnung in einer UVA zusammengefasst.

Der Bescheid betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer 09/2010 vom wurde vom Finanzamt unter Berücksichtigung dieser BP-Feststellung erlassen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom wurde folgendes vorgebracht:

Den in Frage stehenden Verkehrsbeiträgen liege sehr wohl ein Leistungsaustausch zu Grunde. Nach Rz 1 UStR setze ein Leistungsaustausch Leistung und Gegenleistung, das Vorliegen von zwei Beteiligten und die innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. In Rz 27 UStR werde dazu (zur Frage des Leistungsaustausches bei öffentlichen Subventionen) konkretisiert, dass "die Grenze zur Leistung jedoch nicht überschritten wird, wo der "Subventionsgeber" seine Leistungen an Bedingungen knüpft, deren Erfüllung ihm selbst oder einem Dritten einen speziellen Nutzen verschafft, mag dieser auch im öffentlichen Interesse liegen und der Empfänger der Subventionen diese Bedingungen erfüllt." Im konkreten Fall liege die Leistung (der spezielle Nutzen) in der Verbesserung der verkehrstechnischen Erschließung des Betriebsgebietes und werde das Entgelt (der Verkehrsbeitrag) ausschließlich dafür und nur deswegen bezahlt, da durch die seitens der XY-ErrichtungsGmbH. erbrachten Leistungen für die Betriebs-/Handelsflächen eine höhere Verkehrs- und damit Kundenfrequenz ermöglicht werde. Dementsprechend seien die Voraussetzungen eines Leistungsaustausches sehr wohl eindeutig erfüllt, weshalb der Vorsteuerabzug zu gewähren sei.

Die Berufung wurde vom Finanzamt dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Bw. wendet sich gegen die Versagung des Vorsteuerabzuges iHv insgesamt € 99.636,00 aus vier Teilrechnungen und einer Schlussrechnung der XY-ErrichtungsGmbH.

Der rechtlichen Beurteilung ist der Im Folgenden dargestellte Sachverhalt zugrunde zu legen:

Die unternehmerische Tätigkeit der Bw. besteht in der Vermietung von Geschäftsflächen in einem Einkaufszentrum. Mit den strittigen Rechnungen der XY-ErrichtungsGmbH. über insgesamt € 498.180,00 zuzüglich € 99.636.00 Umsatzsteuer wurde der Bw. als Erwerberin einer zum Gewerbepark gehörigen Liegenschaft in der KG. Z. ein sg. "Verkehrsbeitrag" fakturiert.

Die XY-ErrichtungsGmbH. hatte als Bauträger das Projekt der Errichtung der Autobahnanschlussstelle XXan den Gewerbepark zu realisieren. Die zusätzliche Anschlussstelle an die Autobahn wurde zur besseren Erreichbarkeit des Wirtschaftsgebietes beidseits der Autobahn bzw. zur Ermöglichung von Betriebserweiterungen und neuer Betriebsansiedlungen geschaffen. Die XY-ErrichtungsGmbH. ließ zur Anbindung an die Wirtschaftszone anschließend an die neue Autobahnauffahrt und -abfahrt zwei Kreisverkehre samt Verbindungsstraße und eine Brücke über die Autobahn errichten. Die Finanzierung erfolgte durch einmalige Verkehrsbeiträge der angesiedelten und sich ansiedelnden Unternehmen.

Daher schrieb die XY-ErrichtungsGmbH. auch der Bw. für die Errichtung der Anschlussstelle einen in Teilbeträgen zu entrichtenden Verkehrsbeitrag iHv insgesamt € 498.180,00 zuzüglich € 99.636,00 Umsatzsteuer (20 %) vor.

Die Kostenvorschreibung gründet sich auf eine am / zwischen der XY-ErrichtungsGmbH. und der B-GmbH geschlossene Vereinbarung, die von der Bw. als Erwerberin einer zum betreffenden Wirtschaftsgebiet gehörigen Liegenschaft übernommen wurde.

Die von der XY-ErrichtungsGmbH . errichteten Verkehrsanlagen sind Privatstraßen, die dem öffentlichen Verkehr dienen. Die Straßengrundstücke - mit Ausnahme der Autobahnbrücke - befanden sich im privaten Eigentum Dritter und wurden in der Folge von der XY-ErrichtungsGmbH. erworben (siehe auch ).

Es steht unbestritten fest, dass die neue Infrastruktur der Wirtschaftszone dient und durch die Erhöhung der Verkehrsfrequenz zu einer Wertsteigerung der Geschäftsflächen beigetragen hat.

Rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes:

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Für das Unternehmen ausgeführt gilt eine Leistung, wenn das leistungsempfangende Unternehmen aus dem der Leistung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertragsverhältnis berechtigt oder verpflichtet ist. In der Regel gilt daher der Auftraggeber der Leistung als Leistungsempfänger (Ausnahmen: § 12 Abs. 2 Z 3, Z 4 und § 13 Abs. 2 UStG 1994). Auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt (den eigentlich Begünstigten bzw. Beschwerten der Leistung) wird nicht Rücksicht genommen. Dies wird durch die expliziten Sonderregelungen in Z 3 und Z 4 offensichtlich (Kanduth-Kristen in: Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg.), UStG-Kommentar 1.04 § 12 Rz 87 ff; Ruppe/Achatz, UStG4, § 12 Tz 72).

Der Unternehmer kann daher Vorsteuerbeträge nur abziehen, wenn die zugrunde liegende Leistung "für sein Unternehmen" ausgeführt worden ist. Es kann daher

- nur derjenige die Vorsteuer abziehen, der Empfänger der Leistung ist und

- die Leistung muss für den Unternehmensbereich des Leistungsempfängers erbracht worden sein.

Die Bw. ist im Hinblick auf die Vermietung von Geschäftslokalen Unternehmerin. Die Firma XY-ErrichtungsGmbH. erbrachte an die Bw. ebenso wie an die anderen angesiedelten Unternehmer eine Leistung, die darin besteht, dass den Liegenschaftseigentümern im Wirtschaftsgebiet die Möglichkeit eingeräumt wird, über die neue Verbindungsstraße auf die Grundstücke zuzufahren. Die XY-ErrichtungsGmbH . erbringt mit der Zurverfügungstellung und Erhaltung der Infrastruktur eine Tätigkeit gegen Entgelt. Sie ist ebenfalls unternehmerisch tätig.

Der Verkehrsbeitrag beruht auf einem Vertrag mit der XY-ErrichtungsGmbH., in dem ein einmaliger Kostenbeitrag zur Errichtung einer zusätzlichen Autobahnauffahrt und -abfahrt, die wesentlich der Wirtschaftszone dienen soll, vereinbart ist.

Die Bw. ist aus diesem Vertrag berechtigt bzw. verpflichtet und ist somit als Leistungsempfängerin anzusehen.

Die der berufungsgegenständlichen BP-Feststellung zugrunde liegende Annahme, dass wegen der allgemeinen Nutzbarkeit der neu errichteten Anschlussstelle die XY-ErrichtungsGmbH. an die Bw. und die anderen angesiedelten Unternehmer keine speziellen Leistungen erbracht habe, erweist sich als verfehlt. Die Tatsache, dass die Anbindung an die Autobahn auch von anderen Personen befahren werden kann, steht einer Leistungsbeziehung zwischen der XY-ErrichtungsGmbH. und der Bw. nicht entgegen. Die Bw. ist an der Leistung der XY-ErrichtungsGmbH. gerade deshalb interessiert, weil sie die Nutzung der neuen Zufahrt ihren Mietern und deren Kunden, Lieferanten etc. zur Verfügung stellen will.

Der sich aus der besseren Erreichbarkeit und der Erhöhung der Kundenfrequenz ergebende wirtschaftliche Vorteil für die Bw. liegt auf der Hand. Nur bei entsprechender Kundenfrequenz ist die Vermietung der Geschäftsflächen auch in Zukunft gesichert. Darüber hinaus war der neue Autobahnanschluss Voraussetzung für die Erweiterung der Geschäftsflächen. Auch die gleichzeitig mittels Brücke geschaffene Verbindung der beiden Wirtschaftszonen beidseits der Autobahn kam allen angesiedelten Unternehmern zu Gute.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Anschlussstelle zwar allgemein befahrbar ist, jedoch praktisch ausschließlich den Wirtschaftszonen auf beiden Seiten der Autobahn dient. Die Zufahrt zu den benachbarten Gemeinden erfolgt ohne Querung des Gewerbegebietes auf direktem Weg über den nahe gelegenen, schon bestehenden Autobahnanschluss.

Für einen Leistungsaustausch mit einem speziellen Nutzen für die Bw. spricht nicht zuletzt, dass Unternehmer in der Regel nur bei Erwartung eines wirtschaftlichen Vorteils zu finanziellen Aufwendungen bereit sind.

Da die Bw. als Leistungsempfängerin anzusehen ist, kommt eine Qualifizierung des Verkehrsbeitrages als Zahlung von dritter Seite iSd § 4 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 für eine Werklieferung des Straßenbauwerks an den Eigentümer des Straßengrundes nicht in Betracht. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), wonach Beiträge der Anrainer als Zahlung von dritter Seite für die Zuwendung einer Verkehrsanbindung an die öffentliche Hand zu betrachten sind, ist auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar. Die XY-ErrichtungsGmbH. hat die von ihr errichtete Infrastruktur nicht an die öffentliche Hand oder an private Liegenschaftseigentümer übertragen. Die Verkehrsanlagen sind vielmehr als private Straßen in das wirtschaftliche Eigentum der XY-ErrichtungsGmbH. übergegangen und werden von ihr zur Erzielung von Einnahmen durch Vorschreibung der Verkehrsbeiträge unternehmerisch genutzt (siehe ).

Die rechtliche Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes führt somit zum Ergebnis, dass die Versagung des Vorsteuerabzuges iHv € 99.636,00 aus vier Teilrechnungen und einer Schlussrechnung der XY-ErrichtungsGmbH. über einen Verkehrsbeitrag nicht zu Recht erfolgte.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at